Rainer Langhans: Ein Profi der Popkultur

Rainer Langhans war der linke Bürgerschreck der 68er schlechthin. Dann verschwand er in der medialen Versenkung. Sein Comeback 2010 schrieb Fernsehgeschichte, parodierte den Kapitalismus und schlug sogar „Wetten, dass..?“ aus dem Feld. Demnächst ist er im Interview mit Tichys Einblick und Michael Ballweg zu sehen und zu hören.

IMAGO / Stefan M Prager

In den 80er- und 90er-±Jahren war Rainer Langhans nur eine Erinnerung. Eine fade obendrein. Redakteure von ARD und ZDF kramten die immer gleichen Bilder heraus, wenn sie in Dokumentation die 68er darstellen wollten – wobei es ihnen eigentlich nur darum ging, ihre eigene Jugend zu verherrlichen: Fritz Teufel beim Prozess, die Kommune 1 lehnt nackt an der Wand, wobei sie der Welt ihre Hintern zeigt und Langhans gemeinsam mit der schmollmundigen Uschi Obermaier im Interview. Dazu aus dem Off die immer gleichen Phrasen: Aufbruch, Vietnam, Rebellion, der Muff von tausend Jahren – laaangweilig.

2010 kam dann das Comeback Rainer Langhans‘ als aktiver Figur der Zeitgeschichte. Durch einen Werbespot. Der Online-Händler Zalando parodierte ihn und die Kommune 1 in einem Werbespot. Der beschwerte sich. Und es kam zu einem Kompromiss: Im nächsten Zalando-Spot spielte Langhans mit und parodierte sich selbst. Popkultur hatte er immer schon besser verstanden als all die Redakteure, die ihn zu Politik und damals befragten.

Langhans parodiert sich selbst

Im Januar 2011 zeigte Langhans dann einem Millionen-Publikum mal so richtig, wie Popkultur geht. Er nahm an der fünften Staffel des Dschungelcamps teil. Es wurde die erfolgreichste Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Auch und vor allem dank Langhans. Bis dahin war das Dschungelcamp den deutschen Kulturschaffenden ein Dorn im Auge. Vor allem dem Fäuetong. Und das Schmuddelkind des deutschen Fernsehens stand tatsächlich vor dem Aus. Weil sich die großen Konzerne weigerten, in dem Umfeld zu werben, fehlten RTL die nötigen Einnahmen für das teure Spektakel. 2010 fiel das Format deshalb aus.

Im Januar 2011 kam es aber zur fünften Staffel. Sie sollte das deutsche Fernsehen revolutionieren. Das lag an der großartigen Sarah Dingens, die auf herrliche Weise die Rolle der überforderten Zicke erfüllte, nahezu täglich an den Prüfungen scheiterte und unvergessliche Bonmots von sich gab wie: „My breath was away.“ Oder: „Das war die schwerste Dschungelprüfung von allen. Auch von denen, die noch kommen werden.“

Es lag aber auch an Rainer Langhans. Alle hatten eigentlich erwartet, dass der Berufslinke im Camp nur mosern würde, sich über fehlenden Komfort beschwert und den Sinn dieses Formats in Frage stellt. Aber der Profi der Popkultur wusste, wie das Spiel zu spielen ist. Er führte legendäre Gespräche am Lagerfeuer mit den durch die Bank deutlich jüngeren Teilnehmern.

Langhans killt den Kakerlaken-Sarg

Bis er dann selbst für eine Dschungelprüfung an der Reihe war. Es war der Kakerlaken-Sarg. Der durfte vorher in keiner Ausgabe des Dschungelcamps fehlen. Ein Prominenter muss sich in eine Glaskiste legen, die mit tausenden von Kakerlaken gefüllt wurde. Daniel Küblböck erlitt in der ersten Staffel bei dieser Aufgabe einen Nervenzusammenbruch. Langhans legte sich in die verdunkelte Glaskiste, meditierte und ruhte in sich, als tausende von Kakerlaken über ihn krabbelten. Auch als die Verdunkelung abfiel und die Kiste an einem Kran über einer tiefen Schlucht hing, blickte Langhans nicht auf, sondern meditierte eisern durch. Danach brachte RTL diese Prüfung nie wieder. Langhans hatte sie getötet.

Allerdings zeigte ihn RTL im Verlauf der Staffel immer weniger. Der damals 70-Jährige war krank und die Redaktion wollte, dass er vorzeitig herausgewählt wird. Was dann auch aufgrund fehlender Bildschirmpräsenz passierte. Zum Riesenerfolg der Staffel hatte er aber beigetragen. Am Dienstag der zweiten Woche schauten im Schnitt über 10 Millionen Zuschauer zu. An einem Werktag. Von 22.15 bis 0.15 Uhr. Das waren Werte, die damals selbst „Wetten, dass..?“ nur noch mühsam am Samstagabend erreichte. Der schlimme Unfall des Kandidaten Samuel Koch hing damit zusammen. Weil sich die ZDF-Show vom RTL-Schmuddelkind nicht den Rang ablaufen lassen wollte, steigerte die Redaktion das Risiko bei den Wetten – letztlich ins Unverantwortliche.

Langhans und Ballweg, Revolutionäre unter sich

Mit der fünften Staffel und Langhans lernte dann sogar das Fäuetong das Dschungelcamp lieben. Danach konnte nur noch die Corona-Politik seine Ausstrahlung stoppen. Allerdings ging Langhans mit dem Ende der Show allmählich der Popkultur wieder verloren. Er wurde wieder zum Opfer von ARD-Redakteuren und SZ-Fäuetongnisten, die ihm die immer gleichen Fragen nach Uschi Obermaier stellten. Laangweilig. Interessanter wird es, wenn man Langhans mit einem konfrontiert, der die Politik heute in Aufruhr versetzt: mit Michael Ballweg.

Der Revolutionär von damals, der so viel mehr ist als Uschis Freund, trifft den Revolutionär von heute. Und schon nach wenigen Augenblicken sitzen sie fast freundschaftlich nebeneinander und diskutieren über den spirituellen Wert der Gefängniszelle. Aber dazu mehr am Donnerstag um 17:00 Uhr, wenn das gemeinsame Interview auf Tichys Einblick veröffentlicht wird.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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Phil
1 Jahr her

Na was ist er nun, Libertär oder Sozialist?

Einer der sich für ein solches Schwachsinnsformat wie das Dschungelcamp verkauft und den Anschein von Würde in einer billigen Effekthascherei für Aufmerksamkeitsdefizitäre zum besten geben muss, ist für mich kein Libertärer, sondern ein ins Alter gekommener, abgehalfterter Sozialist, welcher seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und keine doofen (Weiber?) mehr findet die für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Wo ist da bitteschön die Freiheit in diesem Trauerspiel?
Ein weiterer gescheiterter sozialistischer Intellektueller der 68-iger Generation, ein richtiger Schmalspurghandi für Arme.

Peer van Daalen
1 Jahr her

Danke für ihren ausgewogenen Worte @Transformation.Nur bedauerlicherweise werden die einseitig indoktrinierten rechtsnationalen Scheuklappenträger hier die damalige und heutige intellektuelle und soziale Diversität etlicher der sogenannten ´68 Alt-Linken (natürlich NICHT im Sinne des heutigen Gender- und Geschlechter-Schwachsinns) genauso wenig begreifen wie ihre wohltuenden Worte. Denn dazu bedarf es einen freien Geistes und dem Verzicht auf eindimensionales Denken. Mindestens … Das bekommen einige hier nicht gebacken, im Gegensatz zu dem ehemaligen Unteroffizier der Bundeswehr – Rainer Langhans – Anfang der Sechziger des vergangenen Millenniums. Er ist auch nicht zu einem Bernd Rabehl geworden … https://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Rabehl … der mir schon immer vom Sprachduktus… Mehr

Peer van Daalen
1 Jahr her
Antworten an  Peer van Daalen

Pardon, – ich hab noch was vergessen.

Dieses Online-Magazin „Tichys Einblick“ ist laut seinem selbst definierten Eigen-Verständnis ein „liberal-konservatives Meinungsmagazin“.

Ich wiederhole, ein „„liberal-konservatives Meinungsmagazin“!

Was LIBERAL im Zusammenhang mit Konservativ bedeutet sollte, muß ich doch jetzt nicht auch noch erklären, für einige der vermeintlich Schein-Eingeweihten hier.

Hat was mit mit tolerant, vorurteilsfrei, aufgeklärt etc. zu tun.

Alles andere wäre Wokenes von rechts unten und vermutlich nicht im Sinne des Gründers dieser Plattform.

Bei der Gelegenheit auch ein Danke an Herrn Tichy.

Hieronymus Bosch
1 Jahr her

An Leuten wie Dutschke oder Langhans war früher zumindest ihre Anti-Bürgerlichkeit interessant, also ihr Auftreten gegen das Spießertum! Der Lieblingsdatz des Berliners zu Dutschke war ja auch: „Der soll mal arbeiten gehen!“ Aber heute ist das doch nur Sozialromantik einer vergangenen Welt, allerhöchstens Zeitgeschichte! Wir haben jetzt andere Probleme!

Klartexter
1 Jahr her

Ich habe den Spinner und seine Truppe, Teufel Dutschke etc. im Original erlebt und schon damals den Schrecken vorher gesehen der dann auch folgte. Der Marsch durch die Instanzen kulminiert mit der verweichlichten Justiz und der intellektuell hoch problematischen grünen Partei.
Mit diesem Müll aufzuräumen wird eine Sisyphus Aufgabe.

nolimit
1 Jahr her

Für manchen Kommentator hier scheint die Festanstellung das höchste anzustrebende Lebensziel zu sein. Richtig, Rainer Langhans hat nie wirklich gearbeitet, verdingt seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsjobs und gelegentliche Publikationen. Wie einst Diogenes lebt er frei von allen überflüssigen Konsumangeboten und reduziert seine Ansprüche auf das Wesentliche. Jedenfalls liegt er keinem auf der Tasche… Dafür erklärt er uns die Welt- und das richtig gut. Wenn ihm vorgeworfen wird, als Altlinker auch mit Neurechten zu kommunizieren, entgegnet er entwaffnend: Ich rede mit allen! Imposant…

Michael Palusch
1 Jahr her
Antworten an  nolimit

Und Sie meinen, allein vom „Welterklären“ könnte sich eine Gesellschaft über Wasser halten? Langhans, so charismatisch er auch sein mag, kann „sein Ding“ nur deswegen durchziehen, weil eben für „manche Kommentatoren die Festanstellung das höchste anzustrebende Lebensziel“ ist. Sie produzieren nämlich all das, was Rainer Langhans zwar verbraucht aber nicht selbst erwirtschaftet. Und damit ist nicht nur der tägliche Konsum gemeint, den Langhans nach eigenen Angaben nur auf das Nötigste beschränkt.
Ich sage ja gar nicht, das mir Rainer Langhans unsympatisch wäre, nur könnte halt niemand von den Langhänsen leben.

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
Lucius de Geer
1 Jahr her
Antworten an  nolimit

Wer über das existenziell Notwendigste hinaus nicht arbeitet (obwohl er es könnte), zahlt auch so gut wie keine Steuern, nutzt aber die gesamte steuerfinanzierte Infrastruktur – Bürgersteige, Kläranlagen, Polizei, steuerbezuschusste Gesundheits- und Pflegeleistungen, Sozialhilfe im Alter usw. Es gibt Leute, die so etwas als „as…ial“ bezeichnen würden.

Peer van Daalen
1 Jahr her

so, so …! „Nie gearbeitet, nie irgendwas sinnvolles gemacht!“

Na sie sind ja ein ganz schlauer Fuchs, Herr Autour …

Anfang der Sechziger hat er es immerhin bei der Deutschen Bundeswehr bis zum Unteroffizier (mit Einstufung zum Offiziersanwärter) geschafft. Bekommt eine kleine Pension aus der Zeit.
Er lebt mit seinen drei Frauen in einer kleinen Mietwohnung und liegt dem Vater Staat NICHT auf der Tasche und hat auch nicht auf Kosten anderer gelebt, so wie es die korrupten Politiker dieser Schand-Republik tun.

Was haben sie denn so vorzuweisen? Ich will es lieber nicht wissen …

Michael Palusch
1 Jahr her
Antworten an  Peer van Daalen

Ich verstehe ja, dass die Redaktion ihren Interviewgast aus der Schusslinie nehmen will, aber das man dafür auch bereit ist, offensichtliche und von jedem in 5 Minuten überprüfbare Fakten zu unterdrücken um stattdessen Unwahrheiten und persönliche Angriffe stehen zu lassen, das verstehe ich nicht.

Nibelung
1 Jahr her

Na ich weiß nicht, welche Strategie mit diesem langhaarigen Typ verfolgt wird, einer der vielen vermutlichen Oberfaulenzer und, der nur „Weiber“ und Revolutionäre im Kopf hatte, während andere arbeiten gingen. Da kann man dann auch gleich den Robert einladen, wie er uns lächelnd erklärt, den Morgenthauplan verspätet umzusetzen, der uns derzeit ja gewinnbringend verkauft wird und alte Gedanken wieder aufleben läßt bis zum bitteren Ende. Entweder ist das eine Ente oder es bedarf großer Erklärung warum gerade er und nicht geläuterte Zeitzeugen, denn von diesem Grobzeug haben wir genug, da muß nicht noch einer über seine Biographie philosophieren, denn hätte… Mehr

Peter Pascht
1 Jahr her

Rainer Langhans war nie ein Bürgerschreck. Das war das Etickett das er sich gerne angeklebt hat, dass dann an ihm haften blieb. Er war eher der skuril auftretende Typ, der durch Skurilität aufgefallen ist. Das war insbesondere das Markenzeichen der 68′ Strömung. Es steht schon im Artikel: „immer die gleichen Phrasen: Aufbruch, Vietnam, Rebellion, der Muff von tausend Jahren – laaangweilig. Damals schon hielt sich die junge Generation dem „alten weißen Mann“ für überlegen und besonders schlau, mit der Ablehnung traditioneller Werte und gesellschaftlicher Normen, ohne dafür eigene Werte zu bieten zu können, denn von Geschichte, Politik und Philosophie, wie… Mehr

Ingolf
1 Jahr her

Nein …
Ich möchte an den Kaufhausbrand (251 Tote) in Brüssel 1967 erinnern und an das Pamphlet „Flugblatt Nr.7“ der Kommune 1. Unzählige Menschen haben schwerste Verbrennungen erlitten (was durch die damalige Mode mit Synthetik-Stoffen noch verstärkt wurde). Und die „Meinung“ der Kommune 1 war ekelhaft und widerwärtig.
Daher … Nein.

Klaus Uhltzscht
1 Jahr her

Das Twitterfoto von den beiden, mit den Wohnblocks im Hintergrund, ist wunderschön! Da läßt es sich verschmerzen, daß das diesjährige Sommerinterview des Bundespräsidenten wieder ein optischer und akustischer Durchfall war.
Ich freue mich auf das Interview der beiden spannenden Sympathieträger.
Danke, Tichy!