Dööp-dö-dö-dööp

Keine Liebe mehr auf der Fanmeile oder dem Oktoberfest: Die diesjährige Wiesn will das Abspielen des Liedes „L’amour toujours“ untersagen. Das hat der Chef des weltgrößten Volksfestes angekündigt. Es ist ein unsagbar alberner und autoritärer Reflex – und für Juristen ein schlechter Witz.

picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann

Gigi d’Agostino kann einem wirklich ein bisschen leidtun. Bis eben noch war der 56-jährige Mann aus Turin ein angesehener DJ und Musikproduzent. Über Nacht ist er – völlig ohne eigenes Zutun – zum Schöpfer eines vermeintlichen Nazi-Songs mutiert, dessen Werk sogar auf dem Index landen soll.

„Wir werden das Lied verbieten.“ Clemens Baumgärtner macht Basta-Politik. Jedenfalls versucht er es. Der 47-jährige CSU-Politiker ist im Rathaus der bayerischen Landeshauptstadt München Referent für Arbeit und Wirtschaft – und damit qua Amt auch Chef des Oktoberfests. Als solcher will er verhindern, dass auf der Wiesn 2024 „L’amour toujours“ über die Lautsprecher ertönt.

Dabei verwendet der immerhin schon 25 Jahre alte Party-Song gar keine Akkorde aus dem Horst-Wessel-Lied, und auch der englische Text ist denkbar harmlos. Auszug in deutscher Übersetzung:

„Es ist mir egal, was du in deinem Leben getan hast.
Baby, ich werde immer hier an deiner Seite sein.
Lass‘ mich nicht zu lange warten, bitte komm‘ schnell her.“

Das riecht nicht unbedingt nach menschenfeindlichem Umsturz. Man tritt dem Komponisten und Texter d’Agostino wohl auch nicht zu nahe, wenn man das Ganze vielmehr als sehr flotte Liebes-Schnulze identifiziert – partygerecht mit 135 Beats pro Minute. Und das soll jetzt verboten werden?

Schuld daran sind die „Sylt-Schnösel“ (Zitat BILD). Eine Gruppe erkennbar stark angetrunkener und massiv überdrehter junger Leute hatte da auf der Insel vor dem Party-Club „Pony“ zum musikalischen Hauptthema von d’Agostinos Hit („dööp-dö-dö-dööp“) einfach einen eigenen Text gesungen: „Ausländer raus“.

Das war nun sicher keine allzu gute Idee und auch weniger stilvoll, als man sich Sylt so gemeinhin vorstellt. Aber wie das nun mal so ist im besten Deutschland aller Zeiten: Schnell wie der Wind rückten die Bataillone der grün-roten Empörungsindustrie aus und machten aus der Geschmacklosigkeit eine Staatsaffäre.

Und plötzlich soll ein Partysong ein Hetzlied sein.

Da will CSU-Mann Baumgärtner nicht untätig bleiben. Schon früher hat er auf schwarz-grüne Bündnisse gesetzt, wenn es dem eigenen Fortkommen diente. Jetzt macht sich der wendige Herr wieder nach links anschlussfähig – und will im typischen autoritären Reflex unserer Zeit das Lied verbieten, das da auf Sylt verunstaltet wurde.

Das dürfte allerdings viel leichter gesagt sein als getan, weiß Medienanwalt Joachim Steinhöfel. Denn an dem Lied selbst ist ja, siehe oben, weder musikalisch noch textlich irgendetwas auszusetzen. Es wird seit 25 Jahren weltweit massenhaft ohne jedwede Beanstandung auf Partys, Volksfesten und in Diskotheken gespielt. Mit welcher Begründung sollte es jetzt also verboten werden?

In Frage käme da eigentlich nur eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Übersetzt aus dem Juristendeutsch: Man befürchtet, dass Besucher des Oktoberfests beim Abspielen des Liedes Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen könnten – also z. B. verfassungsfeindliche Symbole zeigen oder volksverhetzende Dinge rufen. Das ist juristisch aber ganz dünnes Eis. „Mit dieser Begründung dürfte man auf der Wiesn auch kein Bier ausschenken“, sagt Anwalt Steinhöfel. „Denn es könnte hinterher ja jemand verbotenerweise an ein Zelt pinkeln.“

Gegen das von Wiesn-Chef Baumgärtner so medienwirksam angekündigte Verbot von „L’amour toujours“ könnte einerseits Gigi d’Agostino klagen. Schließlich entgehen dem Künstler Tantiemen in erheblicher Höhe, wenn sein populärer Song nicht mehr gespielt werden darf – denn aus welchem Grund eigentlich, er selbst hat sich nichts zu schulden kommen lassen. Klagen könnten auch Wiesn-Wirte, die in ihrem Zelt das Lied spielen wollen. Und auch sie hätten wohl sehr gute Erfolgsaussichten.

Die Betrunkenen auf Sylt hätten etwas mehr nachdenken können, bevor sie den Mund aufmachen. Dasselbe gilt für die Wichtigtuer im Münchner Rathaus.


Unterstützung
oder

Kommentare ( 112 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

112 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
November Man
6 Monate her

Das ist der Zwang und der Erpressung dem der Chef des weltgrößten Volksfestes aktuell ausgesetzt ist. Würde er das Verbot nicht bekanntgeben oder durchziehen, würden die vereinigten Linksextremisten und die Lügenpresse gemeinsam über ihn herfallen und schwere Sanktionen verlangen. Der Mann muss jetzt tatsächlich um seinen Job und seine persönliche Zukunft bangen.
Das übliche schmutzige Spiel der antidemokratischen Linksextremisten. Sanktionieren und Erpressen.

tichoz
6 Monate her
Antworten an  November Man

Geschieht diesem Mann recht. Da er schon lange schwarz-frün favorisiert, soll er jetzt seine eigne Medizin kosten.

humerd
6 Monate her

Jugendliche auf Sylt grölen, es ermittelt der Staatsschutz, die Bild und focus veröffentlichen Fotos von Beteiligten usw.
In Stuttgart grölen Fans eines Türkei-Fußballclubs „Ausländer raus“und „Die Staatsanwaltschaft nimmt den Vorgang nun unter die Lupe. „Wir prüfen, ob es zureichend tatsächliche Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten gibt“, bestätigte ein Sprecher am Dienstag. Mit welcher Intention die Fans die ausländerfeindliche Parole sangen und ob die Aktion möglicherweise als Provokation oder Scherz gedacht war, ist ebenfalls nicht bekannt.“ https://www.focus.de/politik/deutschland/auf-stuttgarter-schlossplatz-ausgerechnet-fans-eines-tuerkischen-fussballclubs-groelen-auslaender-raus_id_259983819.htmloder auch: Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.

Riffelblech
6 Monate her

Am Allerbesten wäre doch die deutsche Sprache ganz zu verbieten .
Und gesungen wird nur noch das was durch Faesers und Haldenwangs absegnet ist .
Dann könnten die Allerwenigsten noch die sogenannte Hass und Hetze verbreiten .
Und sollte trotzdem jemand z.B. in Englisch oder Bulgarisch sich diese „“ Schandtaten „“ zuschulden kommen lassen ,verbieten diese Sprachen .

Kassandra
6 Monate her
Antworten an  Riffelblech

Was ist eigentlich mit den Fremdlingen mit ihren Sprechgesängen, „Rapper“ genannt, in denen sie sonst auch Unsagbares unter die Menschen bringen – insbesonders, wenn das noch in uns unverständlichen Sprachen vor sich hin plätschern gelassen wird?
Ob sie derart eintönig vor sich hinlallen müssen, weil sie nicht singen dürfen oder es nicht besser vermögen habe ich noch nicht erforschen können.

Haba Orwell
6 Monate her

Darf man alternativ es auf einige Ausländer einschränken: Ami Go Home? Heute wohl aktueller als je zuvor (mit gewisser Staatssekretärin im Weltinnenministerium angefangen).

Nibelung
6 Monate her

Bei den Nazis hat sich auch alles zum Exzeß im Laufe der Zeit entwickelt und ich sehe noch Göhring in der Filmdarbietung vor mir, der mit Geifer im Mund, seinen Satz begann, es ist verboten ….. und damit fing alles an und ist alte Tradition aller Sozlalisten es fortzusetzen, wobei die politische Farbe dabei keine Rolle spielt.

Alfons Kuchlbacher
6 Monate her

Die Frage ist, ob der Slogan Ausländer raus überhaupt gegen irgendein Gesetz verstoßt. Ob die Kündigungen die aufgrund dieses Vorfalls ausgesprochen worden arbeitsrechtlich halten?

Uwe78
6 Monate her

Ich würde Gigi D Agostino per internationalem Haftbefehl verhaften lassen. Der hat das alles begünstigt. Das ist in etwa das geistige Niveau dieses Baumgärtners. Zu mehr langts bei dem wohl nicht. Unfassbar, was für Spinner es in Deutschland gibt. Mir gefällt das Lied – gelte ich jetzt als rechtsradikal? Von wegen Codes und so… Ich könnt mich über so viel hypermoralische Vollpfostigkeit in Deutschland bis zum St. Nimmerleinstag aufregen. Bald ist mein Sohn über 18. Dann bin ich weg aus diesem gottverblödeten Irrenhaus Buntland. Ich würde ja „alles für …mein Land“ tun (Vorsicht Code), aber so beim besten Willen nciht… Mehr

Last edited 6 Monate her by Uwe78
Donostia
6 Monate her

Das verbieten von Liedern hat letztes Jahr bei Layla suboptimal geklappt. Das geht hier ähnlich aus. Solche Verbote sind der Katalysator das genau das die Masse singen wird.

Don Didi
6 Monate her
Antworten an  Donostia

Exakt. Nennt sich Streisand-Effekt und ist seit Jahrzehnten bekannt. Nur die Politik hat noch nie davon gehört…..

Stuttgarterin
6 Monate her

Offenbar muss jede Woche eine neue Sau durch die Straßen getrieben werden, damit die Endlos-Empörung nicht aufhört vor den Wahlen. Nur weil ein paar Besoffene sich unerfreulich benehmen, geht eine angemessene Weltoffenheit doch nicht verloren. Aber mit ständigen Verboten und einer hyperventilierenden Presse geht die Demokratie kaputt. Merkt denn keiner von den Haltungskönigen, dass die Leute keinen Bock mehr auf diese Politisiererei haben, bei der Unwichtigkeiten aufgeschäumt werden und nebenbei das Land den Bach runter geht?

Jens Frisch
6 Monate her

Dann müssen jetzt umgehend Eddings und Spraydosen verboten werden: Damit könnte jemand ja Hakenkreuze auf Bushaltestellen schmieren!
Die Angst sitzt ihnen tief in den Poren, ja sie stinken vor Angst und das ist gut so!