Mode- und Streetstyle-Blogger: Hobby, Journalist und Marke

Modeblogger: Nur Hobby oder ernsthafte journalistische Tätigkeit? Hinter Blogs steckt oft jahrelange harte Arbeit - im Bild: Mehrnaz vom Luxus-, Mode- und Lifestyle-Blog "Shoplemonde"

Vom Blogster zum Blogstar

Christian LouboutinAuf dem Weg zur Marke ist es ein langer, harter, anstrengender und manchmal auch sehr steiniger Weg. Nicht viele schaffen den Weg in den Olymp. Im Zuge des Börsengangs eines großen Online-Shops mussten sich einige Modeblogger den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich haben bestechen lassen. Bestechen in der Form, dass sie Kleidungsstücke zugesandt bekommen, die sie anschließend auf ihrem Blog per Outfit und schöner Beschreibung präsentieren, zum Online-Shop verlinken, aber nicht entsprechend ausgewiesen haben, dass es sich hierbei um ein Werbegeschenk handelt. Zu gerne möchten sie es aussehen lassen, als ob sie umworben und beschenkt werden wie die großen der Branche. Das ist verständlich, aber an der Stelle findet durch Unterlassen der Information de facto eine Täuschung ihrer Leser statt.




Die Modeblogger legen in ihren Beiträgen eine immer größere Professionalität an den Tag. Ihre Outfit-Postings wirken nicht selten wie professionell inszenierte Modestrecken in den großen Magazinen. Immer mehr posten selbstgedrehte Videos auf eigenen Youtube-Kanälen, in denen sie in Zeitraffer durchs Bild schweben und dabei die neuesten Outfits aus allen Perspektiven zeigen. Auch diese Professionalität haben sich Online-Shops, Designer und Modeketten zunutze gemacht. Sie schicken den Bloggerinnen und Bloggern mitunter Kleidung zu eben diesem Zweck: dass diese die Plörren dann tragen, fotografieren, in ihren sozialen Medien wie Blogs, Twitter, Facebook und Instagram hochladen und nach getanem Werk zurückschicken oder auch behalten. Eine Win-Win-Situation – der Blogger muss sich nicht einmal mehr in Unkosten stürzen, um sich mit neuen Artikeln zu präsentieren.

Fashionfollower und Stylestalker

Die individuell kombinierten Outfits begeistern die Augen und die Herzen der Leserinnen und animieren zur Nachahmung. Auf den Multiplikatoreffekt, den die erfolgreichsten Blogger auf ihre Follower ausüben, setzen Online-Shops gezielt. Auf die Authentizität. Mitunter ordern einige „Leserinnen“ sogar komplette Kombinationen. Natürlich wird unter den Outfitposts angegeben, von welcher Marke das jeweilige Kleidungsstück stammt – und per dazugehörendem Affiliate Link wird direkt auf den entsprechenden Online-Shop geleitet. Erfolgt über diesen Prozess ein Kauf, wird der Blogger mit Prozenten anteilig vergütet.

Einige Modehäuser liefern redaktionelle Inhalte an Blogs, um ihre Kollektionen zu promoten, welche dann aber oftmals in den Blogs selbst nicht als Native Advertising ausgegeben werden. Ebenso machen es auch Online-Shops, die mitunter konkret vorgeben, wie genau auf welches Produkt oder welche Aktion hingewiesen werden soll. Das führt immer häufiger zu Verstimmungen bei einigen Modebloggern.

Große Unternehmen laden jedes Jahr die besonders erfolgreichen Mitarbeiter zu Incentives ein – Kurztrips, manchmal auch über die Ländergrenzen hinweg. So auch in der Welt der Mode. Zalando veranstaltet zu diesem Zweck das Zalando Summer House, wo erfolgreiche Modeblogger an einem Wochenende zusammenkommen. Sie stylen sich, tauschen sich mit Gleichgesinnten aus – und natürlich wird fotografiert und gepostet was das Zeug hält. Multiplication is friend.

Zalando Summer House 2013

Screenshot #ZalandoSummerHouse via enjoygram.com

Der Online- und stationäre Modeshop Luisviaroma in Florenz veranstaltet zweimal pro Jahr das Luisaviaroma Firenze 4 Ever Style Lab, zu denen das Who is who der Modeblogger aus der ganzen Welt eingeladen werden, um sich in den neuesten Kollektionen von Luxushäusern zu wanden. Die Bloggerinnen und Blogger können sich dazu selbst in den Kollektionen in Szene setzen lassen oder unter Models auswählen, für welche sie dann die kompletten Looks zusammenstellen und in denen sie sie fotografieren. Der Schuhdesigner Giuseppe Zanotti ist jedes Mal mit von der Partie bei den opulent inszenierten Dinnern, und Blogger können ihm Fragen stellen oder sich mit ihm ablichten lassen.

DIOR lädt zu Bloggerevents wie dem DIORAddict Event nach Paris ein, bei denen höchst aufwendige MakeUp Tutorials erfolgen, die Mode-Laien-Journalisten alle Produkte aus der neuen Kollektion testen und sich anschließend auf retuschierten Hochglanz-Fotoshootings wiederfinden können. Abends im Hotel wartet dann, als kleine Aufmerksamkeit, eine Tasche mit einer Selektion der getestenen Produkte im Zimmer der Bloggerinnen, die gerne zeigen, was sie geschenkt bekommen – und die Produkte dann hoffentlich auch prominent auf ihren Blogs in Detailfotos oder Youtube-Tutorials behandeln.

Monopole werden aufgebrochen

Und es wird berichtet, es wird fotografiert, es wird veröffentlicht und gezeigt, was das Zeug hält. Das mag oft nicht besonders anspruchsvoll erscheinen oder sein. Natürlich fallen die Aktivitäten von professionellen das heißt regelmäßigen Bloggern, die viel schreiben oder viel fotografieren, die über Events berichten, zu denen sie eingeladen und die sie besucht haben, unter eine journalistische Tätigkeit.

Das mag ausgebildeten, studierten, erfahrenen und traditionellen Modejournalisten oder -fotografen nicht in den Kram passen. Das geht lizensierten Taxi-Fahrern da wohl etwas ähnlich. Neuerdings kann plötzlich jeder mit Führerschein, Auto und Navigationssystem heutzutage Personen mitnehmen und per Uber durch die Gegend fahren. Wenn dann also der Moment gekommen ist und man feststellen muss, dass die Markteintrittsbarrieren gar nicht so hoch sind, plötzlich jeder mitmischen und mitmachen kann, wird das eigene Stück vom Kuchen natürlich immer kleiner – und umso vehementer verteidigt. Bei den neuen Formen des Mode-Journalismus werden die hergebrachten Regeln des Qualitätsjournalismus oft überschritten; die Grenzen zu Sponsoring und Einflussnahme nicht klar eingehalten. Allerdings: Auch Printprodukte und Fernsehformate sind längst nicht mehr clean; wegen umgekennzeichneter Werbung (von Opel) bekam kürzlich die BUNTE Ärger. Nur ein Bruchteil der sichtbaren Werbung ist tatsächlich nach Preisliste bezahlt, Geschenke halten die Schreiber gewogen. Unter dem Kostendruck und angesichts fallender Anzeigen- und Vertriebserlöse, fallen Schranken an vielen Orten.

Dabei kann man an der Stelle entspannt sein: Nicht vielen gelingt es, die Kontinuität auf lange Dauer beizubehalten, die dieser Job (denn das ist es) erfordert. Nichtsdestotrotz, es gilt auch den Umgang mit Mode- und Streetstyle-Bloggern zu überdenken und neu zu bewerten. Viele von ihnen sind journalistisch tätig, für ihre eigene Publikation und multiplikatorisch für Marken. Ein neuer Markt ist entstanden und dringt von den Rändern des Geschehens zunehmend ins Zentrum vor.




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