ZDF-Wahlsendung „Wie gehts, Deutschland?“: So trist wie die Politik selbst

Das ZDF versammelte am Dienstag Abend mit Christian Lindner, Franziska Giffey, Alice Weidel, Jens Spahn und Katrin Göring-Eckardt zahlreiche prominente Stimmen aus der deutschen Politik. Es zeigte sich exemplarisch der Niedergang der politischen Kultur im Land.

Screenshot ZDF: "Wie gehts, Deutschland?"

Das Konzept, welches das ZDF im Vorfeld für die Sendung „Wie gehts, Deutschland“, verkündete, klang eigentlich vielversprechend. Anhand eines Lebenszyklus sollten wichtige Themen zwischen den anwesenden Politikern und den per Zoom-Videokonferenz zugeschalteten Bürgern diskutiert werden. Doch am Ende hatte nichts so recht funktioniert – Technik, Gesprächsführung, Einbindung der Zugeschalteten.

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Einige der Menschen auf „der Wand“, wie Moderator Christian Sievers den großen Bildschirm mit den zugeschalteten Bürgern nannte, kamen während der gesamten Zeit gar nicht zu Wort. 90 Minuten kreiste die Runde im Wesentlichen um die Themen Klima, Bildung, Familie und Pflege. Perfekte Bühne für die eingeübten Satzbausteine der Politiker. Für Jens Spahn, Alexander Dobrindt, Katrin Göring-Eckardt, Dietmar Bartsch, Franziska Giffey, Alice Weidel und Christian Lindner hatte sich das Auswendiglernen von Schlüsselsätzen, Schlagwörtern und rhetorischen Spielchen diesmal wirklich gelohnt, weil die Moderation die Sendungsabschnitte lieblos nach Skript herunterbetete. So kam kaum eine wirkliche Diskussion unter den Politikern auf – und die teils leidenschaftlich gehaltenen Beiträge der Bürger auf „der Wand“ verhallten weitgehend. Beim Klima echauffierte sich eine Fridays-for-Future-Aktivistin lautstark über die Politik, genauso wie beim Thema Pflege eine engagierte Pflegerin Kritik übte: Doch all das wurde im Studio mit routinierter Langeweile zur Kenntnis genommen und mit den eingeübten Textbausteinen gekontert. Viele der auf Zoom sitzenden Bürger waren am Ende frustriert – hier versäumte es die Moderation, aus einer guten Idee auch eine gute Sendung zu machen.

Denn anstatt die Bürger mit ihren Fragen die Politiker vor sich hertreiben zu lassen, wurden ihre Aussagen und Klagen eher als Sprungbrett für rhetorische Akrobatik verstanden. Christian Lindner erzählt von Entlastungen, Steuersenkungen und Digitalisierung, Katrin Göring-Eckhardt erzählt vom Klima, Klima und Klima – und die Unionsvertreter Spahn und Dobrindt erzählen gar nichts so richtig. Das zumindest mal von AfD bis Linke das gesamte politische Spektrum des Bundestages vertreten war, könnte Hoffnungen geweckt haben – dank der Moderation spielte sich die Sendung jedoch hauptsächlich dort ab, wo das ZDF „die Mitte“ definiert, also zwischen Union und Grünen.

Dabei waren die Beiträge der Zugeschalteten wirklich interessant und boten Stoff für ernsthafte Diskussionen. Eine Familie berichtet, dass beide Eltern arbeiten müssen. Sie arbeitet als Zahnarzthelferin, er macht nach der Schließung seines Autowerks eine Umschulung zum Zerspanungsmechaniker. Und das Geld ist knapp. Während alle anwesenden Politiker diese Leute mantraartig als „Mitte der Gesellschaft“ lobten und vorgeblich respektierten, konnte keiner der Politiker bei ihnen wirklich punkten: Christian Lindner sah seine Chance gekommen, auf Steuer- und Abgabensenkung hinzuweisen. Und Katrin Göring-Eckardt stellte den beiden in Aussicht, bald auch mit kleinem Geld und entsprechender Förderung E-Auto fahren können – also arm, aber wenigstens Klimaneutral.

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Kurz kam sogar ein Unternehmer zu Wort, der zumindest einen kleinen Bezug zur Wirtschaft in der Sendung setzen konnte. Doch Alice Weidel konnte nur knapp über die Belastung von Mittelstand und mittleren Einkommen in Deutschland klagen, bis der Moderator schon wieder das Thema wechselte. Über Wirtschaft sollte wohl nicht gesprochen werden.

Mit „Wie gehts, Deutschland?“ Wollte das ZDF eine wertvolle Wahlsendung liefern – doch die öffentlich-rechtliche Anstalt produzierte stattdessen einen hastigen Durchmarsch durch altbekannte Themen, die die Politiker mit ihren altbekannten Satzbausteinen ohne große Mühen absolvierten. Nicht nur wurden andere wichtige Themen wie Migration, Corona oder Wirtschaft gar nicht oder kaum diskutiert: Viel schlauer als zuvor war man hinterher auch bei den besprochenen Themen nicht. Das schienen auch einige der zugeschalteten Bürger wiederzuspiegeln. Die Sendung wirkte gehetzt und gleichzeitig gesetzt. Alles lief eilig, aber genau nach Drehbuch ab. Erkenntnisgewinn oder journalistischer Wert der Sendung war maximal gering. Hätten die Zuschauer einfach die Wahlprogramme der Parteien zu den Themen gelesen, hätten Sie sogar noch Zeit gespart. Nach echter inhaltlicher Kontroverse muss man im ÖRR weiterhin vergeblich suchen.

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Kommentare ( 16 )

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Dieter Rose
3 Jahre her

Ich habe noch nie was über die Lebensdauer der Batterien gehört oder gelesen.
Was kostet dann der Einbau einer neuen Batterie?
Früher musst man die Batterien separat leasen? Ist das noch so?
Wer kann sich das als Geringverdiener leisten?
Irgendwo las ich, dass sich die Kosten für Umweltmaßnahmen auf 700 bis 1000 Euro pro Haushalt belaufen würden. Ist das so richtig?

Sonny
3 Jahre her

Eigentlich wollte ich in die Sendung hineinschauen, weil Alice Weidel da war. Nachdem ich hier die Zusammenfassung lese, bin ich froh, dass ich sie verpaßt habe. Ich war sowieso skeptisch, was bei einer Wahlsendung von Öffentlich-Rechtlich herauskommen soll außer die übliche Propaganda, dass übliche Nudging und die Diskreditierung von „normalen“ Menschen mit „normalen“ Ansichten. Das so wenig Zuschauer zu Wort kamen liegt mit Sicherheit daran, dass vorher geprüft werden musste, wer da was mitreden will. Man konnte unmöglich starken Politikkritikern eine richtig große Bühne geben. Also alles in allem ein Anhängsel des „Schwarzen Kanals“, der sich den Anstrich von Ausgewogenheit… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Sonny
Odysseus JMB
3 Jahre her

Politisches „Entertainment“ im zwangsfinanzierten TV. Was darf man da erwarten?
Dabei ist das ZDF technisch nicht einmal in der Lage seine „Mediathek“ so auszustrahlen, dass auch ich sie empfangen kann, wenn ich denn einmal eine so engagierte Sendung, wie die besprochene, nachträglich genießen möchte.

Frank v Broeckel
3 Jahre her

Sehen Sie, sogar gleichzeitig in demographischer UND politischer UND ökonomischer Hinsicht richtig zu denken und dementsprechend zu handeln , ist zugegebenermaßen auch wirklich ziemlich schwierig! Das halte ich auch sämtlichen Politiker sämtlicher politischer Parteien auch ausdrücklich zugute! Trotzdem gibt es hierfür durchaus auch vergleichbare Vorbilder in der Menschheitsgeschichte! Und zwar gibt es in Wikipedia eine prima Karte unter dem Eintrag „Indianerreservate“ mit den 304 offiziellen Indianerreservate in den USA! Mangels zukünftig überhaupt vorhandener Indianer hätten diese das ganze Land außerhalb dieser offiziellen Reservate an jeden interessierten Menschen weltweit meistbietend verkaufen(!) müssen, anstatt möglichst großzügig das fast das gesamte Land an… Mehr

November Man
3 Jahre her

Also für mich war das keine richtige Wahlkampfdiskussion, was das ZDF da aufgeführt hat war eher ZDF-Kindergarten.
Und die grüne Göring-Eckardt musste wie immer mal wieder unhöflich dazwischen quatschen, stört andere in ihren Ausführungen und lässt andere Teilnehmer nicht ausreden.
Grüne nie wieder, hatten wir schon mal, das hat uns Hartz IV mit viel Armut und Elend gebracht und die Teilnahme am Krieg in Alt-Jugoslawien und am Krieg in Afghanistan beschert.   

Dieter Rose
3 Jahre her
Antworten an  November Man

Wenn Sie eine Veränderung nach den vier Jahren überhaupt zulassen.

Frank v Broeckel
3 Jahre her

Herr Professor Heinsohn, ist Ihnen hinsichtlich der politischen Entwicklung der Indianer in den USA seit dem Jahre 1621 ff bis zum heutigen Tage irgendetwas signifikant aufgefallen? Richtig erkannt, TROTZ deren völlig unterschiedlichen politischen Entwicklungen in letzten 400 Jahren passen diese Leute heutzutage TROTZDEM fast allesamt völlig bequem in die 304 offizielle Indianerreservate in den USA , weil es heutzutage überhaupt nicht mehr Indianer gibt! Reservate gibt es heutzutage für Europäer ebenfalls, und zwar die östlichsten Landkreise Deutschland und Österreich, die Visegrad Staaten und das Baltikum! Weshalb ausgerechnet dort? Weil die Osteuropäer im Gegensatz zu den Westeuropäern heutzutage immer noch NICHT… Mehr

John Farson
3 Jahre her
Antworten an  Frank v Broeckel

….aber dennoch am Tropf von Brüssel hängen und sich in allen wichtigen Angelegenheiten, nach ihnen richten.
Homos werden zwar ausgegrenzt und gendern muss man auch nicht, aber das Umweltgedöns u.a. wird fleißig umgesetzt. Sonst gibts nämlich kein Geld mehr und dann ists schnell vorbei, mit Orbans und Dudas Revolutiönchen.

Biskaborn
3 Jahre her

Ich habe bislang nur das erste Kapitel Klima angeschaut, dann habe ich vollkommen entnervt den roten Knopf gedrückt. Was da an Dümmlichkeiten preisgegeben wurde, eine völlig von der Rolle befindliche Göring-Eckhardt setzte dem Ganzen die Krone auf, war schlicht unerträglich. Dazu ein hysterisches FFF Kind bar jeglicher Ahnung, sicher getroffen vom Hochwasser das muss man Ihr zugute halten, und dann diese Forstwirtschaftler. Wenn das der Nachwuchs für Forstwirtschaft ist, dann endgültig Gute Nacht. Weidel hätte leicht den Klimaaktivisten an der Zuschauer- Wand und den sie umgebenden komplett wirren Politikern der Kartellparteien den Wind aus den Segeln nehmen können, hat es… Mehr

fatherted
3 Jahre her

Die Protagonisten dieser Sendung….“die Wähler“ waren doch alle handverlesen und handzahm. Keine halbwegs kritische Bemerkung in Richtung der Anwesenden Politiker. Immerhin Frau G-E blamierte sich bei der Familie mit drei Kindern….da kam ja so gut wie nix, als E-Auto kaufen….Herr Lindner schwafelte denen immerhin noch die Ohren voll. Alles in allem…man keinen von denen wählen….und muss doch. Das ist das eigentlich tragische an dieser Wahl.

Teiresias
3 Jahre her

1789 – Abgehobenen Aristokraten sind die Herrscherhäuser anderer Völker näher als das eigene Volk. 2021 – Abgehobenen Politikern sind Politiker anderer Staaten näher als das eigene Volk. Sie fürchten, daß sich nach Lehman-Pleite und Schuldenkrise, während der man Bankenschulden dem Steuerzahler auf den Buckel geladen hatte,1789 wiederholt, und zwar genau dann, wenn der Steuerzahler diese Kosten zu spüren bekommt. Die gesamte Politik seit 2008 steht meines Erachtens nach unter dem Primat der Revolutionsvermeidung, was Klaus Schwab ja auch expressis verbis zugibt : Wie kann man dem Pöbel die große Rechnung aufs Auge drücken, ohne daß er aufmuckt`? Sei es die… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Teiresias
Enrico
3 Jahre her

Ich bin nur lesend auf Twitter (Passiv-Stalker bei einem – twitterdeutschlandweit bekannten – Tegernseer), aber wenn ich nur – wie gestern abend – kurz die linkswoke wohlstandsverwahrloste Twitteria und ihre haarsträubenden (Klima/Sponsering/Alimentierungs-)Einlassungen zu dieser „Sendung“ überfliege (jew. kurzer Klick auf die Trends), so kann ich weiters nur konstatieren: ich kann einfach kein Jota Mitleid mehr mit einem evtl. Niedergang dieses Landes bei mir erkennen. Meine ausnahmslos wertschöpfenden Liebsten um mich rum supporte ich natürlich weiterhin, das ist selbstverständlich. Ansonsten: Gruselig, was sich hier in den letzten Jahren für Massen an laut plärrenden Nassauern breitgemacht und sich bequem eingerichtet haben! Das… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Enrico