Elon Musk interviewt Donald Trump: Unzensiert

Das interessanteste Interview des Jahres kommt von keinem etablierten Medienhaus, sondern vom Tech-Milliardär Elon Musk. Auf seiner Platform X führt er ein Gespräch mit Donald Trump - das mehr über Trump verrät als jedes ach so kritische Verhör. Die EU hatte im Vorfeld eine Zensur gefordert.

IMAGO

Das einflussreichste Interview des Jahres 2024 kommt nicht von einem der großen Medienhäuser. Es kommt nicht von CNN, vom BBC oder gar von einem der öffentlich-rechtlichen Sender Deutschlands. Es kommt noch nicht einmal von einem Journalisten. Elon Musk, Technologie-Milliardär, interviewt den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Das Interview wird nicht über das Fernsehen ausgestrahlt, nicht über Radiowellen übertragen oder gar abgedruckt. Stattdessen findet es auf Musks Plattform „X“ (ehem. Twitter) statt. Es ist live, öffentlich.

Es ist ein langes Interview und ein technisch einfaches. Trump sitzt nicht in einem Studio, sondern beugt sich in seinem Büro über ein Handy – so die Pressefotos, die veröffentlicht wurden. Das Gespräch beginnt mit 40 Minuten Verspätung, Nutzer können sich nicht einwählen, um zuzuhören. Musk sagt, ein DDOS-Angriff, eine gezielte Überlastung der X-Server, sei dafür verantwortlich.

Musk eröffnet mit Fragen zu dem Attentatsversuch auf den Präsidentschaftskandidaten. Es sei „unangenehm“ gewesen, antwortet Trump trocken. Schnell geht es aber um seine politischen Positionen und seine Ziele, sollte er die Präsidentschaftswahlen für sich entscheiden. Trump will die Migration aus Südamerika und Afrika begrenzen. „Viele sind Terroristen“, oder seien aus Gefängnissen und psychiatrischen Kliniken entlassen worden. Die Grenzen müssten geschützt werden und die größte Abschiebung „in der Geschichte unseres Landes“, solle stattfinden. [Anm. d. Red.: Wörtlich spricht Trump von „deportations“, im Englischen wird dieses Wort aber auch für Abschiebungen verwendet]

Ein wichtiges Thema für Musk ist das Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten. Die Regierung würde „mehr für Zinsdienst ausgeben als für Verteidigung“. Er schlägt mehrmals eine Kommission vor, die die Ausgaben der Regierung überprüfen soll. Trump bietet Musk einen Posten in dieser Kommission an – und weicht dem Thema ansonsten aus. Er will lieber über das Wirtschaftswachstum sprechen, über Energiepreise und über die Inflation. Auch republikanische Politiker sparen nicht gerne.

Im Interview ist Trump noch immer auf Joe Biden fokussiert. Dass Kamala Harris diesen als Präsidentschaftskandidaten ersetzt hat, kann man dabei fast vergessen. Unter Trump sei die Wirtschaft gut gelaufen, unter Biden schlechter. Es habe weniger Covid-19-Tote unter Trump gegeben und „Putin hätte sich niemals getraut“, die Ukraine anzugreifen, wenn Trump seine zweite Amtszeit gewonnen hätte. Genauso habe die Hamas nur über die Waffen und den Willen für den Angriff auf Israel am 7. Oktober gehabt, weil der Iran Biden nicht fürchte.

Xi Jinping, Wladimir Putin: „Das sind harte Typen“, die ihr Land im Griff hätten. „Wenn die Kamala sehen, Sleepy Joe, können sie es nicht glauben.“ Die Diktatoren der Welt würden nur mit einem harten Präsidenten der USA in Schach gehalten werden können – und dieser Präsident müsse er selbst sein, so Trump.

Später im Interview bezeichnet er Kamala Harris als „radikale linke Verrückte“. Sie wolle der Polizei die Mittel streichen, Fracking verbieten und sei anti-israelisch eingestellt. „Ich glaube nicht, dass das Land eine weitere Amtszeit der Democrats überleben wird“, ist wohl eine typische Trump-Überspitzung aber fasst seine Rhetorik zum Wahlkampf gut zusammen.

Gegenüber Europa will Trump einen härteren Kurs fahren: Das Handelsdefizit soll reduziert werden, die NATO-Staaten Europas anfangen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben.

Das Interview ist lang – vielleicht etwas zu lang. Es mäandert zwischen Themen und hätte davon profitiert, wenn man die Sprecher auch gesehen hätte. Musk ist auch kein geübter Interviewer – und im Laufe des Gesprächs spricht er Trump seine Unterstützung aus. Doch Musk hatte nie den Anspruch erhoben ein kritisches Interview zu führen – im Gegenteil; schon in der Einleitung erklärte er, er wolle „einfach nur herausfinden, wie Donald Trump im Gespräch“ sei.

Aber es ist spannend und der Wert dieses langen Interviews besteht auch darin, dass es Trump viel Zeit gibt, sich zu erklären – und auch, um sich selbst zu schaden. Trumps ständige Wiederholungen Harris sei „dumm und gefährlich“ oder habe „einen niedrigen IQ“, wirken kindisch. Viele seiner Aussagen bleiben vage Forderungen: Die EU solle in ihre Schranken gewiesen werden, aber er erklärt nicht, was er sich darunter denn genau vorstellt.

Insgesamt bleibt es ein spannendes Interview, das Trump stärkt, da er sich nicht auf kurze Antworten beschränken muss. Und es zeigt, warum man Musk und X so massiv zusetzt, wieviel an Macht die bisherigen Leitmedien eingebüßt haben. Zum Zeitpunkt des Schreibens wurde das Interview 22 Millionen mal angehört, Ausschnitte und Zusammenfassungen sind dabei nicht mitgezählt. Musk zufolge sollen fast eine Milliarde Impressionen auf das Interview und Gespräche über das Interview generiert worden sein – das heißt 1.000 Millionen mal haben Nutzer von X Posts gesehen, die das Interview zum Thema haben.

Ob es inhaltlich viel verändert? Wahrscheinlich nicht. Nichts, das Trump sagt, ist neu oder überraschend. Doch es ist ein weiteres Symbol dafür, dass das Internet die Macht der etablierten Medien gebrochen hat. Wer braucht dann noch CNN, FOX oder gar die Provinzmedien ZDF und ARD? Dieses Interview erscheint nur einen Tag, nachdem EU-Kommissar Thierry Breton androhte, gegen X gerichtlich vorzugehen, wenn das Soziale Medium das Interview mit Trump nicht zensiert, sofern es „Hass und Hetze“ transportierte.

Das Interview wurde nicht zensiert.

— Elon Musk (@elonmusk) August 12, 2024


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