Tatort: Guter Polizist, böser Polizist war gestern

Der Sonntagskrimi kommt ohne Verbrecher aus – die Polizei reicht völlig. Die sächsische Polizei sollte hier wohl aus so ziemlich jeder Perspektive schlecht aussehen.

Screenprint: ARD / Tatort

Wer nach dem reißerischen Titel „Unter Feuer“ etwas von dem Geist erwartet hat, dem Kriminalrat a.D. Otto Winkler (Uwe Preuss, spielt den Vater von Kommissarin Winkler) zuprostet: „Ich trinke auf Mut und Opferbereitschaft!“, der hat sich getäuscht. Vielmehr hat Autor Christoph Busche da angeknüpft, wo der Tatort vom letzten Wochenende („Dein gutes Recht“, Ludwigshafen) aufgehört hat. Die Justiz, so die stets wiederholte Anschuldigung, ist maroder als eine deutsche Autobahnbrücke.

Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Einreise ? Iwo

Mitten in der sächsischen Pampa bemannen/-frauen 4 Beamte an einer einsamen Staatsstraße unweit der Tschechischen Grenze einen Kontrollposten. Ein alter VW Caddy (wurde 1983 bis 1992 in Sarajewo gebaut) nähert sich, Polizeimeister René Brandstedt (Andreas Grusinski) wird scheinbar unvermittelt durch die geschlossene Scheibe erschossen. Das Drehbuch folgt nun ein Stück weit einem tatsächlichen Zwischenfall aus dem Mai 2020, als zwei westfälische Polizistinnen zwei Kriminalbeamte im Feuer eines unter Kokain stehenden Drogendealers im Stich ließen und türmten. Leila Demiray (Aybi Era) und Anna Stade (Paula Kroh) rasen vom Tatort davon, lassen Kollegen Brandstedt und Lahn (Alrik Kreemke) tödlich verletzt zurück.

Immer diese Wildsäue

Nun bietet die sächsische Polizei alles, was laufen kann, zur Fahndung nach dem zu Fuß geflüchteten Täter (Marek Krug, gespielt von Max Mauff, Beschreibung: blass, schmächtig, dunkelblonde Haare mittellang) auf, auch eine Hundestaffel und einen Hubschrauber. Leider können die Schnüffelnasen im einsetzenden Regen nichts mehr riechen, und das fliegende Auge wird durch die vielen Wildschweine auf dem Boden irritiert. Krug entkommt. Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach), gerade zurück von einer ihm unangenehmen Familienfeier (zu Gorniak: Familie ist der Horror, seien sie froh, dass sie keine mehr haben), ist außer sich und setzt eines seiner schärfsten Führungsinstrumente ein: Er brüllt seine Mitarbeiter an.

Und ewig grüßt die Architektur

Die Polizeiinspektion Lebtal, zu der die Angegriffenen wie die Geflüchteten gehörten, rückt nun ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Nicht nur Staatsanwalt Jakob Klasen (Timur Isik in F-Y-Goethe-Optik) ist der Meinung: „Da geht was ab.“ Die Polizeiinspektion ist, und hier gehen dem Drehbuch etwas die symbolbeladenen Gäule durch, in einer entweihten Dorfkirche untergebracht, in die es hereinregnet und wo man schonmal die Tropfen in der Kaffeetasse auffangen muss. Da gibt es weder eine funktionierende Heizung noch eine Sicherheitsschleuse, Arrestzellen oder vernünftige Umkleideräume. Ein Gutes hat die Unterbringung: Wenn sich jemand wie Anna Stade den Frust von der Seele brüllen will, kann er das im Lärm der Kirchenglocke unbemerkt tun.

Inoffiziell, verdeckt und persönlich motiviert

Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) untersucht hier offiziell zwar den Zwischenfall an der Kontrollstelle, hat dort aber auch selbst ein Hühnchen zu rupfen, denn ihr Bruder Martin (Markus Riepenhausen) tat hier Dienst und wurde unter verdächtigen Umständen bei einem Einsatz gegen eine schwer bewaffnete Drogenbande erschossen. Sie macht sich Vorwürfe, denn Martin stand offenbar in der Polizeidynastie Winkler schwer unter Druck, nicht nur von beider Vater und Polizeidirektor Otto im Streben nach dessen Anerkennung, sondern die tägliche Schicht ging ihm „auf die Knochen und er stand ständig unter Strom“. Das mag der Grund gewesen sein, warum der Beamte „ein bisschen Kokain im Spind“ und im Auto hatte. Für Vater Otto Winkler, Revierleiter Jens Riebold (Andreas Lust) und Schnabel, die sich alle „von früher“ kennen, sind das alles Petitessen, „jeder könne mal einen Fehler machen“.

Die Drei oder Vier vom schrägen Revier

Riebold und die Lebtaler Truppe geraten immer mehr ins Zwielicht. Nicht nur hat der Revierleiter etwas mit seiner Untergebenen Leila Demiray, er kennt auch Doreen Werner (Dorothea Arnold), in deren altem Fachwerk-Gasthaus sich der Polizistenmörder Marek Krug versteckt. Er konnte nur durch die Netze der Polizei schlüpfen, weil Riebold sich weigerte, ihren Wagen durchsuchen zu lassen. Mit Doreen verbindet ihn eine lange Seilschaft, sie ist die Patentante seiner Nichte und den bierseeligen Fotos zufolge war die gesamte Lebtaler Wache in ihrer Kneipe Stammgast. Unheimlich, mit welchen archaischen Trophäen diese Schenke des Grauens dekoriert ist: Ausgestopfte Tiere, röhrende Hirsche, Pokale und Waffen zieren die Holzwände. Hier lässt sich schon erahnen, wes Geistes Kind diese Gesetzeshüter eigentlich sind.

Und ewig währt der Hunger nach Gold, Silberleuchtern, Bargeld

Die wahren Urheber einer perfiden Einbruchsserie kamen aus den Reihen der Polizei, angestiftet durch einen dubiosen Dresdner „Spielautomatenkönig“. Brandstedt und Lahn, die „älteren Kollegen“ sorgten dafür, dass Krug um alle Hightech-Alarmanlagen herum seelenruhig abkassieren konnte, und besserten sich so ihre kargen Beamtengehälter auf. Sie wussten, wie man Spuren vermeidet und falsche legt. Bis Krug eines Tages eine Dame erschlug, die die Katzen der Villenbesitzer gepflegt hatte und er daraufhin Gewissensbisse bekam und Winkler anrief, um auszupacken. Daher wollten ihn die beiden korrupten Polizisten an der extra aufgebauten Verkehrskontrolle aus dem Weg räumen, wobei er sich aber zur Wehr setzte.

Der eigentliche Drahtzieher jedoch ist Richard Weiswasser (Jörn Hentschel), ein zerrupft aussehender „Vogel“ (Riebold über ihn) und Leiter der Diebstahldeliktsabteilung, der sein eigenes Auto angezündet hat, um eine gegen ihn gerichtete Bedrohung durch interne dunkle Machenschaften zu konstruieren. Er schleicht sich mit Scharfschützengewehr auf das Dach von Krugs „Hauptquartier“ in einer alten DDR-Industrieruine und erschießt sowohl ihn als auch Doreen, während Gorniak, Winkler und Kollegen durch den unübersichtlichen Bau irren.

Als Schnabel noch tobt „Mein Gott, wo sind wir hier eigentlich?“ und nach dem längst bestellten SEK ruft, das aber „noch eine halbe Stunde brauche“, ist der Ganovenchef schon über alle Berge und taucht wieder zum Showdown in der Lebtaler Wache auf, wo er Winkler als Geisel nimmt, was aber durch die beste Schützin ihres Ausbildungsjahrgangs, Anna Stade, mit einem „finalen Rettungsschuss“ in die Stirne beendet wird. Das reicht aber leider nicht zur Ehrenrettung der sächsischen Polizei, die wohl aus so ziemlich jeder Perspektive schlecht aussehen sollte.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 13 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

13 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Michaelis
16 Tage her

Der „Tatort“ ist ein als Krimi getarntes Agitprop- und Umerziehungsprogramm – extremst übel, weil es über die emotionale Schiene agitiert und infiltriert!!! Typisch für Diktaturen!!!

hoho
16 Tage her

Jeder hat bestimmt ein Paar der Tatorte, die er gut findet. Ich mochte Münster Serie, weil sie sich nicht so ernsthaft genommen hat. Die anderen habe ich nur geschaut, als die Familie zum längeren Besuch da war. Es gibt gute deutsche Krimis aber das sind nur sehr wenige. Sauerkraut Serie (die hieß wohl Heimatkrimi) aus Bayern war nicht schlecht. Generell muss man sagen – erst Kunst und nur dann (wenn überhaupt) Ideologie, dann klappt es vlt. Sonst ist der ganzen Murks nicht zu ertragen. Das gleiche in Hollywood – die Filme sind meist schlecht und dazu noch ideologisch geprägt.

Lizzard04
16 Tage her

Offensichtlich eine geradezu groteske Räuberpistole des ÖRR. So „ein bisschen“ die Polizei als Vollstrecker von Recht und Ordnung zu diskreditieren, kommt bei den Woken allemal besser, als sich mit den wahren Kriminalitätsproblemen und dem (teilweisen) Verlust der inneren Sicherheit hierzulande auseinander zu setzen. Der brave ÖRR Zuschauer könnte ja auf falsche Ideen kommen, was den tatsächlichen Täterkreis betrifft und plötzlich die richtigen Fragen stellen!

hoho
16 Tage her
Antworten an  Lizzard04

Die Polizei hat sich diskreditiert als sie uns bei Corona Demos geprügelt hat. Es ist nur ein Traum oder eine Illusion, dass die Polizei uns schützen sollte. Wenn man Freunde und Schützer sagt, dann meint man nicht uns dabei.

Leroy
17 Tage her

Wenn ich sehe wie diese Mädchen ihre „Colts“ wie John Wayne tragen muss ich immer lächeln. Einer meiner Freunde war Leiter der Mordkommission. Die 2x im Jahr als er die Waffe mitführen musste war immer mit einer Sucherei verbunden wo er sie wohl gerade abgelegt hatte.

Leroy
17 Tage her

Gibt es eigentliche noch männliche Kommissare beim Tatort ?…außer denen die kurz vor der Rente stehen.

Kontra
17 Tage her

Seit Corona hat die „blaue Truppe“ bei mir jegliche Sympathie verloren!

Dirk Plotz
16 Tage her
Antworten an  Kontra

Genau das. Eben noch den Artikel hier über den Polizisten gelesen, der einen behinderten Demonstranten die Pflegestufen hochprügelte und gleich danach wieder eine Kritik darüber, wie schlecht die Polizei in der Fantasie des ÖRR dargestellt wird. Der wahre Terror waren die Vollstreckungsmaßnahmen gegen die für ihre Grundrechte eintretenden Menschen während der Coronajahre. Mit einem Genuss schlug man auf Menschen ein, die aus dem Grundgesetz zitierten, stürmte mit Waffen Kindergeburtstage, gab Warnschüsse auf Waldspaziergänger ab und raste sich umarmenden Jugendlichen mit dem Polizeiwagen hinterher. Diesen Terror bildet der ÖRR nämlich nicht ab, weil er systematischer Natur war und nicht unter persönliches… Mehr

BK
17 Tage her

Der Film fing ganz blöd an. Da habe ich ausgemacht und auf Miosga gewartet, aber auch das war ein Fehler, den ich sofort korrigiert und die mediale Brandmauer hochgezogen habe.

fatherted
17 Tage her

Muss das sein? Mein letzter Tatort war mit Haverkamp….ich weiß wieso. Muss ich mir jetzt den Inhalt dieser ÖRR-Machwerke auch noch bei TE antun? Was kommt als nächstes….ein Rückblick auf WaPo Bodensee (täglich) oder eine Inhaltsangabe von Bares für Rares und das neueste aus der Küchenschlacht? Leute….es gibt echt wichtige Themen in Deutschland…..der ARD Tatort….gehört sicher nicht dazu.

Ulrich
16 Tage her
Antworten an  fatherted

Seien Sie doch froh, dass sich Journalisten finden, die sich diese ÖRR-Machwerke (Nachrichtensendungen, Polit- und Talkshows, Fernsehfilme) antun und hier kommentieren. Ich finde es gut, nach kurzer Lektüre bestätigt zu werden, dass ich durch Nichtschauen Lebensqualität gewonnen habe. Auch die Einrichtung einer ARD/ZDF-Mediathek wird mich nicht dazu bringen, diesen TV-Müll jemals anzusehen. Hat man einen Tatort mit Odenthal, Frau Burda o.ä. gesehen, stehen die Drehbücher für die Zukunft fest und sind eigentlich nur noch in ihrer Niveaulosigkeit, Klischeebehaftung und billiger Propaganda zu steigern. Wie man an der aktuellen TE-Kritik leicht ablesen kann.

verblichene Rose
17 Tage her

Nun, „man“ hat es ja nicht immer gleich mit einer Schiesserei zu tun, wenn die Staatsmacht meint, sich mit dem Bürger befassen zu müssen. Und in diesem Sinne muss mir niemand die Polizei erst schlecht machen, denn wohl über 90% solcher Begegnungen sind (nur für mich) in letzter Zeit ziemlich unangenehm. Da wird kein Auge mehr zugedrückt und schon gar nicht verzichtet man auf Strafzettel. Mag sein, dass sich das nach Renitenz meinerseits anhört, aber es gibt eben einfach zu viele Fehler, die man begehen kann. Insbesondere in dieser stressigen Zeit. Unsere Polizei hat daher m.M.n. zunächst deutlich an sich… Mehr

eifelerjong
16 Tage her
Antworten an  verblichene Rose

Unsere Polizei hat daher m.M.n. zunächst deutlich an sich zu arbeiten, bevor ich nach dem Verriss des Herrn Kohleofen Mitleid mit ihnen haben soll“
.Ich sage dazu nur:
Im Namen des Volkes? Prozess wegen Polizeigewalt wurde eingestellt“
TE vom gestrigen Tage.