Die Medienlandschaft verändert sich: Das Smartphone hat bei den unter 50-Jährigen das Fernsehen als Medienträger Nummer eins abgelöst, die Unter-30-Jährigen schauen kaum noch ins klassische TV und auch Texte lesen die Menschen mittlerweile eher im Netz als in der Zeitung. Das sind einige Ergebnisse einer Umfrage, die ARD und ZDF regelmäßig durchführen lassen. Eine spannende Frage taucht dieses Jahr indes nicht mehr auf.
„Wenn ich eine Studie in Auftrag gebe“, erzählte ein Windkraft-Unternehmer im Vertrauen, „dann kenne ich die Ergebnisse natürlich als Erster.“ Liefen sie seinen Interessen entgegen, würde er die Studie „natürlich nicht veröffentlichen“.
Die Studie „Massenkommunikation Trends“ veröffentlichen ARD und ZDF regelmäßig. Anfang des Jahres wurden dafür rund 2.000 Personen befragt. Die Ergebnisse gar nicht zu veröffentlichen, würde auffallen. Doch eine Frage kann verschwinden. Das muss ja nichts bedeuten. So wurden die Teilnehmer einer vorangegangen Studie danach gefragt, ob eher öffentlich-rechtliche oder private Medien für unabhängige Nachrichten stünden. ARD und ZDF hatten demnach mit 33 Prozent die Nase vor den Privaten – doch 34 Prozent antworteten: keiner von beiden. Ob sich das gebessert hat, ist der neuen Studie nicht zu entnehmen.
Was sich aber in der Studie findet: 67 Prozent der Befragten sagen, ARD und ZDF böten eher als die Privaten „zuverlässige und glaubwürdige Informationen“. Dass hier etwa jeder Fünfte mit keiner von beiden geantwortet hat, muss der Leser der Studie aus einer Grafik schlussfolgern.
Die dazugehörige Pressemitteilung steuert die Interpretation der Ergebnisse. Darin erhalten die Zahlen einen prominenten Platz, die auf eine große Bedeutung des Fernsehens als Medium schließen lassen – jetzt und in der Zukunft. Nachvollziehbar bei Auftraggebern, die sich schwer damit tun, die gleiche Bedeutung im Netz zu erhalten, die sie im Fernsehen haben.
In der Tat geben die Zahlen Material für die These her, dass der Fernsehen noch eine große Bedeutung hat. Aber eben auch, dass diese Bedeutung schwindet. Buchstäblich mit jedem Tag, den die Anhänger des analogen TV älter werden. So kommt das Fernsehen bei allen Nutzern auf eine Tagesreichweite von 79 Prozent und liegt klar vor dem Smartphone mit 63 Prozent. Doch dessen Werte sind seit 2018 um 14 Prozentpunkte gestiegen.
Schaut man auf eine andere Frage, lässt sich der Generationenbruch noch deutlicher erkennen: Bei den Unter-30-Jährigen liegt das Smartphone in der Tagesreichweite schon klar vor dem Fernseher: 91 zu 50 Prozent. Doch auch bei den 30- bis 49-Jährigen ist das Smartphone schon wichtiger als die „Glotze“, wenn auch knapper: 79 zu 78 Prozent. Es sind die Menschen über 70 Jahre, die dem Fernseher die Treue halten mit einer Tagesreichweite von 95 Prozent. Doch selbst in dieser Alterskohorte kommt es mittlerweile zu einer Tagesreichweite des Smartphones von 26 Prozent.
Menschen unter 29 Jahren schauen sich im Schnitt täglich 182 Minuten lang Bewegtbilder an. Mit 44 zu 22 Prozent liegen Streamingdienste bei ihnen jetzt schon klar vor dem klassischen Fernsehprogramm. Vor zwei Jahren lag der Fernseher auch in dieser Kohorte noch mit 35 zu 34 Prozent vorne. Die 30- bis 49-Jährigen setzen zwar noch verstärkt aufs Fernsehen. Das Duell gegen Streamingdienste geht hier 55 zu 26 Prozent aus. Doch auch da ist eine Trendwende zu erkennen. Vor zwei Jahren war das Verhältnis noch 72 zu 15 Prozent. Mit 26 beziehungsweise 10 Prozent sind auch andere Bewegtbild-Angebote im Netz ein Faktor für die Menschen unter 50 Jahren – DVD indes nahezu überhaupt nicht mehr.
Dank den Älteren bleibt aber das Fernsehen vorerst Leitmedium in Sachen Bewegtbild. 71 zu 16 Prozent lautet bei allen Altersgruppen zusammen das Verhältnis zwischen Fernsehen und Streamingdiensten. Vor drei Jahren waren es allerdings 82 zu 8 Prozent.
Texte haben es laut der Studie schwer. Bild- und Tonangebote werden häufiger geklickt als Texte. Und zumindest laut Studie liest eine Mehrheit nicht mehr täglich. Die Tagesreichweite von Texten beträgt demnach nur noch 45 Prozent. Wobei das Internet gedruckte Zeitungen und Zeitschriften überholt hat – mit 20 zu 19 Prozent liegt das Netz bei der Tagesreichweite von Texten knapp vorne. Wobei soziale Medien und andere Anbieter mit 7 und 5 Prozent allmählich an Netzangebote der klassischen Zeitungen (9 Prozent) herranrücken. Der Trend weg von der Zeitung könnte sich biologisch verstärken. Denn es sind nur noch die Über-70-Jährigen, die öfter auf Papier als im Netz lesen.
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Ich zumindest ziehe Texte irgendwelchen Videos vor. (Auch bei Tichy und anderen)
Videos klicke ich erst gar nicht an. Ich kann nämlich noch lesen. Wenn z.B. bei der Vorschau von „neueswestfernsehen“ = „(Video)“ steht, übergeh‘ ichs. Und les lieber den nächsten wortreichen Text.
Wenn man heute Menschenmengen sieht, Leute die Wartezeit haben oder in den Öffis unterwegs sind, fast jeder hat ein Smartphone in den Händen und die meißten daddeln darauf rum. Letztens sah ich aber auch eine Frau im Zug die las ein Buch, ein richtiges aus Papier! Jemanden der öffentlich eine Zeitung oder Zeitschrift liest hab ich Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Texte zu lesen scheint out zu sein, wer schon mit 140 Zeichen überfordert ist und seine Mitteilungen und Nachrichten als Emojis verschickt, hat gar nicht die Befähigung längere Texte zu lesen oder gar zu verstehen. Ich habe etliche Bücher in… Mehr
ich fahre dreimal in der Woche S-Bahn und schaffe regelmäßig 50 Seiten hin (eine Stunde) und 50 Seiten bei der Rückfahrt ..zu lesen. Meist Klassiker, die ich schon immer mal…
ARD + ZDF sind unter den Medien sowas wie Brockhaus unter den Enzyklopädien, und werden nicht mehr gebraucht.
Hm, ich finde es ein bisschen skurill wie manche auf Smartphone und PC schimpfen, obwohl sie ohne das nie was von Tichys Einblick gehört hätten.
Die deutsche Industrie ist weder in der Lage Handys noch Fernseher herzustellen. Sie werden inzwischen alle in Fernost produziert.
Den heutigen jungen Kids fehlt es an Allgemeinbildung. Robinson Crusoe oder Napoleon, wer ist das? Kennen die nicht. Ich bin 55. Auch ich hatte in meiner Kindheit keine Bücher. Aber es gab nur 3 Programme. Die grossen literarischen Stoffe lernte ich im verpönten TV kennen! Gut gemachte Mehrteiler, die sich eng an den Stoff hielten. Krieg und Frieden, Odysee und Troja, Robinson Crusoe, Seewolf, Lederstrumpf usw usw. Danach war ich motiviert, die Bücher dazu zu lesen. Heute kennt kein durchschnittliches Kind diese Stoffe noch. Insofern ist das Smartphone mit seiner unbegrenzten Auswahl ein Rückschritt, eine gigantische Ablenkungsmaschine, ein Aufmerksamkeitsräuber. Dagegen… Mehr
Bei Fotos wie dem Obigen bin ich mir leider nicht mehr sicher, ob es sich um eine gefilmte resp. fotografierte Dystopie oder die Realität handelt. Und das unabhängig davon, in welchem Staat ich mich aufhalte.
Smartphone /PC für Medien zu nutzen bedeutet ja nicht, alles auf dem 5″ Display zu schauen. Das kann man problemlos auf den 50″ Ex-TV-Bildschirm spiegeln. Papierzeitungen? Gibt es sowas noch? Ich wäre jetzt ad-hoc überfragt, wenn ich nach einem Verkaufspunkt für Tageszeitungen gefragt würde. Das „Fernsehen“ ist zwar thoretisch noch als Film Lieferant nutzbar, allerdings ist man an den Zeitpunkt des abspielens gebunden, bekommt immer öfter den gleichen Müll vorgesetzt und fragt sich dann manchmal oft, warum man gerade einen vom Film unterbrochenen Werbeblock anschaut. ..und geht dann irgendwann weg zum selbstbestimmten Angebot ohne Müsli und Inkontinenz Werbung. Das restliche… Mehr
Einen Film auf dem Handy?! Das ist für mich Mäusekino. Wer macht das denn im wirklichen Leben?
Wer sich dran gewöhnt hat, macht das.
Also für meinen Bekanntenkreis unter 50 spielt klassisches Senderfernsehen faktisch keine Rolle mehr-und da ist vom Hartz4 Bezieher bis zu Akademikerhaushalten alles dabei. Eine klassische Zeitung oder Magazine hat niemand mehr abonniert, Filme und Serien werden ausnahmslos über Streamingdienste konsumiert. Der öffentliche Regierungsfunk wird dort am seltensten abgerufen und wenn dann für fiktionale Unterhaltungsformate. Nachrichten und dergleichen wird sporadisch über reichweitenstarke Nachrichtenseiten kurz überflogen, aber die Texte selber lesen die Leute wegen der mangelnden Inhaltsqualität oft nicht mehr. Ich habe den Eindruck, die Leser sind den Medien intellektuell enteilt. In derart infantilem woken gegenderten Ton spricht niemand untereinander, damit holen… Mehr