Der Branchendienst DWDL hat ins Gespräch gebracht, die Tagesschau abzuschaffen. Dafür gäbe es tatsächlich gute Gründe – doch die ARD braucht ihr Flaggschiff.
„Schafft die 20-Uhr-Tagesschau ab“. So titelt der Branchendienst DWDL. Doch die Überschrift ist gleich doppelter Etikettenschwindel. Zum einen geht es dem Autor nicht darum, die Tagesschau abzuschaffen. Er will sie reformieren. Aber mit der Vokabel „Abschaffen“ in der Schlagzeile klickt sich die Geschichte besser als mit „Reformieren“ – würden andere auch so machen.
Zum anderen steht die Abschaffung der Tagesschau nicht im Raum. Auch nicht ansatzweise. Denn die ARD profitiert von ihrem Flaggschiff. Nimmt man den Münster-Tatort und große Sportereignisse raus, ist die Nachrichtensendung der beste Quotenlieferant im deutschen Fernsehen. Und das Abend für Abend. Auf ihrem ARD-Sendeplatz schafft die Tagesschau unter der Woche zwischen 4 und 6 Millionen Zuschauer, mit einem guten Tatort oder einem Fußballspiel im Schlepptau können es auch mal 10 Millionen Zuschauer sein. Ohnehin kommen noch die Zuschauerzahlen von Phoenix, „Tagesschau 24“ und den Dritten dazu, die mit Ausnahme des MDR das Nachrichtenformat ebenfalls um 20 Uhr ausstrahlen.
Ab 20.15 Uhr kommt es auf die Attraktivität der Privaten an, ob die Zuschauer beim Vertrauten, bei ARD und ZDF, bleiben und mit Regionalkrimis oder Schnulzfilmen Lebenszeit vom Konto holen. Oder ob sie umschalten. Haben die Privaten wie in der zurückliegenden Woche beliebte Angebote wie das Finale der Euro League oder die Relegationsspiele, dann saufen die Öffentlich-Rechtlichen ab. Zumindest in der Gruppe der Unter-50-Jährigen. In der stehen ARD und ZDF heute schon nur noch auf Platz vier beziehungsweise sechs der Zuschauergunst. Ihre Marktführerschaft beim Gesamtpublikum verdanken sie den älteren Zuschauern. Sendet das ZDF um 20.15 Uhr einen Spielfilm, ist in der Regel nicht mal jeder zehnte Zuschauer jünger als 50 Jahre alt.
Das ist die Ausgangslage, in der DWDL der ARD nun eine Reform der Tagesschau ans Herz legt. Die Tagesschau soll weg vom Nachrichten-Vortrag hin zum Infotainment: längere Sendezeit, mehr Interviews, mehr erzählende Passagen und eine Auflösung der strengen Anordnung einer Sprecherin, die Nachrichten vorliest. Um es kurz zu machen: Tagesthemen, die schon um 20 Uhr beginnen.
Gegen diesen Vorschlag spricht zum einen der strategische Ansatz. Die Tagesthemen sind längst keine solche Quotenbank für die ARD wie die Tagesschau, obwohl sie nicht zeitgleich auf Phoenix und in den Dritten gezeigt werden. Außerdem wissen die Verantwortlichen der ARD, dass Thoma nicht ganz unrecht hatte: Sie nehmen die Zuschauer gerne mit, die der Routine wegen einschalten und der Faulheit wegen bleiben. Brechen sie jetzt diese Gewohnheit, riskieren sie, mehr Zuschauer zu verlieren, als sie durch eine Reform an Zuwachs erwarten können. Soweit die Sicht der ARD.
Aus Sicht der Zuschauer ist die von DWDL angedachte Reform auch nicht wünschenswert. Nämlich genau deren Vorstellungen hat Pro Sieben gerade umgesetzt mit „Zervakis und Opdenhövel“ – zur Einführung von der Fachwelt begeistert gefeiert und seitdem vom Zuschauer konsequent verschmäht: noch mehr Haltung. Noch mehr Position des Journalisten. Genau dafür gibt es eben keinen Bedarf. Im Gegenteil.
Will die ARD die Tagesschau zuschauerfreundlich reformieren, dann gibt es ein Nachrichten-Format, an dem sich der Sender orientieren kann. Es läuft auf ARD Alpha. Meist gegen Mitternacht und nennt sich „Tagesschau vor 20 Jahren“. Dort passieren Dinge, die den Jüngeren fremd vorkommen werden: In der „Tagesschau vor 20 Jahren“ geht es bei einer Nachricht um die Nachricht und nicht darum, was der Journalist denkt, dass der Zuschauer davon denken soll.
Und es kommen sogar Nachrichten vor, einfach nur, weil sie wichtig sind. Nicht weil sie der politischen Agenda des Journalisten entsprechen. Mitunter sogar wenn sie der politischen Agenda des Journalisten zuwiderlaufen. Das um 20 Uhr zu zeigen, mit frischem Stoff, das wäre eine echte Reform. Dann müsste man die Tagesschau auch nicht abschaffen. Obwohl sich das – zugegeben – in der Überschrift ganz gut macht.
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Sehr guter Artikel. Eines würde ich jedoch noch ergänzend hinzufügen, welches die Abkehr von vor 20 Jahren (Nachrichten) zu heute (Meinung, Meinungsbildung) nach sich zieht. In den 80er/90er hat kaum einer die Inhalte der „Nachrichten“ angezweifelt oder hinterfragt. Ich selbst war ein Befürworter der GEZ-Gebühren-Finanzierten Sender um ein unabhängiges Forum zu erhalten. Dieses Verständnis ist mittlerweile komplett verlorengegangen und dieses hat und wird auch noch zur Folge haben, dass das Vertrauen in viele Instanzen zu Recht verloren geht. Ein schleichender Prozess, der auch irgendwann sehr gefährliche Entwicklungen in Gang setzen kann. Ich mache mir Sorgen für die Zukunft der Jugend.… Mehr
Alle öffentlich-rechtlichen Sender gehören umgehend geschlossen und deren assets meistbietend verkauft. Nicht nur ist es , aus nahelugenden Gründen gefährlich Staatssender zu haben (sollten doch gerade wir Deutsche verstehen), sondern es ist schlicht Hohn für den mündigen Bürger fuer seine eigene Propaganda-Verschaukelung auch noch zu zahlen. Anders als bei privaten Sendern zählt das Argument nicht “dann guck’s Dir halt nicht an, wenn Du’s so schlimm findest”, zahlen muss man trotzdem. Was kommt als nächstes die TAZ/ oder die Micky Maus zwangsabonnierten, egal ob diese nun liest? Hierzu und anderen Themen arbeiten sich die hochbegabten Podcaster von WilleWahrheitWeltanschauung ab (Geheimtip, unbedingt… Mehr
Danke, was für ein Artikel! Wunderbar getroffen.
Der Hinweis auf die Tagesschau vor 20 Jahren ist gut. Wird genau deshalb wahrscheinlich demnächst eingestellt. Damit sich keiner mehr daran erinnert, wie Meinungsfreiheit und Journalismus in echt aussehen (bzw. ausgesehen haben).
Allein, viel Hoffnung auf Besserung habe ich nicht. Für diese Art von Zeitenwende bräuchte es wohl mehr als einen Krieg in der Nachbarschaft. Man mag es sich nicht vorstellen.
Warum nicht gleich ARD oder ZDF ganz abschaffen und die verbleibende Anstalt um 50% zusammenstreichen?!
Nur dann wäre für Deutschland etwas gewonnen, denn neutral berichtet wird mindestens seit 2015 überhaupt nicht mehr und damit ist die parallele Existenzberechtigung der beiden Sender ad absurdum geführt.
Alle hier ärgern sich über den ÖRR. Ich auch. Viele hunderttausende verweigern inzwischen die Zahlung. Der „Beitragseintreiber“ und etliche Sender drohen direkt oder indirekt mit Vollstreckungsverfahren. Fazit: Es sind noch zu wenige die ihre Kritik offen äußern (Dienstagsdemo gegen den ÖRR?). Wenn sich Millionen Zwangszahlender wehren oder auf die Straße gehen, kann das nicht mehr ignoriert werden. Ich habe mal auf ZA „Überweisung“ umgestellt: Jetzt entscheide ich, wann, wie viel und ob sie was bekommen! – Der ÖRR muss radikal quantitativ nach unten reformiert werden.
Seit Beginn der P(l)andemie habe ich kein einziges Mal mehr die Tagesschau oder Heute gesehen. In diesem Fall folge ich der Empfehlung des Schweizer Historikers Daniele Ganser zum medialen Fasten. Die aktuellen Tagesnachrichten bekommen Sie ohnehin mehrfach am Tag über alle möglichen Kommunikations- und Informationskanale aufgetischt, so dass es gar nicht möglich ist, diesen auszuweichen. Das Thema Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Gender wird aktuell dermaßen aufgeblasen. Jede Werbung handelt davon, selbst in aktuellen Filmen sind die Themen eingebaut und in all den Serienformaten der Privaten kommen die Themen vor. Meine Hoffnung daher ist, dass die Themen jetzt dermaßen aus- und überreizt… Mehr
Das Fernsehen ist so oder so ein überholtes Format und kann weg.
Wer sich das links-grüne Volkserziehungsfernsehen antun will, soll es tun. Diesen Pseudojournalisten und Haltungsakrobaten glaube ich nicht einmal mehr die Uhrzeit. Das links-grüne Gesinnungs-TV ist mir intellektuell zu fade, um damit meine Zeit zu verschwenden. Die Heerscharen von naiven, denkfaulen, obrigkeitshörigen Freiheitsverächtern, die sich von der links-grünen Gesinnungsjournaille die Welt erklären lassen wollen, dürfen gerne so uninformiert und indoktriniert bleiben wie sie wollen. Die Hoffnung darauf, dass aus einer Mehrheit deutscher Untertanen eines Tages doch noch mündige Staatsbürger werden, habe ich schon lange aufgegeben. Der Citoyen, wird in Deutschland immer in der Minderheit bleiben. Es gibt leider zu viele im… Mehr
Tja; auch ich habe mit meiner Gewohnheit gebrochen und sehe seit längerem die Nachrichten des RTL um 18:45h und nicht mehr die ZDF Nachrichtensendung um 19:00h und meide das ZDF grundsätzlich. Das permanente Gendern in diesem durch Gebühren alimentierten ö/r Sender ist m.E. eine Zumutung! Die ModeratorInnen und Moderator_innen wie ein Herr Koll hören sich an, als ob sie einen Frosch verschluckt hätten, andere hören sich nach einem permanenten Schluck Auf oder schwerer Bronchitis an! Die RTL Nachrichten haben mindestens die gleiche Qualität, werden aber nicht oberlehrerhaft belehrend präsentiert! Das Wetter folgt sogar ohne Werbepause mit den ‚ZDF- Überlebenshilfen‘ für… Mehr
RTL? Autsch! Sie Ärmster. Ob einäugige Staats- oder Konzernmedienpropaganda oberlehrerhaft oder auf Schokolade serviert werden, ist mir persönlich Piepenhagen — weil es eben Propaganda ist. Die Meinungskorridore werden dort in bösartigster haltungs- oder unjournalistischer Manier verengt und gelenkt. Das Übelste, an das ich mich im Moment erinnere, war die fast 10-Minütige(!) blanke Impfpropaganda, die „Wohltäter“ Bill Gates Anfang April 2020 in der üblicherweise 15-Minütigen(!) 20-Uhr-Tagesschau auf unsere Zwangskosten betreiben durfte. Mir fliegt da noch heute das Blech weg. Ungeheuerlich! Immerhin enttarnte sich ARD-aktuell damals als grundverkommenes Propagandamedium. Sowohl die dt. ÖRR- als auch die Konzernmedien-„Tagesschauen“ vernebeln, vergewaltigen und verschleppen mit… Mehr
Sollte es ein Tagesschau Journal geben, macht es ja die Tagesthemen überflüssig. Außerdem würde ein Nachrichtenmagazin um 20 Uhr, dass 30 Minuten dauert, denke ich nicht so gut ankommen.
Ich schaue übrigens um 19 Uhr ServusTV Nachrichten. Kurz und bündig informiert. Das wichtigste – hier werde ich neutral informiert.