Im deutsch-polnischen Grenzgebiet kommt es zu einem Mordfall. Die Kommissare aus Frankfurt an der Oder ermitteln in einem Krimi zwischen Jagdunfall und Schweinepest.
Um Missverständnisse gleich auszuräumen: Der schweinische Titel, auf den sich die ARD mit den sage und schreibe vier Drehbuchautoren (Seraina Nyikos, Lucas Flasch, Mike Bäuml, Tomasz E. Rudzik) einigen konnte, bezieht sich weder auf die dort dargestellten Berufsgruppen (Berliner Anwälte, Jäger) noch auf Polizisten des umfangreichen Deutsch-Polnischen Kommissariats in Swiecko.
Es geht einzig um die vierbeinige Variante, mal domestiziert mit Bio-Siegel und hinter Gittern, mal in freier Wildbahn von April bis März zum Abschuss freigegeben und seit 2014 von der politisch wenig korrekt „afrikanisch“ genannten Schweinepest bedroht.
Und doch steht man gleich zu Beginn des Krimis im dunklen Wald in den Nebelschwaden niederer Instinkte: Dr. Albrecht Richtmann (Bernhard Schütz), Inhaber einer auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei, hat sich in Polen vor zwanzig Jahren schon einen alten Gutshof gesichert und zu seinem persönlichen, düsteren Jagdschloss umgebaut. Sohnemann Konstantin (Nicolas Handwerker) ist der klassische verzogene reiche Bengel, der es dem Patriarchen nie recht machen kann und von ihm mit gröbsten Erziehungsmethoden (setzt ihn als 8-Jährigen alleine für einen Tag in Hamburg aus) zurechtgestutzt wird. Richtmann ist Anhänger sehr ursprünglicher Lebenstheorien, etwa, dass man sich „einen Vater erst verdienen müsse“ und dass „Bäume nur im Sturm feste Wurzeln bekommen“.
Die Jagdausflüge ohne den Herrn Papa nutzt Konstantin, um ordentlich über die Stränge zu schlagen. Auf der Terrasse des Herrenhauses wird nächtens auf Gläser geballert, wild durcheinander gesoffen und gegrölt. Aber mit seinen zwei Zechbrüdern Daniel Pillokat (Marius Ahrendt) und Leon Herne (Kai Dannowski), die auch gleichzeitig seine Kollegen in Papis Kanzlei sind, gibt es hinter der bierseligen Fassade Stress. Der begabte Daniel ist der Günstling seines Vaters, und der erst seit kurzem zu den Anwälten gestoßene Leon schnüffelt dem Sohn des Chefs hinterher.
Böses Erwachen
Am nächsten Morgen wird Leon von der stets wachsamen Drohnenüberwachung des Veterinäramts (nicht der Bundespolizei) tot am Ufer der Oder entdeckt. Er war mit einer Kugel aus einem Jagdgewehr im Körper noch durch den Wald bis zur Oder geirrt und zum anderen (deutschen) Ufer geschwommen. Da die Verletzung nicht direkt auf einen Jagdunfall schliessen lässt, übernehmen Hauptkommissarin Alexandra Luschke (Gisa Flake) und ihr Kollege Karl Rogov (Frank Leo Schröder) die Ermittlungen, die sie nach Polen und zum Gutshof von Dr. Richtmann aber auch zum Bauernhof der Familie Kulesza führen. Marek Kuleza (Piotr Witkowski) bietet deutschen Gästen im Nebenerwerb Jagdausflüge an, mit dem herrischen Anwalt Richtmann hat er lange Geschäftsbeziehungen, findet, der habe aus der Ruine des alten Herrenhauses „etwas gemacht“. Klar, dass er dessen Sohn bevorzugt behandelt, aber nach dem nächtlichen Saufgelage und der Verletzung der Regeln (Konstantin dringt auf der Pirsch nach seinem „Superhirsch“ ins Schweinepest-Speergebiet ein) setzt der korrekte Marek diesem Jagdausflug ein Ende. Konstantin kommentiert das hämisch mit den Worten, dass der „Knecht seines Vaters sich ständig wegen allem in die Hose macht“.
Das reiche Früchtchen wacht im Jagdschloss inmitten leerer Flaschen, Erbrochenem und kaltem Fastfood auf, Kumpel Daniel hat es auch schlimm erwischt, der ist im Suff (beide haben über 2,5 Promille) durch den Wald geirrt und einfach im Moos eingeschlafen. Vom Verschwinden oder gar einem Schuss auf Leon will keiner der Beiden etwas gewusst haben.
Im polnischerseits bestens mit Warnschildern an jedem dritten Baum beschilderten Schweinepest-Speergebiet ist das Jagen auch für verwöhnte Gäste aus Deutschland verboten, weil ein vor den Jägern flüchtendes, infiziertes Wildschwein dann in die noch seuchenfreien Gebiet rennen könnte. Bäuerin Grazyna Jankowska (Anita Poddębniak) und Tochter Agata Jankowska (Izabela Baran) haben mit der Schweinepest bereits unangenehme Erfahrungen gemacht, ihre 1000 Schweine wurden nach einem Seuchenfall mit Stromstößen getötet („gekeult“).
Grazyna musste das (warum, bleibt unklar) mit ihrem Mann zusammen mit ansehen, der vor Grauen einen Herzinfarkt erlitt und wegen der Corona-Besuchsverbote einsam und alleine im Krankenhaus verstarb, was bei der armen Frau verständlicherweise ein bleibendes Trauma hinterließ. Die polnischen Behörden spaßen nicht mit der Schweineseuche: wer keine aktuellen Bluttests vorweisen kann (wie Grazyna) dessen Bioschweine werden auch im letzten Moment, kurz vor Abfahrt des Schlachtviehtransporters, wieder abgeladen.
Strategie Schnauze – und zusammenhalten zahlt sich aus
Die Junganwälte sind, wenig überraschend, keine leicht zu knackenden Verdächtigen. Außerdem fehlen die Indizien, um die Jagdwaffen der beiden oder den Gutshof mit dem Schuss auf Leon in Verbindung zu bringen. Auch die Ansage Luschkes an Dr. Richtmann, sie fühle dessen Angst, die ihn „klein macht und erniedrigt, und sie werde herausfinden, warum er Angst habe“ bringt den Juristen, der gerne sein Frühstücksei köpft, nicht zu einem Geständnis. Trotzdem findet das deutsch-polnische Team einen Hinweis darauf, dass Leon Herne über Veruntreuungen von Firmenvermögen durch Konstantin Richtmann im Bilde war. Ein mögliches Motiv? Auf jeden Fall eine Straftat, deren Verfolgung Kommissarin Luschke dem Anwaltssohn bereits androht.
Die Aufnahme einer Wildkamera von Naturschützern bringt die Ermittlungen schliesslich weiter, und Kommissar Rogov bei der Suche zu einer unfreiwilligen Rutschpartie auf dem schlammigen Oderwaldboden. Wie es der Zufall will, landet er dabei auf dem verscharrten Kadaver eines mit der Schweinepest infizierten Schwarzkittels. Von der Feststellung, dass offenbar eine der Kameras von Marek Kulesza abmontiert worden ist, bis zur Schlussfolgerung, dass er damit seine Schwiegermutter in Spee Grazyna Jankowska decken wollte, ist es nun nicht mehr weit.
Die Bäuerin war von dem durch den Wald irrenden Leon Herne beim Verstecken des verseuchten Schweins ertappt worden und hatte auf ihn vor Angst, ihr Hof könnte nun endgültig geschlossen werden, geschossen. Nun passiert, was Grazyna verzweifelt zu verhindern versucht hatte: Eine Gruppe weißer Kapuzenmänner fällt in ihre Ställe ein und nur die Angstschreie der Hausschweine lassen erahnen, welche grauenhaften Szenen sich da abspielen.
Kommissarin Luschke lädt ihren Kollegen Rogov, der sich sonst von Salamibroten ernährt, zur Feier des Ermittlungsabschlusses zu einem „anständigen“ Essen ein.
Und in der nächsten Folge erfahren wir vielleicht, wen KHK Rogov mit den menschlichen Schweinen gemeint hat, unter denen er angeblich gelebt hat, ob der genderfluide Hauptkommissar Vincent Ross (André Kaczmarczyk) dann von seiner Fortbildung zurück ist, und warum sich Hauptkommissarin Luschke in jeder Büropause die Hände mit Kuli bemalt.
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Das war doch gar nicht so schlimm und man konnte sich den Film ansehen. Bin da zwar nicht so tief drin, wer der genderfluide Hauptkommissar Vincent Ross (André Kaczmarczyk) ist, aber es wäre auch zu viel des Guten und hätte mich vollkommen überfordert. Wie die polnische Großmutter an das Gewehr des Opfers gekommen ist und wie sie es vollbracht hat, die Waffe zu laden, zu entsichern und abzudrücken, kam etwas zu kurz, ist aber der künstlerischen Freiheit unterzuordnen. Für mich geht das in Ordnung.