Am Sonntag, dem 28. Januar 2018, um 12 Uhr ist ein Wunder geschehen: Im deutschen Fernsehen gab es eine differenzierte Diskussion zu Donald Trump.
In keinem Land der Welt wird so einseitig über Donald Trump berichtet wie in Deutschland. Ich sage das, obwohl ich selbst vieles an seiner Person sehr kritisch sehe. Aber eine kritische Berichterstattung ist das eine, Propaganda das andere: Eine jüngst veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern der renommierten Harvard-Universität belegte: 98 Prozent der ARD-Berichterstattung über Trump sei im Ton negativ gewesen, so die Forscher. Bei CNN waren es 93 Prozent, bei der New York Times 87 Prozent. Eine ausgewogene Berichterstattung über Trump gab es in dem von linken Journalisten gehassten konservativen Sender Fox News, den man leider in Deutschland nicht sehen kann: Auch Fox News berichtete laut der Studie zu 52 Prozent kritisch über Trump, aber eben nicht zu 98 Prozent wie die ARD.
Die Trump-Berichterstattung im deutschen Fernsehen ähnelt mehr dem „Schwarzen Kanal“, auf dem zu DDR-Zeiten Karl Eduard von Schnitzler seine Propaganda gegen den „kapitalistischen Westen“ sendete. Er hätte jedenfalls große Freude an der Trump-Berichterstattung im deutschen Fernsehen gehabt und den Journalisten allenfalls wohlwollend auf die Schulter geklopft: „Gut gelernt habt ihr bei mir, aber bitte überspitzt es nicht zu sehr, sonst glaubt es niemand mehr und ihr erzeugt ungewollt nur Sympathien für Trump.“ Ich erinnere mich noch an die Wahlnacht, als ich abwechselnd den Trump-kritischen Sender CNN und die Berichterstattung in ARD und ZDF anschaute: Während CNN bis ins Detail die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten analysierte, analysierte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der LINKEN-Chef Riexiniger Trumps Politik.
Internationaler Frühshoppen
Und nun das: Am Sonntag diskutierten auf Phoenix im „Internationalen Frühschoppen“ fünf Journalistinnen und Journalisten aus fünf Ländern erstaunlich differenziert über einen Mann, über den es in Deutschland eigentlich gar nicht erlaubt ist, differenziert zu diskutieren. Es ist nicht irgendeine Talkrunde, sondern die traditionsreichste im deutschen Fernsehen. Ich schaue sie seit 50 Jahren fast jeden Sonntag, aber sie läuft schon länger, nämlich seit 1953, da war ich noch nicht geboren. Teilnehmer der Trump-Diskussion waren: Elisabeth Cadot, Freie Journalistin, Frankreich; Dorothea Siems, Die Welt, Deutschland; Brent Goff, Deutsche Welle, USA; Frank A. Meyer, Ringier Verlag, Schweiz; Ivan Rodionov, Russia Today Deutschland, Russland.
Endlich mal kein Schwarzweiß-Bild
Natürlich gab es in dieser Sendung auch Kritisches zu Trump, und das ist auch gut so. Aber anders als bei den üblichen Tribunalen, die eher an Schauprozesse erinnern, bei denen Ankläger und Richter unter einer Decke stecken und Verteidiger unerwünscht sind, wurde auch diskutiert, was Trump Positives geleistet hat:
- Wirtschaft: Trumps Steuerreform ist, darauf wies vor allem die renommierte Wirtschaftsjournalistin Dorothea Siems von der WELT hin, unter dem Strich positiv zu bewerten. Auch die Wirtschaftsbilanz nach einem Jahr Trump sei positiv. Dass Trump mit zum Scheitern der Freihandelsabkommen beitrug, sah auch sie kritisch.
- Nordkorea: Obama hat, darauf wiesen mehrere Diskussionsteilnehmer hin, dieses Problem nicht ernst genommen. Leisetreterei hat bislang jedenfalls nichts gegen die atomare Aufrüstung Nordkoreas geholfen. Ob Trumps scharfe Rhetorik etwas bringen wird, weiß man nicht, aber die wohlmeinenden Mahnungen von Merkel, Röttgen und anderen deutschen Politikern, man solle den Dialog mit dem Diktator suchen, weil es zum Dialog keine Alternative gebe, zeugen eher von der Ratlosigkeit eines „Weiter so“. Uneinig waren sich die Teilnehmer darüber, ob Trumps Drohungen zu einer Änderung der chinesischen Haltung zu Korea geführt haben oder nicht.
- Nato/Verteidigung: Zwar führte die französische Journalistin wieder Trumps Äußerung an, die Nato sei obsolet, aber, so der Konsens unter den anderen Teilnehmern: An der Außen- und Sicherheitspolitik hat sich im Grunde wenig geändert, Trump steht bislang viel mehr in der Kontinuität seiner Vorgänger, als man nach seinen isolationistischen Tönen im Wahlkampf hätte vermuten können. Zum Positiven geändert habe sich allerdings, dass die Europäer langsam aufwachten, weil sie endlich erkennen, dass sie es sich nicht mehr als Trittbrettfahrer einer weitgehend von den USA finanzierten Verteidigung bequem machen können. Und die Kritik an den mangelnden Verteidigungsanstrengungen der Europäer, die weit entfernt von dem vereinbarten 2-Prozent-Ziel sind, ist ja, auch darauf wiesen Siems und andere Diskussionsteilnehmer hin, keineswegs eine Erfindung von Trump, sondern wurde bereits von Obama und Bush vorgetragen. Nur hat Trump die Kritik deutlicher ausgesprochen, so dass sie vielleicht eher gehört wird.
Nach der Sendung gibt es immer 15 Minuten das Format „Nachgefragt“, bei dem Zuschauer anrufen können. Die Meinung der Zuschauer zur Sendung war überwiegend positiv überrascht: Endlich mal eine wirkliche Diskussion, statt primitiver Propaganda. Normalerweise läuft die Sendung sonntags (seit 1987 unter dem Name Presseclub) in der ARD und auf Phoenix, diesmal allerdings wegen der Sondersendung der Sportschau zum Wintersport leider nur auf Phoenix und nicht in der ARD. Ansonsten hätte sich die ARD-Bilanz von 98% Negativberichterstattung vielleicht auf 97,9% verbessert.
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In der Tat endlich einmal eine halbwegs ausgewogene Diskussion zu einem Mann, der durch seine „Anmaßung“, als Nichtpolitiker und auch noch Milliardär gleich US-Präsident zu werden, bei allen Linken zu Schnappatmung und dann zu den in diesen Kreisen üblichen fiesen Methoden der Diskreditierung, Diffamierung bis hin zu Angriffen im Privatbereich durch Torpedierung seiner Ehe führte. Leider war es dem erlauchten Kreis trotzdem nicht gegeben, endlich einmal mit dem Quatsch Schluss zu machen, dass Trump die NATO für „überflüssig“ gehalten habe. Das Wort „obsolet“ bedeutet eben gerade nicht überflüssig sondern = überholt, veraltet, technisch überholt, außer Gebrauch, unmodern, unmodisch (LEO Dictionary).… Mehr
„Ich sage das, obwohl ich selbst vieles an seiner Person sehr kritisch sehe.“
Je länger Trump Präsident ist, umso mehr mutiere ich zum Trump Fan!
Es gibt etwas, dass sich „Overton Fenster“ nennt ( https://en.wikipedia.org/wiki/Overton_window ) und Trump schafft es, diese durch die Jahrzehnte der politischen Korrektheit immer enger gewordene Fenster nicht nur zu vergrößern – nein – er sprengt direkt daneben ein riesengroßes Loch in Wand und das alles mit nur einem Wort: „shithole country.“
Der erste Nigerianer hat bereits darauf reagiert – und wie: https://www.youtube.com/watch?v=4-_zPuXqanI
Leider zeigte sich auch in dieser Runde, dass einige Teilnehmer nur Meinungsmache betrieben, statt mit Fakten zu argumentieren. Besonders hervorgetan hat sich der DW Korrespondent Brent Goff, als er vor den Folgen der Steuerreform warnte. Mit keinem Wort hat er gewürdigt, dass Barack Obama in 8 Amtsjahren genauso viel Schulden angesammelt hat wie seine 43 Amtsvorgänger, nämlich etwas über 10 Trillionen US $. Herr Goff sieht es auch nicht als Erfolg, dass die Zahl der US Bürger, die von „Essensmarken“ (Supplemental Nutrition Assistance Program, SNAP) leben von 47.6 Mio. im Jahr 2013 auf 42.6 Mio. im Juli 2017 gesunken ist.… Mehr
Lieber Herr Zitelmann,
der Internationale Frühschoppen hat ja seine Tradition und wurde von 1952-1987 von Werner Höfer moderiert. Mit Shoppen hat das nun wirklich nichts zu tun. Ein Frühschoppen ist sinngemäß eine Zusammenkunft am Vormittag, bei der meist Alkohol getrunken wird. Bitte ändern Sie die Rechtschreibung. Das Frühshoppen sticht einem förmlich ins Auge. 🙂 Danke schön.
Ich stimme Ihnen völlig zu; auch ich konnte es kaum glaube und habe mir diesen Internationalen Frühschoppen zwei- und dreimal angesehen! Aber was lief hier anders als sonst? Mein Eindruck: Es war insgesamt mehr emotionale Intelligenz am Tisch, z.B. mit Frank A. Meyer, dem russischen und dem US-Kollegen, soll heißen, die Diskutanten haben sich untereinander nicht offen Verachtung und bewusstes Missverstehen gezeigt, sondern, wenn auch distanzierten, Respekt – über die sonst klar abgesteckten Meinungslager hinweg! DESWEGEN ist dieser Internationalen Frühschoppen so klasse, so gefällig, weil hier selbst harte politische Widersacher einander in die Augen schauen (können) und eine gemeinsame Fibration… Mehr
Vor gut einem Jahr, am 23.01.2016, gab es schon mal eine Sendung auf Phoenix, in der Harald Kujat, ehem. Generalinspekteur der Bundeswehr und ehem. Vorsitzender des Militärausschusses der NATO, sehr viel, was in der Presse über Trump kolportiert wird, versucht hat, gerade zu rücken. Unter anderem das Zitat mit der obsoleten NATO, das sich dennoch durch die Zeit hält, fest wie eine Zecke. Hier ab 9:10, wobei die Ausschnitte alle sehenswert sind, gerade im Rückblick: https://www.youtube.com/watch?v=-H1ZC0TNyNc
Lassen sie Kujat inzwischen gar deshalb nicht mehr auftreten?
Die Nato „obsolet“? Längst zurück genommen (12.4.2017):
https://www.youtube.com/watch?v=DAiYxuNlCO4
„US-Präsident Donald Trump hat sich bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu dem Bündnis bekannt. Während des Wahlkampfs hatte Trump die Nato mehrmals als überholt bezeichnet, nun sprach er von einem Bollwerk für Frieden und Sicherheit. Die Nato spiele im Kampf gegen Terrorismus eine Schlüsselrolle. Zu seinem Meinungswandel sagte Trump: _Der Generalsekretär und ich hatten eine sehr produktive Diskussion darüber, was die Nato im Kampf gegen den Terrorismus noch besser mache…“
Ganz einfache Logik. Wenn man nicht viel positives zu berichten hat, kann man dies auch nicht tun. Welche von seinen versprochenen Reformen wurde denn umgesetzt? Beispielsweise sprach er davon, dass er übergreifend in allen Schichten Steuern senken würde. Stattdessen werden in seiner Reform der Satz für Menschen am unteren Ende noch erhöht während für extrem Reiche z.b. die Estate Tax (Steuer auf wertvolle Grundstücke) wegfallen soll und der Topsteuersatz gesenkt werden soll. Dann wird dauernd erzählt mit 35% wären die Steuern für Unternehmen die höchsten weltweit, in Wirklichkeit ist der effektive Steuersatz mit 17% vergleichsweise niedrig. Lediglich beim internationalen Handel,… Mehr
Lieber Patrick, vergleichen Sie doch nur einmal die Reden von Trump und Merkel in Davos und Sie werden (vielleicht) erkennen, wer sich zum Gespött gemacht hat und wer eben gerade nicht.
Der Presseclub ist faktisch ja die Nachfolgesendung. Normalerweise läuft der auf Phoenix und ARD, und wenn das im ARD ausfällt, wie neulich, nennt es sich halt so wie früher.
Zum Glück kann man Fox News eben doch in Deutschland sehen, z.B. via Livestream oder per Download bei Youtube. Meiner Meinung nach kann man sich derzeit ohne Fox News überhaupt nicht ausgewogen über die Trump-Präsidentschaft informieren. Die Gegenmeinung der Trump-Hasser bekommt man dagegen sowieso überall frei Haus geliefert, z.B. bei CNN, MSNBC oder in primitiv-verkürzter Form bei den Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland. Meinungsführer bei Fox News ist nach dem unfreiwilligen Abgang von Bill O’Reilly jetzt der Hardcore-Trumpianer Sean Hannity, gefolgt von der rechtskonservativen Laura Ingraham. Etwas ausgewogener sind z.B. Tucker Carlson oder das Panel von The Five, bei dem meistens Juan… Mehr
Ich habe zwei Monate lang jeden Tag Fox geschaut als ich 2016 in NY war. Und die Berichterstattung war keineswegs so einseitig pro Trump, wie man es hierzulande behauptet. Gefallen haben mir vor allem einige libertäre, sehr marktwirtschaftlich gesonnene Kommentatoren. Manches war mir zu unkritisch gegenüber Trump, aber hier in der ARD hat man ja NUR Kritisches.
Fox oder FoxNews?
Ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Obwohl Fox News wie ich finde stellenweise zu sehr pro-Trump berichtet, und man also darauf achten sollte, die kritische Distanz zu bewahren. Aber immerhin wird hier im direkten Vergleich sichtbar, welche Themen und Aspekte in den deutschen Nachrichten extrem einseitig dargestellt, und welche komplett unterschlagen werden. Erinnere mich noch gerne an einen Fox News-Bericht aus den ersten Monaten der Trump-Amtszeit, wo es darum ging, dass Trump per Dekret einige Obama-Gesetze zurücknahm, die wohl die heimische Kohleförderung abgewürgt hatten (Nutzniesser war leider die subventionierte, billige Import-Kohle gewesen). Es wurde darüber berichtet, wie durch diese Trump-Maßnahme… Mehr