NDR-Mitarbeiter rebellieren gegen die „Hofberichterstattung“ des eigenen Senders

Einseitige Berichterstattung, Nähe zur Politik und ein Hang, sich selbst zu bedienen – ihre Abgehobenheit schadet dem Ruf von ARD und ZDF. Nun rebellieren sogar die Mitarbeiter.

IMAGO

Es waren private Medien, die den Skandal um den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) aufdeckten. Allen voran der Business Insider. Der kommissarische ARD-Vorsitzende Tom Buhrow versuchte erst, den Skandal auf die Berliner Anstalt zu begrenzen. Reförmchen und nachträgliche Berichterstattung über die eigenen Vergehen sollten einen Neuanfang vortäuschen, zielten aber darauf, so viel wie möglich beim Alten zu belassen. Doch nach und nach bricht die Schweigespirale auf und kommen weitere Missstände heraus, die daran zweifeln lassen, dass ARD und ZDF ihren Programmauftrag erfüllen.

Der tägliche Machtmissbrauch
Skandale bei NDR und RBB: Ach, wenn es nur das wäre!
Was als RBB-Skandal begann, ist längst beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) angekommen. Dort kämpfen Journalisten schon seit Jahren gegen ihre Chefs an, denen sie vorwerfen, sie in ihrer kritischen Berichterstattung einzuschränken. Vor allem, wenn es um die Vertreter einer politischen Richtung geht: etwa den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Der Christdemokrat und Merkelianer ist für Positionen bekannt, die aus der CDU grünere Grüne machen sollen.

Als Vorwurf steht im Raum: Vorgesetzte im NDR griffen ein, damit die Berichterstattung über Günther besser ausfällt. Anlass war unter anderem der Rücktritt des Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU). Er soll Informationen an einen Journalisten und an einen Polizeigewerkschafter geleakt haben, lautete der Vorwurf. Grote bestritt und war bereit, dem NDR dazu ein Interview zu geben. Doch der zuständige Journalist soll von seinen Vorgesetzten zurückgepfiffen worden sein.

Das ist dem Protokoll des „Redaktionsausschusses“ zu entnehmen, das TE vorliegt. Das interne Kontrollgremium beschäftigte sich mit dem Fall seit September 2020. Demnach begründeten die Vorgesetzten das Interview-Verbot damit, dass Grote unbelegte Behauptungen aufstellen könnte. Schon davor war der Journalist von den gleichen Vorgesetzten zurückgepfiffen worden. Immer fielen die Berichte danach günstiger für Ministerpräsident Günther aus.

Als die ersten privaten Medien über diese Details aus dem öffentlich-rechtlichen Sender berichteten, ließen sich dessen Journalisten nur anonym zitieren. Von einem „Klima der Angst“ war die Rede und von dem Zwang zur „Hofberichterstattung“. Nun ist die Schweigespirale gänzlich zerbrochen. Und die NDR-Journalisten trauen sich an die Öffentlichkeit: In einem Brief haben sich 72 Mitarbeiter an die Senderführung gewandt. Sie fordern „eine lückenlose und transparente Aufarbeitung aller Vorwürfe“. Nur so könne „verlorenes Vertrauen“ zurückgewonnen werden. Doch selbst über diesen Brief an NDR-Chefs berichteten zuerst private Medien.

SERIE: KRISE DER ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN
8,5 Milliarden Euro GEZ reichen den Funk-Bonzen von ARD und ZDF immer noch nicht
Die einseitige, parteinehmende Berichterstattung ist nur eine Baustelle der ARD. Das feudale Selbstverständnis, sich von den jährlichen 8,5 Milliarden Euro Zwangsgebühren einfach bedienen zu können, beschert den Öffentlich-Rechtlichen weitere Probleme. Zwar haben sie angekündigt, solche Missstände selbst aufklären und auch darüber öffentlich berichten zu wollen. Das tun sie aber immer erst, nachdem es private Medien bereits getan haben – und auch immer höchstens so ausführlich wie diese privaten Medien.

So hat die Bild über die „Dienstwagen-Diva“ berichtet: Birgit Spanner-Ulmer, Technische Direktorin beim Bayerischen Rundfunk. Sie verdient laut Bild 266.000 Euro im Jahr – und fährt gleich mit zwei Dienstwagen. Einem Audi A7 und einem Ford Mondeo. Diese zwei Dienstwagen benötigt sie dienstlich so dringend, dass sie diese auch privat nutzt – etwa um sich zu Aufsichtsratssitzungen anderer Unternehmen fahren zu lassen. Für die sie im Jahr weitere fünfstellige Summen erhält. Als Aufwandsentschädigung.

Auch beim „Ereignissender“ Phoenix müssen Dienstwagen für Privatfahrten herhalten, wie der Spiegel aufklärte – ebenfalls ein privates Medium. Ein solcher Dienstwagen steht etwa der Co-Chefin Michaela Kolster zur Verfügung. Der geriet in einen Unfall. Doch zu ihrem gesundheitlichen Glück saß nicht Michaela Kolster im Wagen – sondern ihr Ehemann. Abgerechnet wurde der privat verursachte Unfall dann über die Versicherung des ZDF. Ein Sprecher des Senders bestätigte dem Spiegel diesen Vorgang.

Die Skandale weiten sich aus: RBB, NDR, BR und Phoenix sind bereits involviert. Aufgeklärt haben lediglich private Medien. Öffentlich-Rechtliche laufen den Meldungen nur hinterher. Eine Aufklärung aus dem eigenen Haus wäre ein Anfang. Besser wäre indes, feudales Verhalten abzulegen und zur Sachlichkeit zurückzukehren. Im Umgang mit Zwangsgebühren ebenso wie in der Berichterstattung.

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Kommentare ( 7 )

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Bad Sponzer
2 Jahre her

Sch… auf die Aufklärung. Abschaffung der Zwangsgebühren. Die sollen sich mit ihrem woken Genderdrecksvolksumerziehungsprogramm, im freien Markt, der Konkurrenz stellen. Mal gucken, wie lange es diese „Qualitätsmedien“ dann noch gibt.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Und die NDR-Journalisten trauen sich an die Öffentlichkeit: In einem Brief haben sich 72 Mitarbeiter an die Senderführung gewandt. Sie fordern „eine lückenlose und transparente Aufarbeitung aller Vorwürfe“. > Oh, mein Respekt für dieses 72 Mitarbeiter. Darf man hier nun Hoffnung auf positive Veränderungen haben? Zu wünachen wäre es ja damit die „Qualitätsmedien“ wieder Qualitätsmedien werden. Doch ich habe so leichte Zweifel. Denn bei allem Respekt für diese 72 Mitarbeiter, doch der Fisch stinkt wie bekanntlich vom Kopf her! Und was dieser „Kopf“ aber am denken ist, dass konnten wir ja schon seit Beginn des Skandals immer wieder hören,… Mehr

Biskaborn
2 Jahre her

Die „ rebellierenden“ Mitarbeiter werden zurückgepfiffen und dann geht es weiter wie bisher mit der einseitigen Berichterstattung. Dafür sorgt spätestens der Grün-Linke CDUler Günther. Nein, da wird sich nichts ändern, definitiv nicht!

Lotus
2 Jahre her

Zwar haben sie angekündigt, solche Missstände selbst aufklären […] zu wollen…“

Finde den Fehler. Der ÖRR ist und bleibt ein Staat im Staate. Von dem Staat, in dem er Staat ist, liebevoll gepäppelt und gepampert. Man kennt sich, man versteht sich. Man sorgt füreinander, keiner tut dem anderen weh.
Es geht bei der „Aufklärung“ doch nur darum, mit Scheinaktionismus die Öffentlichkeit zu sedieren, damit alles wie gehabt weiterlaufen kann, wenn Gras über die Sache(n) gewachsen ist.

Peter Gramm
2 Jahre her

So lange man Bürgern per gesetzlichem Zwang das Geld aus den Rippen leiern kann wird sich an diesen Zuständen nichts ändern.

Protestwaehler
2 Jahre her

Ach, das Fussvolk rebelliert… kein Wunder, müssen die sich schließlich für die Missstände ihrer Arbeitgeber auf der Straße die Anfeindungen der Leute gefallen lassen, also die Zeche zahlen…

Oneiroi
2 Jahre her

„interne Kontrollgremium“…wer das einberufen hat, gehört direkt mit auf dem Prüfstand, da zu besorgen ist, dass die Motivation nach einer „internen Prüfung“ der Veschleierung und dem Reiswolf/Emails löschen dient und letzlich die externe Untersuchung zu verhindern versucht.
Wäre Deutschland ein Rechtsstaat, würde keiner der Mitarbeiter die Büroräume mehr betreten dürfen und Polizeibeamte würden anfangen die Akten und Kommunikation zu sichten. Das bisher keine Razzia passiert ist, ist schon sehr verdächtig. Da hängt wohl auch abseits der ÖR einige „Gönner“ mit drin.