Bei Miosga: Wie die AfD jede Sendung auch ohne Anwesenheit dominiert

Besser kann man eine AfD-Empfehlung kaum planen. Man lade zwei Vertreter ehemaliger Volksparteien ein und lasse sie einfach machen. Ergebnis: Sie giften sich an, statt zu diskutieren. Heiße Themen werden ignoriert. Vor allem aber: Saskia Esken is in da House! Da kann sogar Elon Musk einpacken. Von Michael Plog

picture alliance / HMB Media | Uwe Koch

Moment mal, Saskia Esken in einer Talkshow? War da nicht was? Hatte die SPD-Parteichefin nicht Talkshow-Verbot? Hatte das nicht mal irgendwer gefordert? Ach egal jetzt, die Zeiten sind hart, die SPD steht in den Umfragen bei kläglichen 14 Prozent, da muss halt jeder an Deck, sogar der Klabautermann.

Doch auch die CDU lässt sich nicht lumpen. Ihr Staffelläufer an diesem Abend ist Reiner Haseloff. Auch nicht schlecht. Denn damit ist genau jener Ministerpräsident zu Gast, in dessen Bundesland Sachsen-Anhalt der jüngste Terroranschlag weder besonders engagiert analysiert noch aufgearbeitet wird. Magdeburg. Wir erinnern uns, auch wenn es in den Medien verdächtig still geworden ist. Auch an diesem Abend soll die Terrorfahrt nur sehr kurz zur Sprache kommen.

Die Empfehlung nimmt ihren Lauf. Und die AfD muss überhaupt nichts dafür tun. Nicht einmal anwesend muss sie sein. Die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla können sich entspannt zurücklehnen und Chips knabbern.

Denn mit Haseloff und Esken sind zwei Paradesoldaten am Start, die den Untergang des alten Parteiensystems idealtypisch verkörpern. Wenn dies die neue Kartell-Struktur der angeblich „demokratischen“ Parteien sein soll – dieser semantische Kniff soll auch heute Abend mehrfach bemüht werden –, dann gute Nacht. SPD und CDU sind sich mittlerweile so spinnefeind, dass das Märchen vom Bündnis der „demokratischen Mitte“, zu der angeblich ja sogar die Grünen und die Linke gehören sollen, immer absurder erscheint.

Hier sind zwei Leute lebensnah in ihrem natürlichen Habitat „Laberrunde“ zu beobachten, die so ganz und gar nicht miteinander können. Man stelle sich vor, SPD und CDU würden nach dem 23. Februar koalieren. Und Leute wie Esken und Haseloff müssten einen Koalitionsvertrag aushandeln. Der Abend bei Miosga macht klar: In so einem Fall könnte das Land nur komplett an die Wand gefahren werden. Bei Miosga blaffen sich die beiden derart offen an, dass man nur noch knabbernd-staunend zuschauen kann. Hier wird keine Sekunde ernsthaft miteinander diskutiert. Geschweige denn, dass Probleme besprochen würden, die das Land tatsächlich beschäftigen.

Miosga tut wenig, um den Talk in die richtige Richtung zu lenken. Kann man von einer Nachrichtensprecherin vielleicht auch nicht erwarten. „In sechs Wochen wählen wir. Und wer weiß, vielleicht eine Regierung, von der wir eigentlich mal genug hatten.“ So hat die üppig bezahlte Gastgeberin ihre Sendung eröffnet. Die bittere Wahrheit, das Elend, das sich in diesem Satz versteckt, braucht keine fünf Minuten, um sich zur Kenntlichkeit zu entstellen. Haseloff und Esken reißen ihre Parteien komplett in den Abgrund.

Bei Weidel und Chrupalla dürfte mittlerweile die zweite Tüte Chips geöffnet sein.

Einer in der Runde denkt noch positiv: Veit Medick hofft, „dass eine neue Regierung das Politikvertrauen wieder revitalisiert“. Die Zuversicht ist umso erstaunlicher, weil Medick doch Politikchef beim untergehenden Magazin „Stern“ ist. Angesichts der einbrechenden Auflage muss man ihm seinen Optimismus gleich doppelt anrechnen.

Was von einer möglichen neuen Regierung mit SPD-Beteiligung zu erwarten ist, macht Esken klar: nichts. Sie gibt offen zu: „Alles rückabwickeln zu wollen, was die Ampel gemacht hat, das ist schon auch ’ne Ansage, die am Ende nicht zu einer Koalitionsfähigkeit führen kann.“ Anders gesagt: Wer zu viel von dem verändern will, was Deutschland in die Krise geritten hat, wird an der SPD scheitern.

Haseloff spricht derweil von „Demokratiefestigkeit“, was immer das auch sein mag. Er singt das Hohelied auf die Brandmauer zur AfD, „weil wir sonst die CDU auflösen müssten“. Dass sich die von der CDU plakatierten Ziele mit denen der AfD decken, muss er nicht einmal bestreiten. Denn es wird gar nicht debattiert. Stattdessen kommen hohle Parteiphrasen wie die Forderung, „wenn 80 Prozent mit der jetzigen Politik unzufrieden sind, dass wir daraus die ganz knackigen Konsequenzen ziehen. Und da sind wir alle gefordert.“ Ja, aber wie denn? Mit der SPD etwa? Oder gar mit den Linken? Miosga fragt nicht nach. Steht wohl nicht auf ihrem Zettel.

Dritte Tüte Chips bei Weidel und Chrupalla.

Medick malt den Teufel an die Wand, prophezeit ein mögliches Ende der Brandmauer, mit der sich die CDU gegen die AfD krampfhaft abzugrenzen versucht: „Wenn irgendwann einmal der Fall eintritt, dass die AfD vor der CDU liegt, werden die Fliehkräfte natürlich auch größer innerhalb der CDU.“ Haseloff schlägt in dieselbe Kerbe: An Esken gerichtet, sagt er, es sei „fast schon glücklich für Sie als Regierungspartei, dass die Wahl so früh ist. Wir werden in diesem Jahr noch ganz schlimme Dinge in der Wirtschaft erleben.“ Anders gesagt: Je später die Wahl, je länger die aktuellen Klabautermänner noch am Ruder sind, umso übler wird es und umso höher wird das Wahlergebnis der AfD ausfallen.

Esken wiederholt sicherheitshalber: „Wenn man jetzt verlangt, dass ein hundertprozentiger Politikwechsel stattfindet, da hängt man doch die Latte so hoch, dass es am Ende nicht funktioniert.“

Tüte Vier.

Haseloff muss sich kurz zum Terroranschlag von Magdeburg äußern, der bisher keinerlei politische Konsequenzen nach sich gezogen hat. Obwohl Zufahrt und Ausfahrtswege des Weihnachtsmarktes seltsamerweise offen waren, obwohl es im Vorfeld 80 Hinweise zum Attentäter gab, denen nicht nachgegangen wurde, obwohl der Mann sogar unter einem X-Post der Innenministerin Nancy Faeser seine Tat angekündigt hatte, kommt Haseloff mit ein paar billigen Phrasen vom Hof: „Das haben wir nicht verkraftet. Es wird möglicherweise auch einen gewissen Einfluss auf das Wahlergebnis haben.“ Aber vor allem: „Da geht es nicht um die individuelle Verantwortung vor Ort.“

Anders gesagt: Alles bleibt, wie es war. Niemand muss zurücktreten. Es gehe um „Austauschfähigkeit der Informationen“. Es fallen Worte wie „Durchdeklinieren“, aber „Verantwortung übernehmen“, so etwas fällt nicht. Im Gegenteil, Haseloff sieht Privatpersonen in der Pflicht: „Diejenigen, die im zivilen Leben Verantwortung tragen, bis hin zu Arbeitgebern.“ Ganz schön mutig für einen Landesvater. Immerhin, so viel ist sogar ihm klar: „Wir müssen was machen, weil jeden Tag was passiert. Wollen wir uns überall einbunkern, oder was müssen wir tun?“ Er selbst weiß es erkennbar nicht. Die Frage steht offen im Raum: Warum dann also CDU wählen?

Weidel und Chrupalla rufen den nächtlichen Chips-Notservice.

Esken, die gern auch mal ausdauernd und ungebremst antwortet, obwohl gerade explizit jemand anderes gefragt wurde, kritisiert derweil, die CDU blockiere neue Gesetze. Haseloff blafft zurück: „Sie sind doch in der Regierung. Warum haben Sie das die ganze Zeit nicht gemacht?“

So geht es munter weiter. Esken behauptet, dass die Autoindustrie vom Verbrenner weg wolle. Haseloff sagt, dass „die Kisten“ aber keiner kaufe. Esken mault: „Dass wir Absatzprobleme haben, ist klar.“ Medick kritisiert die Rente: „Alle wissen, das ist nicht mehr bezahlbar.“ Esken: „Das stimmt nicht“. Das Publikum lacht. Miosga: „Da lacht sogar das Publikum.“ Medick fragt. „Wo ist eigentlich die Bildungsrevolution, über die wir seit 20 Jahren reden? Warum lassen wir eigentlich die Schulen unserer Kinder immer noch weiter verschimmeln?“ Esken lächelt buttermilchig.

Und der Zuschauer: Jetzt will ich auch Chips!

Haseloffs Erinnerung an die Bildung der Ampelkoalition beschreibt auch die Zukunft: „Als ich die drei Parteien erlebt habe, war mir klar: Die passen nicht zusammen, das wird nichts.“ Miosga: „Ich möchte das gar nicht vertiefen.“

Ja, und genau das ist das Problem.

P.S.: Diese Kartoffelchips-Hymne wurde NICHT durch Intersnack oder Lorenz unterstützt. Deren Umsätze steigen in Zeiten von Miosga, Lanz, Illner und Maischberger ohnehin exorbitant.

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Kommentare ( 9 )

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GefanzerterAloholiker
1 Stunde her

AfD/Weidel/Chrupalla haben es erfasst. Der Mensch hier bei Welt artikuliert es entwaffnend aufrichtig und pragmatisch. Auf mich wirkt es, wie das dritte totale Desaster der Altparteien.
Ihre Politik ist ohne Profil, ohne Schwerpunkt – der Slogan „wir können regieren“ heißt nur, wir können Versorgungsansprüche anhäufen.
https://www.youtube.com/shorts/JadwWwmSmFI?feature=share

Last edited 1 Stunde her by GefanzerterAloholiker
alter weisser Mann
1 Stunde her

„mit Haseloff und Esken sind zwei Paradesoldaten am Start, die den Untergang des alten Parteiensystems idealtypisch verkörpern.“ Eine Mustershow über das Elend „unserer Demokraten“ und ihrer Politik. „Wir werden in diesem Jahr noch ganz schlimme Dinge in der Wirtschaft erleben.“ Weiß das der zuständige Noch-Minister, oder ist er augelastet mit Wahlkampf incl. Aufdeckung seiner Kindheitsleiden zur Gewinnung neuer Wähler? Die Leiden der Robert H., „einen leichten Schlag in Richtung Legasthenie“ hat er ja soeben im „Spiegel“ offengelegt (taggleich von fleißigen PR-Leuten schon auf Wiki gesetzt), der Dr. phil. und Autor. Ich hätte ausweislich etlicher Auftritte zwar eher auf Dyskalkulie getippt,… Mehr

bkkopp
1 Stunde her

Für die AfD ist es offensichtlich nützlicher wenn Laberrunden über sie reden, als wenn deren Spitzenkandidatin ( Kanzlerkandidatin ! ) mit Bezug auf deren Interview mit “ The American Conservative “ und dem “ Gespräch “ mit Musk, das sogar Herr Mai als sub-otimal bezeichnete, persönlich anwesend wäre. Frau von Storch war kürzlich auch im TV, ist aber mangels Schlagfertigkeit selbst gegen die dümmsten Fragen des Interviews nicht gut angekommen. Die AfD scheint auf Staatskosten “ Pressesprecher “ zu beschäftigen, wie Frau Weidel, die Fraktion, und wer weiß wer noch, die aber keine kompetenten Kommunikationsberater sind. Wer einen wenig kompetent… Mehr

Sohn
1 Stunde her

Fast hätte ich geschrieben, bei Esken handelt es sich um die Reinkarnation der bösen Hexe aus Hänsel und Gretel und bei Haselhoff um Don Quichotte, die sich aus Langeweile einen neuen Job gesucht haben. Aber nicht doch. Die beiden machen lediglich klar, wie tief das Niveau der heutigen ideologisierten und diskussionsunfähigen Politikerklasse gesunken ist. Kaputt regiert ist Deutschland schon. Jetzt scheint es vor der kompletten Unregierbarkeit zu stehen.

Ich bin RECHTS
1 Stunde her

Man stelle sich vor, es gäbe eine Talkshow mit Esken und Dr. Weidel
Da würden vermutlich sogar dem treuesten SPD-Wähler die Augen aufgehen.

Losko
1 Stunde her

Dann wird es wohl auf Schwarz-Grün hinauslaufen. Rette sich wer kann!!

GrafZahl04
2 Stunden her

Ein unerträglicher Haseloff gestern. Er als Landesvater hat in Gottes Namen sehr wohl Verantwortung für die Sicherheit seines Bundeslandes. Gestern war ich auch der Meinung, dass es in der Politik eine Altersgrenze geben muss. Mit 70 Jahren sollte man Platz machen für jüngere. Das Thema ging auch erst an der Sendung vorbei. Was hat uns Österreich zu interessieren? „Führende“ Politiker verbieten sich auch eine Beeinflussung der Wahl in D von außen. Was wären die Lösungen Migration, Wirtschaft, Innere Sicherheit, Inflation , Energie mit einer Koalition mit den Grünen, Hr Haseloff? Das wären die Fragen, die den Zuschauer im Publikum oder… Mehr

Wolf
2 Stunden her

Warum unsere Schulen verschimmeln? Egal. Meiner Meinung nach ist es viel wichtiger, Syrien mit Millionen zu unterstützen. Den jede andere Meinung wäre eine Delegitimierung des Staates und eine Beleidigung unserer Politiker.

elly
2 Stunden her

„ Warum lassen wir eigentlich die Schulen unserer Kinder immer noch weiter verschimmeln?“  weil wir Radwege in Peru & gefakte Klimaprojekte in China finanzieren, weil unsere Außenministernde und Entwicklungshilfeministernde miteinander konkurrieren, wer jetzt die höchsten Summen ins Ausland überweist (erst 60 Mio€ für Syrien von Svenja Schulze, SPD, jetzt 50 Mio € von Baerbock), weil wir größter Nettozahler zum EU Haushalt sind, zweitgrößter Unterstützer der Ukraine, weil Habeck Northvolt, Intel, Krupp für „grünen Stahl“ subventioniert, grünen Wasserstoff in Nigeria finanziert, LNG Termímals baut, weil die Regierung vielen NGOs finanziert und vor allen Dingen, weil unsere Städten und Gemeinden unter der Last… Mehr