MDR gibt grüne Pressereferentin als zufällige Passantin aus

Beim Kanzlergespräch interviewt der MDR eine junge Erfurterin, die Fragen zur Klimapolitik hat. Sie mache sich außerdem Sorgen wegen der "rechtsextremen AfD". Dass die Interviewte in Wirklichkeit Pressereferentin der Grünen ist, erwähnt der Sender nicht.

Screenprint: youtube/phoenix, mdr - Collage: TE

Es ist ein Internet-Meme geworden: der öffentlich-rechtliche Rundfunk fragt vermeintlich zufällige Passanten, die zu einem politischen Thema Stellung nehmen. Später entpuppt sich der zufällige Radfahrer als grüner Abgeordneter oder die Supermarktkundin stellt sich als grüne Bundestagsabgeordnete heraus. Natürlich wollen ARD, ZDF & Co. das alles nicht gewusst haben. In manchen Fällen entschuldigen sie sich für den „Fehler“; in anderen Fällen verschwindet der Beitrag kommentarlos.

Der Höhepunkt dieser „Fehler“ ereignete sich erst letzte Woche, als eine WDR-Mitarbeiterin dazu interviewt wurde, was sie von einer woken Aktion im PENNY-Markt hielt. Mit erwartbarem Ergebnis. Natürlich hatte der öffentlich-rechtliche Sender nichts davon wissen wollen, als dieser Vorgang in die Kritik geriet. Nicht einmal, als sich der TV-Veteran Peter Voß in einem vielbeachteten FAZ-Gastbeitrag meldete. Dort kritisierte der ehemalige SWR-Intendant und langjährige Gesicht des „Presseclubs“ die Skandaldichte in der Senderfamilie.

Nach einer solch hitzigen Woche hätte man Vorsicht erwarten können. Die Redaktionen sind sich nämlich offenbar bewusst, dass ihr Ansehen seit Jahren ramponiert ist, dass die RBB-Affäre ebenso unvergessen ist wie die Debatte um Journalisten auf Staatslohn. Dass es auch keinen guten Eindruck macht, inmitten von Inflation, Preissteigerung und Energiekrise über Beitragserhöhungen spricht. Und trotz dieser Gebühren ein eigenes Bezahlfernsehen auf die Beine stellt, was im Grunde den ganzen Rundfunkvertrag konterkariert.

Dennoch fügt sich auch der neueste Fall in die besprochene Kette von Zufällen. Eine Causa, die angesichts der Präzedenzfälle ein Indiz für die herrschende Arroganz bei den Gebührenempfängern ist. Wie kann man es sonst deuten, dass der Trug dieses Mal ein ganzes Interview von 2 Minuten fasst?

Der Mitteldeutsche Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender gibt darin Lea Wengel Raum. Sie stellt sich vor: 31 Jahre. Aus Erfurt. Mehr nicht. Sie wolle mit dem Bundeskanzler über Klimaschutz reden, erfährt der Hörer. Keine Ergänzungen, keine Nachfragen. Im Plauderton geht es weiter. Was sie den Kanzler fragen wolle, welche Maßnahmen sie von Scholz erwartet, ob das mit dem Etikett „Klimakanzler“ stimmt. Und es bewegt sie, dass eine „rechtsextreme Partei“ in Thüringen sehr viel Zustimmung erhalte. Sie frage sich, was die Bundesregierung gegen die AfD tun könnte. Denn das besorge sie sehr.

Und das zu Recht. Nein, nicht etwa, weil die AfD rechtsextrem wäre. Sondern, weil Lea Wengel nicht eine „zufällige Thüringerin“ ist, die ihre „Sorgen und Nöte“ vorbringt. Lea Wengel gehört den Grünen in Thüringen an. Sie ist nicht nur bloßes Mitglied. Sie ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Landesgeschäftsstelle der Grünen in Thüringen. Da versteht man ihre Beweggründe. Bei der AfD wäre man vermutlich auch besorgt, wenn die Grünen 30 Prozent in Thüringen erreichen würden. Die Aussichten, dass die Bundesregierung dagegen etwas tun könnte, sind freilich deutlich geringer.

Für den Zuhörer, der das alles nicht weiß, erscheint Wengel als zufällig ausgesuchte Stimme, die ein Stimmungsbild in der jungen Thüringer Generation nachzeichnet. Der ÖRR beruft sich immer wieder darauf, Inhalte und Personen einzuordnen. Offenbar gilt das aber nicht für alle Personen. Wieder nur Zufall? Vielleicht fiele die Sache weniger ins Gewicht, handelte es sich um einen Einzelfall beim Kanzlergespräch. Beim Bürgerdialog in Thüringen kam Felix Ehrlich zu Wort. Ein Politiker der Linkspartei. Auf die öffentliche Meinung, so scheint es, trifft immer mehr das Wort der veröffentlichten Meinung zu.

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Kommentare ( 127 )

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fatherted
1 Jahr her

Leute….das ist Fernsehen….da passiert nichts zufällig. Ich empfehle mal einen jeden den Besuch einer Aufzeichnung einer Quizshow im ÖR oder sonst irgendeiner Sendung mit Publikum…..da wird sogar das Klatschen und Lachen vorab aufgezeichnet….also wen wundern denn solche vorab ausgewählte Protagonisten noch?

Agnes
1 Jahr her

Viel schlimmer als diesen Fall finde ich den sogenannten Bürgerdialog vom Mai diesen Jahres, wo Scholz sich Fragen „normaler“ Bürger stellte (angeblich). Wer die Namen dieser Bürger im Internet suchte, sah direkt, dass es Parteigenossen von SPD und Grünen auf Kommunalebene waren, die ihrem Kanzler gefällige Fragen stellten. 😉 Die Weltwoche hat darüber berichtet im Artikel „Geplant war ein «Bürgergespräch». Was der deutsche Kanzler Olaf Scholz stattdessen durchführte, riecht eher nach vorbereiteten Streicheleinheiten“.

Ich konnte es nicht glauben und habe die Namen im Internet überprüft. Es stimmt. Einfach nur dreist.

Alliban
1 Jahr her

Jetzt meine ich zu verstehen, weshalb die Ampel-Regierung 10000 neue Beamtenstellen geschaffen hat: Die Vorgehensweise, die im Beitrag beschrieben wird, muss schließlich durchorganisiert werden. Dafür braucht es linientreue Arbeitskräfte!

cernunnos
1 Jahr her

„Die Regeln sind ganz einfach: Sie belügen uns, wir wissen, dass sie lügen, sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen, aber trotzdem lügen sie weiter,[…]“

Solschenizyn

„[…]und wir tun weiter so, als würden wir ihnen glauben.“

Allein das ändert sich vielleicht langsam…

Last edited 1 Jahr her by cernunnos
stony71
1 Jahr her

Es ist mir völlig egal, wen der ÖRR interviewt oder was er an Antworten veröffentlicht. Ich glaube ihm zunächst mal gar nichts und suche mir andere Quellen zur Verifizierung, wenn mich das Thema überhaupt interessiert.

kabatrinker
1 Jahr her

Schon allein die Fragestellung lässt doch kaum noch Zweifel zu ,das es sich bei den zufällig anwesenden Fragestellern um steuerfinanzierte Müssiggänger,Hofschranzen oder Apparatschiks handelt.Kein normaler Mensch würde Fragen zu solchen selbst erfundenen Problemchen stellen.

Reini
1 Jahr her

Die Wähler haben es bei jeder Wahl in der Hand, diesem Spuk ein Ende zu machen. Einem Teil unserer Mitmenschen ist das bewusst, die handeln auch entsprechend. Leider schläft der Rest noch.

jopa
1 Jahr her

Wie in der AK des DFF. Mehr ist nicht zu sagen, gelernt ist gelernt, oder Genossen?

Siggi
1 Jahr her

Nur noch mit Lügen und Manipulation kann sich diese Regierung über Wasser halten. Wie lange noch?

U.S.
1 Jahr her

Grün und Journalismus tun sich keinen Gefallen. Viele Wähler merken das mit grün Politik Ideologien, und auch mit grün rot infizierten Journalismus in TV und Print Medien. Gebildete Menschen verzichten auf Nachrichten und Polit Sendungen in TV, verzichten auf rot grüne Print-/ Digital Medien. Der Bürger will nicht mehr: -) teure (erneuerbare) Energien -) verzichten auf fossile Energien -) Klima Hysterie, Total Umbau des Hauses -) nicht enden der Massen Überflutung aus allen Armutsregionen des gesamten Planeten inkl deren Unterbringungen und lebenslange Sozialhilfe, plus Familien Nachzug ( Frauen, Kinder, Eltern, Geschwister,….) -) Migrantengewalt ( Messerattacken, Vergewaltigungen, französische Verhältnisse,…), äußerst sanfte… Mehr