Angriffe auf Politiker: Verrohung braucht zwei Seiten

Ist die AfD mitverantwortlich für die Angriffe auf Politiker in der letzten Woche? Das will Markus Lanz unter anderem von AfD-Politiker Rüdiger Lucassen wissen.

Screenprint ARD

Matthias Ecke (SPD) liegt seit vergangener Woche im Krankenhaus. Er wurde am Freitagabend gegen 22 Uhr beim Aufhängen von Wahlplakaten angegriffen. Die erste Frage geht an den AfD-Politiker Rüdiger Lucassen, wie es ihm dabei geht, dass ein Polit-Kollege angegriffen wurde. Lucassen erzählt von Anschlägen auf sein eigenes Haus; ein Haus, das er als Resultat der Angriffe verkaufte. Lanz’ Versuch, der AfD die Schuld für Angriffe auf Politiker in die Schuhe zu schieben, geht schon am Anfang der Sendung daneben.

Die Journalistin Antonie Rietzschel berichtet, dass die Zahl der Brandangriffe und Drohungen gegen Politiker zunehmen – und schon zunahmen, bevor die AfD gegründet wurde.

Im Umgang mit dem Fall Ecke macht sich die deutsche Politik lächerlich. AfD-Politiker wie AfD-Sachsen-Vormann Jörg Urban werfen der SPD vor, den Angriff aus PR-Motiven auszunutzen. Die SPD wirft der AfD vor, mit Verrohung der Sprache solcher Gewalt Vorschub zu leisten. Wer sich an das Mediengetöse um den möglichen Angriff auf Tino Chrupalla in Ingolstadt erinnert: Damals waren die Vorwürfe andersherum verteilt.

Carlo Masala, auch in der Runde, erklärt, dass ihm regelmäßig Drohungen zugeschickt werden. Dass Vorträge für ihn teils nur unter Polizeischutz möglich sind. Aber darin unterscheidet er sich nicht von Lucassen und seiner Partei, die kaum Parteitage durchführen kann.

Moderator Markus Lanz ist an diesem Abend überraschend differenziert. Rietzschel korrigiert er. Nein, nicht die Grünen würden am meisten angegriffen. Sondern Politiker der AfD. Die Grünen melden mehr Beleidigungen, Drohungen, AfD-Politiker mehr tätliche Angriffe. Und auch hinterfragt er: Warum heulten die Medien sofort los, Ecke sei von Rechtsextremisten angegriffen worden, als die Tatverdächtigen noch gar nicht bekannt waren? Dass schlussendlich doch einer der Tatverdächtigen Verbindungen in die Neo-Nazi-Szene haben soll, war so früh noch nicht bekannt.

Dis Diskussionskatze jagt ihren eigenen Schwanz. Masala, Rietzschel, Herfried Münkler werfen der AfD böse Rhetorik vor. Sie solle sich bitte anders äußern; sich über Ricarda Langs Gewicht lustig zu machen, würde sie entmenschlichen, so ein konkreter Vorwurf Masalas. Lucassen hält dagegen: Seine Partei mag sich im Ton vergreifen, aber sie regiert nirgendwo. Sie wird von Posten wie dem des stellvertretenden Bundestagsvizepräsidenten ferngehalten. Und die AfD soll so eine massive Wirkmacht entfalten können, für die Verrohung der Sitten alleinverantwortlich zu sein?

„Wer sich durch eine fremde Macht schmieren lässt, … der gehört nicht in unsere Partei“, sagt Lucassen mit Blick auf die Spionage-Affäre um Krah. Krah hatte schon vorher davon gehört, dass sein Mitarbeiter Verbindungen zum chinesischen Geheimdienst haben soll. Und nicht geglaubt. Der Verfassungsschutz informierte Krah wohl nicht. Gegen den zweiten auf der AfD-EU-Liste, Petr Bystron, gebe es einen dringenden Tatverdacht, dass er russisches Schmiergeld angenommen haben soll. Die Nähe zu den Diktaturen Chinas und Russlands sei nicht zu übersehen. Eine Nähe, die auch viele andere Mitglieder der Partei pflegen. Alles das kann Lucassen nicht wegerklären. Lucassen, Oberst a.D., der seine Entscheidung für die AfD als patriotischen Dienst am Land erklärt.

Wie oft bei Runden dieser Art sieht sich ein Gast, hier Lucassen, mit drei Kontrahenten konfrontiert. Immer wenn Lanz dem einsamen Lucassen genug rhetorischen Strick gegeben hat, fallen die anderen Gäste über den AfD-Politiker her. Oder versuchen es zumindest. Möglicherweise sagt Münkler interessante Dinge. Seine langsame und ausschweifende Sprechweise hat jedoch das Tempo der Kontinentaldrift. Nachts um elf ist es nicht einfach, dabei konzentriert zu bleiben. Rietzschel hat wenig beizutragen.

Carlo Masala ist der spannendste dieses Trios, auch wenn man ihn schon öfter gesehen hat – er kann differenzieren zwischen Lucassen, mit dem er diskutieren kann, und der AfD als Ganzem. Lucassen besteht die Talkshow im Großen und Ganzen gut – er verdeutlicht aber auch die personellen Schwächen der AfD. Neben ihm können Politiker wie Maximilian Krah nicht gut aussehen. Was wohl auch ein Grund ist, warum die Partei Krah versteckt. Wirkungen auf Umfrage-Ergebnisse drohen.

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Kommentare ( 94 )

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Sozia
6 Monate her

Da haben wir es der AfD aber mal wieder gegeben, der einzigen Partei, die für uns noch eine Zukunft ermöglichen kann. Herzlichen Glückwunsch, TE – immer das Problem benennen und gegen die Lösung sein, eine grandiose Strategie.

November Man
6 Monate her

Es ist das üble Geschäft der Linksextremisten. Sie provozieren, beleidigen und diskreditieren Menschen aus der bürgerlichen Mitte ohne Unterlass. Sie nennen sie z.B. Nazis, Verschwörungstheoretiker und Covidioten. Wenn dann einer durchdreht und zuschlägt haben sie genau das erreicht, was sie mit ihren Provokationen bezwecken. Dabei ist ihnen egal wen es trifft. Selbst Verletzungen der eigenen Politiker werden in Kauf genommen. AfDler aber ist anscheinend immer gut. Aber wehe es trifft einen von ihnen. Dann haben sie das, was sie eigentlich wollen. Dann versucht man zusammen mit der Lügenpresse den oder diese Vorfälle, mit oder ohne zweifelsfrei Beweise, dem politischen Gegner… Mehr

MariaundJosef
6 Monate her

Zweiter Versuch…gleicher Text..Bin fürwahr erstaunt über diesen Artikel.Übrigens, Herr Krah ist n i c h t versteckt. Gute Interviews mit ihm, kann man im Netz finden.

Kontra
6 Monate her

Masala, der Herr Oberstratege. Mit fast jeder Einschätzung falsch liegen, aber einen Stammplatz als „Experte“ haben und warum wirken diese hauptamtlichen „AfD Beobachterinnen“ immer so verbiestert und komplett Humor befreit?

Dr. Rehmstack
6 Monate her

Daß selbst Lanz nicht umhinkommt, auf die Mehrzahl der täglich Angriffe auf AfD Politiker hinweisen zu müssen, zeigt wie durchgehend verdorben diese ganze öffentliche Prominenz ist. Auch bei Maischberger wusste angeblich die sonst allwissende Ulrike Hermann von der TAZ (verkaufte Auflage laut IVW in I/24 25.000 Exemplare; wer finanziert die?) auch nichts von dieser Tatsache, die jedem nicht halbwegs dementen oder böswilligen, im Journalismus Tätigen bekannt sein müßte.

Ulrich
6 Monate her

„Was wohl auch ein Grund ist, warum die Partei Krah versteckt.“ Seltsam, ich habe vorgestern im Westfernsehen (Schweizer „Weltwoche“) ein längeres Interview gesehen, dass Roger Köppel mit Maximilian Krah führte. Der hatte ihn jedenfalls gefunden. Vielleicht sollte TE auch einmal nach ihm suchen, anstatt nur über ihn zu reden.

UVD
6 Monate her
Antworten an  Ulrich

Bei Herrn Tichy scheint immer wieder die sinnlose Hoffnung auf FDP und CDU durch. Auch er hat nicht den Hintern mit der AfD und deren wichtigsten Leuten selbst zu reden.
Er ist leider auch nur ein Schwächling wie Merz und keiner, der sich gegen das Machtkartell auflehnt.
Schade.

Evero
6 Monate her

Was die Animositäten der AfDler untereinander betrifft: es gibt doch eine strenge Prüfung der Mitgliedsanträge und ein Parteischiedsgericht. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass die AfD ein breites Spektrum von BSW-links bis Republikaner-rechts abdeckt, abdecken muss, wenn sie Volkspartei sein will. Deshalb verstehe ich die Animositäten zwischen den Führungsleuten nicht. Wollen die der Partei und der gemeinsamen Sache etwa schaden? Wenn Lucassen schon Behauptungen über Kollegen verbreitet, die nicht bewiesen sind, ist das fies. Da muss man sich doch nicht wundern über die ständigen unbewiesenen Vorhaltungen der Altparteien und des angedockten Medienmainstreams.

Spyderco
6 Monate her
Antworten an  Evero

Animositäten gibt es in jeder Partei.

Hier trifft der Transatlantiker Lucassen, auf den in der DDR sozialisierten Katholiken Krah.Dieser hat schon auf Grund seiner Biografie,ein besseres Verständnis für das ,was Dostojewski,,die russische Seele“nannte.

Wobei Verständnis nicht zwangsläufig Parteinahme bedeutet.

tichoz
6 Monate her
Antworten an  Evero

Das erinnert an den Herrn Meuthen. Der lieber Parteikollegen anschwärzte, um selbst bei den Medien gut dazustehen. Hat ihm nicht geholfen, weil er in der AfD vereinsamte. Wer mag schon einen Parteifunktionär, der im nächsten Moment einen anschwärzt und dann sich als „Gutmensch“ bei den Medien feiert.

Fieselsteinchen
6 Monate her

Vor Whataboutism sollte man sich hüten, aber in Gänze verschiedene Situationen betrachten, die neben der offensichtlich ideologiegetriebenen “Politik” und der Unfähigkeit/Unwillen:Größenwahn der Politiker – einhergehend mit Wohlstandsverlusten, akuten öffentlichen Sicherheitsproblemen, Bildungsdesaster, der Höchststeuerlast – zu wütenden Reaktionen, die ich persönlich nicht gutheiße, aber nachvollziehen kann, denn die Menschen sind mehrheitlich verzweifelt – führen: der seit Jahren verweigerte Bundestagsvizepräsidentensitz an die AfD, die AfD-Parteitage, AfD-Parteitreffen, die nur unter Sicherheitsvorkehrungen stattfinden können, kurzfristig verlegt werden müssen oder ausfallen, weil die Antifa (als verlängerter Arm der Regierungen seit Merkel) mit Sachbeschädigungen, Drohungen, Körperverletzungen “Hand anlegt”. Überfällen auf AfDler und Bedrohungen ihrer Familien (auch… Mehr

Elmar
6 Monate her

Ich kenne diverse Leute, bei denen die pünktlich ankommende Rente hinten und vorne nicht zum Leben reicht. Auch bei denen macht sich Unzufriedenheit breit. Zum Teil werde ich angefeindet, weil ich in der Rente nicht nebenher arbeiten muss. Das liegt daran, dass ein Grossteil meiner Rente aus Italien und der Schweiz kommt, wo die Renten erheblich höher sind als in Deutschland. Von diesen Leuten höre ich immer wieder die Forderung, dass so etwas abgeschafft gehört, weil es gar nicht sein kann, dass jemand, der im Ausland gearbeitet hat, besser dasteht als sie.

Horst Johnson
6 Monate her

Wollen wir ernsthaft Lucassen mit Maximilian Krah vergleichen ?
Wie gut Krah aussah, konnte einjeder sich bei Tilo Jung zuletzt selber anschauen. Das 6 Stunden lange Video sprengte viele Rekorde, bislang hat es über 1million. Aufrufe.
Wo hierbei nun personelle Schwächen der AfD sein sollen, wie der Autor postuliert, bleibt ganz allein sein Geheimnis.