Am Ende des Kalten Krieges fühlte sich der Westen als triumphaler Sieger. Manch kurzsichtiger Historiker sprach schon von einem Ende der Geschichte. Die Bundesrepublik zog den fatalen Schluss, dass man die Landesverteidigung auf finanzieller Sparflamme aufrechterhalten könne. Ein Trugschluss, der durch den russischen Überfall auf die Ukraine endgültig obsolet geworden ist. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius muss nun die Scherben zusammenkehren, die seine Vorgänger hinterlassen haben.
Der SPD-Politiker ist mit multipler Problemlage konfrontiert. Er soll die Ukraine-Unterstützung koordinieren und gleichzeitig die Bundeswehr wieder wehrtauglich machen. Ein großer Schwachpunkt der Sendung ist es, dass der Minister sich äußerst zugeknöpft präsentiert. Der Zuseher erfährt wenige neue und aufschlussreiche Details. Stattdessen kommuniziert der Minister unhinterfragt in Schlagwörtern. Der Talk ist daher oft unterkomplex und ermüdend. Es bleibt die Frage, ob Pistorius wirklich die Lorbeeren wert ist, die ihm medial verpasst werden.
Mehr Luftverteidigung für die Ukraine
Die ukrainische Armee befindet sich derzeit in der Defensive. Tagtäglich können die Russen Erfolge verzeichnen, während die Ukrainer Rückschläge erleiden. Für Verteidigungsminister Boris Pistorius hat eine verbesserte Luftverteidigung Priorität. „Wir reden mit den Partnern über Patriot-Luftabwehrsysteme“, meint der Minister. Seinen Vorstellungen nach sollten südliche Europäer der von russischen Raketen geplagten Ukraine ihre Patriot-Systeme liefern. Daraus dürfte wahrscheinlich aber nicht allzu viel werden. Wie der Minister selbst zugibt, sind die Systeme nur sehr schwer wiederbeschaffbar und mit hohen Kosten verbunden.
Kein Wunder also, dass Boris Pistorius kein großer Freund der Schuldenbremse ist. Nach seiner Einschätzung würde sich die Unterstützung für die Ukraine und die Aufrüstung der Bundeswehr nicht nur durch Einsparungen im Haushalt finanzieren lassen, so der SPD-Mann. Die Unterstützung der Ukraine kennt für Pistorius aber Grenzen. „Wir liefern keinen Taurus“, bekräftigt er. Er wolle über die Gründe, die gegen die Lieferung sprechen, nicht öffentlich debattieren, äußert sich Pistorius. „Geheimes sollte geheim bleiben“, meint er.
Die Bundeswehr soll effizienter werden
Das deutsche Beschaffungswesen ist eines der kompliziertesten weltweit. Der Bürokratie-Dschungel und das langwierige Verfahren zur Materialbeschaffung haben den Steuerzahler viel Geld gekostet und die Ausrüstung verschlechtert. „Durch die Bundeswehr-Reform bekommen wir schneller Ausrüstung“, erklärt Pistorius. Neues Material hat die Bundeswehr dringend nötig. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Pistorius plant, permanent eine Brigade in Litauen zu stationieren, als Speerspitze der deutschen Verteidigung gegen Russland. Das braucht Material.
Hierzu bohrt Maischberger wenig nach. Woher kommt so schnell das Material? Woher kommen die benötigten Soldaten? Der Minister ist bei Maischberger insgesamt nur wenigen kritischen Nachfragen ausgesetzt. So gerät die Sendung teilweise zur PR-Stunde für ihn. Im Raum steht für Pistorius eine Neuauflage der Wehrpflicht. Diese werde anders aussehen, als die alte Wehrpflicht, verspricht er.
Rein logistisch kann es die alte Wehrpflicht so schnell nicht wieder geben. Es wurde alles bis ins letzte Detail zurückgebaut. Die Kosten wären enorm, würde man zum alten Stand zurückkehren wollen. Daher plant der Minister ein neues Modell. Wie das aussehen soll, bleibt unklar. Aber: Auch Frauen sollen zum Dienst verpflichtet werden. „Ziel ist eine Grundgesetzänderung“, verkündet Pistorius. Was der Minister konkret vorhat, möchte er erst im Mai äußern. Bei den derzeitigen politischen Machtverhältnissen dürfte eine Wehrpflicht schwer umzusetzen sein.
Die AfD und ihr Kandidaten-Fiasko
Für die AfD war die EU-Wahl wie gemalt. Die katastrophale Ampel in Berlin und die Bürokratie-Fetischisten in Brüssel sind beste Wahlkampf-Munition. Doch die Partei quält seit längerem und seit kurzem akut ein Personalproblem. Nicht nur, dass dem Spitzenkandidaten Maximilian Krah Bestechung durch den Kreml nachgesagt wird, jetzt steht einer seiner Mitarbeiter unter Spionageverdacht. Zwar nicht für Russland, aber für China. Ein Debakel für die AfD, denn auf Platz zwei der Liste steht mit Petr Bystron ein weiterer Mann unter Verdacht, Geld aus Russland bekommen zu haben.
Der Spott ist der AfD sicher. Der linke Kabarettist Urban Priol meint süffisant: „Man weiß nicht, ob man Krah oder Bystron nochmal im Wahlkampf sieht.“ Und weiter: „Vielleicht beantragen beide Asyl in Moskau.“ Mariam Lau von der Zeit schlägt in dieselbe Kerbe. „Früher hätte man dazu die fünfte Kolonne gesagt“, ätzt sie. „Weidel war angefasst“, berichtet Lau. Die AfD hat allerdings keine Chance, die Liste zu ändern. „Juristisch kann man da nichts machen“, sagt ARD-Journalist Stephan Stuchlik.
Nun ist freilich viel Doppelmoral dabei, wenn es um die AfD geht. SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat mit russischem Geld eine Stiftung unterhalten, die eigens für Nord Stream 2 gegründet wurde. Eine Finanzbeamtin verbrannte belastende Akten wie in einem Mafia-Film. Oder man nimmt Gerhard Schröder als bestes Beispiel für Käuflichkeit. Der ehemalige Kanzler der Genossen ist seit jeher Empfänger großen Geldes aus dem Kreml und macht fleißig bezahlte Werbung für China. Was es bei der AfD so schwerwiegend macht, ist ihr eigener Anspruch.
Die AfD wollte immer eine patriotische rechtsstaatliche Partei sein, die den deutschen Interessen verpflichtet ist. Es entsteht aber mit diesen Kandidaten der schädigende öffentliche Eindruck, die Partei sei beeinflussbar durch Autokratien. Für Gegner der AfD ist es jetzt ein Leichtes, die Partei in die Ecke der Vaterlandsverräter zu stellen. Obwohl es für viele dieser Kritiker kein Vaterland gibt. In Zukunft muss die Partei ihre Mechanismen zur Rekrutierung von Personal ändern und verschärfen. Die AfD muss außerdem eine größere Distanz zu autoritären und feindlichen Ländern halten. Ansonsten wird sie schneller zu einer Altpartei, als ihr lieb sein kann. Oder ist sie schon eine?