Gabriel berichtet rückblickend gerührt, er hätte, als er als Ministerpräsident abgewählt wurde, mal einen tröstenden Brief von Koch bekommen. Maischberger schafft es einfach nicht, den für die Sendung dramaturgisch so wichtigen Keil zwischen beide zu treiben.
Bevor Maischberger im öffentlich-rechtlichen Fernsehen EU-Wahlkampfhilfe für die Regierungskoalition machen darf, wenn sie zwei Vertreter dieser Vereinigung zu sich einlädt, darf die Partei Die Linke noch einen Wahlwerbespot absetzen: „Wir treten an, um Europa sozial zu machen.“
Dann trommelt schon Maischberger für ihre Gäste, dieses Mal sind es aber nur zwei, Gäste, so die Moderatorin, die „das offene Wort nicht scheuen.“ Nun scheuen sie es schon deshalb nicht, weil sie auf der politischen Bühne nichts mehr zu melden haben, wenn sie in der Sendung besprechen sollen: „Wohin steuert Deutschland?“ Eingeladen, um im Bezahlfernsehen Werbung für ihre Parteien SPD und CDU zu machen, wurden Roland Koch und Sigmar Gabriel. Beide sind natürlich gekommen.
„Politisch hoch begabt, brillante Redner, leidenschaftlich im Streit, oft polarisierend.“, so stellt die Off-Stimme dann die beiden politisch Ausgestoßenen vor, zwei Männer, die etwa gleichzeitig Ministerpräsidenten ihres Landes (Niedersachsen und Hessen) waren und die beide einmal für aussichtsreiche Kandidaten für den Posten gehalten wurden, den Angela Merkel nun schon seit über einem Jahrzehnt fest in ihrer Klammerraute gefangen hält.
„Wollten Sie denn mal Kanzler werden?“, „Bestimmt mal zwischendurch, antwortet Gabriel. Schmunzel, lach, haha. Die beiden Kontrahenten werden sich während der gesamten Sendung nicht boxen, nicht einmal so tun, Henry Maske gegen Henry Maske. Beide in Rente. Beide im selben Schützengraben an vorderster Front gekämpft, beide als untauglich für das große Ganze ausgemustert.
Nach der Sendung wird man sich fragen, was eigentlich die Lebensgeschichten dieser beiden Herren mit der Frage der Sendung zu tun hatten, wohin Deutschland nun steuert. Wir erfahren, dass Sigmar Gabriel auch deshalb in die Politik gegangen ist, um seinem Holocaust-Leugner-Vater einen auszuwischen, von dem ihn die geschiedene Mutter über sieben Jahre gerichtlich wegklagen musste, um ihn dann doch wieder hinzuschicken („Ist doch dein Vadder“) und der nach dem Tode des Vaters dessen Bücherzimmer in Schockstarre über den Inhalt leer räumen musste. Und auf der anderen Seite Roland Koch, dessen Vorbild der Vater als hessischer Justizminister war, den er auf die Plätze verweisen konnte, als er Ministerpräsident wurde. Politik hier auf unterschiedliche Weise eine Vater-Sohn-Konfliktgeschichte. Beide Väter mussten nicht mehr mit ansehen, wie ihre erfolgverwöhnten Söhne am Ende von starken Frauen abserviert wurden.
Im Verlauf wird immer klarer, dass die öffentlich-rechtliche Idee, so mehr Wähler für die beiden etablierten Großparteien an die Urnen zu treiben, Minute um Minute mehr in die dunklen Herrenanzughosen ging. Zu gelackt die Schuhe, zu selbstbespiegelnd, aber vor allem: zu geschlagen der Gesamteindruck.
Wer hier noch irgendwelche historisch gewachsenen Ambitionen für die Etablierten hatte, dem muss es doch das Herz zerreissen, den so gealterten ehemaligen Hoffnungsträgern wieder zu begegnen. Beide sind um ein Jahr gleich alt, Gabriel ist noch etwas kompakter im Vortrag, Koch schon langatmiger, das Zuhören fällt hier schwerer, der Hesse verliert sich oft in spannungslosen Endlossätzen, politischer Text wie Fahrstuhlmusik. Die aber soll nicht unterhalten, sondern nur einen Teppich legen über unangenehme Nebengeräusche.
Die Themen der Zeit von Zuwanderung bis Klimaapokalypse werden allenfalls am Rande gestreift. Dabei war es einer wie Roland Koch, der einst so verbissen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gekämpft hatte. Empfindet er heute darüber so etwas wie eine späte Genugtuung?
Maischberger versucht nicht einmal, das verspätete Kaffeekränzchen ohne Kaffee mit Spannung zu infizieren. Aber weil wir uns die Mühe gemacht haben, hören wir trotzdem mal rein, was die beiden Herren ihrem Land noch zu sagen haben.
Zunächst kommt aber noch eine für diese Sendung schon symptomatische Rückblende, wenn die Zuschauer tatsächlich an diesen Kienzle und Hauser erinnert werden, denn bei dem Moderatorenduett waren Gabriel und Koch 2002 zu Gast und man erschrickt, wie jung beide damals aussahen, Gabriel noch jünger als Koch.
Beide erscheinen nun bei Maischberger noch mehr wie Statler und Waldorf aus der Show mit dem grünen Frosch. „Sie sind ein Maulheld!“, sagt Gabriel. Aber nicht bei Maischberger, sondern vor über fünfzehn Jahren. Geblieben ist ihm das unverschämt volle dunkle Haar.
Gabriel berichtet rückblickend erneut gerührt, er hätte, als er als Ministerpräsident abgewählt wurde, mal einen tröstenden Brief von Koch bekommen. Es gab also auch mal eine Brieffreundschaft, als der eine das Leid des anderen in sich spiegeln konnte. Maischberger schafft es einfach nicht, den für die Sendung dramaturgisch so wichtigen Keil zwischen beide zu treiben.
Die Konfrontation mit dem Hier und Jetzt findet auch statt, wenn Gabriels Schelte an Kevin Kühnert thematisiert und eine sozialistische Empörung des ganz jungen Gabriel dagegen geschnitten wird, die kaum anders klang als Kühnert heute. Aber auch das kann weggelächelt werden, auch hier keine Erneuerung oder Bekräftigung der Kritik an Kühnert. Höchstens so viel, dass Gabriel erklärt, er hätte wenigstens, als er in jungen Jahren solche Forderungen aufgestellt hatte, keine Ambitionen gehabt, die SPD zu führen – so wie Kühnert heute. Kühnert würde Ressentiment geladene Politik betreiben, schiebt er nach gegen den Benjamin der SPD.
Einmal wollen wir den Niedersachen im O-Ton abbilden, wo er es immer noch in erstaunlich geschliffener Sprache hingeblättert, ja referiert bekommt, wenn er Kühnert einmal gelernt professionell den Marsch blasen mag:
„Wenn sie das machen mit Ressentiment geladener Politik, wenn sie Rückgriff nehmen – auch von links – auf den Nationalstaat, dann führen sie Leute in die Irre. Die Forderung nach Vergesellschaftung von Produktionsmitteln ist eine Forderung des 19. und 20. Jahrhunderts, die ein nationalstaatliches Instrument war. Die übrigens immer in Unfreiheit geendet haben. Da wo sie ausprobiert wurden, haben sie dem internationalen Wettbewerb deutlich weniger standgehalten, die Leute wurden arm und unfrei. Wer heute Menschen in die richtige Richtung führen will, darf das nicht tun durch den Rückgriff auf den Nationalstaat. Und zwar weder links – siehe Lafontaine – noch rechts. Das ist der intellektuelle Anspruch an Sozialdemokratie.“
Roland Koch erwiderte ihm zur Zähmung des Kapitalismus und erklärte noch einmal soziale Marktwirtschaft für alle. Also für die, die jetzt noch zuschauen wollten:
Nun kam da noch mehr, noch mehr zu Merkels Rolle, noch mehr zur Frustration im Politikgeschäft, aber kaum etwas zur Massenzuwanderung, so konnte dann dennoch jeder Zuschauer der wollte, für sich etwas auf den Teller packen am angebotenen Nostalgiebuffet. Na klar darf man das auch mal interessant finden. So interessant eben, wie das nun Mal ist, mit der Oma auf dem Sofa noch mal die alten Fotoalben durchzublättern, nur um rauszufinden, wie schnell sich die Erde weiter gedreht hat nach dem altbekannten Butterrcremetorten-Motto: So jung kommen wir nicht mehr zusammen.
Ein Trost bleibt der wieder einmal öffentlich-rechtlich ausgeschlossenen politischen Opposition: Ob so eine harmlos-nostalgische Sendung wirklich für die etablierten Parteien einzahlt, darf ernsthaft bezweifelt werden.
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Ich bin nur einmal lachend aus dem Schlummer, in den mich diese Sendung gelullt hat, aufgewacht: Als Herr Gabriel erklärte, er würde zwar niemals mit Nazis in Diskurs treten, sei aber gerne bereit, sich mit denjenigen, die ‚Angst vor Überfremdung‘ haben oder ‚xenophob‘ seien, eine Unterhaltung zu führen. Sehr geehrter Herr Gabriel, Sorge um die Zukunft dieses Landes und seiner Gesellschaft nährt sich aus mehreren Faktoren: Da sind durchaus realistische Rechenkünste gefragt, die sich u. a. darauf begründen, dass kein Sozialsystem der Welt die unkontrollierte Zuwanderung eines jeden aushält, der gerade mal Lust auf ein besseres Leben hat, allerdings meist… Mehr
Für gewöhnlich erfüllen gut abgehangene deutsche Talkshows den Tatbestand der Rudelbildung. Muß da neuerdings etwa gespart werden? Oder fehlt es möglicherweise sogar an Interesse? Quatsch das alles – es war pure Absicht. Die Zwei. „Ihr, ihr, nur ihr allein, dürft heute Nacht meine Glückssterne sein.“ Wäre dies eine Sendung vom Filmgenie Alfred gewesen, dann hätten wir es hier mit einem Doppel-McGuffin zu tun. Freunde des Großmeisters wissen sofort Bescheid: Substanziell ist ein McGuffin ohne jede Bedeutung, nur dazu da, um den Zuschauer auf eine falsche Fährte zu locken – ihm den Erkenntnisgwinn zu verweigern. Daher habe ich auch sofort bei… Mehr
Ich habe es nicht gesehen,Ich habe nichts verpasst,oder was ist am „Stinkefinger-Pack-Sigi“und seinem Mitstreiter „brutalstmöglichem Aufklärer Roland“ heute noch wichtig,das man sie in die Propagandahöhle einladen muss?
Mir reicht ihre Zusammenfassung,mehr braucht man nicht.
Das war Fernsehen für Menschen über 80 – Mensch die kenn ich doch…… – und solche, die nicht schlafen können! Sollen mit solchen Sendebeiträgen die „Alten“ hinterm Ofen hervorgelockt und zur Wahl getrieben werden???
Wieder mal ein Beispiel, wie sinnlos die Zwangebühren von uns verbrannt werden.
„Die deutschen Gutmenschen sind gerade dabei das deutsche System zu zerstören. Sie fordern das Ende der Abschottung und den Beginn der US-Herzlichkeit ohne zu wissen warum es die gibt.“ Das könnte so gewollt sein, für mich sieht im Moment alles nach langfristiger Annäherung an das US-Amerikanische Modell aus, bis ins letzte Detail. Dafür aber muss ersteinmal vieles zerstört werden, die Leute müssen die bestehende Politik satt haben. Langfristig hin zum zwei Parteien Staat. Hin zu einem grenzenlosen Freihandelsabkommen. Die US-Amerikaner wollen Europa eiegtnlich wieder stärker an die USA binden, bzw. abhängig machen, für diese „Einsicht“ muss es den Euopäern ohne… Mehr
Bei den Ausführungen Kochs zur „sozialen Marktwirtschaft“ handelt es sich ausschließlich um Behauptungen ohne theoretische Grundlage. Er begründet NICHTS. Prinzipien, die „so dominant“ sind, müssen laut Koch nicht mehr auf Gültigkeit überprüft werden. Wahr ist, was die gesellschaftlich dominante Sichtweise ist. Letzteres ist logisch für den politischen Erfolg. Jede Gesellschaft aber, die ohne funktionierende Erkenntnisinstrumente agiert, ist dem Untergang geweiht. Für Herr Koch (und Herr Gabriel) braucht die Möglichkeit, dass die „niedrigen Einkommen an bestimmten Stellen“ und jene „mit gebrochenen Erwerbsbiografien“ erst durch Interventionen des Staates geschaffen wurden, gar nicht erst diskutiert werden. Denn staatliche Interventionen, die die Produktion verteuern… Mehr
Natürlich wird Gabriel nichts über die Massenimporte von fremden Völkern nach Deutschland sagen. Denn sie sind Teil des real existierenden Linksstaats Deutschland. Fast unbemerkt hat dieser Status Quo unter der Decke der „sozialen Marktwirtschaft“ Wurzeln geschlagen. Den Linksstaat wird Gabriel nicht angreifen. Sonst müsste er bekennen, dass wir uns mit Rechtsbrüchen der Regierung und der Gewalt durch Migranten nicht nur abfinden, sondern auch mit Verhältnissen wie in der dritten Welt, wo solche Straftäter sich in rechtsfreien Räumen bewegen, mit denen wir in Deutschland aktuell konfrontiert werden. Wenn tschetschenische Mafia-Clans Polizeistationen und selbst eine Station das SEK bewachen, dann weiß man,… Mehr
„Beide Väter mussten nicht mehr mit ansehen, wie ihre erfolgverwöhnten Söhne am Ende von starken Frauen abserviert wurden.“ Mir haben CDUler die Geschichte des „Abservierens“ so erzählt: Affäre Hohmann. Koch muss zu einem Termin in die Altkönig-Synagoge, damals die größte jüdische Gemeinde in Deutschland. Koch, nach eigener Aussage ein „Steher“ ruft Merkel an und bittet um Abstimmung. „Sollen wir Homann fallen lassen oder uns hinter ihn stellen?“, fragt Koch. „Wir stehen hinter ihm“, antwortet Merkel. Koch geht rein und hält eine Rede, welche um es harmlos auszudrücken, nicht gut ankam. Ein Freund von mir, Mitglied dieser Gemeinde, war so wütend,… Mehr
Ich habe noch in der Nacht eine Mail an den SWR, mein zuständiger Sender, übermittelt. Bereits heute habe ich die folgende Antwort erhalten: „Sehr geehrter Herr xxxx, auch im Namen von Sandra Maischberger bedanken wir uns für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an unserer Sendung. Wir bedauern sehr, dass wir Ihnen keinen individuell verfassten Antwortbrief zukommen lassen können. Die Menge der uns erreichenden Post ist momentan sehr hoch. Wir möchten Sie aber wissen lassen, dass wir den Inhalt Ihres Schreibens aufmerksam zur Kenntnis genommen haben, dass wir Zuschauerreaktionen nach jeder einzelnen Sendung besprechen und Anregungen oder Kritik direkt in unsere… Mehr
Beide wurden von Quotenfrauen verdrängt, die sie selbst erschaffen haben. NICHT von “Starken Frauen“. Beide traten hervor durch Rückgratlosigkeit.Gabriel besonders durch Nazi bashing anders denkende und Wegbereiter der Wanderung hinzu den Grünen und der AfD.