Heiko Maas erklärt bei Illner den Brexit – und das hätte er lassen sollen. Aber auch Alexander Gauland wäre vielleicht besser zuhause geblieben...
Denken die Strategen in den verschiedenen Parteien denn nie darüber nach, wen sie in diese öffentlich-rechtlichen Stuhlkreise schicken? Eine Stunde Illner-Trallala ersetzt immer noch mühelos ein paar tausend Wahlkampfplakate. Für Wähler-Stimmen wie für Bücher- oder Musik-CD- Verkäufe gilt die klare Regel: Du musst ins Fernsehen!
Die AfD schickte Alexander Gauland zum Thema „Überlebt die EU den Brexit“. Der ist ein netter älterer Herr, der sich in einer gesitteten Runde anständig bewegen kann, und auch ruhig erklärt, was seine Partei auf dem Europawahlparteitag beschlossen hat, nämlich dass man zurück zu den ursprünglichen Plänen seit Adenauer/DeGaulle zum Europa der Vaterländer zurück will, und wenn Reformen nicht möglich sind, dann hätte man doch lieber die DM zurück und würde mit den Briten bilaterale Verträge machen. Aber leider sind diese Runden keine gesitteten Abendunterhaltungen, sondern, und das gilt besonders für Illners Agitprop.
Da sitzt also Gauland, der wirkte, als würde er bisweilen einnicken, und nicht einer, der anwesenden Zahlenjongleuren auf die Sprünge helfen kann, die bei jeder Diskussion, warum Deutschland so dolle von der EU profitiert, die Targetsalden unerwähnt lassen, nach denen wir unsere Exporte im Zweifel selber bezahlen müssen. Vielleicht hat die AfD aber auch keinen Parteistrategen. Oder der ist eben Gauland. Oder man ist froh, überhaupt ins Fernsehen zu kommen, wer auch immer.
Die SPD hingegen hat davon eine ganze Menge, um mit Ralf Stegner oder Frank Stauss nur zwei zu nennen, und im Fernsehen sitzt rund um die Uhr immer ein Genosse, der verständnisvoll bis unterwürfig zum Lauf der Welt befragt wird. Und weil an Welterklärern bei den Sozialdemokraten nun wirklich kein Mangel herrscht, kann die Partei aus einem großen Fundus wählen. Warum, um Marxens und Willys Willen, geht dann Maas zur Illner? Als Außenminister bekommt er doch eh schon mehr TV-Aufmerksamkeit als seiner intellektuellen Reputation gut tut, ganz abgesehen vom Dauergetwittere vom „Dürfen nicht…, wir müssen…“-„Team Maas“. Aber wenn er dann komplexere Zusammenhänge schildern will, jenseits von „Klima“, „Bildung“, Gerechtigkeit“ und „Kampf gegen Rechts“, dann kann der Saarländer nur scheitern, das wissen die Genossen doch. Aber gut, wer nicht lernen will, muss schämen. Vermutlich haben sie auch keinen Parteistrategen. Oder Illner will ihnen auch schaden, und wie.
Die Friedensstifterin
Wir zeigen das Desaster mal an einem ganz kleinen Beispiel:
Heiko (sinngemäß): Die EU ist in erster Linie ein Friedensprojekt, niemals mehr hat es Krieg gegeben in Europa, seit wir die EU haben …
Wolfgang Sobotka von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP): …doch, im Balkan…
Heiko (wörtlich): „Irgendwo war immer was.“
Das ist ganz kurz vor Loriot, und zeigt doch überdeutlich all denen, die nicht völlig verstrahlt sind, dass wirklich jeder Juso-Bengel den Job Deutscher Außenminister aus dem Stand ausfüllen könnte, wenn Heiko Maas der Maßstab ist.
Nein, wir wollen jetzt nicht alles widerholen, was wir bereits bei der Anne Will-Kritik zum Brexit geschrieben haben. Gisela Stuart, die als geborenen Niederbayerin bei der englischen Labour-Party Karriere gemacht hat und trotzdem (Labour ist die englische Variante von SPD) für den Brexit stimmte, erklärte noch einmal, warum die Engländer rauswollen: Weil wir eine Insel sind und selbst bestimmen wollen, „wer im Land das letzte Wort hat“. Heiko, den Gisela im Laufe der Sendung immer mitleidiger anschaute (Frauen können das!) verstieg sich dann zur Hybris, dass London wohl nicht an Nord-Irland dachte, außerdem sei das „britische Parlament unfähig zu entscheiden“.
Europas Nüchternheit
Ulrike Guérot, die von den Vereinigten Staaten von Europa träumt und darüber jüngst ein Buch veröffentlichte, zu dem ihr Co-Autor Robert Menasse wesentliche Pro-EU-Zitate bedeutender Europäer beitrug, die, wie im Nachhinein herauskam, diesem im Traum erschienen waren, lobte die Verhandlungsführer der EU, die „sauber und nüchtern verhandelt“ hätten. Bei Schonklod Juncker hätten wir nichts anderes erwartet.
Sie haben das nicht verstanden, belehrte der großspurige Maas dann den Gauland, der für ein Entgegenkommen gegenüber den Briten eintrat. Denn „im Grunde bleibt alles so für 4 Jahre, so lange haben wir Zeit über Zollunion, Binnenmarkt, Norwegen plus zu verhandeln.“ Ja, warum dann die Aufregung, Heiko?
Carolin Roth, eine Journalistin von CNBC durfte dann nochmal die apokalyptischen Reiter loslassen. GB drohe 7,5% Arbeitslosigkeit, Pfundabsturz und ein 8%iger BIP-Einbruch, und Gisela Stuart zeigte ihr den Vogel. Heiko mahnte dann die Zuschauer, dass „’wir’ uns ohne die EU nicht behaupten können“ gegen Donald, China, Klima und Digitalisierung. Deshalb sind ja die Rechtspopulisten so gefährlich, weil Ihr Ansatz, Herr Gauland lautet „Wir wollen mit dem Rest der Welt nichts zu tun haben“. Natürlich wäre der Heiko auch kein Philosoph geblieben, wenn er an solchen Stellen geschwiegen hätte.
Britische Interessen und deutsche
Wegen der Frankfurter, die sich vielleicht Hoffnungen machen, weil Frau Roth behauptete, dass nach dem Brexit ihre Stadt nun Londons Finanzindustrie übernehme, wollen wir nicht verschweigen, dass Gisela Stuart den Zahn schnell zog – das Umzugsziel lautet wohl eher Singapur.
Den wichtigsten Lernsatz für unsere politische Klasse servierte nämliche Labour-Dame in Richtung unseres Herrn Außenministers:
„Herr Maas, das müssen sie verstehen: kein britischer Politiker könnte jemals sagen ‚britische Interessen sind europäische Interessen’“ – wetten, dass der den Satz nicht verstanden hat…?
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Gauland war vielleicht nicht in Bestform, aber warum sollte er das Dummgeschwafel unterbrechen?
Wenn man Heikos „messerscharfe Analysen“ hört, fragt man sich ernsthaft, wie Deutschland es geschafft hat, von 1945 bis zum Maastrichter Vertrag ohne Krieg oder totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu überleben, obwohl wir doch unter der D-Mark unheimlich gelitten haben müssen.
Der hat keinen Pressetermin mehr frei.
Kein Wunder!
„Denken die Strategen in den verschiedenen Parteien denn nie darüber nach, wen sie in diese öffentlich-rechtlichen Stuhlkreise schicken?“ Herr Paetow, nachdenken würde bei den meisten Parteien das Problem nicht lösen, weil es einfach an Personal mit Verstand fehlt. Maas belegt das mit seiner Aussage „Die EU ist in erster Linie ein Friedensprojekt, niemals mehr hat es Krieg gegeben in Europa, seit wir die EU haben …“. Maas lügt folglich den Balkankrieg und die lächerliche Rolle der EU einfach weg. Wenn überhaupt eine Institution in Europa gegeben hat, die Kriege entweder verhindert oder beendet hat, dann war es die NATO. Ein… Mehr
Ich glaube wirklich, daß er diesen Schei… mit Friedens EU tatsächlich glaubt und das geht, wenn man ein funktionierendes Aktivesvergessen hat.
Dieser Außenministerdarsteller weiß vermutlich nicht einmal, dass Deutschland
am Ausbruch des Balkan-Krieges nicht ganz unschuldig war. So schreibt der SPIEGEL in vor-relotiöser Zeit:
„Schwer wiegt die Beschuldigung, Kohl und Genscher hätten mit ihrer ethnisch gefärbten Anerkennungspolitik den Krieg im Vielvölkergemisch Bosnien-Herzegowinas mit ausgelöst oder doch fahrlässig in Kauf genommen – trotz eindringlicher Warnungen. Vergebens hatte Präsident Alija Izetbegović die beiden Deutschen im November 1991 in Bonn aufgefordert, von der Anerkennung Kroatiens und Sloweniens abzusehen.“ http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9199049.html
Illner ist doch die, die ihr „Handwerk“ in der Roten Kaderschmiede der DDR seligen Angedenkens gelernt hat. Das Handwerk kann sie heute im unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Bundesrepublik Deutschland vorzüglich nützen. Ich bewundere Menschen, wie Herrn Paetow, die sich diese Sendungen von Illner, Will, die Geheimsekretärin von Merkel, etc. antun. Es ist dieses aber notwendig: weil der Einfluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit seinen gefühlten 3000 Programmen und Sendeanstalten, trotz gegenteiliger Behauptungen, immer noch immens hoch ist. Mit Abschalten, tut man dem eigenen Seelenfrieden einen Gefallen, die Wirkung auf das gesamte Meinungsraster der Republik bleibt dennoch existent. Bekenntnis in eigener Sache:… Mehr
Ich fand Gauland nicht so schlecht. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Leute sich Gedanken machen, ob mehr EU für sie mehr Demokratie bedeutet. Und den Punkt hat er indirekt gesetzt.
Heiko Maas und Bildung sind zwei getrennte Dinge. Er hat seine Ideologie und aus der speist er seine Äußerungen. Dabei fehlt im aber klar der geschichtliche Hintergrund und das wirtschaftliche Verständnis.
Er ist wieder ein SPD-Politiker, der die Namen Helmut Schmidt und Karl Schiller nicht in den Mund nehmen sollte.
Gisela Stuart hat mit Singapur das richtige Stichwort gegeben. Leben ist dort, wo der Himmel offen ist. Die Deutschen reden zwar immer von Weltoffenheit, ihr Herz ist aber verschlossen und das ist die Voraussetzung, um auf andere zuzugehen. Wie schrieb Wolfgang Herles kürzlich auf diesem Portal: ALLES KALTER KAFFEE!
und weil jetzt schon so spät ist, ein Gute Nacht Gedicht für den lieben Heiko
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
den schickt er in die weite Welt.
Dem will er seine Wunder weisen.
in Berg und Tal und Strom und Feld.
Man sagt ihm besser nicht, wo das herkommt, aber der Eichendorff war schon ein weitsichtiges Kerlchen.
Sorry, WER guckt denn noch diesen einseitigen politischen Dreck noch? Lauter solche Polittalks mit gekauften Dauerklatschern mit dem einzigen Ziel, die AFD zu verunglimpfen. Nee, bei solchem Lügenpropagandafernsehen schalte ich ab. Ich will kein sozialistisches Staatsfernsehen mehr.
Heute findet man /frau) im tagesanzeiger, Zürich einen guten Kommentar. Da wird das Verhalten der EU gegenüber „Partnern“ kommentiert:
https://blog.tagesanzeiger.ch/nachspielzeit/index.php/37213/die-eu-das-foul-und-das-weiche-recht/
Dank für den Link.
Die NZZ hat einen sehr interessanten Artikel veröffentlich bzgl. Rahmenabkommen mit der Schweiz. Absolut lesenswert.
https://www.nzz.ch/schweiz/eu-stoppt-anpassung-der-bilateralen-ld.1452165
Hier könnten die Briten noch etwas lernen, nämlich wie die EU mit Staaten, die nicht der Union angehören wollen, umgehen. Knallhart, Pistole auf der Brust.
Ansonsten bleibt noch anzumerken, wie die deutschen Medien meiner Meinung nach über den Brexit berichten: Die EU als Jungfrau der unbefleckten Empfängnis.
Die eingebürgerte Deutsche aus GB war wirklich die Beste. Über den limitierten Maas muß man nicht weiter reden. Aber auch Alexander Gauland hat sich keinen Gefallen getan. Die Afd hat doch gute Köpfe zu dem Thema.