Linda Zervakis – die Staatsjournalistin

Wenn der Kanzler eine Journalistin braucht, bucht er Linda Zervakis. Und auch sonst verdient die Moderatorin von „Pro Sieben“ gut mit ihren Kontakten zur Regierung – nur die Zuschauer, die wollen das nicht sehen.

IMAGO / Future Image
Linda Zervakis beim Triell - Dreikampf ums Kanzleramt, Berlin, 19.09.2021

Einen kleinen Grund zum Feiern gab es am Weltfrauentag für Linda Zervakis: 7,3 Prozent Marktanteil erreichte ihre Sendung bei den werberelevanten Zuschauern unter 50 Jahren. Damit liegt sie genau auf dem Schnitt, den der Sender im Januar geschafft hat. Und in Anlehnung an Uli Hoeneß gilt: The trend is her friend. Stoppt Pro Sieben seine Talfahrt nicht, könnte „Zervakis und Opdenhövel live“ demnächst sogar überdurchschnittliche Quoten einfahren – auf dem Niveau von Pro Sieben halt.

Ansonsten verliefen der Weltfrauentag und der Dienstag davor weniger gut für die ehemalige Sprecherin der Tagesschau. Zuerst berichtete TE als erstes Medium über die Praxis der Bundesregierung, Journalisten der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender für viel Steuergeld an sich zu binden.

Dann deckte der Pleiteticker auf, dass sich hinter „Journalist 97“ das Gesicht von Pro Sieben verbirgt. Das bedeutet: Zervakis hat von Aufträgen im Wert von rund 10.000 Euro profitiert, die sie von der Regierung erhielt.

Diese Meldung kam für Zervakis zur Unzeit: Kurz davor war herausgekommen, dass sie auf der Republica Kanzler Olaf Scholz (SPD) interviewt hatte. Auf Wunsch des Kanzlers. Bezahlt vom Kanzleramt. Im Sinne des Kanzlers. „Inhaltsleer“ sei das Interview gewesen, berichtete die Wirtschaftswoche. Das Recherchenetzwerk Deutschland fand, Zervakis habe den Sozialdemokraten in dem Interview eher geschont.

Nun wehrt sich Zervakis gegen die Vorwürfe, eine gekaufte Journalistin zu sein. Sie habe sich zu keiner Zeit vereinnahmen lassen, zitiert die Welt die ehemalige Tagesschau-Sprecherin. Solche Moderationen gehörten zu ihrem Geschäftsmodell. Unter den Auftraggebern fänden sich halt auch Behörden und Ministerien. Mit ihrer journalistischen Arbeit habe das nichts zu tun.

Aber wie tritt denn Zervakis bei ihrer journalistischen Arbeit auf? Im Bundestagswahlkampf durfte sie als eines der ersten Leckerlis von ihrem neuen Arbeitgeber das „Triell“ moderieren. Den Schlagabtausch der Kanzlerkandidaten Scholz, Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne). Im Triell holte Zervakis ein Micky-Maus-Heft hervor, in dem schon 1993 vom Klimawandel die Rede war.

Dann wendet sich die Journalistin, die sich in ihrer freien Zeit etwas dazu verdient, an den Kandidaten der CDU: „Vor über 30 Jahren hat sich die ‚Micky Maus‘ schon mit dem Klimawandel beschäftigt“, in der CDU sei „Micky Maus“ wohl nicht so oft gelesen worden. Die unabhängige Journalistin stellt keine Frage. Sie spricht ein Urteil über Laschet. Der muss sich jetzt rechtfertigen oder Fehler eingestehen. Für den Kanzler zu arbeiten, beeinflusse ihre journalistische Tätigkeit nicht, sagt Zervakis. Scholz hilft sie durch übergriffige Anmoderationen seines Gegners, sieht der Zuschauer des Triells.

Die Tagesschau ist eine Institution. Die Zuschauer kommen von alleine. Auch wenn Zervakis moderiert, aber auch wenn Zervakis nicht moderiert. Zu Pro Sieben sind sie der Hamburgerin aber nicht gefolgt. Ihr Magazin „Zervakis und Opdenhövel“ floppte. Erst total. Dann gab es einen neuen Sendeplatz. Dann halbierte Pro Sieben die Sendezeit. Und dann änderte die Redaktion das Konzept. Mit Erfolg. Also relativem Erfolg: Das teure Vorzeigeprojekt liegt jetzt im Senderschnitt.

Zum neuen Konzept gehört, dass die Show weniger politische Themen bringt – sich dafür stärker an Verbraucherinteressen orientiert. „Alles wird teurer“, „Ärger mit der Deutschen Bahn“ oder „Oscars – bester Film aus Deutschland“ heißt es nun in den Überschriften. Oder die investigativen Journalisten klären den „Ursprung der Wok-WM“. Stefan Raab zieht auf Pro Sieben halt immer noch, selbst wenn Zervakis seinen Restruhm verwertet.

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Kommentare ( 29 )

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ExternerBlick
1 Jahr her

Seit dem sogenannten 3. Reich in Deutschland sollte es eigentlich eine Trennung von Staat und Medien geben.

Leider haben dieses Prinzip weder der SPIEGEL-Journalist Alexander Osang (mit seiner naiven Merkel-Verherrlichung) noch Ihr beschriebener Pro 7-Fall begriffen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass es innerhalb der SPIEGEL-Redaktion und der Pro 7-Redaktion zu einer Revolte unter den Journalisten kommt – die sich dann gegen Alexander Osang und Ihren beschrieben Fall wendet. 

papa geno
1 Jahr her

Welche Rolle hat Zervakis denn für sich selbst im Mickey Maus-Universum vorgesehen? Sie sieht jedenfalls aus wie die leibhaftige Gundel Gaukeley – eine alternde Hexengans mit schwarzen Haaren, die hinter Onkel Dagoberts Geld her ist.

Sie wird den Skandal unbeschadet überleben, denn sie ist Frau, mit Migrationshintergrund, dafür aber wohl ohne Berufsausbildung – kurz: sakrosankt.

Last edited 1 Jahr her by papa geno
derostenistrot
1 Jahr her

Viele Journalistinnen haben ein nettes Äußeres, aber haben sie auch einen adäquaten Geist hinter der Fassade; ich habe da große Zweifel, wenn ich mir die Bildungsgänge ansehe.

Spyderco
1 Jahr her

Es bleibt nur die Union als Nichtregierungsfraktion übrig.
Diese hat in ihrem Programm dem Klima-/Energiewahnsinn ein ganzes Kapitel (3.)gewidmet, die Genderideologie wird mit dem Schlagwort ,,gleiche Chancen“ relativiert(6.2) und mit,,beste Köpfe für unser Land“ ,wird die Befürwortung der Massenmigration verschleiert(7.2).
Auch in der Anti-Russland-/Pro-Ukraine-Politik ist man sich mit der Ampel einig.
Warum sollte man die Regierung kritisieren, wenn man die gleichen Ziele wie der Rest der Einheitspartei hat?!

Last edited 1 Jahr her by Spyderco
Regina Lange
1 Jahr her

Ob ÖRR oder Private – geschmiertes Fernsehen von geschmierten Journalisten. Oder wie will man das nennen, wenn man von der Politik bezahlt wird? Auch das „Unterbringen“ von Steuergeldern für bestimmte Gazetten und Verlage spricht Bände über den Zustand der „neutralen“ Medien und der Demokratie! Abstoßend ist freundlich ausgedrückt!

Waehler 21
1 Jahr her

Moral ist für die anderen. Was sagen eigentlich unsere Politiker dazu? Still ruht der See. Man möchte ja nicht mit Missetaten in Verbindung gebracht werden, wenn man diese Praxis verteidigt.

Klar ist, Politiker können korrupt sein, Journalisten und auch Bäcker. Was mir auf den Zwirn geht, ist dieses Moralgeplapper. Wir können doch nicht, wir sind dazu verpflichtet, Deutschland muß, bla bla.
Aber mit diesem Deutschland meinen die Journalisten und Politiker die ehrlichen Dummen, die noch übrig sind.

HavemannmitMerkelBesuch
1 Jahr her

Ob Demokratie, Freiheit und Grundrechte herrschen definiert sich eben keinesfalls über Mehrheiten oder Minderheiten. So kann eine Mehrheit einer Blase die an angeblich herrschende Demokratie glaubt tatsächlich nicht darüber täuschen das trotzdem real keine Demokratie herrscht, die sich insbesondere nach den herrschenden Grundgesetzen darüber definiert, wie unabhängig die Kontrollmechanismen der naturgegeben eben nicht unabhängigen Politik und Wirtschaft ist. Einer der wesentlichen Kontrollmechanismen und Eckpfeiler freiheitlicher Demokratie bleibt, spätestens seit auch die Unabhängigkeit der Judikative jeden Rest an Glaubwürdigkeit durch merkelsche BVG Rochaden und gecancelte andersdenkende freie Richter und weisungsgebundene Staatsanwälte bliebe daher nicht der private Mediensektor, der ja als Wirtschaftsbestandteil… Mehr

Atheist46
1 Jahr her

Man muss sich in Acht nehmen, nicht auf die Falschen zu zeigen. Natürlich ist es verwerflich, dass sich Journalisten schmieren lassen, um sich gegenüber diesen Politikern zahm zu geben. Doch skandalös, charakterlos und – ich bin kein Jurist – an der Grenze der Rechtsstaatlichkeit ist es, wenn gewählte Politiker klammheimlich das Geld der Wähler dafür ausgeben, demselben Wähler freundlich dargestellt zu werden.

Perlentaucher10
1 Jahr her

Die Korruption beginnt schon damit, dass der ganze Regierungsflieger mit Journalisten voll besetzt ist, denen angeblich Interviews gegeben werden. Jeder von denen weiß, unausgesprochen, was von ihm erwartet wird. Anderenfalls ist er das nächste Mal nicht mehr dabei.

Takeda
1 Jahr her

Zervakis. Über sie muss man nur wissen, das sie Standing Ovations für Baerbock gab und von der Tagesschau abstammt. Mehr muss man über den Deutschen Qualitätsjournalismus nicht wissen. Ich bin echt froh, das es noch echte Journalisten und Medien gibt. Ideologen nennen sie Alternative Medien, eben genau diese, glauben auch daran, das sie selbst seriös und unparteiisch sind.