Lauterbach bei Lanz ganz in seinem Element: viel reden, nichts sagend

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat einst das Buffet gelobt, das bei Markus Lanz stets im Anschluss an die Sendung eröffnet wird. Nach seinem Auftritt gestern ist klar: Er war ausschließlich wegen der Schnittchen da. Erzählen wollte er nichts. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Lauterbach ist undankbar. Eingedenk der Tatsache, dass er seinen Posten im Ampel-Kabinett auch und vor allem der Corona-Dauerkarte in den Talkrunden bei Markus Lanz verdankt, der unkritischen Lobhudelei des Moderators und der fast allwöchentlichen Bühne im Hauptabendprogramm, hätte er gestern durchaus etwas kooperativer sein dürfen. Aber der Südtiroler Lanz hat in Lauterbach an diesem Abend seinen Piz Palü gefunden.

Lauterbach sitzt bräsig da, wirkt müde, gelangweilt und selbstzufrieden. Er liegt fast in seinem Stuhl, Körperspannung wie Schluck Wasser in der Kurve. Und sein liebster Redebeitrag ist: Vergessen Sie’s, ich sage nichts.

Es geht um Gesundheitsreform, Pflegeversicherung, Krankenhäuser, Beiträge. Ein Thema, das den Menschen auf den Nägeln brennt, weil das ganze System für den Beitragszahler um mehr als tausend Euro pro Jahr teurer werden dürfte, oder andernfalls eine Insolvenz droht.

Werden die Beiträge steigen? Wenn ja, wie stark? Lanz und die Journalistin Antje Höning („Rheinische Post“) spielen sich die Bälle zu, wollen Lauterbach in die Zange nehmen. Aber wie soll das gehen bei einem Schluck Wasser? „Lassen Sie’s, es hat keinen Zweck, ich werde das nicht ausplaudern“, sagt Lauterbach. Die Reform sei kurz vor der Vollendung, da wolle er keinesfalls etwas erzählen. „Deshalb arbeite ich Tag und Nacht an großen Reformen“, sagt er, seine Müdigkeit durch Manierismus und Megalomanie überwindend, und er steigert sich sogar noch zu der kühnen Aussage: „Wir kriegen die Reformen ja in der Ampel recht gut hin.“

Kernaussage also: nichts Wesentliches sagen. „Da wecken Sie doch falsche Hoffnungen“, kritisiert Höning, „die Eigenbeteiligung wird nie sinken.“ Aber Lauterbach ist schon im Schnittchen-Delirium: „Ich wecke keine Hoffnungen, weil ich nix sage.“ Warum dann der Besuch in einer Talkshow? Talk (engl.) = Sprechen. Der Zuschauer wird langsam schmackofatzig: Wie verdammt lecker müssen diese Lachs- und Kaviar-Canapés bei Lanz eigentlich sein, dass man sich dafür derart entblödet?

Lauterbach verweigert jegliche Kooperation. Und das so ausdauernd, dass es selbst dem wohlgesonnenen Lanz irgendwann zu viel wird: „Dann ist das hier der falsche Rahmen. Der Rahmen hier heißt: Ich stelle eine Frage, und Sie beantworten sie idealerweise. Das fällt Ihnen selber auf die Füße. Weil: Die Leute interessiert genau das jetzt.“

Immerhin gibt Lauterbach zu: „Wir haben Struktur- und Finanzierungsprobleme, weil wir keine Konjunktur haben.“ Ein Offenbarungseid in einem Nebensatz. Deutschland am Ende der wirtschaftlichen Entwicklung. Weltweit. Aber Lanz hakt leider nicht nach.

Und noch eine weitere Steilvorlage liefert Lauterbach: „Wir rechnen in diesem Jahr mit 400.000 mehr Pflegebedürftigen.“ Vierhunderttausend. In einem einzigen Jahr! Wie ist das zu erklären? Der demographische Wandel und die Babyboomer-Generation können nicht der alleinige Grund sein. Lauterbach selbst führt den Moderator auf die Spur: „Die Leute würde es interessieren, wie ist es dazu gekommen, dass wir so viele Pflegebedürftige haben“, sagt der Minister.

Da hat er recht.

Aber Lanz verpasst auch diesmal seine Chance. Denn dann wäre man vermutlich sofort beim Thema Corona und Impfnebenwirkungen, und das wäre für Lauterbach so unangenehm wie für Lanz selbst. Schließlich war es der Moderator, der Lauterbach zu Corona-Zeiten ständig die Bühne für seine frei erfundenen Behauptungen bereitete. Spätestens seit dem Leak der RKI-Protokolle weiß jeder, der es wissen möchte, dass es weder eine Pandemie gab, noch gar eine Pandemie der Ungeimpften. Dass Kinder niemals eine Gefahr und die als „Impfung“ getarnte Gentherapie alles andere als sicher war. Nachvollziehbar also, dass Lanz nicht weiter auf die Frage eingeht, wieso es plötzlich so viele Pflegebedürftige gibt.

In einem kruden Themen-Mix hat Lanz stattdessen zuvor eine Dreiviertelstunde lang den Rücktritt des SPD-Generalsekretärs Kevin „Callcenter“ Kühnert besprochen und ein israelisches Opfer des Hamas-Terrors vom 7. Oktober 2023 zu Wort kommen lassen. Alon Gats Schilderungen sind wirklich ergreifend: über den Hamas-Angriff, seine getötete Mutter, sein traumatisiertes Kind und seine gekidnappte Ehefrau. Seine Schwester Carmel Gat wurde nach 327 Tagen Geiselhaft von den Hamas-Terroristen exekutiert, also erst vor kurzer Zeit. Gats emotionaler Auftritt steht diametral zu der gelangweilten Attitüde Lauterbachs. Aber gut, so ist offenbar das Fernsehgeschäft für 18,36 Euro monatlichem GEZ-Zwangsbeitrag.

Zum Rücktritt Kevin Kühnerts liefert Lauterbach noch ungewollt eine amüsante Anekdote: Das politische Geschäft sei verroht, und die gesundheitlichen Probleme des 35-jährigen SPD-Generalsekretärs seien der Tribut, stöhnt Lauterbach. Um welche gesundheitlichen Probleme es sich handelt, bleibt weiter ein Rätsel. „Selbst wenn ich es wüsste, würde ich nie darüber spekulieren“, sagt Lauterbach. Ein Satz, den man nicht lange sacken lassen muss, um die Absurdität zu erkennen. Lauterbach hat allerdings „kein Verständnis für Parteien, die versuchen, auf der Grundlage dieser Verrohung noch populistisch Wähler abzugreifen. Mir fallen da zwei Parteien ein.“

Der Zuschauer fragt sich: zwei nur? Moment mal, in der Ampel sind doch drei Parteien. Wen meint der Mann?

Aber Lanz fragt nicht nach. Und Lauterbach ist schon am Buffet.

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Kommentare ( 6 )

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fatherted
2 Stunden her

Und trotz solch desaströser öffentlicher Darbietungen ist die SPD immer noch zweistellig bundesweit. Insofern muss es immer noch genug Wähler geben, die Lauterbach und. Co. gut finden.

Klaus Weber
2 Stunden her

Das Problem gestaltet sich intellektuell äußerst einfach: Wenn wenige (junge Generation) für viele (Babyboomer) die Pflege bezahlen sollen, dann wird das für die wenigen entweder unbezahlbar teuer oder die vielen müssen zumindest einen Teil ihrer Pflege selber bezahlen. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Da kann sich der Lauterbach noch so großartige Reformen ausdenken. Warum kann man solche Sendungen nicht auf den Punkt bringen?

GefanzerterAloholiker
2 Stunden her

Deutschland und Korea sind die Schlußlichter der G-20. Man sieht deutlich, dass die aktuellen Systemparteien, den Anschluß verloren haben. Das Diktat aus Washington ist halt der falsche Weg. Die deutschen Firmen werden dieses Land verlassen. Mal sehen, ob es ein UN Protektorat für die Millionen von Flüchtlingen wird, die man ja lässig in Milionenstädte einferchen kann.

elly
2 Stunden her

Gutachten: Bund muss Pflegeversicherung Coronakosten erstattenDer Bund ist nach einem neuen juristischen Gutachten aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflich­tet, der Pflegeversicherung die in der Coronapandemie entstandenen Mehrkosten in Milliardenhöhe vollstän­dig zu erstatten. Das geht aus einem Gutachten der Hamburger Jura-Professorin Dagmar Felix hervor, das sie im Auftrag der Krankenkassen DAK-Gesundheit angefertigt hat. Die Finanzierung von Coronatests oder die Bezahlung von Pflegeboni für die Beschäftigten seien gesamtge­sellschaftliche Aufgaben, die aus Steuermitteln zu leisten seien, heißt es in dem Gutachten, das auch dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Die Verwendung von Beitragsgeldern für die Coronamaßnahmen sei eine ver­fassungswidrige Zweckentfrem­dung, heißt es darin. „Ein Zugriff auf Sozialversicherungsbeiträge ist verwehrt,… Mehr

Paprikakartoffel
2 Stunden her

Wäre schon wichtig, dem steilen Anstieg des Pflegebedarfes nachzugehen. Post-Vac wird doch eher selten diagnostiziert, und mit Pflegestufenvergabe hält sich der MD bei Jüngeren ohne sichtbare Einschränkungen sehr zurück. Prozentual soll die Alterspflegebedürftigkeit eher sinken, da die heutigen Alten unter besseren Bedingungen aufwuchsen und gesundheitsbewußter lebten als die Generation vor ihnen. Der mir aus der Branche mitgeteilte Mehrbedarf betrifft oft angeborene Behinderungen, wie sie sich in konsanguinitätsaffinen Milieus häufen. Im Gegensatz zur Alterspflege schlagen sich diese jeweils mit einem Vielfachen der Pflegejahre pro Fall im System nieder. Teils werden übrigens Pflegebedürftige gezielt „nachimportiert“, was menschlich verständlich, kapazitätsmäßig aber ein Problem… Mehr

ebor
3 Stunden her

Danke für diesen äußerst belustigenden Beitrag. Wobei mir klar ist, daß es sich um Galgenhumor handelt, denn hier kommt eine weitere Lawine auf den Steuerzahler zu. Fragt sich, wielange es noch gut gehen wird. Aber „selbst wenn ich es wüßte, würde ich nie darüber spekulieren…“ genau.