Bei Lanz: Parteien üben sich im AfD-Mimikry

Es ist schon einigermaßen erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit die Talkrunde bei Markus Lanz eine Vielzahl von AfD-Thesen vertritt. Und zugleich genauso selbstverständlich vor der bösen AfD warnt. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Auf der nach oben offenen Schizophrenie-Skala hat Markus Lanz am gestrigen Mittwoch die Latte wieder ein kleines bisschen höhergelegt. Da sitzen der FDP-Fraktionschef, ein CDU-Bürgermeister und die Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerks Deutschland RND (über die Madsack-Gruppe mit der SPD liiert), um über den schrecklichen Totschlag von Bad Oeynhausen zu diskutieren – und was tun sie? Sie überbieten sich geradezu im Herunterbeten von Forderungen, die man bisher ausschließlich von der AfD kannte. Doch sie bringen es fertig, nicht nur sich diese Argumente allglatt zueigen zu machen, als seien es schon immer die ihren gewesen. Mehr noch: Sie warnen in einstudierter Manier vor der rechtskonservativen Partei. Von der AfD selbst sitzt natürlich mal wieder niemand in der Runde. Müssen wir das noch extra erwähnen?

Die Tat war zu schrecklich, als dass man sie noch länger ignorieren konnte. Das hat auch die Politik mittlerweile eingesehen. Da schlägt ein 18-jähriger Syrer den 20-jährigen Philippos T. nach einer Abiturfeier einfach so tot. Aus heiterem Himmel. Während einer Zigarettenpause. Noch dazu hatte der mutmaßliche Täter „’ne ziemlich dicke Polizeiakte“, wie Lanz aufzählt: acht Diebstähle, fünfmal schwerer Diebstahl, Drogendelikte, gefährliche Körperverletzung. „Er hatte bereits zuvor einmal mit einem Schlagstock auf den Kopf eines Opfers eingeschlagen.“ Und dennoch war der Mann nicht ein einziges Mal verurteilt worden.

Ein Mord und das Schweigen der Politik
"Das Schweigen dröhnt laut" - Nach Sylt gab es viele Worte, zu Bad Oeynhausen Stille
Was tut die Runde? FDP-Fraktionschef Christian Dürr beeilt sich, schnellere Abschiebung zu fordern, auch nach Syrien und Afghanistan. Lars Bökenkröger, der Bürgermeister Bad Oeynhausens, schildert, dass sich seine Ordnungsamtsmitarbeiter schon nicht mehr an Jugendgruppen herantrauen, weil da oft einfach zu viele Migranten darunter seien. Und für die nationale Bestürzung findet RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck ein paar verquaste Worte: „Der junge Mann ist tot. Das verunsichert eine Gesellschaft profund.“

Dass Innenministerin Faeser behauptete, der Täter habe acht Jahre lang in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt, stimmt nachweislich nicht. Dass sie damit insinuierte, die Gesellschaft trage eine Mitschuld an der Tat, kommt in der Runde gar nicht gut an. „Dass die Integration eine Bringschuld der Gesellschaft sein soll, das kann nicht sein“, sagt Dürr. Und auch Quadbeck diagnostiziert, was AfD-Politiker schon lange sagen: „Ich glaube, dass mittlerweile große Teile der Gesellschaft, auch der migrantischen, einheimischen Gesellschaft, allergisch darauf reagieren.“

Wie allerdings die innere Sicherheit verbessert werden soll, das kann die Runde nicht auf den Punkt bringen. Dürr und Bökenkröger werfen sich ständig die Bälle der Zuständigkeit zu: die Kommune, die Bezirksregierung, das Land, der Bund – es ist bisweilen ermüdend. Richtig mürbe wird der Zuschauer, wenn Dürr geradezu penetrant betont, um wie viel besser doch alles wäre, wenn nur die FDP mehr zu sagen hätte. Lanz regt Überwachung nach chinesischem Vorbild an, mit Kameras allüberall, Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz, die Täter automatisch verfolgt. Aber eben nicht nach chinesischem, sondern nach Londoner Vorbild, wie Lanz betont. Dass London wiederum nach chinesischem Vorbild arbeitet – ach, egal.

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Dass Polizei und Staatsanwaltschaften sich momentan mehr mit der Verfolgung des Sylter Döp-dö-dö-döp-Songs beschäftigen müssen (es gab bereits mehr als 360 Einsätze nur wegen unerlaubten Singens von „L’amour toujours“!), wird in der Sendung nicht erwähnt. Die Ungleichgewichtung durch die Politik allerdings schon. „Was mich erschüttert, ist die Gleichgültigkeit, mit der wir zur Tagesordnung übergehen“, sagt Lanz. „Wo ist der Bundeskanzler, der sich äußert?“ Nach dem Sylt-Song dauerte es gefühlt nur Minuten, bis er die Freveltat der Pulli-Yuppies verteufelte.

Dürr ist permanent im Forder-Modus. „Schnelle Aburteilung“ der Täter sei wichtig. Und Härte. „Wir müssen da konsequenter sein: Das Gastrecht ist verwirkt, wir schieben ab.“ Und: „Ich erwarte von meiner eigenen Bundesregierung, dass Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien möglich sind.“ Freundliche Grüße von Alice Weidel und Tino Chrupalla an der Stelle. Sollten Sie vor dem Bildschirm gesessen haben – sie wussten mit Sicherheit nicht, was tun: Nicken oder den Kopf schütteln über so viel Dreistigkeit?

Und dann ist da wieder Eva Quadbeck: Man müsse die Probleme „filetieren“, empfiehlt sie. Puh.

Zuvor war die Runde einer anderen Frage nachgegangen. Wie kann es sein, dass die Bevölkerung Frankreichs in Umfragen so rechts abstimmt wie noch nie und das Land dennoch eine extrem linke Regierung bekommt? Diese Frage konnte die Runde bei Markus Lanz nicht beantworten. Wollte sie vermutlich auch gar nicht. Ja gut, erklärt ZDF-Korrespondent Thomas Walde, es habe Absprachen gegeben, „Verfahrenskniffs“. Es sei eben ein bisschen getrickst worden. Das Mehrheitswahlrecht mache es möglich, und das sei auch gut so, denn es sei ja schließlich darum gegangen, einen Rechtsruck zu verhindern. Am Ende habe man „gerade nochmal Erfolg gehabt“ und „jetzt erst einmal Ruhe“. Immerhin muss er eingestehen: „Ich halte es nicht für ganz unproblematisch.“

Nach dieser Lanz-Sendung haben wir fast schon Entzugserscheinungen. Wo bleibt Karl Lauterbach? Ist nicht schon wieder Pandemiezeit? Wird nicht gerade die Vogelgrippe hochgejazzt? Aber gut, vielleicht sind wir einfach noch ein bisschen zu früh. Mal die nächste Woche abwarten.

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Kommentare ( 50 )

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GR
1 Monat her

Mein erster Gedanke war, daß sie jetzt wieder mal versuchen, rechts zu blinken so kurz vor den Wahlen, damit der dumme Wähler glaubt, daß doch noch alles gut werden kann mit den globalistischen Blockparteien.

Ein Mensch
1 Monat her

Da wird mal so ganz nebenbei zugegeben, das mit ,,Trickserei“ der Wille der Wähler in Frankreich übergangen wurde. Ein niedliches Wort für eine zutiefst undemokratische Tat. Was genau unterscheidet denn jetzt Wahlen im ,,Werte Westen“ von den Wahlen im damaligen Ostblock? Außer das der Wahlzettel größer ist doch wohl gar nichts mehr.

WGreuer
1 Monat her

Derartige Sendungen machen den Zuschauern zwei Dinge deutlich: Zum einen, die Forderungen und Feststellungen der AfD sind nicht pööhse und räächts oder gar Nazi, sondern es ist der gesunde Menschenverstand. Jetzt, nach beinahe 10 Jahren sind sogar die linksgrünen Parteien gezwungen, diese pöööhsen Forderungen zu stellen. So geschen auch in Dänemark, Schweden, und einigen anderen Ländern, und die Welt ist davon nicht unter gegangen. Zum anderen zeigt es den Leuten, dass die AfD nicht wegen Nazi und räächts verteufelt wird – das ist nur ein Vorwand – sondern nur um den Linksgrünen die Ideologie und die Pfründe zu sichern. Jeder… Mehr

Peter Gramm
1 Monat her

Sehr interessante Erkenntnis wenn man sich eine Jauch Sendung mit Herrn Höcke aus dem Jahre 2015 ansieht. Der Mann hat schon damals mit enormem Widerstand gegen die linken Hofschranzen die Situationen wie wir sie heute beklagen voraus gesehen.

Last edited 1 Monat her by Peter Gramm
UVD
1 Monat her
Antworten an  Peter Gramm

Daß Höcke meist auf dem richtigen Weg und alles andere als ein Nazi ist, wußten auch die korrupten und verlogenen Altparteien schon damals. Und daß im deutschen Osten die AfD einen derart großen Rückhalt genießt, treibt der Rot/Grün/Gelbe/Schwarzen Front den nackten Angstschweiß auf die Stirn und löst Panikattacken wie die Manipulationen um die „Potsdam-Geheimkonferenz“ sowie die Schauprozesse gegen Höcke etc. aus.
Man kann nur hoffen, daß die Wahlen im Herbst noch stattfinden, die „Ossies“ bei der Stange bleiben und gnadenlos die AfD wählen, sofern diese nicht wegen irgendwelcher „Terror-Anschläge“ abgesetzt werden.
Dier Regierung ist alles zuzutrauen.

Dieter Rose
1 Monat her
Antworten an  UVD

Nee, die wählen Sarah.

Martin Mueller
1 Monat her

Das sind die eigentlichen Hetzer und Hassprediger gegen die funktionierende Demokratie.

UVD
1 Monat her

Was soll man dazu noch sagen???? Es ist die absolute Kapitulation vor der für jeden sichtbaren EINWANDERUNGSATTACKE, die nunmehr seit ca. 10 Jahren auf die Bevölkerung ausgeübt wird. Diese Leute von Lanz über Maische bis Restle und Co.; dazu die querfinanzierten Schmierblätter von SÜDD. bis SPIEGEL, Funke, Springer, Zeit, Bertelsmann etc. sind alle mitschuldig an diesem Geschehen. Mittäter. Die Verantwortlichen diverser Regierungen gehören dafür vor Gericht. Aber nein, lieber jagt man klapprige Rentner wegen Luftgewehrbesitz und betreibt Haß, Hetze und Jagd durch den Verfassungsschutz, gegen jeden, der differenziert die Problem im Land anspricht. Allen voran wird die AfD ins Ziel… Mehr

Martin Mueller
1 Monat her
Antworten an  UVD

Natürlich gehören die Verantwortlichen der unkontrollierten Masseneinwanderung vor Gericht.
Verbrechen gegen das Wohl der eigenen Bevölkerung. Eidbruch ist es sowieso.

Und die ganzen Hassjournalisten, die gegen das eigene Volk und die europäische Kultur zu Felde ziehen, sollten auch vor Gericht.

Last edited 1 Monat her by Martin Mueller
wat nu
1 Monat her
Antworten an  Martin Mueller

Welches Gericht?

Christian1
1 Monat her
Antworten an  UVD

Das die Protagonisten des Niederganges unseres Landes ungeohrfeigt im Fernsehen auftreten können, ist ein Skandal.

Dr. Rehmstack
1 Monat her

Als Frau Quadbeck, eine von den sechs Parzen, die immer dabei sein müssen, allerdings ohne Nennung ihrer politischen Neigung oder Abhängigkeit, von „filetieren“ sprach, fragt ich mich, ist nicht das Werkzeug des Journalisten die Sprache, wie kann man dann in Angesicht der vielen Messer Morde von „filetieren“ sprechen?
„Als Filetieren (auch filieren) bezeichnet man ein Vorbereitungsverfahren bei der Lebensmittelherstellung zur Entfernung ungenießbarer bzw. unerwünschter anhaftender Teile.“

Der-Michel
1 Monat her

Haben die Damen Quadbeck, Amann, Hermann und die Herren Feldenkirchen und Bröcker schon Wohnungen im Studio? So oft wie diese Personen anwesend sind wäre das doch unter Kostengesichtspunkten sinnvoll.

Peter H.
1 Monat her

Es ist einfach nur noch erbärmlich, wie sich diese Leute unterhalten und immerr mehr die Ansichten und Meiungen der AfD vertreten , aber die AfD dennoch am besten verbieten wollen und sie als die größte Gefahr für Deutschland und die Demokartie hinstellen. Die Frage ist, merken die das selber eigentlich nicht, wie verlogen und widersprüchlich ihr Gelaber ist ?

Kalmus
1 Monat her
Antworten an  Peter H.

Die heutigen Politikertypen merken das selber nicht, weil sie sich konsequent von der Realität abschotten und reflektorisch auf alles reagieren, das den eigenen Futtertrog streitig macht. Frei von Moral sind sie sowieso.

Last edited 1 Monat her by Kalmus
Evero
1 Monat her

Sendungen wie die von Lanz sind hohle Quarkveranstaltungen von Propagandisten, die dem Herrgott die Zeit stehlen.

Die Opposition im Bundestag, die seit Jahren schon ein Ende dieser Vollpferchung Deutschlands mit mitunter kriminellen Elementen aus der ganzen Welt fordert, ist aber böse. Finde den Fehler!
Es ist schon zu oft alles gesagt worden, was nötig ist aber die taube Regierung (Regierung ist in dem Zusammenhang ein Euphemismus; es ist ein Regime, das dem Volk den Dienst verweigert, weil es ideologisch verpeilt ist) tut nichts, ausser vor Wahlen Sprechblasen abzusondern.
Die Regierung gehört nach solchen Verbrechen mit vor Gericht!

Last edited 1 Monat her by Evero
Armin Reichert
1 Monat her
Antworten an  Evero

Wer Lanz anschaut ist genauso wenig satisfaktionsfähig wie jemand, der die „knallharte“ CDU wählt.