Politikwissenschaftlerin: Solche Talkshows sind „Selbstmord“

Bei Anne Will ist die Diskussion über Israel und die Hamas aufgeladen. So sehr, dass Hoda Salah die Talkshow als „Selbstmord“ und „kriegstreibend“ bezeichnet. Sie ist offenbar nicht die Einzige, die wenig von solchen Sendungen hält.

Screenprint: ARD / Anne Will

Bei Anne Will geht es um die Wut in und um Israel. Auch das Gespräch bei Anne Will ist aufgeladen: Am Ende bezeichnet die Politikwissenschaftlerin Hoda Salah „solche Talkshows“ als „Selbstmord“ und erzählt, wie ihr viele Kollegen davon abgeraten hätten, zu dieser Sendung zu gehen, da eine „kriegstreibende Gruppe“ dahinterstehe. Sie habe da keine Chance und bekäme sofort die „Keule des Antisemitismus“ ab. Das ist laut Salah auch der Grund, weshalb so wenige Wissenschaftler den Einladungen zu diesen Talkshows nachgehen.

Diese Keule bekommt sie nach ihrem anfänglichen Statement tatsächlich „sofort“ ab: Indem sie sagt, dass die Leute in Gaza ebenfalls unter der Hamas leiden würden, nicht alle Araber automatisch Hamas seien und sie eine „Kollektivstrafe“ gegen Gaza demnach nicht für die richtige Lösung halte.

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Salahs Aussage zündet das Feuer der Gesprächsrunde an: Der Sprecher des israelischen Militärs Arye Sharuz Shalicar ist – wie letzte Woche – zugeschaltet und bezeichnet Salahs Aussage als „skandalös“ und „Wahnsinn“. Er betont, dass das israelische Militär die Bewohner in Gaza auffordere, vom Norden in den Süden zu gehen, und fragt sich, was Israel noch alles tun müsse, um das Recht zu haben, sich zu verteidigen.

Dabei distanziert sich Salah von der Hamas und vom Antisemitismus: Sie interessiere sich für die Menschenrechte, für die Bevölkerung in Gaza und Israel sowie für die israelischen Soldaten, die in der geplanten Gegenoffensive ihr Leben lassen würden. Außerdem kenne sie den Grund dafür, dass nur so wenige Palästinenser in den Süden fliehen: Sie wüssten, dass der Weg in den Süden gleichwohl gefährlich sei. Das wisse sie aus Interviews, die sie für die Taz mit Leuten aus Gaza geführt habe. Shalicar aber meint – wie schon letzte Woche – in Deutschland herrscht „große Unwissenheit“ über Gaza: Der Süden sei „sicherer“. Trotzdem schieße die Hamas noch immer Raketen aus dem südlichen Gaza nach Israel: Die Sicherheit, die Israel herzustellen versuche, nutze die Hamas, um weiter zu terrorisieren.

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Das tut die Hamas wohl bewusst: Norbert Röttgen (CDU) als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses meint, die Hamas nehme die eigene Bevölkerung kollektiv als Geiseln und habe Interesse daran, dass viele von ihnen sterben. Denn dadurch gebe es potentiell einen „Flächenbrand“: Immerhin hat auch der Investiga-tivjournalist Yassin Musharbash festgestellt, dass es eine „massive anti-israelische Stimmung“ in Nahost gibt. Es ginge den Arabern vor allem um die zivilen Opfer in Gaza, meint Musharbash. Er sehe allerdings kein realistisches Szenario, diese Wut in naher Zeit einzufangen. Eher im Gegenteil. Derzeit stehen die Zeichen laut Musharbash eher auf einer „Eskalationsspirale“. Er sei besorgt, dass die Hisbollah und der Iran sich mit der Hamas zusammenschließen und in den Krieg einsteigen, um Israel zu schwächen. Alleine sei die Hamas nicht in der Lage, Israel zu zerstören.

Das ist laut Röttgen jedoch genau das Ziel der Hamas: Israel zu zerstören. Entsprechend sei Israels Existenz gefährdet, solange es die Hamas gebe. Das ergibt seiner Meinung nach ein „fürchterliches Dilemma“ für Israel und in einem Dilemma gebe es keine „weisen Lösungen“. Dem schließt sich Shalicar an: „Momentan gibt es keine einfachen, intelligenten Lösungen.“ Er stimmt der Meinung des israelischen Botschafters in Deutschland, Ron Prosor, zu, der sagt: „Für einen Frieden muss die Infrastruktur und Führung der Hamas zerstört werden.“ Es gebe keine andere Wahl, meint Prosor.

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Die Hamas „komplett zu zerstören“, hält die bei Anne Will häufig gesehene Politikwissenschaftlerin Florence Gaub für „kompliziert“: Die Operation würde „wahnsinnig viel Zeit“ brauchen. Vor allem, weil die Hamas stark mit der zivilen Bevölkerung in Gaza verschmolzen sei und dies aufgelöst werden müsse, damit die israelischen Soldaten Zivilisten und Hamas-Kämpfer unterscheiden können. Sie glaubt daher nicht, dass Israel schon bereit für die Gegenoffensive ist: Zwar stünde das militärische Ziel, die Hamas zu zerstören, fest. Aber es fehle ein politisches Endziel. Dieses braucht es ihrer Ansicht nach: Die diplomatischen Beziehungen Israels mit vielen arabischen Ländern stünden auf dem Spiel. Ähnlich denkt Musharbash: Er finde zwar, dass Israel das Recht – und sogar die Pflicht – habe, sich zu verteidigen, aber dass möglichst wenig Zivilisten als Opfer der beste Plan sei. So einen Plan sehe er noch nicht.

Auch Prosor sagt, dass Israel kein politisches Endziel habe: Was nach der Zerstörung der Hamas kommt, sei eine „gute Frage“, meint er. Aber seiner Ansicht nach ist Israel aus dem „akademischen Bereich“ raus. Stattdessen habe Israel die oberste Priorität, die Hamas zu zerstören. Nicht nur für Israel, sondern auch für Europa.


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Kommentare ( 56 )

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Paprikakartoffel
1 Jahr her

Das ist Taktik. Jede Drittfrau in Gaza soll zehn Kinder kriegen, irgendein dummer Islamknutscherstaat wird sie schon füttern, bis die dann dumm wie die Steine als Kanonenfutter und Propagandamaterial ins Sperrfeuer geschickt werden.

Israel ist das genaue Gegenteil: da zählt jeder einzelne. Deshalb ist Israel über einzelne (Geiseln) erpreßbar. In Auseinandersetzungen unter Moslems versuchen sie e üblicherweise gar nicht auf diese Weise.

Wir müssen uns abgewöhnen, das Gaza-Verhalten mit unseren Maßstäben zu bewerten. Es ist der Hamas egal, wieviele der seit 2005 verdoppelten und objektiv überzähligen Bevölkerung stirbt.

G
1 Jahr her

Was macht man mit einem jugendlichen Mehrfachtäter? Richtig, ein strenges du-du. M. E. funktioniert nur, erst 14 Tage Knast, dann 3 Monate und dann 3 Jahre. Und jetzt übertragen wir das auf Gaza. Was sollen die Israelis machen, wenn sie überleben wollen? Dieses Menschenrechtsgesülze geht mir auf den Zeiger und ist typisch weiblich. Dank an den Autor, daß er den Mist für mich schaut. PS: im ZDF war mal vor x Jahren auch ein Bericht aus Gaza nach Bombardierung durch Israel, in dem ein Vater zu Wort kam: unsere Familie ist unversehrt, alle meine 20 (!) Kinder sind am Leben.… Mehr

Stefan W
1 Jahr her

Welch entsetzliche, beschämende Sendung. Hody Salah fabuliert etwas von „Selbstmord“, den eine solche Talkrunde für sie bedeute, da sie sicher gleich als Antisemitin fertig gemacht würde. Und dann haut sie Antisemitismus pur raus, wirft Israel Kriegsverbrechen vor, weil sich das – vergleichsweise behutsam – wehrt. Aber „Selbstmord“ für sie? Nichts dergleichen, der Israelische Botschafter stand allein da, niemand sprang ihm zur Seite. Auch Will nicht, natürlich nicht. Und nun Tichys Einblick: Auch dieser Beitrag stellt sich auf die Seite der Terroristen: nivelliert und beschwichtigt. Dazu passt das heutige Wort von UN-Generalsekretär Guterres, der die Terrorangriffe auf Juden ebenfalls als irgendwie… Mehr

Gilbert Brands
1 Jahr her

Es sei zunächst mal angemerkt, dass der Krieg (oder wie man das auch immer nennen will) kein Fußballspiel ist, wo man entweder für den BvB oder S04 brüllt. Durch einseitige Stellungnahmen und Ausschluss einer Seite ist nichts gewonnen.
Zudem sollte man endlich mal gelernt haben, dass solche Organisationen wie die Hamas nicht vernichtet werden können, auch nicht, wenn man versucht, alle Palästinenser zu massakrieren. Gerade der Staat Israel ist das auffallendste Beispiel dafür, wie schief solche Aktionen letztlich gehen.

fatherted
1 Jahr her
Antworten an  Gilbert Brands

Was wäre denn Ihre Lösung? Auf die Knie gehen und die Hamas um „Vergebung“ bitten (für was?) wie es vermutlich die Ägyptische Dame im Sinn hat? Ich möchte mal an den erst vor 8 Jahren stattgefundenen Krieg gegen den IS erinnern…..die „Koalition der Willigen“ hat unter Federführung der USA doch wohl den IS in Grund und Boden gebombt….nachdem dieser fast ein neues muslimischen Großreich errichtet hätte. Mosul wurde zur Hälfte in Schutt und Asche gelegt….man vermutet 20-40.000 zivile Opfer. Ich kann mich nicht erinnern, dass damals jemand von Menschen/Völkerrecht gesprochen hat. Und immerhin….den IS gibt es so gut wie nicht… Mehr

Dr. Rehmstack
1 Jahr her

Wenn Frau Salah der Meinung ist, dass die Bevölkerung von der Hamas befreit werden möchte, dann sollte sie doch bitte auch den Widerspruch aufklären, daß auf Berliner Straßen tausendfach für die Hamas demonstriert wird und zwar von (Pro) Palästinensern. Das passt irgendwie nicht zusammen.

Der-Michel
1 Jahr her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Nicht nur das. Auch die Aussage von Gaub:

Vor allem, weil die Hamas stark mit der zivilen Bevölkerung in Gaza verschmolzen sei und dies aufgelöst werden müsse, damit die israelischen Soldaten Zivilisten und Hamas-Kämpfer unterscheiden können.

Und noch zu Frau Salah:

Dabei distanziert sich Salah von der Hamas und vom Antisemitismus: Sie interessiere sich für die Menschenrechte, für die Bevölkerung in Gaza und Israel sowie für die israelischen Soldaten, die in der geplanten Gegenoffensive ihr Leben lassen würden.

Von zivilen Opfern in Israel, dem Ursprung der Reaktion, ist der Dame nichts bekannt?

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Der-Michel

Was für welche sind das eigentlich, die über die Jahre dort bleiben und sich kämpfend „vermehren“ – und was für welche sind das, die von dort seit Jahren in Massen in alle Welt migrieren?

Zum alten Fritz
1 Jahr her

Wenn ich zurück sehe, war ich mit dem Beginn der C-Peakserei und Israel als „Weltmeister“ ziemlich erschrocken. Mir war klar das dieser Zirkus zu Lasten der Sicherheit geht. Wie auch in D.
Offensichtlich hat die Hamas dies erkannt, einen Plan geschmiedet IS Leute dazu geholt und den passenden Moment abgewartet.
Niemand hat es gemerkt, da man mit sich selbst beschäftigt war.
Nun ist man mit der Situation überfordert. …….

Gunter Zimmermann
1 Jahr her

In dem Kommentar zur Sendung vermisse ich die klare Erkenntnis, dass Hamas nicht nur Israel- was schlimm genug ist -, sondern das Judentum in der ganzen Welt vernichten will. Solange die Bewohner des Gaza-Streifens sich nicht eindeutig von diesen Fanatikern trennen und eine gemäßigte Regierung installieren (sprich; eine Regierung, die das Existenzrecht Israels garantiert), müssen sie auch die Konsequenzen tragen.

Marcel Seiler
1 Jahr her
Antworten an  Gunter Zimmermann

„…sondern das Judentum in der ganzen Welt vernichten will.“ Hamas geht es vielleicht nur um das Judentum. Beim Kampf um die Hoheit auf den deutschen Straßen geht es um Dominanz des Islams über das Grundgesetz. Das sollte den Deutschen unbedingt klar sein.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Marcel Seiler

Der Islam kämpft gegen alle in seinen Augen „Ungläubigen“ – bis alle Menschen „unterworfen“ sind und alles Land zur Umma gehört.

Montesquieu
1 Jahr her

Es ist rührend, wer sich so alles für Europa in die Bresche schlägt. Erst die Ukraine, nun Israel. Die USA ja sowieso. Immer.
Mir persönlich wäre es lieber, wenn sich jeder erstmal um die eigenen Probleme kümmert, respektive nüchtern sondiert, was eigene Interessen und was die Interessen anderer sind.
Ich halte ein konsequentes militärisches Vorgehen Israels gegen die Hamas für absolut legitim. Aber den Sicherheitsinteressen Europas wird hierdurch (unvermeidlicher Weise) erstmal nicht gerade gedient. Sie sollten deshalb auch nicht als Legitimierung eigener (sowieso schon legitimer) Interessen Israels funktionalisiert werden.

Marcel Seiler
1 Jahr her
Antworten an  Montesquieu

„Ich halte ein konsequentes militärisches Vorgehen Israels gegen die Hamas für absolut legitim. Aber den Sicherheitsinteressen Europas wird hierdurch (unvermeidlicher Weise) erstmal nicht gerade gedient.“

Das sehe ich anders. Der Islam ist auf Welteroberung aus. Jetzt geht es gegen Israel. Sollte Israel fallen, können sich die Eroberer um so mehr auf Europa stürzen. Die Niederwerfung der Hamas ist absolut im europäischen Interesse.

Klaus D
1 Jahr her

ES gibt immer unschuldige die leiden müssen wenn eine große mehrheit hinter der politik oder den mächtigen steht. ES waren ja auch nicht alle deutschen nazis aber die große mehrheit stand hinter dem führer. Auch im jetzt erleben wir ja in deutschland das eine große mehrheit hinter der politik der MITTE steht. Aber auch das viele darunter leiden und die dummen sind. Soist das auch im gaza wo die große mehrheit hinter der hamas steht bzw für die zerstörung israels ist. WIR sollten uns hier nichts vormachen! Die ganz große mehrheit der muslime steht hinter dem islam und dem was… Mehr

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Wenn da welche auf die Straße gingen, wären sie Verfolgte.
Denn es steht geschrieben, dass sie sich auf den Weg machen sollen, alle „Ungläubigen“ zu bekämpfen – in ihrem „Heiligen Krieg“.
Kritik wie Zweifel am Wort des Allergrößten sind nicht erlaubt.
2017 gab es den Versuch einer Demo in Köln, die allerdings nur arg wenige Moslems auf die Straße brachte.
Die indoktrinierte Masse berauscht sich nicht nur in Neukölln.

Hegauhenne
1 Jahr her

 Vor allem, weil die Hamas stark mit der zivilen Bevölkerung in Gaza verschmolzen sei“
Und was heißt das bitte? Doch wohl nur, daß eben sehr viele Zivilisten auf Seiten der Hamas stehen und ihren Terror befürworten, ja den Terroristen in jeglicher Weise Hilfe und Unterschlupf bieten. Sie vor allem sind mit schuld an dem ganzen Dilemma.
Und die wenigen, die ausdrücklich nicht für die Hamas sind, die kennt nur Annalenchen, und nur die bekommen auf verschlungenen Wegen ihre Millionen für Essen, Medizin und Strom.