Bei Illner: Müssen die Syrer jetzt wieder zurück?

Es ist traurig zu sehen, wie überrascht die deutsche und europäische Politik auf den Sturz von Assad reagiert hat. Offenbar ist neben zu wenig Einfluss auch zu wenig Wissen über die Region vorhanden. Erkenntnis der Sendung bei Illner: Der Niedergang des Westens dürfte sich in Zukunft wohl beschleunigen. Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Assad ist Geschichte. Vermeintlich gemäßigte islamistische Rebellen haben in nicht für möglich gehaltener Geschwindigkeit die Diktatur Assads gestürzt. Auf deutschen Straßen feierten tausende Syrer. Deshalb ist innerhalb des politischen Berlins eine Debatte über die Rückkehr von syrischen Flüchtlingen entbrannt. Die Illner-Runde widmet sich an diesem Abend diesem Thema. Der Sturz von Assad und die Lage in der Ukraine sind die beiden Schwerpunkte der Diskussion.

Von den Politikern sind viele Absichtserklärungen zu vernehmen. „Europa sollte dies tun, Deutschland könne jenes liefern, wir alle müssen mehr Verantwortung übernehmen“, lauten die Floskeln. Der Talk steht damit sinnbildlich für den heruntergewirtschafteten Westen. Seit Jahren verliert Europa geopolitischen Einfluss. In der Konsequenz müssen sich die Europäer und Deutschland voran mit Flüchtlingswellen auseinandersetzen. Denn in zerfallenden Staaten mit Krieg wollen viele Menschen aus dem Elend heraus.

Außer schönen Sonntagsreden liefert die europäische Politik aber in Sachen außenpolitischer Stabilität wenig. Es ist traurig zu sehen, wie überrascht die deutsche Politik auf den plötzlichen Sturz von Assad reagiert hat. Offenbar ist neben zu wenig Einfluss auch zu wenig Wissen über die Region vorhanden. Als Erkenntnis der Sendung lässt sich festhalten, dass der Niedergang des Westens sich in Zukunft beschleunigen dürfte.

Union will Syrern ein Angebot machen

Ausgelassen und euphorisch feierten tausende syrische Flüchtlinge auf deutschen Straßen den Sturz des Schergen Assad. Für die Union sind die Feiern ein Grund, um über die Rückkehr von Syrern nachzudenken. EVP-Chef Manfred Weber von der CSU hält es für vernünftig, sich Gedanken darüber zu machen. „Wenn die Menschen auf den Straßen feiern, fragen sich viele Deutsche, warum diese noch hier sind“, erläutert Weber. Freilich lässt sich über den Zeitpunkt streiten. Der Diktator ist kaum nach Moskau geflohen und schon führt die deutsche Politik eine Debatte über Rückkehr. Viele Politiker und Meinungsführer der politischen Linken finden dies moralisch verwerflich. Doch eigentlich ist der Reflex rational und ein gutes Zeichen. Schließlich ist der Schutzstatus in Deutschland für viele Syrer kein permanenter.

Sich frühzeitig mit der veränderten Lage zu beschäftigen, sollte für einen deutschen Politiker selbstverständlich sein. „Es ist nicht verwerflich darüber nachzudenken“, findet Zeit-Journalistin Mariam Lau zurecht. Deutsche Gerichte hätten schließlich schon geurteilt, dass Abschiebungen nach Syrien prinzipiell möglich seien, so Lau. Für den ehemaligen Grünen-Chef Omid Nouripour ist die Debatte über die Rückkehr ein Fehler. „80 Prozent der Syrer arbeiten“, behauptet Nouripour. Eine Falschbehauptung. Die Hälfte der Syrer in Deutschland lebt von Bürgergeld. Eine Einwanderung von gebildeten Fachkräften hat nie stattgefunden. Die ZDF-Journalistin Katrin Eigendorf springt Nouripour trotzdem zur Seite und behauptet: „Aus Afghanistan kam damals die Intelligentia.“

Energisch widerspricht CSU-Mann Weber. Es habe eine Einwanderung ins Sozialsystem gegeben, entgegnet er. An die Syrer hat Weber eine klare Ansage: „Wenn der Schutzstatus weg ist, muss es wieder zurückgehen.“ Fraglich bleibt, wie Weber die Syrer zur Rückkehr bringen will, denn von Abschiebungen will er nicht sprechen. Es solle vielmehr um freiwillige Rückkehr gehen, sagt er. Doch ohne staatlichen Druck scheint es unwahrscheinlich, dass sich viele Syrer aus der sozialen Hängematte in der Bundesrepublik erheben, um in ein zerstörtes Land zurückzukehren. In Deutschland gibt es für die Umsetzung des Vorhabens der Union auch nur die AfD als möglichen Partner. Mit der AfD will Weber aber nicht koalieren. Deshalb ist die Rückkehr-Offensive der Union nicht mehr als Wahlkampfgetöse.

Bringt Trump endlich Frieden?

Bald kehrt Donald Trump zurück ins Weiße Haus. Vollmundig hat er im Wahlkampf versprochen, dass er den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden beenden wolle. So schnell dürfte es in der Realität nicht gehen, aber die Hoffnung auf Frieden ruht auf Trump. Zumindest bei manchen. Andere hingegen glauben daran, dass der kommende US-Präsident die Ukraine unter den Bus schubsen könnte. „Trump ist der Krieg in der Ukraine nicht wichtig“, mutmaßt sein ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton. Aus Sicht Boltons ist Trump für Putin ein Leichtgewicht. „Putin hätte selbst das Drehbuch schreiben können“, analysiert Bolton.

Die deutsche Politik, so scheint es, weiß noch nicht, wie sie Trump einschätzen soll. Manfred Weber lobt lieber Joe Biden, als ein Wort über Trump zu verlieren. „Joe Biden steht für ein Amerika, das Verantwortung übernimmt“, meint der Niederbayer. Von Seiten der Moderation hätte man bei diesem Statement kritische Nachfragen erwarten können. Wann hat Amerika in letzter Zeit Verantwortung übernommen? Sowohl in Syrien als auch in der Ukraine hat Amerika den Russen weitestgehend das Feld überlassen. Der chaotische Abzug aus Afghanistan war ein Desaster. Doch von Illner kommt dazu nichts.

Nouripour für deutsche Truppen in der Ukraine

Ein spannender Punkt dürfte die Friedenssicherung in der Ukraine nach einem Waffenstillstand werden. Für Zeit-Journalistin Mariam Lau ist klar: „Die Ukraine benötigt Sicherheitsgarantien.“ Gemeint ist damit, dass Truppen aus europäischen Ländern den Frieden in der Ukraine sichern sollen. Auch deutsche Truppen könnten also in naher Zukunft in der Ukraine stationiert werden. Aus Sicht der Grünen ist Deutschland dazu verpflichtet. „Deutschland hat einen Beitrag zu leisten“, bekräftigt Omid Nouripour. So klar wie die Grünen möchte in der deutschen Politik noch niemand von deutschen Soldaten in der Ukraine sprechen, obwohl in Europa Gespräche darüber längst stattfinden.

Nur Kanzler Olaf Scholz hat bis jetzt nicht daran teilgenommen. „Dass der Kanzler nicht bei den Treffen ist, finde ich besorgniserregend“, kritisiert Mariam Lau. Scholz’ Verhalten auf europäischem Parkett ist in der Tat skandalös. Nach seinem Ukraine-Besuch war er nicht in Warschau. Zur Eröffnung von Notre-Dame war er nicht zugegen, als sich Trump mit Macron und Selenskyj besprach.

Der Kanzler sendet damit ein Signal der Schwäche. Insgesamt spiegelt die Debatte in der Sendung den aktuellen Problemstand des Westens wider. Nichts ist umgesetzt von dem, was die Politik schon vor Jahren sicherheitspolitisch versprochen hat. Stattdessen werden die gleichen Versprechen in Dauerschleife wiederholt. In einem globalen Wettstreit mit autokratischen Systemen kann der Westen so nicht bestehen.

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Kommentare ( 79 )

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Karl Moritz
1 Monat her

Noripor ist bestimmt Kriegsdienstverweigerer !

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Karl Moritz

Deserteur. So was wie Kriegsdienstverweigerung gibts da nicht, wo er herkommt. „Beide Eltern Nouripours sind Luftfahrtingenieure, die Mutter ist außerdem Biologin, der Vater Volkswirt.[3] Im August 1988 verließen sie mit ihren Kindern den Iran und zogen nach Frankfurt am Main, wo sie in den 1970er Jahren als Touristen eine Wohnung erworben hatten. Ein Anlass der Übersiedlung war Omid Nouripours Alter von 13 Jahren; wegen des Ersten Golfkrieges wäre ihm ab 14 Jahren die Ausreise nicht mehr gestattet worden. Zudem war ein Onkel hingerichtet, ein anderer im Krieg durch Giftgas verletzt und seine Schwester bereits einmal verhaftet worden“ wiki Ob letzteres… Mehr

moorwald
1 Monat her

Die Frage ist doch, wie eine Rückkehr/Rückführung überhaupt praktisch vonstatten gehen soll.
Massentransporte? Zwang? Es wird wohl beim Dauerasyl bleiben.
Gründe werden sich immer finden lassen im für alle Armen dieser Welt offenen Sozialstaat BRD.

Last edited 1 Monat her by moorwald
Deutscher
1 Monat her
Antworten an  moorwald

„Massentransporte? Zwang?“
Wenn’s nicht anders geht – natürlich!

moorwald
1 Monat her
Antworten an  Deutscher

Aber nicht in diesem Deutschland. Da müßte erst eine politische Zeitenwende vorausgehen.

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  moorwald

> Die Frage ist doch, wie eine Rückkehr/Rückführung überhaupt praktisch vonstatten gehen soll.

Transfers streichen? Wer einen richtigen Job hat, kann gerne bleiben.

Dr. Rehmstack
1 Monat her

Die ZDF-Journalistin Katrin Eigendorf springt Nouripour trotzdem zur Seite und behauptet: „Aus Afghanistan kam damals die Intelligentia.“ Das ist nicht ganz falsch, allerdings ist es mehr als 20 Jahre her, dass die Intelligentia aus Afghanistan floh.

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Empfinden Sie es generell nicht als problematisch, dass einige der „Intelligenzija“ ihren Verstand lediglich dazu nutzen, aus dem Land zu fliehen, welchem sie ihren Wissensreichtum zu verdanken haben?

Last edited 1 Monat her by verblichene Rose
Kassandra
1 Monat her
Antworten an  verblichene Rose

Bei uns scheinen die ja auch schon weg, die unsere Zukunft bedeutet hätten – oder?

Die Wahrheit
1 Monat her

Und wer soll dann aus Deutschland ein islamisches Land machen. Sorry. Aber mittlerweile scheuen sie sich nicht mal die Weihnachtsmärkte zu zerstören.

Brauer
1 Monat her

Der Herr aus dem Iran ging ja auch nicht zurück. Er hat sein Füllhorn angezapft!

Joerg Gerhard
1 Monat her

Ich schaetze mal, dass maximal die Haelfte zurueckgehen werden. Und von denen wird mindestens die Haelfte noch lange Zeit einen Weg finden um deutsches Buergegeld und Krankenversorgung auch weiterhin zu geniessen.
Und die die gehen, werden mehr als ausgeglichen durch die, die neu kommen.
Aber immerhin werden das dann primaer Alawiten und Christen sein, also endlich die schon urspruenglich erwarteten Chirurgen und Ingenieure…

Britsch
1 Monat her

Einfache Frage. Wieviele Syrer leben in Deutschland?
Wieviele Syrische Ärzte praktizieren in Deutschland?
Wie viele der Bevölkerung / Patienten kommen Statistisch auf eine/n Praktizierenden Arzt?
Reichen die praktizierenden Syrischen ärzte statistisch um die hier blebenden Syrer zu versorgen?

imapact
1 Monat her
Antworten an  Britsch

Das wurde im Netz bereits mehrfach vorgerechnet. Fazit: auch ein kompletter Abzug der ca. 6000 syrischen Ärzte würde keine Verschlechterung der Versorgung bedeuten, wenn gleichzeitig ein Großteil der Syrer das Land verließe. Wobei ja kaum etwas dagegen spricht, daß ein syrischer Arzt, der hier arbeitet, Steuern zahlt, kein Islamist ist und auf die Erziehung seiner Kinder achtet, auch weiterhin hier bleibt. Der ständige Verweis auf die Ärzte, die ca. 0,5% der in Deutschland aufhältigen Syrer ausmacht, ist lediglich eine Nebelkerze der Linksgrünen.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  imapact

Ja. Zumal es in Syrien und anderswo, woher sie gelockt wurden, an Ärzten mangelt – und man hinsichtlich der Ausbildung wohl auch Zugeständnisse macht, die jeglichem Abschluss im Westen spotten.

Gerro Medicus
1 Monat her

Zitat: „Müssen die Syrer jetzt wieder zurück?“ Antwort: wenn es nach Recht und Gesetz ginge, auf jeden Fall. Denn der Asylgrund ist weggefallen. Einen präventiven Asylgrund (die könnten ja auch im neuen Regime verfolgt werden) gibt es nicht. Leider geht es nicht nach Recht und Gesetz, denn besonders die linken Parteien haben sich zum Ziel gesetzt, unsere Gesellschaft, unsere Kultur zu schreddern. Als Kollateralnutzen erhoffen sie sich auch noch neue Wähler. Es wird interessant werden zu sehen, wer die Oberhand gewinnt. 1 Million weniger Syrer macht mindestens 3 Milliarden Euro Ersparnis. Vielleicht müssten dann ein paar alte Mütterchen weniger die… Mehr

Privat
1 Monat her

Ich als Deutscher bin absolut dagegen, das dieses Parteiensystem die Steuergelder der überschuldeten BRD in das fremde Ausland verschiebt und sinnlos verschenkt.
Zum Nachteil der eigenen Bürger.
Es muss heißen, Nur noch die AFD wählen, damit der Betrug aufhört.

TschuessDeutschland
1 Monat her

„In der Konsequenz müssen sich die Europäer und Deutschland voran mit Flüchtlingswellen auseinandersetzen“
Wer jedem Neu-Ankommling egal woher ohne weitere Fragen „Bürgergeld“ bezahlt, das von den „Ureinwohnern“ auch noch finanziert wird, der muß sich mit nichts „auseinandersetzen“.
Der will das so.

Last edited 1 Monat her by TschuessDeutschland