An diesem Abend moderierte Frank Plasberg seine letzte Sendung Hart aber Fair: Nach 20 Jahren endet die Sendung aber nicht, sondern wird von Moderator Louis Klamroth übernommen.
Zur letzten Sendung hat man es Frank Plasberg nicht leicht gemacht. Nach 22 Jahren, fast 700 Sendungen, war es nun das letzte Mal, dass er eine Talkrunde moderierte. Vielleicht um ihm den Ruhestand einfach zu machen – oder um dem erfahrenen Moderator noch eine letzte Herausforderung zu stellen –, war das Thema des Talks: Fußball. Ein Thema, für das Plasberg sichtlich nicht brennt, ein Thema, bei dem er mancher Unsicherheit ausweichen muss.
Der Titel der Sendung war „Ab in die Wüste: Wer freut sich auf die WM in Katar?“. Wer eine kontroverse oder spannende Sendung erwartet hat, wird auch dieses letzte Mal enttäuscht.
Zu Gast war Nancy Faeser, die nicht nur Innen-, sondern auch Sportministerin ist. Sie redet die ganze Sendung über viel, aber sagt wenig. Sie schaut vor allem betroffen in die Kamera, keine leichte Übung, schließlich ist sie via Bildschirm nur digital anwesend. Sie spricht von den vielen Sicherheitsgarantien, die der katarische Premierminister ihr für Homosexuelle, Juden und Frauen bei der WM gegeben hat. Von den tollen Fortschritten im Arbeitnehmerschutz, die Katar in den vergangenen Jahren erzielt hat, und von katarischen Gewerkschaften, die sie bitten, auch in Zukunft in Katar zu helfen. Es sind viele leere Worte und Versprechungen einer Ministerin, von der man sich fragt, warum sie in der Runde eigentlich sitzt. Plasberg schafft es trotz mehrerer Versuche nie, sie festzunageln.
Sie verteidigen die WM in Katar. Lemke findet, es ist eine Doppelmoral, Katar für Zustände zu verurteilen, die in Deutschland auch einmal herrschten. Das ist natürlich weit überspitzt: In der Bundesrepublik wurden lange Zeit Homosexuelle schlecht behandelt und ausgegrenzt. Auch Wander- und Gastarbeiter werden auch heute noch schlecht behandelt – das hat der Fall Tönnies gezeigt. Doch starben sie nie in Massen für den Bau von Monumental-Sportbauten.
An der rechten Hälfte des Tisches saßen die Sportler: Thomas Hitzlsperger und Tuğba Tekkal. Beide ehemalige Nationalspieler in der Männer- und Frauen-Nationalmannschaft. Sie verurteilen die Menschenrechtsverstöße Katars, die Feindlichkeit anderen Sexualitäten und Religionen gegenüber, die undemokratische Regierungsform.
Damit laufen sie natürlich in die Falle der Funktionäre: Die Sendung dreht sich um die Vergehen der Kataris. Dass dieses Land den Zuschlag für die WM nie hätte erhalten dürfen, wurde nicht benannt. In Katar gibt es keine nennenswerte Fußballkultur. Es ist so heiß, dass die Spiele im Winter in temperierten Stadien stattfinden müssen. Die WM ist für Katar keine Möglichkeit, ein Fest des Fußballs zu feiern, sondern ein Vehikel zur nationalen Selbstüberhöhung. Die FIFA hatte mehr als 10 Jahre Zeit, die WM neu zu vergeben, so offensichtlich war die Korruption, die zum Zuschlag führte. Spitzenpersonal wie Sepp Blatter wurden festgenommen, Besserung gelobt: Doch die FIFA macht weiter wie bisher.
Zwei Jahrzehnte lang wurden die wichtigen Debatten der Republik bei ihm ausgetragen. Politiker und Prominente wurden bei ihm vorstellig. Schauspieler, Models, nicht klar definierbare Personen des öffentlichen Lebens wie Harald Glööckler, der selbsternannte „Prince Pompöös“, saßen in der Sendung ebenso wie Olaf Scholz (noch mit Haar auf dem Kopf) und Christian Lindner. Als Moderator überlebte er im politischen Diskurs Seehofer, Steinbrück und unzählige andere.
Die Sendung schloss mit Ausschnitten aus 20 Jahren Hart aber fair: Diskussionen, die in Schreierei ausuferten, Politiker die von Plasberg geschickt in die Enge getrieben wurden. Freche Fragen und schneidige Sendungstitel. Doch leider waren viele dieser Ausschnitte schon alt. Plasberg war nicht nur in den letzten Monaten sichtlich die Puste oder die Ambition ausgegangen.
Nun geht Plasberg – und ein einst wichtiger Bestandteil des politischen Diskurses geht mit ihm – in den Ruhestand. Es steht zu befürchten, dass sich demnächst Regierung und Politiker noch viel seltener kritischen Fragen stellen müssen.
Plasbergs Nachfolger ist Louis Klamroth. Er übernimmt nach der WM-Pause die Sendung. Zum Abschied Plasbergs kam er ins Studio. Ein größerer Unterschied zum Vorgänger geht kaum: Wo Plasberg stets im Anzug und rasiert zu sehen war, hat Klamroth einen Dreitagebart; ein schwarzes Hemd – keine Jacke –, weiße Turnschuhe verdeutlichen das Bild eines auch schon äußerlich zeitgeistigen Moderators. Wird sich diese Lässigkeit auch auf den Umgang mit Politik und Regierung auswirken?
Die Sendung schließt Plasberg ab mit einem Zitat eines andere Gastes, der auch schon lange im Ruhestand war: „Immer helle Kleidung tragen und gut riechen“. Und dann die letzten Worte zum Abschied: „Ich werd’s machen. Bleiben Sie sauber und tschüss.“
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PS. Wie es zur Vergabe der WM an Qatar kommen konnte, dazu gab es bereits am 9.11.22 um 0:45 h im ZDF die Sendung: „Die Skandal-WM – Wie Katar den Fußball kauft“, die ich gestern abend in der Wiederholung auf ZDF INFO sehen konnte. Ausschlaggebend war demnach nicht der übliche Stimmenkauf, wo es auch schon um hohe Millionenbeträge geht, sondern die gewichtigen Interessen des Französischen Staates. Großauftrag für die Lieferung französischer Kampfflugzeuge an den Wüstenstaat, wobei die US-Konnkurrenz ausmanövriert wurde plus qatarische Großinvstion in den abstiegbedrohten Fußball-Renomierclub PSG. Einem widerstrebenden Platini wurde bei einem Essen von Sarközi persönlich ein Angebot gemacht,… Mehr
Wiedermal eine Sendung, von der ich nicht viel erwartet und nach kurzer Zeit ausgeschaltet habe. Worauf sich die Sendung hätte konzentrieren müssen, haben Sie Herr Tichy in einem Absatz gut beschrieben: …“ Dass dieses Land den Zuschlag für die WM nie hätte erhalten dürfen, wurde nicht benannt. In Katar gibt es keine nennenswerte Fußballkultur. Es ist so heiß, dass die Spiele im Winter in temperierten Stadien stattfinden müssen. Die WM ist für Katar keine Möglichkeit, ein Fest des Fußballs zu feiern, sondern ein Vehikel zur nationalen Selbstüberhöhung. Die FIFA hatte mehr als 10 Jahre Zeit, die WM neu zu vergeben,… Mehr
Alleinstehende Frauen in Qatar bekommen einen Vormund, bei verheirateten Frauen ist es der Ehemann. Faeser reist unter diplomatische Schutz und wurde nur deshalb sehr höflich und zuvorkommend behandelt.
Wer politische Sendungen im ÖR (die Jogginghose der Medienlandschaft) konsumiert, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.
Es gibt keine unpolitischen Sendungen mehr im ÖR, jedenfalls nicht vor 23 Uhr. Selbst in Fernsehspielfilmen, Quizsendungen und den einfachsten Soaps wird politisch „erzogen“, indokriniert, Propaganda getrieben. Selbst Werbespots müssen herhalten.
Das Elend des liberalen Konservatismus, im Brennglas: Anstatt etwas eigenes auf die Beine zu stellen, sind sie Zaungäste bei den Hochämtern der Linken, die sie dann wortreich und manchmal auch wortwitzig, aber immer folgenlos dafür kritisieren, links zu sein. Die Masse der Leser von TE dürfte keinen der ÖRR-Talks schauen. Das ist für sich bereits eine Meinungsäußerung, und doch entkommen sie ihnen nicht, es sei denn, sie ignorierten auch die steten Resenzionen dieser Formate auf dem Medium TE, das sie wiederum nur deswegen lesen, weil es eben NICHT so sein soll, will wie der ÖRR und linksliberale Medien. TE versucht… Mehr
Das Wichtige das ich lese ist:
„Hangar 7“ auf Servus.tv schauen.
Problemlos auch im www, samt Mediathek, weltweit.
Und DAS unterschreib ich o h n e jegliche Einschränkung.
Einzig, wenn man sich auf den in solchen Sendungen „Aufgespießten“ konzentrierte würde vielleicht noch ein Schuh draus.
Zumal man über das „Fertigmachen“ in der Sendung hinaus darüber schreiben könnte, für was der Diffamierte gerne öffentlich stehen würde – würde man ihn denn lassen.
Das wäre dann tatsächlich eine bereichernde Ergänzung solcher gewollten Schmalspursendungen, die die Bandbreite des Denkbaren vorgeben sollen.
Frank Plasberg ist ab heute ein Mann von gestern. Er war in den letzten Jahren als tv-Jounalist Mitglied der medialen Funktionselite dieses Landes und hat sich so eine goldene Nase verdient, indem er den Spalthebel an die Gesellschaft mit Energie und Chuzpe gelegt hat mit Mitteln, die zu durchschauen denjenigen nicht schwer viel, die überhaupt noch an dieser Art von Aufbereitung des politischen Spektakels Interesse haben. Sein Nachfolger Luis Klamroth ist Mitglied der bekannten Klamroth-Dynastie, zu der auch die Journalistin Wibke Bruhns gehört, deren Neffe er ist. Wibke Bruhns hat mit ihrer Veröffentlichung „Meines Vaters Land“, in der die Familiengeschichte… Mehr
Für viele der „besorgten“ oder „ermutigenden“ Aussagen oder Mahnungen zu den sogenannten Menschenrechten in anderen Ländern, hier Katar, gilt:
a) Sie sind fürs deutsche Publikum bestimmt,
b) sie bewirken im fremden Land nichts,
c) sie verschlechtern Deutschlands Verhältnis zum fremden Land.
Es ist ein Ausdruck der zunehmenden Selbstzentrierung deutscher Politik, nicht hilfreich für Deutschland und irrelevant für die Welt.
Zur Erinnerung, womit Herr Plasberg zu „Ruhm und Ehre“ beim Staatsfunfunk kam: „Kaum zu glauben, dass der harte, aber faire Talkshowmoderator von heute Mitte August 1988 Akteur einer echten Katastrophe der Medienkultur war. „Es hatte was von einem geordneten Verfahren“… …Artig hatte sich auch Plasberg in die Schlange sensationslüsterner Reporter vor dem Fluchtauto von Dieter Degowski, Hans-Jürgen Rösner und seiner Freundin Marion Löblich eingereiht. Eine Pressekonferenz mit Geiselnehmern bei der Verfolgungsjagd durch die halbe Republik – ein journalistischer Sündenfall. Und die Disziplin der Presse war das einzig Geordnete in diesen 54 Stunden zwischen einem Bankraub am Rande des Ruhrpotts und… Mehr
Eine Ministerin kommt anlässlich ihrer Reise in das Fußball-WM-Land Katar zu Wort. Sie schildert, wie belehrend sie Worte in Bezug auf Einhaltung der Menschenrechte gesetzt hat. Das ist typisch deutsche Politik. Sich in die Verhältnisse anderer Länder einmischen. Weit von der Realität im eigenen Heimatland entfernt sein, Menschen im Gastland kritisieren und geflissentlich übersehen, dass Stück für Stück diese Rechte für die Deutschen zu Hause abgeschafft werden.
Wenn man sich nach über zwei Jahrzehnten eingestehen muss, dass man trotz allem nur Einer unter Vielen war, keine besonderen Akzente gesetzt hat und durch Louis Klamroth ersetzt werden kann, dann ist das ein Eingeständnis des Scheiterns.