Hart aber Fair: Fünfjahresplan Patienten waschen

Karl Lauterbach ist nach einer kurzen Auszeit wieder bei Hart aber Fair zu sehen. Er warnt mal wieder vor Corona, will die Pflege reformieren und „entökonomisieren“. Es läuft auf einen Fünfjahresplan zum Patientenwaschen heraus. Ob er auch erfüllt wird, bleibt offen.

Screenprint ARD / Hart aber Fair

Nach Wochen der Wirtschafts-, Ukraine- und Energiekrise ist Frank Plasberg wieder beim Thema Corona angekommen. Es wurde auch mal wieder Zeit, denn vor seinem Abtritt hat Plasberg noch vier Sendungen vor sich. Da muss auch einmal Corona dabei sein.

Das Thema der Sendung lautete „Corona-Brennpunkt Krankenhäuser: Zermürbt und angeschlagen“. Tatsächlich beginnt die Sendung mit einem Geplänkel zum Thema Corona. Karl Lauterbach warnt wie gewohnt vor einer neuen, hochansteckenden Variante, fordert Maßmahmen der Politik wie eine Masken- oder Testpflicht in Innenräumen. Contra gibt ihm überraschenderweise Martin Machowecz, Redakteur der Zeit. Sein Standpunkt: Die Coronavarianten sind ungefährlicher geworden, nun kaum mehr als eine Grippe. Die Politik kann und sollte nicht versuchen, jeden Krankheitsfall zu verhindern. Es ist unmöglich, lohnt nicht und rechtfertigt nicht die dafür notwendigen Grundrechtseingriffe. Die Meinung ist in diesem Format unerwartet in ihrer Staatsskepsis.

Dafür verteidigt Christina Berndt den Gesundheitsminister. Sie ist Wissenschaftsjournalistin bei der Süddeutschen Zeitung, und mit ihren Antworten voraussehbar.

Die Botschaft des Ungesagten
Lauterbach: Doch keine Corona-Impfung für Kinder
Doch es ist etwas aufgebrochen in der öffentlichen Diskussion. Es wird plötzlich auf eine Art und Weise über Corona gestritten, die noch vor einem halben Jahr undenkbar war. Nicht nur in der ARD. Sogar der bayrische Staatsminister für Gesundheit, Klaus Holetschek, weist Lauterbach in seine Schranken: Die Entscheidung über Corona-Maßnhamen liege bei den Ländern und in Bayern habe man es nicht für nötig befunden, das Oktoberfest einzuschränken. Das müsse Lauterbach auch akzeptieren.

Machowecz setzt dem Gesundheitsschutz sogar das Thema Lebenslust entgegen. Er wagt zu fragen, ob man in der Vielzahl der Krisen zur Zeit die Bürger wirklich mit der einer Coronakrise belasten muss, wenn sie so dramatisch doch nicht mehr ist. Das Primat des Gesundheitsschutzes, das die Coronadiskussion lange beherschte, ist endgültig gebrochen.

Insgesamt ist das Thema Corona-Pandemie aber schnell abgebügelt. Lauterbach fährt die bekannten Warnungen auf: vor einer massiven Überforderung des Gesundheitssystems durch SARS-CoV-2. Eine neue Variante kommt, warnt er, die in kürzester Zeit viele Menschen infizieren wird. Reumütig gibt er zu, das KITA-Schließungen unnötig waren, zieht aber keine öffentlichen Konsequenzen. Neues? Fehlanzeige.

Denn tatsächlich ist die Pflege, überhaupt die Krankenhausversorgung mit einem massiven Personalproblem konfrontiert. Die Pandemie – Lauterbach lehnt die Umfirmierung in Endemie weiter kategorisch ab – verschärft die alten Struktur-Probleme nur.

Junge Menschen mit schlechtem Immunsystem
DAK: Es gab keine Corona-Welle – aber einen hohen Krankenstand
So berichtet die Intensivstationspflegerin Lisa Schlagheck aus ihrer Uniklinik Münster von katastrophalen Zuständen. Patienten, die in Betten auf den Gängen liegen: Viele Zimmer sind Corona-Isolierzimmer, andere überfüllt. Man „spielt Tetris mit den Menschen“ um sie unterzubringen. Kinder können stundenlang nicht behandelt werden, weil die Zeit fehlt. In Nachtdiensten muss eine Pflegerin zwei Stationsgänge auf unterschiedlichen Stockwerken betreuen. Was soll sie tun, wenn im ersten Stock ein Unfallopfer operiert wird und im Erdgeschoss ein Patient mit Nierentransplantation Entzündungsprobleme zeigt? Es bleibt nur ein hin- und herhetzen, dass für beide Patienten eine zu suboptimale Versorgung bedeutet.

Schlagheck hat für ihre Klinik in 79 Tagen Streik eine Veränderung herbeigeführt. Neue Pfleger werden eingestellt, abends zwei Mitarbeiter eingesetzt. Gewerkschaftsarbeit, wie sie im Buche steht. Vor allem darauf will Schlagheck im Zukunft auch ihre Hoffnung setzen. Denn von der Politik erwartet sie nicht, dass sie die Situation verbessern kann.

Eine nachhaltige und deutschlandweite Lösung des Problems verspricht derweil Karl Lauterbach. Das Krankenhauspflegeenlastungsgesetz (KHPflEG) soll den Betrieb von Krankenhäusern „entökonomisieren“. Soll heißen: Das Gesundheitssystem gibt in Zukunft vor, welche Leistungen und OPS bestimmte Krankenhäuser anbieten dürfen. Für diese Leistungen wird ein Personalschlüssel vorgegeben. Erreicht ein Krankenhaus den Personalschlüssel nicht, darf sie lukrative Behandlungen, z.B. Knie-Operationen nicht durchführen.

Plan vorgestellt
Karl Lauterbach verscherbelt das Ersparte für die Pflege
Denn darin sieht Lauterbach den Ursprung allen Übels in der Medizin: In der „Ökonomisierung“ von Aufgaben. Und die Situation jetzt ist unhaltbar: Krankenhäuser kriegen für jeden standardisierten Eingriff eine bestimmte Zahlung durch die Krankenkassen. Die Fallpauschalen bedeuten: Die Zahlung, die ein Krankenhaus erhält, ist unabhängig davon, wie gut die medizinische Versorgung des Patienten ist. Daher haben Krankenhäuser ein Interesse, dass weniger Pfleger eingesetzt werden. Die Personalkosten sinken und der Gewinn steigt. Außerdem haben Krankenhäuser ein Interesse daran, Operationen zu empfehlen, die unnötig sind. Denn sie werden für jede Operation pauschal bezahlt.

Mangelverwaltung statt Mangelbeseitigung

Lauterbachs Lösung: Das Gesundheitsministerium schreibt vor, wie viel Zeit jeder Pfleger auf bestimmte Aufgaben verwenden darf und außerdem einen Mindestpersonalschlüssel für viele Stationen.
Das soll neue Kräfte für die Pflege gewinnen und bestehende Pfleger halten. Es droht aber, ein Bürokratiemuster zu werden, das die Situation nur noch weiter verschlimmert. Planstellen schaffen keine neuen Arbeitskräfte.

Statdessen soll mit einer Art Fünfjahresplan zur Versorgung der Kranken Abhilfe geschaffen werden: Das bedeutet wenig Raum für atypische Patienten, deren Versorgung nicht explizit vom Gesundheitsminsiterium geregelt wird.

„Bürgergeld“ und Bürgersinn
Anteil von Migranten an den Hartz-IV-Beziehern stieg seit 2016 von 25 auf 45 Prozent
Klaus Holetschek, Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege wettert immer wieder gegen eine zentralistische Steuerung aus Berlin. Doch darauf läuft Lauterbachs Gesetz hinaus. Denn Lauterbach will einen Teil der bestehenden Kliniken abschaffen. Bis zu 30%, oft auch im ländlichen Raum. Damit sollen die begrenzten Mengen an Ärztern und Pflegern besser eingesetzt werden. Die überflüssigen Kliniken werden geschlossen, sprezialisieren sich auf bestimmte Eingriffe oder werden in ambulante Pflegezentren verwandelt  – diese sollen viele simplere Leistungen der Krankenhäuser übernehmen.

Wie in jedem echten Fünfjahresplan geht es als vor allem um Mangelverwaltung.

Aber es bleibt dabei, Lauterbach will „entökonomisieren“ und „die Marktwirtschaft zurückdrängen“. Dabei übersieht er völlig: Die allermeisten Krankenhäuser werden von Wohlfahrtsverbänden oder Kommunen betrieben. Der Anteil privater Krankenhäuser stieg in den letzten Jahren auf gut 38 Prozent. Die problematischen Krankenhäuser sind deutlich mehr. Jedes Gewinnmotiv soll ausgemerzt werden. Wie wird da Missbrauch vorgebeugt? Eher gar nicht, weswegen Lauterbach die Beiträge der Beitragszahler weiter anheben will, er rechnet jetzt schon fest damit.

Die dann noch verbleibende Lücke stopft der Steuerzahler. Opfer ist, wer sozialverischerungspflichtig arbeitet. Denn er muss die Reform über seine Beiträge und seine Steuern bezahlen. Einmal abkassieren reicht Lauterbach nicht.

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Kommentare ( 41 )

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41 Comments
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Reinhard Schroeter
2 Jahre her

In demokratischen Staaten wird Politik in den jeweiligen Parlamenten im Wettbewerb um die beste Lösung eines Problems.
In Buntland setzt man sich dieser Anstrengung nur ungern aus und hockt und labert, ohne an einer Lösung interssiert zu sein lieber in den Geschwätzbuden des verfluchten Staatsfunks.

wackerd
2 Jahre her

Lauterbach klammert sich wie ein Ertrinkender auf hoher See an jedes Trümmerstück seines untergegangenen Kahns. Es bleibt nicht mehr viel Platz für die alte Corona-Unke. Somit wird er hoffentlich mit Plasberg vom Bildschirm verschwinden.

Riffelblech
2 Jahre her

Als damaliger Betroffener der von der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt unter Federführung des Prof. Lauterbach durchgeführten „ Reformen im Gesundheitswesen „ kann ich nur warnen . Sowohl die für den ambulanten Bereich als auch klinischen Bereich durchgeführten Veränderungen ,unter SPD Vorherrschaft , haben und hatten katastrophale Auswirkungen in Behandlung und Pflege . Wieder einmal hatten Politiker bewiesen wie endgültig man ein funktionierendes System zerstören kann. Es ging damals um sogenannte Einsparungen ,es geht heute um die gleiche Richtlinie . Nur , hätten damals unter U.Schmidt die KBV und Krankenhausgesellschaften massive Widerstände gezeigt ,wäre es nicht zu einem derartigen Dilemma wie… Mehr

Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  Riffelblech

Um ein System am Laufen zu halten, muss man systemisch denken. Man muss auch mal ein Betrieb – in welcher Rolle auch immer – am Laufen gehalten haben, um zu wissen, wie es prinzipiell funktioniert.
Welche Arbeitserfahrung haben den die SPD- Kandidaten vorzuweisen? Woher stammt ihr Wissen über das heutige Leben der Arbeiter, Angestellten und Unterpreviligierten?

Boudicca
2 Jahre her

Deutschland hatte die beste Gesundheitsversorgung für die gesetzlich versicherten Arbeitnehmer.
Inzwischen ist die Bürokratie in der Gesundheitsversorgung so ein großes Monster geworden, das es einen großen Teil der Beiträge auffrißt.
Die Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen erhalten eher eine üppige Appanage und keine einem staatlichem Behördenleiter angemessenes Gehalt.
Die eigentliche Versorgung der Patienten wird immer schlechter und immer mehr Leistungen müssen vom Versicherten selbst bezahlt werden. Bei Hartz IV Empfängern zahlen die Sozialkasse dann zum Beispiel die Kosten für Zahnbehandlungen, die sich Arbeitnehmer nicht leisten können.
Das gesamte System ist korrumpiert.

Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  Boudicca

Richtig, aber es ist schon bitter, wenn wir Zahnbehandlungen für Menschen zahlen müssen, die zu Hause keinen Zahnarzt gesehen haben. Es wäre fair, Migrationskosten an die UNO auszulagern, damit alle Weltbürger sich solidarisch daran beteiligen. Auch wäre es sinnvoll, in jedem Land nur den Durschschnittspreis für Asylantenversorgung für diese Menschen aufzuwenden. Das wäre fair – ein Migrant in Deutschland darf nicht mehr kosten als einer in Maroko. Das würde unheimlich viel Geld für Klimarettung freimachen – Forschung, Entwicklung, Ausbildunt – ah! Was hätte man von diesem Geld alles finanzieren können und damit die Ursachen für Klimaschäden in den fernen Ländern… Mehr

Boudicca
2 Jahre her

Die wirtschaftlichen Verhältnisse werden für die Arbeitnehmer in Deutschland immer schlechter, weil unfähige Politiker wie Lauterbach seit 2005 ununterbrochen im Parlament hocken.

verblichene Rose
2 Jahre her

Gute Analyse. Aber -Zitat-
„Opfer ist, wer sozialverischerungspflichtig arbeitet“
stimmt so nicht. Oder glauben Sie, dass Selbständige keine Abgaben und Steuern bezahlen?

Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  verblichene Rose

Opfer ist auch jeder, dem zwei Wochen zusätzlicher Wartezeit auf einen Arzttermin zugemutet werden.
Wer wegen Migranten auf irgendetwas warten muss, ist auch Opfer. Zeit als wichtige Ressource im Leben wird nicht erwähnt.

verblichene Rose
2 Jahre her
Antworten an  Innere Unruhe

Ich verstehe. Sie vermuten, dass ich „privat“ versichert bin, da ich mich dagegen ausspreche, dass allein Sozialpflichtversicherte Steuern zahlen. Nun, ich beziehe meine Einkünfte tatsächlich unabhängig eines Lohnes. Aber glauben Sie wirklich, dass ich überhaupt Zeit habe, mich in einem Wartezimmer einer Arztpraxis zu amüsieren, selbst OHNE jegliche Wartezeit? Zuletzt habe ich mich übrigens wegen „Rückens“ vor sieben Jahren behandeln lassen. Und im Oktober habe ich nach voran gegangenen DREI Jahren eine ausschweifende Woche Urlaub auf der beschaulichen Halbinsel Werder verbracht. Zeit? Ich verbringe bei knapp 50.000 € BRUTTO jede Menge Zeit in meinem Laden. Und von diesem „Rohgewinn“ zahle… Mehr

LF
2 Jahre her

Eins ist doch klar. Deutschland hat mittlerweile sehr viele Probleme, die vor zehn fünfzehn Jahren so keiner geglaubt hätte. Es gibt Unternehmen und Einrichtungen die gehören nicht in privater Hand, damit sich dort auf Kosten der Bürger, Aktionäre die Taschen vollpacken. Dazu zähle ich die gesamte medizinische Versorgung, die Energieversorgung sowie die Wasserversorgung. Das sind soziale Grundbedürfnisse die für jeden im gleichen Maße vollumfänglich, ohne Einschränkung zugestanden werden müssen, d. h. das muss für jeden bezahlbar sein. Leider muss ich für mich erkennen das die Politik, damit meine ich ALLE ALTPARTEIEN, das zuvor von den Bürgern kassierte Geld in die… Mehr

Dr. Rehmstack
2 Jahre her
Antworten an  LF

Und Merkels 10 Milliarden für Indien!

Bonzo der Grosse
2 Jahre her

Lauterbachs Denken als unterkomplex zu bezeichnen, ist noch eine Beschönigung. Der „Gesundheitsökonom“ möchte nun also die Krankenhäuser entökonomisieren. Womit der Beweis erbracht sein dürfte, dass sich Lauterbach mit der gleichen Berechtigung „Ökonom“ schimpft wie er schon „Arzt“ ist.

Last edited 2 Jahre her by Bonzo der Grosse
Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  Bonzo der Grosse

Wenn Migration – Geldausgeben zum Nutzen von Ausländern – entökonomisiert ist, warum nicht auch Gesundheitswesen – Geldausgeben zum Nutzen von Versicherten?
Auch Schulen und Pflege sollte man entökonomisieren – es handelt sich immer hin um Deutsche, deren Eltern oder Kinder das besagte Geld einzahlen.

eifelerjong
2 Jahre her
Antworten an  Bonzo der Grosse

War es nicht Lauterbach, der damals vehement der Fallpauschale als Stichwortgeber einer gewissen Ulla Schmidt (Maoistin des KBW, wie Kretschmann) das Wort redete?

Kontra
2 Jahre her

Die Kommunen kollabieren ob des anhaltenden Zustroms von Migranten. Und dann wundert man sich, das die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser das erhöhte Patientenaufkommen nicht mehr stemmen können? Ernsthaft?

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Kontra

Die ankommenden Ärzte, Pfleger und Apotheker müssen ja erst einmal unsere Sprache lernen, bis sie dann hier übernehmen können. Haben Sie bitte noch ein wenig Verständnis! Wir befinden uns ja erst im Jahr 8 nach der Einreise von Merkels ersten 2 Millionen!
Wobei im Aktufall in der Notaufnahme längst zumindest halbe-halbe bei den Patienten ist, die vorgelassen werden wollen.

Boudicca
2 Jahre her

Ein neues Gesetz löst keine gesetzlich verursachten Probleme.