Bei Hart aber Fair: Wieviel Wohn-Sozialismus soll es sein? Grüne bleiben vage

Bei Hart aber Fair wird über Wohnungsbaupolitik und Enteignungen gestritten. Während der SPD-Mann sich betont gemäßigt gibt, will sich die Grüne Ricarda Lang nicht festlegen.

Screenshot ARD: Hart aber Fair

Bei „Hart aber Fair“ gehts weiter mit dem Bürgercheck. Diesmal bringt Plasberg ein Thema auf den Tisch, das die Menschen in Deutschland laut Umfragen bewegt wie kaum ein anderes: Mieten und Wohnen. Starke Meinungen, große Sorgen, spannende Fragen, deutliche Forderungen – was Frank Plasberg über die befragten Bürger sagt, könnte eigentlich auch für die Runde an diesem Abend gelten. Der JU-Vorsitzende Tilman Kuban diskutiert mit der stellvertretenden grünen Bundesvorsitzenden Ricarda Lang, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, dem Wirtschaftsjournalisten Rainer Hank und der ARD-Hauptstadtjournalistin Julie Kurz. Streckenweise wird es an diesem Abend richtig leidenschaftlich. Einige haben wirklich was zu sagen – zumindest mehr als andere.

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Ricarda Lang von den Berliner Grünen will uneindeutig bleiben. Wohnen sei ein Grundbedürfnis, das der Markt nicht regeln könne, argumentiert die Politikerin: „Man kann nicht nicht wohnen“. Ob sie mit ihrer Landespartei auf Linie ist und Enteignungen für das Mittel hält, verrät sie nicht. Die Menschen verdienten eine Politik, „die nicht nur für die Imobilienlobby funktioniert, sondern für die Mieterinnen“. Ob sie also einen Mietendeckel wolle, fragt Plasberg: Lang beantwortet die Frage nicht. Ja, Nein, vielleicht.

FAS-Journalist Rainer Hank wird von Plasberg als „Gottvater der Marktwirtschaft“ vorgestellt. Er stellt zunächst fest: Wenn die Nachfrage steigt, das Angebot aber nicht, steigen Preise. „Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Die sozialistische – oder sagen wir sozialdemokratische Variante – ist: Wir greifen ein in den Preismechanismus. Das ist klassisch sozialdemokratisch-sozialistisch.“ Bereits hier verwahrt sich Heil, der noch gar nichts sagen durfte, gegen Sozialismus-Vergleiche: „Na na na na, sei’n wir mal vorsichtig“. Die kleine Kurzintervention soll an diesem Abend stilbildend für den Minister sein.

Die SPD will angeblich nicht ganz so links, wie manche es sich wünschen würden

Julie Kurz berichtet von ihren Erfahrungen: Sie lebte als Korrespondentin in London, einer Stadt mit berühmt, berüchtigten Mietpreisen. Horrende Mieten treiben die Menschen aus den Städten. „In den Innenstädten drinnen wohnen eben die Menschen, die gut in der Finanzindustrie“ verdienten. „Natürlich verändert das eine Stadt. Ist doch klar.“ „Die aktuelle Regierung hat das Problem der Wohnungsnot vernachlässigt“, kritisiert Kurz.

Tilman Kuban von der Jungen Union verwahrt sich zunächst gegen sozialistische Markteingriffe wie den Mietendeckel. Der verschärfte das Problem der Wohnungsnot nur, argumentiert der CDU-Politiker. Seine Idee ist simpel: Bauen. Dabei stimmt ihm auch Rainer Hank zu: Mehr Bauen vertreibe die Spekulanten, meint der Journalist. Damit ist die Pro-Marktwirtschaft-Fraktion der Runde gebildet. Doch Kuban hat auch andere Ideen: Aussetzung der Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim zum Beispiel. Fast 80% der jungen Menschen wünschten sich mit 30 ein Eigenheim – diesen Wunsch solle man ihnen ermöglichen, meint der Jungpolitiker.

Plasberg bringt den Berliner Mietendeckel ins Spiel – doch zu dieser Idee will sich keiner so richtig bekennen. Heil druckst herum – das sei nicht gut gelaufen, meint er. Auch Ricarda Lang spricht lieber davon, dass man vor allem bauen müsse – nur um von Hank zurechtgewiesen zu werden, dass es ihre Partei sei, die nach sozialistischem Gusto Kies und Sand rationieren wolle. Auch Kuban meint: „Ist ja schön, dass sie sich jetzt hinstellen und sagen wir sind für Bauen: Ich höre eher die Grünen die sagen, man sollte begrenzen und die Leute müssen doch mit 21 Quadratmetern zufrieden sein.“ Für den Berliner Mietenedeckel will sich niemand offensiv einsetzen. Auch ARD-Journalistin Kurz meint, dass dieser vor allem denen helfe, die bereits wohnen. Auch Hank stellt ähnliches fest. „Man sah: Eingriff in die Preisbildung bringt nichts für die Ausweitung des Angebots.“

Sendung 09.09.2021
Tichys Ausblick Talk: „Umbruch nach der Wahl oder wird einfach weiter gemerkelt?“
Immer öfter beginnen die Gäste, wild durcheinander zu reden. Frank Plasberg hat Mühe, die Kontrolle über die Diskussion zu behalten. Selbst ihm als Moderator fahren die Gäste manchmal über den Mund. Die Überzeugungen sind deutlich, doch zueinander finden die beiden Seiten nicht. Einzig Hubertus Heil will sowohl als auch: Er verwahrt sich gegen „ideologisierte Debatten“. Man müsse Bauen, aber auch die Preise bremsen. Mit Enteignen könne er er „als Sozialdemokrat nichts anfangen“. Sowohl öffentliche als auch private Investitionen seien im Kampf gegen Wohnungsknappheit gefragt. Der SPD-Mann gibt sich betont moderat, betont wirtschaftsfreundlich, vor der Wahl will man die moderaten Wähler nicht mit Berliner Politik verschrecken. „Unser Modell ist ein anderes.“ Von Anfang bis Ende will Heil nichts mit Sozialismen zu tun haben: „Unwahrscheinlich“ nennt Heil sogar die Möglichkeit einer Rot-Rot-Grünen Koalition nach der Bundestagswahl.

Das ist das, was man von dieser Runde vor allem mitnimmt: Die SPD will angeblich nicht ganz so links, wie manche es sich wünschen würden. Laut Heil kein Linksrutsch. Ansonsten bleibt die Debatte in erwarteten Mustern und bekannten Phrasen. Leider versäumt es die Runde, über die wahren Preistreiber auf dem Wohnungsmarkt zu sprechen. Die Inflation wird in 60 Minuten mit keinem Wort erwähnt. Lebhaft gehts zu bei „Hart aber Fair“, aber neue Ideen liefert keiner so wirklich. Die vorgezeichneten Fahrwasser will niemand verlassen.

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Kommentare ( 29 )

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U.M.
3 Jahre her

Warum werden nicht die größten Mietentreiber angesprochen. Die Nebenkosten wie z.B. Heizen, Wasser, Grundsteuer,Versicherungen u.v.m. Da halten sich die Politiker sehr bedeckt. Der Kleinvermieter von 2 oder 3 Wohnungen hält seine Kaltmiete recht moderat. Dadurch verhindert er eine große Fluktuation von Mietern und das kann ja nur in seinem Interesse sein.

Eberhard
3 Jahre her

Ich habe mir als Berliner die Sendung angesehen und war entsetzt über wie weit gerade in Berlin die DDR schon wieder grüßen lässt. Berlin ist eine Mieterstadt und die Politiker scheinen stolz darauf. Der Staat oder kommunale Verwaltungen, dieses Mal unter Bevormundung linksgrüner sozialistischer Politiker wollen entscheiden wie die Menschen zu leben und zu wohnen haben. Gerade die, die die Hauptschuld an den jetzigen Verhältnissen haben, schreien nun nach Enteignung und wollen alle zur Kasse bitten, um ihre Versäumnisse zumindest abzumindern. Deutschland ist das Land in der EU mit dem geringsten persönlich genutztem Wohneigentum. Berlin dazu noch in Deutschland ganz… Mehr

November Man
3 Jahre her

Es sind gerade die Multikultis, die Linken, die Roten und die Grünen die mit ihrer grenzenlosen Migrationspolitik für Wohnungsknappheit und somit für steigende Mieten sorgen.
Es sind die Grünen die mit ihrer unsinnigen Co2-Preistreiberei für höhere Preise und die Verarmung der Bürger sorgen.
Es sind die allgemeinen Linken, die dieses Land und seine Menschen kaputtmachen.
»Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Gesellschaft zu besiegen und zu versklaven: Mit dem Schwert oder mit Verschuldung.«
John Adams

Candida Albicans
3 Jahre her

Da kann man noch so grün und links sein, an der Realität kommt niemand vorbei. Ich wohne in einer Stadt mit einem grünen Oberbürgermeister (nein, nicht der, an den Sie jetzt denken). Vor einiger Zeit wurde damit begonnen, ein großes, freigewordenes Areal durch die im Eigentum der Stadt befindliche Wohnungsbaugesellschaft zu bebauen. Nachdem ein Großteil der Wohnungen fertiggestellt ist, werden diese nun vermarktet. Seit vielen Wochen sehe ich nun immer die gleichen Wohnungen auf den üblichen Immobilienportalen. Obwohl in halbwegs guter Lage und gut ausgestattet, tut man sich offensichtlich schwer, diese an den Mann (m/w/d) zu bringen. Bei manchen Wohnungen… Mehr

Ingolf
3 Jahre her

Momentan lassen wir (privat) leider 3 Wohnungen unvermietet. Der Grund ist einfach: Bei 2 Wohnungen soll in naher Zukunft das Haus verkauft werden und unvermietet verkauft es sich einfacher (lt. Aussagen verschiedener Makler). Die dritte Wohnung würden wir gerne vermieten, aber vielleicht würden wir wg. der Lage (Terrasse mit Ostseeblick) in einigen Jahren dort gerne selbst einziehen. All das wäre kein Problem, wenn es wieder den „alten“ Zeitmietvertrag geben würde. Da wissen Mieter und Vermieter genau woran sie sind. Mittlerweile ist nur noch der „qualifizierte“ Zeitmietvertrag möglich, der nur in sehr begrenztem Umfang eine Kündigung durch den Vermieter möglich macht.… Mehr

Markus Gerle
3 Jahre her

Solche Diskussionen bringen nichts, da keiner wirklich ehrlich ist. Am Ende des Artikels wurde meine Meinung bestätigt, dass es nicht sinnvoll ist, solche Talk-Shows im Staatsfernsehen anzuschauen. Nach den Ursachen für die hohen Mieten wurde offensichtlich nicht gefragt. Nun, die Ursache sind die hohen Immobilienpreise. Nach den Ursachen für die hohen Immobilienpreise wurde natürlich auch nicht gefragt. Ein Herumdoktern an den Symptomen der eigentlichen Ursachen bringt natürlich nichts. Man müsste ehrlich werden und die Ursachen angehen. Hauptpreistreiber beim Wohnen ist jedoch der Staat. Der Staat hat in den letzten Jahren das Wohnen systematisch verteuert. Zunächst einmal goutiert unser Staat die… Mehr

minthi
3 Jahre her

Warum wurden die Grünen in der Sendung nicht mit ihrem Parteiprogramm entlarvt? Dort steht, dass der Mietspiegel zukünftig nach dem Durchschnittswert der Mieten der letzten 20 (!) Jahre bemessen soll und nicht wie momentan nach den letzten 6 Jahren. Dieser unscheinbar wirkende Satz wirkt doch schon wie ein „Supermietendeckel“ und würde in vielen Städten sogar zur Mietenabsenkung führen. Die Folgen gerade für Kleinvermieter wären fatal

Boudicca
3 Jahre her

Wie immer redet hier eine Runde von eher mehr als weniger durch deutsches Steuergeld finanzierten „Experten“ darüber wie das Geld und Vermögen der anderen umverteilt werden soll.
Wenn man jedes Jahr mehrere hunderttausend Ausländer aufnimmt und voll finanziert, wird das Wohnraumangebot ebenfalls knapper. Einfache Rechnung.

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Ich glaube eine Frage wurde ganz außen vor gelassen . Wenn wir eine rückläufige Geburtenrate haben, sich aber ein Defizit bei der wohnraumbeschaffung auftut, muss man da nicht an die Wurzeln des Übels direkter herangehen? Gewiss, wer möchte nicht auf Prenzlauer Berg wohnen, denn wenn schon Berlin,dann aber richtig. Nur denke ich, dass da nicht alle reinpassen, die hin wollen. Das wäre die eine Seite der Medaille, die andere besagt, in welchem Wohngrundgesetz verankert ist, das das Individuum genau diesen Anspruch hat. Und über diesen sehr naiven Fragen treibt mich um, wo denn alle unsere neuen Staatsbürger die Wohnungen finden,… Mehr

Armemichel
3 Jahre her

Nette Ideen aber leider vollkommen nutzlos. Der Elefant im Raum wird wieder mal nicht gesehen. Dieser heißt Massenzuwanderung. Der Zustrom nach D beträgt z.Z. (nur) 200.000 Menschen jährlich. Wenn diese paarweise „nur“ 4 Kinder (jeweils im Abstand von 2 Jahren) und diese im Alter von 20 Jahren wieder „nur“ 4 Kinder bekommen ergibt sich hieraus in 60 Jahren ein Zuwachs von 75 Millionen Menschen. Die schon hier lebenden Menschen mit muslimisch-migrantischem Hintergrund haben sich innerhalb von 50 Jahren verzehnfacht. Deren weiterer Zuwachs kommt dann noch on Top. Ich denke, dass in 60 Jahren mit rd. 120 millionen Muslimen in D… Mehr