Ein Habeck-Meme artet zum Kampf über die Deutungshoheit aus

Polizei im Morgengrauen an der Tür wegen Habeck-Meme: Was als absurder Fall in Ampel-Deutschland begann, weitet sich zum Krieg um die Deutungshoheit aus. Habecks Apologeten wollen im Wahlkampf die Realität „framen“. Für Trubel sorgt die Kommunikation der Staatsanwaltschaft.

picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Vor wenigen Tagen inszenierte sich Robert Habeck noch als Kuschelkanzler am Frühstückstisch, an den er jeden einladen wollte. Heute ist dagegen klar: Wer einen falschen Post auf X teilt, muss damit rechnen, dass die Hausdurchsuchung ansteht, weil der Wirtschaftsminister persönlich Strafantrag gestellt hat.

Der Fall hätte schnell erledigt sein können: Habeck zieht seinen völlig überzogenen Antrag zurück, sieht den Fehler ein und macht am Küchentisch weiter. Stattdessen erreicht der Streit um das Meme und seine Konsequenzen eine Eskalationsstufe, die man am Dienstag mit Sicherheit nicht erwartet hätte.

Eine gewichtige Rolle spielt dabei die Staatsanwaltschaft. Das gilt nicht nur für die angeordnete Hausdurchsuchung, weil Habecks Amtsarbeit wegen der Beleidigung gefährdet würde. Letzteres steht in der zuerst öffentlich gewordenen Erklärung. Als Grund für die Durchsuchung wurde dort nur die Beleidigung angegeben. Der Account-Besitzer hatte einen Post geteilt, in dem auf die Werbung der Firma Schwarzkopf angespielt wurde und Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnet wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob Habeck den Strafantrag selbst gestellt hatte. Die erste Verteidigungslinie der Habeck-Treuen lautete daher: Habeck habe den Antrag gar nicht selbst gestellt.

Dieses Narrativ bildete den Schlachtruf der einen Front auf X. Es ist kein Zufall, dass dieselbe Plattform, auf der das Habeck-Meme veröffentlicht wurde, nunmehr auch Austragungsort zwischen Befürwortern der Meinungsfreiheit und Habeck-Anhängern geworden ist. Habeck selbst hat sich auf die Fahne geschrieben, eben diese Plattform zu regulieren, und eben auf diesem Feld testet auch Elon Musk aus, ob sein US-Programm auch auf den europäischen Raum übertragbar ist.

Derzeit sieht es nach einem 1:0 für Musk und das Team Meinungsfreiheit aus. Denn die von Altmedien und Aktivisten verbreitete grüne Apologie fiel wie ein mißlungenes Soufflé in sich zusammen, als die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass Habeck tatsächlich den Antrag gestellt hatte. Wieder hielt die konstruierte Realität nicht stand.

Nachdem diese Verteidigungslinie gebrochen war, sorgte eine weitere Mitteilung der Staatsanwaltschaft Bamberg für Aufsehen. Sie wurde für die wankenden Linken zu einem letzten Strohhalm. Denn anders als in der eigentlichen Durchsuchungsbegründung führte sie einen Anfangsverdacht von Antisemitismus auf. Im Folgenden die beiden letzten Absätze der Stellungnahme:

„Es besteht weiterhin der Anfangsverdacht einer Volksverhetzung gem. § 130 StGB, da dem 64-Jährigen darüber hinaus vorgeworfen wird, im Frühjahr 2024 auf der Internetplattform ‚X‘ eine Bilddatei hochgeladen zu haben, auf der ein SS- oder SA-Mann mit dem Plakat und der Aufschrift ‚Deutsche kauft nicht bei Juden‘ sowie u.a. der Zusatztext ‚Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!‘ zu sehen ist.

Die Wohnungsdurchsuchung erfolgte im Zusammenhang mit einem bundesweiten Aktionstag gegen antisemitische Hasskriminalität im Internet. Die weiteren Ermittlungen gegen den Beschuldigten werden durch die KPI Schweinfurt und die Staatsanwaltschaft Bamberg geführt.“

Die beiden Absätze nahmen Habeck-Verteidiger zum Anlass, all jene der Desinformation und Lüge zu bezichtigen, die es vorher gewagt hatten, zu behaupten, die Hausdurchsuchung sei aufgrund der Beleidigung Robert Habecks geschehen. Auf X sprangen Konstantin von Notz (Grüne), Dario Schramm (SPD) und Ruprecht Polenz (CDU) als bekannte Aushängeschilder der Habeck-Versteher in den Ring, aber auch Journalisten der alten Medien behaupteten frech, dass dies nur passiere, weil man nicht den Standard ihrer eigenen Berichterstattung hielt.

Spätestens ab dem Zeitpunkt war die Debatte um das Habeck-Meme zu einer Debatte über Meinungsfreiheit, Deutungshoheit, vermeintliche und echte Desinformation ausgeartet – also eben jener Krieg um die Meinungsfreiheit, wie er hier schon beschrieben wurde. Es ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie mit Texten, Textdeutung und Auslassungen gearbeitet wird. Es ist jene Form von Manipulation, die zum Abstieg der alten Medien und zum Aufstieg neuer Medien geführt hat, und ein zentraler Nexus zum Verständnis der Auseinandersetzung um X.

Denn die Argumentation, dass die Durchsuchung gar nichts mit Habeck zu tun hat, krankt bereits an der Überschrift. Sie lautet: Beleidigung zu Lasten des Bundeswirtschaftsministers Dr. Habeck im Internet – Wohnungsdurchsuchung im Landkreis Haßberge. Und nicht etwa: Hausdurchsuchung wegen Antisemitismus/Volksverhetzung.

Zweitens stehen die Absätze am Ende als Zusatz, und nicht als Begründung. Die Durchsuchung erfolgte „in einem Zusammenhang“ und nicht „wegen“ eines Aktionstages. Bei dem Passus zur Volksverhetzung geht es um einen „Anfangsverdacht“ aus dem Frühjahr 2024 und nicht die Hauptangelegenheit.

Wie begründet der Antisemitismusverdacht ist, zeigt ein Blick auf das SA-Meme, das in einem Kontext steht: Es bezog sich eben nicht auf Juden, sondern war ein Vergleich, der auf den Müllermilch-Boykott abzielte. Das mag man für einen unpassenden, überzogenen, auch geschmacklosen Vergleich halten – aber „Antisemitismus“ und „Volksverhetzung“ scheint in diesem Zusammenhang als Vorwurf wohl kaum Bestand zu haben.

Gegenüber der Bild-Zeitung sagt der 64-jährige Stefan Niehoff (auf X: IchbinsFeinet) explizit: „Das habe ich gepostet, als sich der Müller-Milch-Chef mit der AfD-Chefin Alice Weidel getrof­fen hatte und es danach Boy­kottaufrufe gegen Müller gab. Ich wollte sagen, dass es fast wie damals sei.“

Am wichtigsten sind jedoch die beiden Absätze davor, die Habeck-Apologeten wissentlich aussparten, indem sie die nachfolgenden Absätze rot unterstrichen, und so das Unwichtige betonten, um das Wichtige abzuschwächen. Zitat:

„Dem Tatverdächtigen wird vorgeworfen, im Frühjahr / Sommer 2024 auf der Internetplattform ‚X‘ eine Bilddatei hochgeladen zu haben, die eine Porträtaufnahme des Bundeswirtschaftsministers Dr. Robert Habeck mit dem an den Werbeauftritt der Fa. Schwarzkopf angelehnten Schriftzug ‚Schwachkopf PROFESSIONAL‘ zeigt. Durch Herrn Dr. Habeck wurde Strafantrag gestellt.

Wegen des Tatverdachts einer gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung gem. §§ 185, 188, 194 StGB erfolgte am vergangenen Dienstag, 12.11.2024, eine richterlich angeordnete Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten durch Polizeibeamte der Kriminalpolizei Schweinfurt. Hierbei konnte ein Tablet des Beschuldigten sichergestellt werden.“

Die Staatsanwaltschaft bestätigt also exakt das, was die freien Medien von Anfang an so geschrieben haben: Robert Habeck hat einen Strafantrag gestellt und die Hausdurchsuchung fand aufgrund der Beleidigung des Bundeswirtschaftsministers statt.

Geradezu entlarvend ist dabei, wie viele Accounts von Politikern, Journalisten und Aktivisten ausgerechnet diese Stellungnahme vorzeigten, um angebliche Falschmeldungen zu propagieren und zu behaupten, dass alles anders gewesen sei – obwohl im selben Text exakt der Hergang steht, den sie zu „Fake News“ deklarieren wollten.

Warum die Staatsanwaltschaft am Freitag den Passus zum Anfangsverdacht und Aktionstag hinzufügte, bleibt dabei ein Rätsel. Denn das Team von NIUS, das zum Betroffenen fuhr, hat gezeigt, dass diese Absätze im Original nicht vorkommen. Dort hält Niehoff nämlich die Begründung für die Durchsuchung ins Bild. Es handelt sich exakt um den Bescheid, der auch am Mittwoch schon bekannt war. Darin findet nur die Beleidigung Habecks Erwähnung.

Der Vorfall hat damit innerhalb weniger Stunden eine völlig neue Dimension erlangt. Fakten sollen zu Fake News deklariert werden, um das Ansehen Habecks zu wahren. Statt einen Schlussstrich zu ziehen, wartet Habeck am Küchentisch gemütlich ab. Armeen von Habeck-Verteidigern versuchen die Realität zu „framen“, indes auf X unabhängige User und Journalisten der unabhängigen Medien versuchen, den Hergang aufzuzeigen als das, was er ist.

Welche Wellen von „Schwachkopfgate“ ausgehen, zeigt, dass der Fall schon zu Elon Musk durchgedrungen ist, der das Ganze mit einem „Yikes“ kommentierte.

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Kommentare ( 267 )

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Fatmah
29 Tage her

Am Erschreckensten ist, wie schnell heute Hausdurchsuchungen angeordnet werden. Einst wurden so Kinderpornoringe oder Wirtschaftskriminelle ausgehoben.
Heute reicht ein derber Scherz schon aus damit die Unversehrtheit der Wohnung verletzt werden darf und der Staat in der Intimität der Bürger herumstöbern darf. Das ist staatlicher Rufmord, in der DDR wurde sowas zumeist heimlich durchgeführt ohne das die ganze Nachbarschaft Bescheid wusste, die Ehefrau die schmutzigen Geheimnisse des Mannes zu sehen bekam usw.

Das dumme Leute meistens mit einer besonders überhöhten Eitelkeit ausgestattet sind, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Mathias
1 Monat her

Guten Tag zusammen,
ich konnte es einfach nicht lassen;
hier:
https://chng.it/ybHN7gTRL6
Seid gegrüßt und habt einen schönen Sonntag
Mathias

carl
1 Monat her

@Endlich Frei

Ich könnte mir vorstellen, daß die Firma „Schwarzkopf“ da etwas gegen hätte – das könnte den guten Ruf des Unternehmens beeinträchtigen.

Edward S.
1 Monat her

Bei der Staatsanwaltschaft gibt es jetzt „Aktionstage“. War wohl am Red Nose Day, das Ereignis. Da die Staatsanwaltschaft ja sonst gegen echte Kriminalität eher untätig bleibt, sollte vielleicht noch ein diesbezüglicher Aktionstag eingeführt werden. 1 Tag Rechtsstaat, hach wäre das schön!

reconquistadenuevo
1 Monat her

Ganz abstrakt betrachtet, bin ich der Auffassung, dass Schwach – und Dummköpfe (m/w) nicht mit der Leitung eines Ministeriums, insbes. auch nicht eines hochkomplexen Wirtschafts – und Außenministeriums, betraut werden sollten.

Schiffskoch
1 Monat her

Danke für ihren tollen Bericht Herr Galina. DIe Staatsanwaltschaft und der unterzeichnende Richter haben das Recht gebeugt. Jetzt versuchen sie den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, indem sie einen „Anfangsverdacht“ nachschieben, der an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Das spielt aber auch gar keine Rolle, sondern es geht nur darum was im Durchsuchungsbeschluss steht. Und da geht es um Beleidigung, um sonst nichts. In einem Rechtsstaat würde zumindest der Staatsanwalt zur Rechenschaft gezogen, denn er täuscht mit seiner Presseerklärung das Volk, verbreitet freche Lügen. Da hilft auch nicht die Formulierung „des weiteren“, denn der Boykott Tweet steht ja in… Mehr

Unglaeubiger
1 Monat her

Warum klagen Bürger nicht wegen der Beleidigungen gegen das Volk von Politikern z.b. Pack, Pöbel etc. Warum wird nicht wegen Verschleuderung/Veruntreung des Volksvermögens geklagt, wegen Korruption, wegen Habecks Äußerung, dass er mit Deutschland nix anfangen kann, steht doch im krassen Gegensatz zum Amtseid usw.???? Ich kenne keinen Arbeitgeber, der sich das auch nur annähernd bieten lassen würde und auch Arbeitsgerichte würden wegen unwiderruflicher Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses einem Aufhebungsvertrag zustimmen. Die Menschlein hätten wesentlich mehr Macht, warum ergreifen sie diese nicht? Weil man es ihnen eingeredet hat? Weil sie feige, desinteressiert und/oder unwissend, bequem sind? Weltweit, das gleiche Spiel. Die Menschlein… Mehr

Edward S.
1 Monat her
Antworten an  Unglaeubiger

Immer noch nicht mitbekommen, dass es in Teuschland keine unabhängige Justiz, sondern nur eine weisungsgebundene gibt?

Marcel Seiler
1 Monat her

Ich bin fassungslos, dass die deutsche Justiz unter diesen, m.E. komplett widerrechtlichen Vorwänden, eine Hausdurchsuchung veranlasst. Wie kann es so weit kommen?

Die Geschichte gibt Hinweise. Immer wieder wurde gefragt, wie es denn kommen konnte, dass die Justiz sich der Hitler-Diktatur so schnell unterwarf. Heute kann man sehen, wie so etwas passiert: Die Justiz unterwirft sich dem Zeitgeist, einfach weil es der Zeitgeist ist. Und weil Ärger mit den Herrschenden droht, wenn man sich nicht anpasst. Das wirkliche Recht kommt da eben unter die Räder.

K.Behrens
1 Monat her

Robert ist ein aus dem Germanischen stammender männlicher Vorname. Wie wäre es mit „Roberta“?

Juergen Semmler
1 Monat her

“ Nicht an den Worten, sondern an den Taten werdet ihr mich erkennen „.

Ach Gottchen, auf welche Person(en) trifft das nochmals zu ?

Herrgott noch mal….der/die/das/divers …. kommt wohl aus Hohlstein oder so ähnlich….