Tichys Einblick
Schwachkopfgate

Habeck: Der Küchentisch-Mythos ist erledigt, bevor er begann

Ein Schwachkopf zu viel: Wegen eines Strafantrags gegen ein Meme ruiniert Robert Habeck sein Image auf der Plattform X, auf die er siegessicher zurückkehren wollte. Stattdessen dominiert eine realitätsentrückte Selbstrührung. Dabei hätte sich das alles ganz einfach vermeiden lassen.

picture alliance / Eibner-Pressefoto

Robert Habeck ist auf X zurück. Wie X funktioniert, das hat Habeck jedoch – wie ein Großteil der deutschen Politiker – nicht verstanden. Wie in einem Radio- oder Fernsehprogramm sendet er. Schiesst Posts und Videos in den Raum. Ob das berüchtigte Küchentisch-Video – oder Schnipsel vom Grünen-Parteitag, die ihn als beliebten Kumpel-Typ zeigen sollen.

Doch all das verpufft. Denn X ist kein Sender-Medium, das nur eine Richtung kennt.

Seit dem 12. November stand Habecks Account still, und User fragten sich bereits, wann denn der Wirtschaftsminister wieder twittern würde. Denn just am 13. November nahm das Drama um Stefan Niehoff seinen Lauf. Mittlerweile avanciert der 64 Jahre alte Unterfranke zum Internet-Meme. Er hatte einen Post geteilt, in dem Habeck als „Schwachkopf“ tituliert wurde und war deswegen mit Hausdurchsuchung belangt worden.

 

Dutzende, wenn nicht hunderte User nehmen das derzeit zum Anlass, unter jeden von Habecks Glückshormon-Tweets zum eigenen Parteitag an die Hausdurchsuchung zu erinnern, deren Ursache in einem Habeck’schen Strafantrag liegt. Das Bild, das Niehoff bietet, ist das eines Normalbürgers, als alter weißer Mann in der Rente übrigens ein Typus, der in Deutschland deutlich häufiger verbreitet ist als Küchentisch-Habeck, der besserverdienende Singles anspricht.

Der Kontrast verdeutlicht das Drama. Da ist der Normalo mit der Tochter, die Down-Syndrom hat, und auf X mal bessere, mal schlechtere Memes teilt, wie es unzählige andere User auch tun. Auf der anderen Seite steht ein grüner Kanzlerkandidat, der dazu auch noch geliebt werden will. Er redet vom Küchentisch und Angeboten an die Bürger. Aber X, das Medium, das nie in eine Richtung allein geht, lässt er als Option verstreichen. Auch er sieht darin nur ein Megafon.

Habeck könnte der PR-Krise ein schnelles Ende bereiten. Er könnte etwa auf X antworten, statt die Parade der Selbstrührung zu dokumentieren, die das grüne Milieu derzeit aufführt. Oder er könnte sich mit Niehoff publikumswirksam zusammensetzen. An einen Küchentisch etwa. Er könnte auch – das wäre der einfachste Weg – den Strafantrag öffentlich zurückziehen. Und den Schwarzen Peter an Staatsanwaltschaft und Polizei schieben, die es übertrieben haben.

Habeck könnte das tun, was er am besten kann: gerührt sein.

Aber Selbstrührung ist eben keine echte Rührung. Sie kreist um das Ego, nicht um ein Objekt, nicht um den Anderen. Dass Habeck nun nach einer halben Woche keinen Anlass zur Aktion sah, sagt mehr über ihn aus, als man wissen will. Mittlerweile berichten auch die etablierten Medien. Und offenbar weiß man in Habecks Büro sehr wohl über den Fall. Das lässt ausrichten: Man zeige sich „verwundert“.

Eher verwundert jedoch der Umstand, dass man nichts unternimmt, um diese „Verwunderung“ abzustellen.

Noch gibt es einige letzte Kameraden, die versuchen, das Narrativ zu streuen, die Hausdurchsuchung sei nicht aufgrund der Beleidigung, sondern einer angeblich antisemitischen Äußerung erfolgt. Zu dieser Strategie aus Auslassung und Manipulation wurde gestern schon alles gesagt. Die Folgestrategie, den Kopf in den Sand zu stecken, dürfte angesichts der wachsenden Bedeutung von X nicht mehr aufgehen.

Zu groß ist das Potenzial an Memes. Stefan Niehoff ist bereits jetzt das, was das Eichhörnchen Peanutin in den USA war. Er ist zu einer Chiffre geworden. Als Opfer staatlicher Übergriffigkeit.

Der Mythos vom Küchentisch-Habeck ist damit bereits zerbrochen, bevor er sich festsetzen konnte. Seit April 2023 hat Habeck mehr als 700 Anzeigen wegen Hassnachrichten erstattet. Eine dagegen richtete sich auch gegen Welt-Autor Rainer Meyer alias Don Alphonso. Stein des Anstoßes auch hier ein Post: „ein Wirtschaftsminister, der in einer Gruppe von Bahnhofsalkoholikern nicht negativ auffallen würde“.

Meyer hat den Fall in seiner Welt-Kolumne öffentlichkeitswirksam dargestellt. Anders als sonst befindet sich sein Text nicht hinter der Bezahlschranke. Ihm drohten „über 3200 Euro plus Kosten des Verfahrens wegen jenes Gummiparagraphen 188 StGB“. Der Paragraph, so Meyer, gebe „jedem weinerlich-selbstverliebten Selbstdarsteller bis hinunter auf die kommunale Ebene ein Mittel in die Hand, mit Massenanzeigen ohne Risiko und Kosten für sich selbst gegen Andersdenkende vorzugehen, nach dem Motto, bestrafe einen, erziehe hundert“.

Meyers „Vergehen“ – ein Tweet:

Don Alphonso hat den Prozess gewonnen. Stefan Niehoff gewinnt den Prozess gegen Habeck bereits, bevor er begonnen hat. Grund dafür ist Habeck allein. Den PR-Gau hat er ganz allein zu verantworten. Weil jemand, der Kanzler werden will, es nicht verkraften konnte, dass jemand im Internet ein böses Wort über ihn verliert. Der Anspruch, alle Menschen zu lieben, zersplittert im Angesicht eines Rentners und seiner Tochter, die zu jenen „sozial Schwachen“ zählen, die die Grünen vorgeben, im Blick zu haben, und denen sie mit ihrer Politik am meisten schaden.

— Trusted Flagger Didi 📯 (@LiberalMut) November 15, 2024

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