Die Grünen stehen in den Umfragen bei rund 10 Prozent. Es sind voraussichtlich – so denn alles nach dem Scholz-Merz-Drehbuch funktioniert – noch drei Monate bis zur Bundestagswahl. Drei Monate vor der letzten Bundestagswahl, also im Juni 2021, sah das ZDF-Politbarometer die Grünen bei über 20 Prozent.
Die Grünen sind demnach auf ihre Stammwähler zusammengeschrumpft. Die Umfragewerte des Spitzenkandidaten Habeck haben nur die halbe Schlagkraft der Spitzenkandidatin Baerbock. Das sollte ernüchtern. Stattdessen küren die Grünen den Noch-Minister zum Kanzlerkandidaten.
Sie lassen dabei keinen Zweifel daran: Habeck, das ist einer der ihren. Die traditionellen Medien, die über Radio und Fernsehen senden, hüllen den Kandidaten in einen wohligen Meinungsmantel.
So wird Realität geformt statt abgebildet. Die Grünen wähnen sich selbst auf Augenhöhe mit Union und SPD. Dass ihnen dieses „Framing“ gelingt, haben sie den Framing-Anstalten zu verdanken. Wenn auf dem Parteitag mit Mathias Ilka ein Grüner Risse in diese grün-konstruierte Realität treibt, dann ignorieren es die Verantwortlichen. Auf X ist diese grüne Realität längst zerbrochen: Unter den Beiträgen grüner Politiker tummeln sich Kritik und Spott.
Hier zeigt sich der Zustand des etablierten Journalismus, der seine Funktion als „gate keeper“ erfüllt. Zu Tante Erna darf die Realität nicht durchdringen. Etwa, dass der knuffige Habeck mit seinen Anzeigen und Strafanträgen selbst bei einer Hausdurchsuchung nicht zurückschreckt, sondern das Opfer noch als Antisemiten verunglimpft. Oder dass außerhalb des 10-Prozent-Milieus die grünen Ideen verwelkt sind.
Nicht Habeck. Bei Habeck reicht es, wenn er sagt, dass „Schwachkopf“ nicht die schlimmste Beleidigung gewesen sei. Es suggeriert, dass es dieses Opfer geben musste, weil es noch viele weitere Beleidigungen und Drohungen gab. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das eigentliche Opfer ist: Robert Habeck.
Selbstrührung und Entrückung sind zum eigentlichen Kern der grünen Partei geworden. Rhetorisch macht die Frage ihre Runde, ob es denn Politiker gibt, die menschlicher und authentischer seien. Nicht auf die Inhalte kommt es an. Sondern das Gefühl. Es erinnert an die US-Wahlkampagne, als Kamala Harris stets damit begann, dass sie ein Kind aus mittelständischer Familie sei.
Die Parallelen häufen sich. Die Democrats wollten den Zusatzartikel zur Meinungsfreiheit ändern. Habeck kündigt an, den letzten Dorn im Auge zu regulieren: die Plattform X von Elon Musk, die nicht nach den Medienzirkus-Regeln tanzt. Die Meinungsfreiheit muss im Namen der Demokratie eingeschränkt werden. Damit autoritäre Führer keine Macht erlangen. Das von einem Mann, um den einen Führerkult betrieben wird.
Auch das eine Parallele zu den Democrats: Ein moralischer Mensch wird man nicht wegen Taten und Werten. Sondern weil man der richtigen politischen Ideologie anhängt. Die Hölle, das sind die anderen. Könnte man sich vorstellen, dass Alice Weidel, deren Partei nach der Merz’schen Kenia-Wende die größte Oppositionspartei anführt, eine ähnliche Aufmerksamkeit bekäme?
Habeck ist Deutschlands Kamala. Das muss im Übrigen wenig über seine Siegchancen aussagen: Denn natürlich hätte eine Mehrheit der Deutschen Kamala Harris gewählt, so sie es hätten tun können. Den Grünen reichen 15 Prozent.