Gendern im ZDF-heute

In einem Interview im Münchner Merkur vom 16. November 2021 meinte die vor Kurzem pensionierte ZDF-Moderatorin Petra Gerster, das Gendern setze sich durch: „Das generische Maskulinum hat … ausgedient.“ Stimmt das? Eine empirische Analyse.

imago Images

Unter „generischem Maskulinum“ versteht man grammatisch die Verwendung der Maskulinform einer Personenbezeichnung für eine gemischtgeschlechtliche Gruppe. Zum Beispiel: Jeder weiß das. Die Zahl der Patienten steigt usw. Dieses sprachökonomische Verfahren – in den meisten Fällen spielt die Geschlechtszugehörigkeit der einzelnen Gruppenmitglieder inhaltlich keine Rolle – begegnet im sprachlichen Alltag jedem Deutschsprecher auf Schritt und Tritt. Hier hat das generische Maskulinum nicht „ausgedient“, sondern ist sprachüblich.

Generisches Maskulinum – Gendern 29 : 2

Aber vielleicht meinte Frau Gerster nicht das alltägliche Deutsch, sondern die Sprache von Nachrichtensendungen, konkret: der Sendung ZDF-heute. Wie häufig kommt darin das generische Maskulinum vor?

Nehmen wir als Beispiel die heute-Sendung vom 15. November. Im 17-minütigen Nachrichtenteil (ohne „Sport“ und „Wetter“) tritt das generische Maskulinum 29-mal auf: „die Außenminister“, „Tausende von Migranten (an der polnisch-weißrussischen Grenze)“, „Risikopatienten ab zwölf Jahre“ usw. Übrigens verwendet es in einer Einspielung auch der Bundespräsident: „Wo Politiker und Wissenschaftler sich gegenseitig benutzen, um Ziele durchzusetzen, schwächen wir das Vertrauen (in Wissenschaft und Demokratie).“

„Ministerpräsidenten“ und „berühmte Fußballerinnen“

Wurde in der Sendung auch gegendert? Ja, zweimal, aber nicht vom Moderator und den ZDF-Reportern, sondern von Dritten. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt sagte zu geplanten Corona-Maßnahmen: „Ich hoffe sehr, dass die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen sich darauf am Donnerstag (18. November) bei der Ministerpräsidentenkonferenz einigen können.“ Ministerpräsidenten bezeichnet hier zunächst „Männer“ und dann „Männer und Frauen“. Wo ist die Logik?

Der zweite Genderbeleg stammt von der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, die zu den Motiven der Ungeimpften bemerkte (unter Anspielung auf den FC Bayern-Spieler Joshua Kimmich): „Das (die Furcht vor Unfruchtbarkeit bei jungen Frauen) ist aber nicht das Thema bei – vielleicht – berühmten Fußballerinnen und Fußballern.“

Sprachlich gendert Frau Buyx korrekt, aber sachlich ist zu fragen: Gibt es überhaupt „berühmte Fußballerinnen“? Nein, ebenso wenig wie berühmte männliche Models. Das Gendern verfälscht hier die Wirklichkeit und erfindet eine (noch) nicht existente Personengruppe: berühmte Fußballerinnen.

Warum die Medien faktisch wenig gendern

In den Medien und der Öffentlichkeit ist „Gendern“ ein großes Thema. In der Medienpraxis der Nachrichtensendung ZDF-heute kommt es aber nur in etwa einem Zehntel der möglichen Fälle vor, um ideologisch „Flagge“ zu zeigen, also mehr oder minder symbolisch. Warum? Weil Gendern erstens kompliziert ist und zweitens den Sprachfluss stört (und damit auch die Aufnahmebereitschaft der Hörer).

Ein Beispiel aus dem Bericht einer ZDF-Reporterin zur aktuellen Lage an der polnisch-weißrussischen Grenze: „Die Belarussen und Belarussinnen widersprechen den Polen und Polinnen und sagen, die Migranten und Migrantinnen hätten sich eigenständig organisiert“.

Die Reporterin hat die durchgestrichenen Wörter nicht gesagt, also nicht gegendert, sondern das generische Maskulinum verwendet – was sie übrigens auch in Bezug auf sich selbst macht: „Wir als Berichterstatter dürfen nicht in die Sperrzone“.

Fazit: Die Meinung „das generische Maskulinum hat ausgedient“ hat viel mit Wünschen, Glauben und Illusionen zu tun, aber wenig mit der sprachlichen Wirklichkeit. Oder bezog sich Petra Gerster auf ihre eigenen heute-Sendungen? Falls ja, liegt auch hier eine Illusion vor: In ihrer letzten Sendung (26. Mai 2021) endete die Partie Generisches Maskulinum – Gendern 17 : 1.

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Kommentare ( 44 )

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moorwald
3 Jahre her

Ladies first
Es hat etwas Rührendes: fast stets wird die feminine Form zuerst genannt. Vermutlich ein schwacher Nachklang ehemaliger männlicher Galanterie und Höflichkeit.
Könnte heute eher als „positive Diskriminierung“ verstanden werden. Also: Feministen (m/w/d) – erhebt euch!

schwarzseher
3 Jahre her

Ich bin gespannt, ob die Islamisten den Genderunsinn übernehmen werden, wenn sie in absehbarer Zukunft die Regierung stellen werden.

Immergruen
3 Jahre her
Antworten an  schwarzseher

Sie können sicher sein: die Moslems (ob „Islamisten“ oder nicht) werden den Genderunsinn nicht übernehmen. Das Türkische zum Beispiel kennt kein „grammatisches Geschlecht“ und ist damit ohnehin aus dem Schneider, und das Arabische, welches 2 grammatische Geschlechter kennt, als Sprache des hl. Qur’an, werden sich die Moslems nicht verhunzen lassen.

schwarzseher
3 Jahre her

Leider ist mein bereits mehrfach geäußerter Vorschlag zur Beendigung des sprachlichen Genderschwachsinns bisher ignoriert worden. Ich schlug vor, die geschlechtslose Grundform, bisher als generisches Maskulinum bezeichnet, in Zukunft als generiches Neutrum zu bezeichnen, damit die psychisch gestörten Feministinnen zufrieden gestellt sind. Im konkreten Fall hätten ann die wieder einmal bevorzugten Frauen ihre eigene Form mit der Endung -in bzw. -innen, während sich die Männer auch im konkreten fall mit der allgemeinen Form des generischen Neutrums begnügen müßten, worüber sich kein Mann echauffieren würde. Das Problem ist nur, womit sollten sich die Heerscharen der Gedönsologen sonst beschäftigen.

AlexR
3 Jahre her

Gerade eben im ZDF: die „Gesundheitsminister innen“ der Länder. Mit Kunstpause.

Es ist nervtötend. Wie auch jeder Auftritt von KGE, der BärbockIn und allen GrünInnen. Die grüne StadträtIn hier kann keinen fehlerfreien Satz schreiben. Aber über „LastenfahrradInnen“ und E-MobilitäterInnen schwadronieren. Die Errichtung einer Packstation wird als Fortschritt propagiert, demnächst werden wieder BrieftaubInnen eingesetzt.

DieGedankenSindFrei
3 Jahre her

Spannend wird es, wenn man die Gender-Fans auf bestimmte Adjektive hinweist: „verbrecherisch“ nutzt das generische Maskulinum auf „er“ + Suffix „isch“. Nach Ansicht der Genderfans hat ja dieses generische Maskulinum ausgedient und man müsste es dann so sprechen: verbrecher (pause) innenisch. Da fragt sich vielleicht jemand, was ein „Innenisch“ ist….verstehen tut das jedenfalls keiner. Das gleich gilt übrigens für „ritterlich“ (= ritter (pause) innenlich), künslterisch (= künstler (pause) innenisch) oder malerisch (= maler (pause) innenisch). Ich schlage vor, mal einen Text zu verfassen, der derartige Adjektive in großer Zahl nutzt – und ihn dann entweder den Gender-Fan vorlesen lassen oder… Mehr

Th. Radl
3 Jahre her
Antworten an  DieGedankenSindFrei

Super Idee! Gab’s im Übrigen so ähnlich schon mal! Ich kann mich erinnern, einen Kabarettisten (mit MiHiGru, obwohl es eigentlich nicht wirklich was zur Sache tut) im Radio gehört zu haben, der Aussteigerprogramme für Neo-Nazis geleitet hat. Der hat schlicht „Mein Kampf“ mit denen gelesen, danach waren etliche wieder in die richtige Richtung gedreht! Das wäre die beste und simpelste Methode, und funktioniert hat das Prinzip, wie gesagt, durchaus schon! Das wäre echt hilfreich, aber es muss wirklich unerträglich sein! Und ich glaube, ein richtig auf’s Äußerste durchgegenderter Text kommt diesbezüglich nahe dran an das Buch. Ich fürchte nur, dass… Mehr

Immergruen
3 Jahre her
Antworten an  DieGedankenSindFrei

Das selbe gilt übrigens für alle Komposita, z.B. Arzthonorar, Bäckerinnung, Gästetoilette, Künstlereingang, etc. Versuchen Sie einmal, solche Wörter zu „gendern.“ Viel Spaß!

mediainfo
3 Jahre her

Es gibt keine Logik beim „Gendern“. Es geht ja auch zuerst um die politische Botschaft, daher wird ausschließlich bei Begriffen „gegendert“, die vorzugsweise positiv oder höchstens neutral besetzt sind, als „Professorinnen“, „Nobelpreisträgerinnen“ oder eben, aburderweise, „Fussballerinnen“.

Finden Sie mal eine TV-Journalistin, die „Psychopathinnen“, „Landstreicherinnen“ oder „Kriegsverbrecherinnen“, gendert!

Anti-Merkel
3 Jahre her

Noch eine wichtige Regel zum Gendern in den ÖR-Medien: Man darf nur positiv oder neutral besetzte Wörter Gendern. Bei negativ besetzten Wörter*innen ist das generische Maskulinum gut.
Die Schlagzeile heisst also z.B.
„Trickbetrüger stehlen netten Rentner*innen ihr Erspartes“ oder „Fiese AfD-Nazis beleidigen Migrant*innen“
Nicht etwa
„Trickbetrüger*innen stehlen netten Rentnern ihr Erspartes“ (auch nicht, wenn es 2 weibliche Trickbetrüger waren, die 2 männliche Rentner betrogen haben) oder „Fiese AfD-Nazi*innen beleidigen Migranten“.

Jerry
3 Jahre her
Antworten an  Anti-Merkel

Das wird aber, wie üblich in Deutschland, nicht konsequent durchgezogen. Neulich habe ich mal ein Interview mit irgend so einem Nachwuchspolitiker*Dingens gesehen, ich glaube von den Jusos, der/die/das sagte ausdrücklich „Dealer*Innen“. Mit Sprechpause!!!

Richy
3 Jahre her

Da gibt es nur eine Möglichkeit: Sofort ab- oder umschalten, aber natürlich nicht auf Tagesschau oder Tagesthemen.Ich schaue schon seit geraumer Zeit selten bis keine Nachrichten mehr auf den ÖR. Allein wenn ich den Kleber mit seiner weinerlichen Stimme oder die Slomka sah bzw. hört, bekam ich schon einen K…krampf. Und diese Menschen (oder heißt es jetzt Menschinnen) werden auch noch von unseren Zwangsabgaben bezahlt!

Dreiklang
3 Jahre her

Warum stellen wir nicht auf Schwedisch um? Die Unterscheidung geht dort zwischen „Utrum“ und „Neutrum“ und die Sprache ist perfekt gegendert seit langer Zeit schon. Ohne dass das jemals aufgefallen wäre.

Anti-Merkel
3 Jahre her
Antworten an  Dreiklang

Wenn die sehen, wie schön die Sprachen in Deutschland und Frankreich verunstaltet werden, lassen sie sich auch noch etwas einfallen, damit ihre Sprache auch „gerechter“ werden kann.

Anja W.
3 Jahre her

Die normative Grammatik regelt die Sprachverwendung über Regeln, die eingehalten werden müssen, um ‚richtig‘ zu sprechen. Die moderne deskriptive Grammatik beobachtet und beschreibt Veränderungen in der Sprachanwendung und passt sie dann bestimmten Gewohnheiten im sprachlichen Ausdruck der Sprechenden an. Sprache verändert sich und das war immer so. Die Gendersprache verhindert das freie Spiel kommunikativer Äußerungen und setzt wieder auf Normativität und Zwang, und das aus rein ideologischen Gründen, die der Sprache völlig fremd sind.