Finanzminister Lindner gibt bei Maischberger den Weihnachtsmann

Steuern senken, Haushalt sanieren und in Schienen investieren. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verspricht bei „Maischberger“ viel. Es gibt nur ein Manko: Er wird überhaupt nicht konkret.

Screenprint: ARD/maischberger

Doch. Christian Lindner hat durchaus volle und rosige Wangen. Wie diese zustande kommen, darüber spricht man dieser Tage besser nicht. Und ein Bart – nun ja – ist auch da. Vollbart wäre als Beschreibung jetzt übertrieben. Aber für eine Kellerparty der Jungen Liberalen würde es reichen. Also ja, eine gewisse Ähnlichkeit zum Weihnachtsmann ist beim deutschen Finanzminister da. Mit viel gutem Willen.

Und Lindner übt sich bei „Maischberger“ auch mal in einer Art Hohoho. Zuerst sagt er, die FDP habe leider im Bundestag keine absolute Mehrheit. Hammergag. Den lacht Lindner auch selbst an. So will er das Publikum bewegen, in sein Gelächter einzusteigen. Doch das bleibt ruhig. Eisig ruhig. Wäre es ein Western, ein Sagebrush (Strauchknäuel) würde jetzt vorne durchs Bild wehen. Doch es ist eine Talkshow. Das heißt, für einen Politiker: Er packt weiter die Inhalte aus, die er vorbereitet hat. Unbeirrt. Weitgehend.

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In einem goldenen Moment bringt Sandra Maischberger Lindner aus seinem Konzept. Er hat gerade die 30 Milliarden Euro des „Entlastungspakets“ angepriesen, jetzt will er das Publikum auffordern, die Internetseite seines Ministeriums zu besuchen, um dort die Liste an Geschenken nachzuschlagen, die sein Haus an die Haushalte verteilt. Da unterbricht ihn Maischberger. Ob er gerade direkt in die Kamera schaue? Ob er gerade eine Werbeansprache halte? Sie lacht ihn aus. Wirklich aus. Lindners Gesichtszüge entgleiten und noch besser: Er bringt seine Sprachregelung nicht zu Ende.

Ansonsten hängt es für den Zuschauer davon ab, welcher Typ er ist. Lässt sich der Zuschauer in die Rubrik „gläubiges Kind“ einordnen, dann ist Lindner bei Maischberger der Weihnachtsmann, der tüchtig verspricht: Wenn die Löhne steigen, soll es eine Steuersenkung geben, damit die höheren Löhne nicht durch die Steuer aufgefressen werden. Steuererhöhungen werde es nicht geben. Aber dafür „Rekordinvestitionen“ ins Schienennetz. Und die Verschuldung des öffentlichen Haushalts werde ebenso enden. Weniger einnehmen, mehr ausgeben und unterm Strich trotzdem mehr Geld haben – oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter.

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Doch wer sich als Zuschauer der Rubrik „Anhänger der Logik“ zugehörig fühlt, für den ist Lindners Auftritt bei Maischberger wie ein heftiges Jucken an der Stelle des Rückens, an der man sich selbst nicht kratzen kann. Und Maischberger springt nicht helfend ein. Zu zentralen Aussagen Lindners unterlässt sie Nachfragen: Über 300 Milliarden Euro haben die staatlichen Stellen laut Statistischem Bundesamt zusammen erwirtschaftet – allein in den Jahren 2020 und 2021. Gleichzeitig nimmt die Verrentung zu, ebenso die Kosten für Pflege und Gesundheit. Wie will Lindner da staatliche Schulden beenden? Keine Aussage von Lindner. Keine Nachfrage von Maischberger.

Wie genau soll die Steuersenkung aussehen, wenn die Löhne steigen? Keine konkrete Aussage von Lindner. Keine Nachfrage von Maischberger. Wie viel der Finanzminister bereit ist, für das Schienennetz der Bahn auszugeben, wenn er von „Rekordinvestitionen“ spricht? Für welche Projekte soll das Geld ausgegeben werden? Keine konkrete Aussage von Lindner. Keine Nachfrage von Maischberger. Journalistisch ist die Ausgabe von Maischberger ein Reinfall – für den Weihnachtsmann im Finanzministerium und die gläubigen Kinder ist es ein heimeliger Spätabend.

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Für Freunde der Logik bleibt Lindners Auftritt ein quälender Juckreiz. Ob er mit dem Tankrabatt denn nicht den Konzernen ein Geschenk gemacht habe, will Maischberger wissen. Da versucht Lindner, sich mit Wortklauberei zu retten: Es gebe beim Benzin schließlich einen Weltmarkt. Hier hakt Maischberger mal nach: Gut, ob er dann den Weltmarktführern ein Geschenk gemacht habe? „Das weiß ich nicht.“ So offen hat ein Politiker selten seine Planlosigkeit eingeräumt. Es lohnt sich also nachzufragen.

Ob er den Vorschlag von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) unterstütze, die Mehrwertsteuer auf gesundes Essen aufzuheben? Nein, sagt Lindner, denn es sei nicht sicher, dass ein solcher Schritt in Form sinkender Preise bei den Verbrauchern ankomme. Wieder hakt Maischberger nach: Das wisse er beim Tankrabatt immer noch nicht. Ob der dann jetzt wieder abgeschafft werde? Nein. Einem Ende des Tankrabatts müsse erst eine „nüchterne Analyse“ vorangehen.

Es lohnt sich nachzufragen. Denn Lindner offenbart hier ein gestörtes Verhältnis zu liberalen Staatsideen ebenso wie zur Logik: Ein unsinniges Staatsgeschenk kann über Nacht eingeführt werden. Aber wenn es ohne Effekt bleibt, muss eine Rücknahme wohldurchdacht werden. Logikfreunde verzweifeln an Lindner derart, dass sie sich schon gar nicht mehr über diesen Bruch aufregen: Wer wie der Finanzminister eine unsinnige, drei Monate dauernde Leistung mit dem Verweis auf eine langwierige Analyse durchziehen will, der greift einfach nur zu einer ziemlich abgebrühten Ausrede. Hier fragt Maischberger dann wieder nicht nach.

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Immerhin beim Thema Übergewinnsteuer argumentiert Lindner deutlich und rational. Gegen diese Steuer will er sich stemmen. Würde der Staat eine solche Steuer auf erhöhte Gewinne durch Krisensituationen einführen, so argumentiert Lindner, müsse die für alle gleich gelten. Dabei verweist er auf die hohen Gewinne, die Firmen im Bereich der Wind- und der Sonnenenergie einfahren. Guter Punkt. Denn laut Dutzenden deutschen Städten befinden wir uns im „Klimanotstand“. Nach der Definition müssten die Betreiber im Bereich erneuerbarer Energien dann auch eine Übergewinnsteuer zahlen.

Lindner liefert noch ein weiteres Argument: Würde die Bundesregierung eine Übergewinnsteuer einführen, dann wäre es für international agierende Konzerne weit weniger interessant, Deutschland zu beliefern. Dem Land drohe die Situation, „weniger versorgt zu werden“. Der Finanzminister spricht also an dieser Stelle über die realistische Möglichkeit einer Versorgungskrise in Deutschland. Ein durchaus spannendes Thema. Doch Maischberger hakt nicht nach. Sodass Freunde der Logik mit einem unangenehmen Jucken aus der Sendung gehen. Metaphorisch gesprochen.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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Dr. Rehmstack
2 Jahre her

Die beste Illustration des real existierenden Irrsinns war die Szene in der Maischberger fragte, ob im Herbst eine Maskenpflicht kommen werde vor einem Hintergrund von schwarzbemasketen Maischberger Klatschhasen. Einfach irre!

Emsfranke
2 Jahre her

Im TV sehe ich mir dieses Bordpersonal des Narrenschiffes Deutschland, ausgeflaggt unter der EU-Zentralnarretei, nicht mehr an. Aber es stimmt, wo ich es gerade im Text lese, immer wenn in den letzten Monaten Abbilder dieses Bordpersonals in Medien auftauchten, befiel mich unerklärlicher Juckreiz. Jetzt ist mir die Ursache klar.
Wenn es von der Impfung verursacht würde, könnte man vermuten, Panik-Kalle hat zufiel Juckpulver beimischen lassen. Aber, es ist schon komisch, den selbst juckt ja nix.

Kommentator13
2 Jahre her

In der Sendung wurde Lindner auch gefragt, ob er seinen eingeführten Tankrabatt an den Tankstellen auch schon in Anspruch genommen hätte und tanken gefahren wäre………….(Nein, natürlich nicht, wen wundert es) Dann befand er, dass das Klimageld nicht zielgerecht sei, um die Mittelschicht und die Kleinverdiener zu entlasten. Dafür wolle er lieber die Steuern senken (wobei gerade Familien mit mittlerem und kleinem Einkommen wenig Steuern zahlen), das käme besonders den Familien zugute. Konkret wurde er auch nicht, er wollte nur etwas in Angriff nehmen, zu dem er sowieso verpflichtet ist, nämlich die Steuertabellen an die Inflation anzupassen. (Damit die Lohnerhöhungen nicht… Mehr

Waldorf
2 Jahre her

Lindners Gerede ist leider kein Einzelfall, sondern seit Merkel die politische Regel Und die Talkrunden sind nichts anderes als eine Pressekonferenz in der die offiziellen Geschichten verklappt werden, natürlich ungestört von kritischen Nachfragen, bzw von irgendeiner Nachfrage. Daher sind diese Formate eben reine Zeitverschwendung, denn der Informationsgehalt dieser Stunde läßt sich mühelos auf unter 5 Minuten komprimieren bzw auf einen Satz/Schlagzeile „Lindner bei Maischberger: Ich bin sagenhaft, meine Ideen daher auch“ Wer eher an Zahlen, Fakten, Inhalte, zeitliche Horizonte oder dgl interessiert ist, ist bei Maischberger, Will, Lanz und Co grundsätzlich fehl am Platz Dort gibt’s nur seichte Phrasen für… Mehr

Micky Maus
2 Jahre her
Antworten an  Waldorf

Glaubt denn ein einigermaßen klar denkender Mensch, daß bei Maischberger, Will, Lanz und Co etwas anderes als weitere Volksverdummung inszeniert wird? Es werden doch schon längst nur noch regimetreue Schwätzer und korrupte Politstatisten für solche Sendungen zugelassen.

thinkSelf
2 Jahre her

Das Lustige ist ja, dass da überhaupt keiner „ruhig gestellt“ wird, sondern das die Politik den Leuten seit Jahrzehnten sagt das man ihnen nun mit dem Baseballschläger direkt ins Gesicht haut. Und der völlig debile „Normalo“ bettelt mit Begeisterung um Nachschlag.

Astrid
2 Jahre her

Diese Politik kann ja kein Mensch mehr bezahlen.In Polen kann eine große Zahl der ukrainischen Flüchtlinge nicht mehr finanziert werden. Was also wird passieren? Ja, sie kommen nach Deutschland. Es ist alles in allem der blanke Irrsinn, des Irrsinns. Mal sehen wie lange noch?

Fabian S.
2 Jahre her

Der grösste Lacher ist doch, welche Löhne sollen denn steigen? Ausser die von Managern und Beamten/Angestellten ÖD/Politikern! Der Normalo bekommt vieleicht mit Glück eine Nominallohnerhöhung weit unter der Inflationsrate. Dieses Land ist fertig und löst seine Probleme mit 9EUR-Tickets, Wahlbetrug, abhängiger Justiz und Verfassungsschutz inkl. Söldnertruppen der „Polizei“.

Lars Baecker
2 Jahre her

Haushalt sanieren bei offenen Grenzen und Hartz4 für jeden der hier anklopft. Wie er das schaffen will, bleibt sein Geheimnis. Wer wissen will, warum Finanzminister Lindner sein StartUp grandios vor die Wand gefahren hat, als Unternehmer gescheitert ist, der findet in dessen dummen Geschwätz die Antwort. Der hat von Finanzen soviel Ahnung wie Lauterbach von Medizin. Wer glaubt diesen Kostgängern eigentlich noch was?

Last edited 2 Jahre her by Lars Baecker
doncorleone46
2 Jahre her
Antworten an  Lars Baecker

HerrLindner wird das gar nicht schaffen wollen – muss er ja auch nicht. Es besteht überhaupt keinen Anlass dazu, von einem Minister in Deutschland zu erwarten, dass er erfolgreich für das Land und das Volk, eine gute Arbeit abliefert.

November Man
2 Jahre her

Ein angeblicher Klimanotstand existiert nicht, nirgends. Ein reine Erfindung der Grünen Preistreiber. Diese sogenannte „Übergewinnsteuer“ wird kommen. Lindner wird gerne einknicken, denn es spült Milliarden an Steuergeld in seine bankrotten Staatskasse. Die Unternehmen müssen die Steuer an die Staatskasse zahlen und werden diese Zahlungen anschließend auf ihre Produkte aufschlagen. Im Endeffekt zahlen dann die Bürger den Preis, wie immer. Ein feiner aber linker Trick den Bürgern über einen kleinen Umweg noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen und in die Staatskassen zu transferieren. Aber altbekannt. Falsch gewählt würde ich sagen. Aber die Deutschen lernen es anscheinend nie. Sie lassen… Mehr

Kassandra
2 Jahre her

Die „Firmen der Wind- und Sonnenenergie“ – wo sind die eigentlich „ansässig“ und wo haben die ihre Produktionsstätten? Doch nicht mehr in Deutschland?
Hat nicht Nordex in Rostock neulich erst das Handtuch geschmissen und will die Produktion bis Ende Juni verlagern? Wer bleibt dann noch?
Wen will er also besteuern? Vertriebler oder Handwerker, die die Anlagen aufbauen?
Oder ist das erneut eine komplette Luftnummer?

andrea
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

@ Kassandra Besteuern müsste man- und das will er nicht- die hier ansässigen Erzeuger von Wind- und Solarstrom, die sich jetzt wegen der hohen Erzeugerpreise dumm und dämlich verdienen.
Als es nicht so gut lief, haben die Stromkunden (EEG) den Gewinn garantiert, jetzt macht es der heiß gelaufenen Markt.
Eine höhere Besteuerung wäre schwierig zu erklären, aber warum der Erzeugerpreis für diese Profiteure der Subventionspolitik nicht gedeckelt wird, ist nur mit Klientelpolitik zu erklären.