Die Zeitschrift "Stern" und andere Blätter aus dem Verlagshaus Gruner + Jahr sollen in den Trash-Sender RTL integriert werden. Die Grenzen zwischen Anzeigen und Redaktion stören. Regierungsnähe wird zum erklärten Programm.
Mitarbeiter des „Stern“ werten die Personalie als Supergau: Stephan Schäfer wird Nachfolger von Julia Jäkel, die seit 2013 den Verlag Gruner+Jahr als Chefin führte und nun gegangen ist. In einer persönlichen Erklärung teilte sie mit: „Mein Schritt, G+J zu verlassen, ist eine ganz persönliche Lebensentscheidung. Das vergangene Jahr hat auch bei mir Gedanken darüber ausgelöst, was das Leben noch mit einem anstellen kann. Diesen Gedanken möchte ich nun mehr Raum geben. Darum habe ich Bertelsmann gebeten, mir dies zu ermöglichen.“ Sie verlasse Gruner + Jahr voller Dankbarkeit. Was natürlich Beschönigung ist: In den vergangenen 10 Jahren hat Jäckel den Umsatz des einst glanzvollen Verlagshauses glatt halbiert. Der Einstieg in das Internet ist ihr nicht gelungen. Wertvolle Auslandsbeteiligungen mußte sie verkaufen, um dem Mehrheitseigner Bertelsmann Cash zu überweisen. Als weiblicher Star am Firmament der Publizistin einst gefeiert endet sie als Abwrack-Unternehmerin. Jetzt zieht sie die Konsequenzen ihres Totalversagens. Mit ihr endet die Ära des Hauses Gruner+Jahr, das einst die Medienlandschaft Deutschlands geprägt, streckenweise auch Frankreichs mitgestaltet hat. Die verbliebenen Reste werden jetzt über den Trash-Sender RTL zu Cash gemacht. Dazu gehört auch n-tv, früher ein Nachrichtensender; heute eine Art Außenstelle des Bundespresseamts.
Die Ära Schäfer beginnt
Denn er soll internen Einschätzungen zufolge weniger an sauberem und interessantem Journalismus Interesse haben als vielmehr an segensreichen Kooperationen mit der Anzeigenwirtschaft. Das sähe man schon an seiner Vita. Der 47-Jährige habe zwar die Axel-Springer-Journalistenschule absolviert, sei dann aber vom Redaktionellen ins Management abgedriftet und 2009 als Chefredakteur und Verlagsgeschäftsführer unter anderem von „Schöner Wohnen“, „Essen & Trinken“ und „Brigitte“ zu Gruner + Jahr gekommen. Dieser Karriereweg wird unter Redakteuren im Hause als verräterisch gewertet und weise eindeutig darauf hin, dass geschäftliche Interessen mit der Anzeigenwirtschaft im Vordergrund stünden. Sein Lieblingshassobjekt sei seit eh und je der „Stern“, dessen ehedem kritische Haltung allen Mächtigen gegenüber er nicht verstünde.
Aber die Zeiten seien ja ohnehin passé, denn mutmaßlich auf höchstes Geheiß sei von der journalistischen Ausrichtung in dem inzwischen mehr als 70 Jahre alten Blatt nichts mehr zu spüren. Außerdem würde Schäfer, der den größten Teil seiner Arbeitswoche bei RTL in Köln verbringe, vor allem von zwei Zielen geleitet: Zusammenlegung aus Kostengründen und Eingrenzung der journalistischen Inhalte, wenn sie die sonstigen Geschäfte gefährden würden. In punkto Zusammenlegung ist er erfolgreich gewesen: Erst kürzlich wurde der „Stern“ mit „Capital“ verheiratet und obendrein die gewollte Nähe zu RTL hergestellt. Das heißt: Weniger handfester Journalismus als vielmehr Society und sonstiges Unterhaltungstralala. Investigative Stories? Daran kann sich so recht keiner der Redakteure mehr erinnern. Oder gar gesellschaftlich bedeutende Geschichten? Die sind nur noch Erinnerungen.
Der „Stern“ leuchtet längst nicht mehr
Des Weiteren sind durch diese Personalie zwei Dinge zu erwarten: Erstens, dass es entgegen den Beteuerungen nun keinen Neubau eines Verlagshauses in Hamburg mehr geben dürfte, sondern vielmehr den sukzessiven Umzug in die Domstadt; und zweitens dürfte Schäfer demnächst auch in den Bertelsmannvorstand aufrücken. Denn Verlagsgerüchten zufolge sei Schäfer mit Konzernchef Thomas Rabe ganz eng, ja, die beiden Familien seien sogar zusammen in den Urlaub gefahren. So etwas muss sich ja irgendwann auszahlen. Schließlich war ja auch Julia Jäckel einst eng mit den früher tonangebenden Familieninhabern liiert.
Dieser Text basiert auch auf Material von Dossier B.
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Wenn jetzt der „Stern“ sinkt, geht es auch bald mit der Qualität von „RTL2 Titten mit Schnauz und Herz“ bergab. Memento mori.
Viele hier werten ja die Hitler-Tagebücher als Beginn des Niedergangs des Stern. Da muß ich leider sagen, daß ich das anders sehe. Dieser Skandal konnte nur entstehen, weil es beim Stern wohl schon zuvor ganz viele Baustellen gab. Eine Mischung aus Geltungssucht und bedingungsloser Anbiederung, die mit Journalismus nichts zu tun hatte. Für mich fällt übrigens nachträglich betrachtet- 1971 war ich als Leserin noch zu jung, da kam ich gerade in die Schule- auch der vielgerühmte Titel „Wir haben abgetrieben“ darunter. Beim Stern wollte man schon immer besser und schneller sein und das hat man auch schon immer gemerkt. Ich… Mehr
Mich wundert sowieso wie lange sich dieses Käseblatt schon hält. Inhaltlich irgendwie auf dem Niveau zwischen „Frau im Glück“ und BLÖD. Nun also wohl demnächst noch weiter reduziert auf pure Werbung für den Trash-Sender RTL. Wer kauft sowas?
Es will mir einfach nicht in den Kopf: Je stärker die Auflagenzahl des Schmierenblattes „Stern“ sanken, desto kindischer und regierungsanbeterischer wurden die Artikel.
Und die Verlagsleitung schaute diesem linksgrünen Treiben der Redaktion jahrelang ungerührt zu?
Wenn ich Verlagsleiter gewesen wäre, hätte ich die Redaktion samt dem unfähigen linken Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges längst hochkant gefeuert und statt dessen mit Kompetenz und Vernunft besetzt.
Für mich hat der Stern seine Existenzberechtigung als Zeitschrift verloren, als er nach der Pleite mit den Hitlertagebüchern eine weitgehend erfundene Verfolgungsjagd auf Schweizer Boden zwischen Barschel als Flüchtendem und den Stern-Journalisten als Verfolgung veröffentlichte.
Durch Erich Böhme zur Rede gestellt bezeichnete Henri Nannen diese vom Ablauf her nie stattgefundene Geschichte sinngemäß als erlaubtes Stilmittel zur Unterhaltung seiner Leser.
Danach habe ich diese Zeitung nie wieder angefasst.
Wenn wir den Begriff „Kultur“ weit genug fassen, so erleben wir seit langem und jetzt dramatisch beschleunigt einen Kulturbruch. Kultur bedeutet immer wenigstens partiell das Unhinterfragte, Verinnerlichte, das „Übliche“ (Marquard, Stephan..) Die normintegrierte Gesellschaft von einst wird es – jedenfalls im Westen – nicht wieder geben. Wir sind im „systemischen“ Zeitalter angekommen. So bedarf es einer klugen Führung und dazu eines Willens zum Zusammenhalt. Die Schweiz nennt sich gern einmal eine „Willensnation“. Stabilen Bundesstaaten (Schweiz, USA) ist eine relativ schwache Zentralgewalt eigen. Die stets unerschwellig vorhandenen zentrifugalen Neigungen sollen sich artikulieren können, gehören aber weitgehend zur Folklore (Schottland). Solange sie… Mehr
Julia Jäkel ist übrigens die Ehefrau von „Tagesthemen“-Ulrich Wickert. Wie klein doch die Welt des deutschen Mainstream-Journalismus ist… https://www.news.de/promis/855909337/ulrich-wickert-privat-frau-kinder-und-berufliche-taetigkeit-heute-so-lebt-mister-tagesthemen-mit-frau-julia-jaekel-und-kindern/1/
„Stern“ ist unlesbar geworden. Vor zwei Jahren blätterte ich im Wartezimmer beim Arzt durch eine Ausgabe und musste mich zusammenreißen, das Heft nicht quer durch den Raum zu schleudern. Inhalt: Eine „Reportage“ über Kinder in irgendwelchen Flüchtlingslagern, eine „Erfolgstory“ zur Integration, eine „Witzseite“ über die AfD und als Höhepunkt eine Fotostrecke: „Die schönsten Bilder unserer Kanzlerin“.
Die schönsten Bilder unserer Kanzlerin? Ich assoziiere nolens volens immer Pieter Bruegel: https://www.meisterdrucke.com/kunstwerke/500px/Pieter_Bruegel_the_Elder_-_The_Triumph_of_Death_c1562_-_%28MeisterDrucke-724883%29.jpg
Danke für den Lacher !
Magazinsterben von seiner schönsten Seite. Ich freu´ mich drauf.
Hoffentlich ist der intellektuelle Bankrott der linken Journos ein Frühindikator für das Scheitern des linken Denkgebäudes insgesamt.
Und hoffentlich können sich auf der Gegenseite mehr und mehr Informations- und Meinungsprojekte durchsetzen und wachsen und gedeihen (wie dieses Medium hier).