Bei Maischberger: Nichts Lehrreiches von Sebastian Kurz und eine große Leere

Leider wurde die unvermeidliche journalistische Quasselrunde bei Maischberger nicht zugunsten des politischen Schwergewichts aus Österreich ausgesetzt.

Screenprint: ARD/maischberger

Also eines wird man dieser Folge der Talkshow mit Sandra Maischberger nicht nachsagen können: Nein, sie leidet nicht an einem Mangel an prominenten Gästen. Wer mittlerweile alle zuvor nie gehörten Virologen und Pandemiologen oder Epidemiologen mit Familienstand aufsagen konnte, darf sich für den Moment auf den Bundeskanzler der Österreicher freuen. Nein, nicht die illegalen Zuwanderer oder die Lage auf der Balkanroute ist gerade sein Thema. Klar, es geht selbstredend auch hier um das Corona-Virus und seine düstere Tournee einmal rund um den Erdball. Zu Unterschieden in der Bekämpfung soll sich der gute Nachbar jetzt äußern. Was macht Österreich besser, was möglicherweise Deutschland bzw. Bayern?

Leider ist die unvermeidliche journalistische Quasselrunde bei Maischberger nicht zugunsten des politischen Schwergewichts aus Österreich ausgesetzt worden. Also muss man sich das Gehörte vorher schon und nachher noch von medialen Schlauköpfen vor- und nachkauen lassen, als wäre es schon zu gefährlich, mit den eh schon gefilterten Informationen alleingelassen zu werden.

Ja, die Gedanken bleiben weiter frei, aber was nutzt das, wenn einem die ganze Zeit beim Nachdenken was zwischengerufen wird? Für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Nanny-Kultur hergegeben haben sich dieses Mal Wolfram Weimer (The European, Pardon usw.), Robin Alexander (Welt) und dann auch noch eine Maischbergerkollegin, die Morgenmagazin-Moderatorin Anna Planken. Wozu aber das? Geht doch alles ab vom Maischbergerflirt Kurz.

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Sie ahnten es: Der obligatorische Pandemie-Experte ist auch gefunden. Mit dabei dieses mal Prof. Dirk Brockmann für das Robert Koch Institut. Mal sehen wie ansteckend dessen Stimmung ist. Denn auch das ist wahr: Die zarten Diven der Mikroskop-Medizin liefern sich aktuell einen quantitativ gut besetzten Streit um die Deutungshoheit. Streit auf hohem Niveau will man meinen: Viele tausend Jahre Universität kommen da zusammen. Und was bekommt der Steuerzahler dafür? Alle Meinungen und Haltungen, die man sich nur wünschen kann zu Corona. Ein paar haben sogar Platz unter dem großen Alu-Hut.

Also, mal schauen, was Sandra Maischberger mit Sebastian Kurz auf mindestens zwei Meter Abstand so vorhat. Anfang 2018 scheiterte sie noch ganz furchtbar, als sie Kurz seinen dunkelblauen FPÖ-Lidschatten verübeln wollte. Der hat aber mittlerweile einen grünen Lidstrich aufgelegt, ohne dass sich von Deutschland aus nun ein rundumerneuertes Gesicht erkennen ließe.

Erste Überraschung: Morgenmagazin-Moderatorin Anna Planken ist eine Ex-Corona-Erkrankte, also eine, die jetzt immun sein sollte, wenn es so etwas gibt. In der fünfköpfigen Familie waren alle erkrankt plus Großvater und viele weitere Verwandte.

Robin Alexander kann vor allem eines sehr gut: Es so aussehen lassen, als leide er schon unter der an ihn gerichteten Frage und sei nur zufällig in diese Situation des Befragten geraten. Nett, aber als Talkshow-Dauerbrenner in Sachen Emotionsstriptease im Öffentlich-Rechtlichen mittlerweile arg dünn.

Wolfram Weimer ist dran. Vom persönlichen Eindruck her erinnert der Mann an das Auftreten der Journalisten Gabor Steingart und Christoph Schwennicke. Keine Ahnung, was die drei Großgewachsenen so verwandt macht. Und muss das schon skeptisch machen, wenn einer so zwingend den Eindruck machen will, auf alles noch eine kompetente Antwort zu haben? Aber ob das wirklich was Gutes ist, soll sich im Laufe der Sendung noch herausstellen, vielleicht später noch mehr dazu.

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Richtiggehend albern wird es dann schnell, wenn Robin Alexander allen Ernstes den Unterschied zwischen Merkel und Kanzlerkronprinz Laschet darin sieht, dass Merkel ihre Entscheidungsfindung mit Experten hinter verschlossenen Türen absolviert, während Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident die öffentliche Diskussion wünscht. Also ausgerechnet so was von einem Autor eines der am meisten wahrgenommenen Bücher zur Massenzuwanderungskrise ist bemerkenswert. Noch mehr, wenn man weiß, wie giftig gerade Armin Laschet die Meinungsfreiheit in der Sache bekämpft hat.

Aber jetzt kommt schon Sebastian Kurz. Also nein, er kommt gar nicht, er ist nur zugeschaltet aus Wien aus dem Bundeskanzleramt via Mattscheibe in der Mattscheibe. Erster lustiger Eindruck: Kurz hält die Hände zu nah in die Kamera oder er hat einfach riesige Hände. Im Hintergrund die österreichische Bundesdienstflagge mit Adler mit neckischem Krönchen auf dem Kopf – mal nacher nachgoogeln, was es damit auf sich hat.

Kurz stellt lächelnd fest, dass es doch dasselbe Virus sei, also würde man ja nicht so viel anders machen als Deutschland. Vielleicht nur viel besser. Letzteres sagt er nicht. Aber es klingt tatsächlich genau so.

Das Stichwort des Bundeskanzlers ist „Eigenverantwortung“. „Man kann nicht bei jeder Haustür hereinschauen und will das auch nicht.“, erklärt Kurz. Und Ende April werden die Ausgangsbeschränkungen im Nachbarland ganz auslaufen.

Kurz schaut aber noch aus einem ganz anderen Grund ganz direkt und ganz unumwunden nach Deutschland: wegen der Urlaubsgäste für Sommer 2020. Und weil Österreich positive Entwicklungen durchmacht, nur eine Woche voraus sei, ist der Bundeskanzler zuversichtlich, dass die Gäste kommen werden, um auch die für Österreich so wichtige Tourismusbranche wieder hochzufahren.

Maischberger erinnert ihn an die Corona-Hochburg Ischgl. Kurz weiß seinerseits, dass es auch Stimmen gibt, die behaupten, dass sich das Virus vielleicht sogar von München aus verbreitet hätte. Aber so richtig interessant ist leider auch dieses milde Scharmützel nicht. Nichts Neues dazugekommen. Und nach vielleicht maximal 15 Minuten schon alles gelaufen. Die drei Journalisten am Tresen sollen das nun alles auch noch weichquatschen. Aber da ist noch nicht einmal etwas, das einer Deutung bedürfte.

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Der Blick von Alexander auf Weimar ist gemein. Das mag den Sympathiefaktor beim Welt-Autor ausmachen, der seit 2010 den Merkel-Versteher geben muss: Man sieht ihm seine Emotionen scheinbar an. Also die zitronigen insbesondere. Und insbesondere dann, wenn Anna Planken meint, was von Merkel zu verstehen, da wird der Platzhirsch direkt ein bisschen gallig, während Wolfram Weimer weiter so bübchenfröhlich sein eigenes Ding herunterpalavert.

Aber was machen wir jetzt mit dieser Sendung? Kurz war nichts, weiter kommt nichts. Es wird sogar nachrichtlich, wenn noch ein ÖR-Reporter aus Washington zugeschaltet wird, der was über die Corona-Entwicklung in den USA sagen soll. Ja, es gibt keine Krankenversicherung für jeden, ja, es gibt Millionen von neuen Arbeitslosen und der Reporter schaut aus dem Fenster auf ein Restaurant, das einmal am Mittag öffnet, erzählt er. Wäre er doch mal rübergegangen, um ein paar Interviews durch den Mundschutz zu machen, anstatt sich vor die Fotopappe des weißen Hauses zu stellen. Aber der Kollege gefällt sich besser mit dem offensichtlich bestellten Trump-Bashing: Also auch dieses Gespräch vollkommen wertlos im Sinne eines Erkenntnisgewinns. Und das morgens nach Null Uhr.

Auf was für einem mageren Konzept beruhen bloß solche Sendungen, wenn diese journalistischen Wiederkäuer nicht einmal mehr etwas zu beißen haben. Der Kampf gegen die Uhr beim Rezensenten hier. Wolfram Weimer redet und dann noch mal Wolfram Weimer. Also er erzählt halt nach, was er so in den Nachrichten zusammengetragen hat in den letzten 24 Stunden oder davor.

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Fast schon ein kleines bisschen interessant ist es da, wo Weimer die These verfolgt, dass da tatsächlich in einem Labor in Wuhan etwas entwichen sei. Jedenfalls „stellen sich Fragen“ sagt er. Und jetzt? Morgens in der frühen Stunde alleine vor dem Fernseher mit fast nichts auf der Mattscheibe. Sogar Zeit, sich noch ein Erdnussbutterbrot zu schmieren mit schwarzer Johannesbeermarmelade dick drauf. Ja, Coronapause macht fett, aber solche madigen Sendungen sind schon echt lebensgefährlich, wenn adipöse Tendenzen den Weg an die Sauerstoffmaske beschleunigen sollten.

Ministerpräsident Söder muss abgesagt haben, denn die Zeit wird knapp und der Experte vom Robert Koch Institut wurde ja auch noch nicht gehört. Also morgens um 0:28 Uhr Prof. Dirk Brockmann als Experte. „Immer mehr Menschen wohnen in urbanen Settings“, erfahren wir zuerst und es steht bereits an der frühen Stelle zu befürchten, das es so weitergeht wie bisher in dieser Sendung. Brockmann sagt, was jeder schon weiß.

Ein schönes Beispiel für Wissenschaft, die von oben oder aus der Ferne auf die Menschen schaut und ganz vergessen hat, dass man auch einfach miteinander sprechen kann, um zu erfahren, wie es dem anderen geht. Notfalls eben auch mit Mundschutz. Ja, OK, der Kollege ist ja ganz sympathisch. Und es mag sein, dass in den verbleibenden sieben Minuten noch was Spannendes passiert, aber das wäre dann – mindestens das dürfte der so statistikfeste Wissenschaftler bestätigen können –  tatsächlich weit außerhalb des Wahrscheinlichen gemessen an allem anderem, was zuvor erzählt wurde.

Arg verschenkte Lebenszeit in Zeiten von Corona.

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Kommentare ( 42 )

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blackhero68
4 Jahre her

Warum schaut man überhaupt ‚Staatsfernsehen‘? Nur das Lesen von Fachliteratur / dem hören von Statements von Fachleuten (mehreren) aus ineinander verzahnten Bereichen kann den eigenen Horizont (ein bisschen) bereichern und zur Meinungsbildung beitragen. dazu brauche ich keine Illners, Maischbergeres und wie die Dumpfplauderer so alle heissen. Dazu brauche ich auch keinen ewig präsenten Dorsten – nach dessen Thesen nun schon die halbe Menschheit six feet under läge. (Während er auf Welle 97 bis 423 wartet – die wohl genauso wenig kommen wird wie Welle 2, genaugenommen Welle1 – siehe Euromomo / Ausnahmen Italien, Spanien,Belgien,Frankreich – deren Problem im Gesundheitswesen sind… Mehr

Alexander Wallasch
4 Jahre her

?aber wird immer gut gelesen!

Contenance
4 Jahre her
Antworten an  Alexander Wallasch

Eine Lust am Fremdschämen und wohl auch vergebliche Hoffnung, dass mal wirklich diskutiert wird. Und eine Prüfung, ob die Merkel-Festspiele auch mal ausgesetzt werden.

Farbauti
4 Jahre her

Habe heute mehrfach erzählt bekommen, dass die Grundschüler in NRW gar nicht mehr vor den Sommerferien zur Schule kommen. Wäre das nicht ein wichtigeres Thema, als die olle talgsendung? Viele Familien gehen schon am Stock, nicht das ich dafür allzuviel Verständnis hätte, die kennen „normale Familie “ nicht mehr und sind deshalb in höchsten Nöten. Ok mit Homeoffice ist es auch nicht ganz so bequem.
Ich hätte erwartet, das die Regierung die Sommerferien auf zwei Wochen kürzt und den Unterricht nachholt. Meine Vortstellung scheint so abwegig zu sein, das ich davon noch nichts gehört habe.

Farbauti
4 Jahre her

Ja, einfach mal miteinander sprechen. Da bekam ich gestern einen Anruf: Der Großvater ist gestorben. Mit 98 Jahren hat er sich noch selbst in der eigenen Wohnung versorgt, noch selbst gekocht. Mit 99 kam er ins Altenheim, er war zu bescheiden zuhause den Notrufknopf zu betätigen, also war es nicht mehr verantwortbar. Im Heim lebte er noch mal auf. Jetzt mit 99 bekam er einen Infekt. In einer Pandemiehystrie kommt man dann wohin? Joo ins Krankenhaus. Ein Fieberzäpfchen hätte es wohl auch getan. Einen fast Hundertjährigen noch mal durch die Gegend zu schuckeln ist doch an sich unverantwortlich, oder? Man… Mehr

usalloch
4 Jahre her

Bei aller vorsichtigen Kritik , ob die Krise gut oder weniger gut gehändelt wird. Es zeigte sich mal wieder, wessen Brot Er oder Sie vertilgen. Bei allem ist Madame M. die wir neulich wieder unkonzentriert, stotternd und lustlos im Fernsehen erleben mussten, der Allergrößte Glücksfall der Republik. Wenn die WELT schreibt, das uns die halbe Erde um unsere beliebte Angela beneidet, kann der liebe Robin mit seinem süßen Dackelblick doch nicht ausscheren. Und der nette, zurückhaltende Herr Weimer möchte ja auch wieder eingeladen werden. Wie lange werden wir diese Geldvergeudung noch tolerieren .

LiKoDe
4 Jahre her

Prof. Dr. Dirk Brockmann ist Physiker und befasst sich mit der mathematischen Modellierung von Infektionen, Epidemien oder Pandemien. Fachlich kann er wohl kaum etwas zu der SARS-CoV-2 Pandemie sagen.

Farbauti
4 Jahre her
Antworten an  LiKoDe

Da hat er ja was mit der Kanzlerin gemein. Das qualifiziert.

Peter Gramm
4 Jahre her

es war wieder eine dieser Quasselrunden auf Zwangsgebührenzahlerkosten. Nichts Neues unterm Zwangsgebührenzahlerhimmel. Ein bisschen Hin und Hergewander zwischen Stuhl und Tresen. Alt Bekanntes wurde wiedergekäut und Frau Planken hat den Virus überwunden. Was für ein Glück dass die Gebührenzahlergemeinde dies noch erfahren durfte. Auch dass Herr Alexander seine Texte zu Hause anfertigt. Na so was auch. Hätte man nicht für möglich gehalten. Na dann, bis zur nächsten Gebührenerhöhung. So etwas kostet Geld.

Kassandra
4 Jahre her

Ich glaube nicht, dass dieses Jahr jemand wegen Urlaubs über die Grenze kommen wird. Während weiter welche aus aller Herren Länder aber durchaus eingelassen werden…
Seltsam, das.

Maja Schneider
4 Jahre her

Genauso ist es, über nichts Neues wird nichts Neues mit alt bekannten Teilnehmern und Argumenten diskutiert, deshalb sollte man seine Lebenszeit in der Tat anders nutzen. Robin Alexander wurde ohnehin viel zu lange zu Unrecht als Merkel-Kritiker eingestuft, das Gegenteil ist der Fall, sein Buch ist eher als verständnisvolle Erklärung des Handelns unserer Kanzlerin im Jahre 2015 und später zu sehen. Wissenschaft und Fakten, die nicht dem Mainstream und den Plänen der Regierung entsprechen, sind nicht gewünscht , werden gar bekämpft, die immer mehr offenbar werdenden Widersprüche zum Thema Corona werden von Frau Merkel ignoriert und der Weg in den… Mehr

Bambu
4 Jahre her

Geradezu abenteuerlich war die Diskussion über die von Herrn Dirk Brockmann vorgestellten Zahlen. Maischberger deutet diese Erfolge vor dem Lock down als politische Erfolge. Frank Walthers Rede soll diesen Erfolg beeinflusst haben. Einfach lächerlich, wenn man die Fakten kennt, denn die Politik ist vorwiegend der Wirtschaft mit ihren Entscheidungen hinterher gehechelt. All das politische Geschwätz hat nämlich überhaupt nichts mit den Erfolgen zu tun. Vielmehr waren es die Unternehmen, welche schon sehr früh ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt und in einer rasanten Geschwindigkeit die Zugriffsmöglichkeiten per Remote eingerichtet haben. Das hat die Kontakte wesentlich minimiert. Sehr erfolgreich waren auch die… Mehr

Dr. Mephisto von Rehmstack
4 Jahre her
Antworten an  Bambu

und genau das zeigen auch andere Studien und wären für Journalisten ein Thema gewesen!