Bei Illner: Warmlaufen für Schwarz-Rot

Der SPD-Generalsekretär glaubt an Olaf Scholz als Kanzlerkandidat. Sein CDU-Pendant will den politischen Neustart. Und die Schuldenbremse wird zum Zankapfel im Wahlkampf werden. Wenn der Wahlkampf aber so verläuft wie die Runde bei Illner, dürfte die AfD die lachende Dritte sein. Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Ildner

Das Trauerspiel der Ampel ist Geschichte und die Parteien haben sich auf einen Ablauf der Neuwahlen geeinigt. Der Wahlkampf in Deutschland hat begonnen. Auch im Deutschen Bundestag hat das Feilschen um die Stimmen der Bürger Fahrt aufgenommen. SPD und Grüne überbieten sich täglich in ihrem Eifer, der Union noch das ein oder andere Gesetz anzudrehen. Kaum ist die FDP weg, soll die Union der rot-grünen Regierung helfen, sich wieder als regierungsfähig und konstruktiv präsentieren zu können. Zunächst hatte der Kanzler es noch mit Erpressung versucht. Nur wenn die Union bei Herzensthemen von Rot-Grün die Hand heben würde, wollte sich Olaf Scholz zu einer Vertrauensfrage bereit erklären. Scholz wurde dieses Mal schneller als sonst von der Realität eingeholt. Der öffentliche Druck auf die Verweigerung schneller Neuwahlen war zu immens. Jetzt steht der Fahrplan vorerst. Wenn auch mit einem hohen Preis erkämpft.

Rot-Grün und Union haben sich im Bundestag darauf geeinigt, den demokratischen Parlamentarismus bis zu den Neuwahlen einzufrieren. Damit die Union nicht in die Verlegenheit kommt, mit der AfD zu stimmen, wird die Tagesordnung gemeinsam zwischen Regierung und Opposition abgestimmt. Bis zur Neuwahl erlebt der Bürger also nur noch eine Simulation von Demokratie im Parlament.

Auch die Sendung von Maybrit Illner beschäftigt sich an diesem Abend mit den politischen Konsequenzen einer Neuwahl und dem Weg dorthin. Der Verdacht erhärtet sich, dass SPD und Union nach der Wahl koalieren werden. Die Generalsekretäre von SPD und CDU gehen sich nur spärlich ans Leder. Wahlkampf sieht anders aus. Vermeintlich unüberbrückbare Differenzen gibt es nur bei der Schuldenbremse. Da wird die Debatte mit mehr Emotionen geführt. Wenn der Wahlkampf so verläuft wie die Runde bei Illner, dürfte die AfD die lachende Dritte sein. Die Bevölkerung sehnt sich nach einem wirklichen Neuanfang und nicht nach der Auflage der Stillstandskoalitionen aus der unheilvollen Merkel-Ära.

Wechselt die SPD den Kandidaten?

Olaf Scholz ist bei der Bevölkerung so unbeliebt wie eingeschlafene Füße. Allerdings hat Scholz’ Partei mit Boris Pistorius den beliebtesten Politiker Deutschlands in ihren Reihen, den man jederzeit als Spitzenkandidat bringen könnte. Für den SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ist die Lage daher verzwickt. Dass der SPD-Parteivorstand Olaf Scholz ratzfatz wählen würde, will Miersch nicht bejahen. Trotzdem laufe alles auf den amtierenden Kanzler als Kandidat für die Neuwahl hinaus, meint Miersch. Er gibt sich überraschend zuversichtlich und sagt: „Wir haben schon Abstände gedreht.“

Wahrscheinlich gehört Zweckoptimismus zum Berufsbild eines jeden Generalsekretärs. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein derart unbeliebter Kanzler wie Olaf Scholz eine Chance auf eine zweite Amtszeit hat. Deshalb ist die Phantasie eines Boris Pistorius als Kandidat beliebt unter Genossen. Die SPD könnte bis zu 100 Abgeordnete verlieren, rechnet der Welt-Journalist Robin Alexander vor. Scholz sei im Tunnelblick des Wahlkampfs gefangen und habe keinen Blick mehr auf die Realität, erklärt er. Böse Zungen spotten, dass der Kanzler zu keinem Zeitpunkt seiner unseligen Koalition einen realistischen Blick auf die Lage im Land hatte. Jetzt meint Scholz, damit punkten zu können, dass Friedrich Merz noch unbeliebter sei als er selbst.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist vom Kandidaten Friedrich Merz überzeugt. Er glaubt, in der Bevölkerung eine Stimmung für eine Politik des Aufbruchs zu erkennen, die die CDU adressieren möchte. „Wir brauchen für Deutschland einen Neustart ohne Olaf Scholz“, fordert er. Die Bürger hätten sich von der Ampel abgewendet und würden sich eine neue Regierung herbeisehnen, erläutert Linnemann. Nur ist zu befürchten, dass die neue Regierung eine altbekannte sein wird. Die Bundesrepublik hat der Groko von Angela Merkel vom Atomausstieg, über die Flüchtlingskrise bis hin zum Modernisierungsstau alles zu verdanken, was das Land heute quält.

Aber durch eine politische Zauberformel namens Brandmauer ist eine Koalition von Union und SPD fast schon zementiert. Es sei denn, die Grünen kriechen vor Friedrich Merz und Markus Söder zu Kreuze und biedern sich an. Auf jeden Fall bekommt der Wähler definitiv nicht die konservative Reformkoalition, die er sich den Umfragen folgend wünschen würde. Schade ist, dass es in der Sendung keinen AfD-Vertreter gibt, der mit Linnemann debattieren und ihn piesacken könnte. Denn Linnemann ist ein überzeugter Wirtschaftsliberaler. Für ihn dürften die nächsten Koalitionsverhandlungen seelische Schmerzen bedeuten. Die SPD wird sich ihre Juniorrolle in der Koalition unter Merz teuer bezahlen lassen.

Zoff um die Schuldenbremse

Trotz des obszönen Geldflusses, in dem der deutsche Staat badet, kommt die Bundesregierung nicht mit den finanziellen Mitteln aus. Zu verschwenderisch wird das Geld verprasst und unter den Transferempfängern verteilt. Ob Asylbewerber oder Bürgergeldempfänger, der Staat lässt sich nicht lumpen und hat Spendierhosen an. Weil es aber in Deutschland eine Schuldenbremse gibt, die den Staat wenigstens ein bisschen bremst, damit er nicht völlig zum Wohlfahrtsverband verkommt, wollen die linken Parteien die Schuldenbremse am liebsten abschaffen. „Die Schuldenbremse muss reformiert werden“, fordert Matthias Miersch. Reformiert werden heißt in den Augen der Genossen, dass jede soziale Wohltat vom regulären Haushalt bezahlt wird und andere Aufgaben des Staates, wie eine Armee zu unterhalten oder vernünftige Brücken und Straßen zu bauen, aus Schulden finanziert werden.

Da will Carsten Linnemann nicht mitmachen und kommt in Wallung. „Der Hunger des Staates nach immer neuen Ausgaben muss beendet werden“, fordert er vehement. Es könne nicht sein, dass ein Land mit einer Billion Steuereinnahmen nicht zurechtkomme, findet Linnemann. Der Welt-Journalist Robin Alexander schlägt in dieselbe Kerbe. Politiker wie Miersch würden sich jeder Einsparung im Haushalt verweigern und keine Prioritäten vornehmen, kritisiert er. Deshalb würde die Debatte um die Schuldenbremse überhaupt geführt werden.

Im kommenden Wahlkampf wird die Schuldenbremse eine große Rolle einnehmen. Ob die CDU bei ihrer Haltung bleibt, oder sich der SPD beugt, um diese in eine Koalition zu bewegen, bleibt abzuwarten. Wirklich interessant wird es erst, wenn es zu den TV-Duellen kommt, an denen auch die AfD teilnehmen wird. Dort werden erste logische Bruchstellen in der Brandmauer sichtbar werden. Für die FDP könnte das Festhalten an der Schuldenbremse sogar den Wiedereinzug in den Bundestag bedeuten. Vielleicht hat Christian Lindner damit ein zündendes Wahlkampfthema gefunden.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 13 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

13 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Michael Palusch
1 Stunde her

„…Parteien haben sich auf einen Ablauf der Neuwahlen geeinigt.“
Man sollte besser „Parteien und der Bundespräsident haben in Hinterzimmern mit bislang nicht für möglich gehaltener Wählerverachtung und Arroganz den Ablauf von Neuwahlen ausgekungelt“ sagen.
„Bis zur Neuwahl erlebt der Bürger also nur noch eine Simulation von Demokratie im Parlament.“
Nach der Wahl wird sich also an dem seit Jahren bestehenden Zustand etwas ändern? Woher nehmen Sie denn diese Hoffnung?!

Last edited 1 Stunde her by Michael Palusch
Arndt Schuster
1 Stunde her

Herr Merz ist beim Einknicken bereits einen Schritt weiter. Er sagte im Hotel Adlon zur Schuldenbremse folgendes: „Selbstverständlich kann man das reformieren. Die Frage ist: wozu, mit welchem Zweck?“. Noch schränkt er dies ein, indem er das Aufgeben der Schuldenbremse allein für „soziale“ Wohltaten ausschließt. Aber er will unbedingt Kanzler werden, koste es seiner Partei, was es wolle. Da agiert er hundertprozentig im Fahrwasser der Frau Merkel. Herr Linnemann hat sich bisher immer als treuer Parteisoldat erwiesen. Konservative Grundsätze spielen leider bei der CDU keinerlei Rolle mehr. Diesen Part wird die AfD übernehmen, einschließlich einer glaubhaften Zusage für einen wirklichen… Mehr

Jens Frisch
1 Stunde her

Die AfD als „lachender Dritte“? Solange die AfD keine absolute Mehrheit erreicht, haben WIR gar nichts zu lachen!

Gunter Zimmermann
1 Stunde her

Meine einzige Hoffnung ist, dass die Schuldenbremse (vielen Dank für die ausgezeichnete Beschreibung ihrer Funktion) diese erneut grauenhaft „Große Koalition“ unmöglich machen wird. Allmählich muss doch auch dem letzten Mitglied der CDU einleuchten, welche Fesseln sich die Partei mit diesem idiotischen Gedanken der „Brandmauer“ angelegt hat.

Julischka
1 Stunde her

Und da wir heute schon wissen wie die Wahl ausgeht (auszugehen hat!), wissen wir auch heute schon wie das mit der Schuldenbremse endet! Der Merz macht schon im Februar den Scholz, im Namen von Selensky!

Paprikakartoffel
1 Stunde her

Warum ist der Oberimpfwichtel Pistorius so beliebt? Verstehe ich wirklich nicht. Oder ist er nur im Vergleich nicht ganz so unbeliebt wie andere Politiker? Und auch Schuldenbremse ist ja eine Pseudodiskussion. Die Bürger hören weder von der CDU noch von der SPD, daß die Riesenposten für „Haltung“, also ideologiegetriebene Selbstverwirklichung regelmäßig zu Lasten der Eingeborenen, gestrichen werden sollen. Das „Begrenzungsgesetz, mickerig wie es war, hat Merz gerade selber ausgesetzt. Glaubt jemand im Ernst, daß der die Vorfeldfinanzierung der Frau Fäser aussetzen würde, oder auch nur der Politisierung des VS entgegenträte? Zwischen CDU und SPD paßt kein Blatt Papier, und allmählich… Mehr

Dieter Rose
1 Stunde her

Die träumen doch tatsächlich, dass sie eine Billion Steuereinnahmen bekommen. Sehen die nicht die Pleiten, Insolvenzen, Auslagerung von Firmen?

Haba Orwell
1 Stunde her

> Wenn der Wahlkampf aber so verläuft wie die Runde bei Illner, dürfte die AfD die lachende Dritte sein.

Sofern die AfD nicht einfach verboten wird, was die Kartellparteien durchaus vor haben – ohne politischen Wettbewerb durchregiert sich einfacher.

Waehler 21
2 Stunden her

Natürlich habe ich die Sendung nicht gesehen. Lese ich den Artikel, so kommt es mir vor, dass es den Parteien wichtiger ist, wie sie zueinander stehen und wie viel Platz im neuen Ehebett jeder beanspruchen darf. Kein Wort , jedenfalls im Artikel, wie die Probleme ,übrigens selbst geschaffen, gelöst werden können. Daher bloß nichts ansprechen und lieber auf andere einschlagen. Im Focus habe ich den Linnemann zum Thema Migration gehört. Danke, brau- chen wir nicht. Er will nämlich die GRENZEN dichtmachen. Urks! Wie soll so etwas denn vonstattengehen? Entweder einen Zaun um Deutschland bauen, oder ein Gesetz erlassen, dass alle… Mehr

Last edited 1 Stunde her by Waehler 21
Peter Pascht
2 Stunden her

„Warmlaufen für Schwarz-Rot“
Warmlaufen für das „Leben nach dem Tode“ im „Totenreich“
Dafür wird der „linke Totalitarismus“ schon jetzt mumifiziert,
und mit Slogans auf beschriftete Papyrusrollen vesorgt,
um gewappnet zu sein gegen die bösen Geister im „Totenreich.