Bei Illner: Bringt Trump irgendwann Frieden?

Die USA verhandeln über Frieden und Europa schaut den Verhandlungen von der Seitenlinie zu. Während Trump mit Putin Tatsachen schafft, echauffieren sich die EU und Deutschland, dass sie bei den Gesprächen außen vor sind. Der Talk bei Illner ist ein Spiegelbild dessen. Und: Tritt Trump aus der Nato aus? Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Die außenpolitische Dauerbaustelle des russischen Krieges gegen die Ukraine wird auch im dritten Jahr des Konflikts nicht allzu schnell behoben werden können. Die einzige mögliche Chance auf Frieden könnten die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump sein.

Immerhin hat sein diplomatischer Ansatz, in Gespräche mit dem Kreml einzusteigen, gezeigt, dass es potenziell möglich sein könnte, den Krieg am Verhandlungstisch zu beenden.

USA verhandeln, Europa schaut teilnahmslos zu
Trump hält Europa den Spiegel vor. Die europäische Verweigerung, mit Moskau direkte Gespräche über ein Ende des Krieges zu führen, hat der Ukraine bis jetzt wenig bis gar nichts gebracht. Es war im Nachhinein nicht besonders klug, sich immer nur nach den Worten und Erklärungen von Selenskyj zu richten. Die realistische Perspektive der Ukraine in diesem Krieg ist deprimierend. Vom Westen bekommt das Land so viele Waffen wie nötig, um nicht sofort von den Russen überrannt zu werden, aber zu wenig, um an der Front Erfolge zu erzielen. Die EU und Deutschland schauen derweil den US-Verhandlungen von der Seitenlinie zu. Während Trump mit Putin Tatsachen schafft, echauffieren sich die EU und Deutschland, dass sie bei den Gesprächen außen vor sind.

Der Talk an diesem Abend ist ein Spiegelbild dessen. Passiv-aggressiv klagt die deutsche Politik über Trump und seine Politik. Statt sich kritisch zu hinterfragen, wieso die Ukraine eine immer schlechter werdende Position hat, wird substanzlos lamentiert und wird Trump verteufelt. Es ist bezeichnend und spricht Bände, dass Europäer und Deutsche erst eine erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gebraucht haben, um im dritten Kriegsjahr mehr Geld für die Landesverteidigung locker zu machen. Die panische Angst vor dem Ende des amerikanischen Schutzes verleiht den Milliarden für die Aufrüstung Flügel.

Trump verhandelt und die EU schaut zu

Ob Trump sich am Ende nicht von dem mit allen diplomatischen Wassern gewaschenen Putin über den goldenen Verhandlungstisch ziehen lassen wird, wird sich zeigen. Die deutsche Politik hat wenig Zutrauen in Donald Trump. „Trump hat keine Vorstellungen von einer Waffenruhe“, meint der Vorsitzende der Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel. Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen glaubt nicht an ein großes Verhandlungsgeschick Trumps. „An den Bombardierungen hat sich nichts geändert“, äußert sich Röttgen kritisch. „Putin nimmt Trumps Geschenke an“, spottet Röttgen.

Chefredakteurstalk
Merz beerdigt die Schuldenbremse: Ein Land wird umgebaut
Man fragt sich bei so viel Kritik und Häme gegen Trump, was eine Alternative sein könnte? Der Krieg in der Ukraine ist festgefahren. Die Russen erzielen immer größere Erfolge. Zuletzt haben Putins Truppen die ukrainischen Truppen in den von der Ukraine eroberten Gebieten in der russischen Provinz Kursk eingekesselt. Die Politikwissenschaftlerin Claudia Major hält den amerikanischen Präsidenten für parteiisch. „Trump will keinen Druck auf Putin ausüben“, analysiert Major. Aus ihrer Sicht verfolgt Trump eine Großmacht-Politik. Sie beklagt: „Es wird über unsere Köpfe entschieden.“ Diese Analyse dürfte zutreffend sein. Donald Trump nimmt die EU als zu schwach für Verhandlungen wahr. Die Zerstrittenheit innerhalb Europas ist aus Sicht des amerikanischen Präsidenten ein Hindernis für eine Lösung mit Putin.

Der US-Präsident spricht lieber allein mit Putin am Telefon ohne die Europäer. „Die USA wollen die Europäer loswerden“, meint Sigmar Gabriel dazu. Er ergänzt: „Wir stehen mit unseren Vorstellungen quer im Stall.“ Wahrscheinlich wäre es auch besser, ein paar unrealistische Vorstellungen zu begraben. Eine Vorstellung, die die Europäer schnellstmöglich aufgeben sollten, ist, dass die EU es ohne die amerikanische Unterstützung schafft. „Wenn die USA aus dem Krieg aussteigen, können wir die USA nicht ersetzen“, stellt Sigmar Gabriel realistisch fest. Die amerikanischen Waffen, Geheimdienstinformationen und Starlink von Elon Musk kann Europa nicht ersetzen. Gabriel fordert zurecht und als einer der wenigen deutschen Politiker, dass sich die deutsche Politik in die Verhandlungen von Trump und Putin einmischen sollte. Dies sollte man auch so schnell wie möglich tun, bevor Trump alle vor vollendete Tatsachen stellt.

Kommt der Nato-Austritt der USA?

Mit Donald Trump an der Spitze sind die USA unberechenbarer geworden. Es steht im Raum, dass die USA unter Trump die Nato verlassen könnten. Der ehemalige Sicherheitsberater von Donald Trump, John Bolton, sieht diese Gefahr für das Bündnis. „Es ist eine reelle Gefahr, dass Trump aus der Nato austritt“, mutmaßt Bolton. Für wahrscheinlicher hält er aber ein anderes Szenario. „Trump könnte die Institution von innen schädigen“, spekuliert der Republikaner. Damit es nicht zu einem Austritt der USA kommt, braucht es mehr Eigeninitiative der europäischen Staaten und mehr finanzielle Mittel für die Bündnisverteidigung.

Rumänische Verhältnisse am Bosporus
Staatsstreich in der Türkei – die Nato hat ein Demokratie-Problem
Vor allem sollte Trump allerdings kein Anlass für einen schnellen Austritt geboten werden. Friedrich Merz stellte nach der Bundestagswahl die amerikanische Bereitschaft zur Nato öffentlich infrage. Ein diplomatisch sehr unkluges Vorgehen und eine gefährliche Spekulation, die zu einer unheilvollen, sich selbsterfüllenden Prophezeiung werden könnte. Norbert Röttgen sammelt die Worte seines Parteivorsitzenden wieder ein. „Wir stellen nichts in Frage“, stellt er klar. Trotzdem müsse man sich auf den Ernstfall vorbereiten. Dafür hat die neue Bundesregierung so viel finanziellen Spielraum wie noch nie. Alles, was über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Verteidigungsetat liegt, kann mit unbegrenzten Mitteln finanziert werden.

Für deutsche Rüstungsunternehmen brechen in Zukunft goldene Zeiten an. Für Sigmar Gabriel steht in jedem Fall fest, dass die Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft der wichtigste Partner in puncto Sicherheit bleiben. „Friedrich Merz wird mit den Amerikanern im Gespräch bleiben“, sagt Gabriel. Er stellt klar: „Wir brauchen die Amerikaner in Zukunft noch.“

Alles in allem lässt sich festhalten, dass es Trump gebraucht hat, um die Politik in Handlungszwang zu bringen. So sehr die Politiker in der Runde Trump kritisieren, so sehr brauchen sie Trump. Ohne seine disruptive Art würde die deutsche Politik es bei den Sonntagsreden belassen. Die Fokussierung der Diskussion auf die Person Trump zeigt, dass die deutsche Politik ein äußeres Feindbild braucht, um innenpolitische Maßnahmen zu beschließen.

Fabian Kramer ist als Journalist für Tichys Einblick tätig.

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Kommentare ( 74 )

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74 Comments
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Haeretiker
11 Stunden her

Gabriel (hat er wieder zugelegt?) stellt klar: „Wir brauchen die Amerikaner in Zukunft noch.“ Ja, und genau deswegen fühlen sich die Amerikaner gebraucht. Hinter Trump stehen immer mehr Amerikaner (und da meine ich nicht seine Wähler), die nicht nur das Gefühl haben, von den Europäern ausgenutzt zu werden. Es ist der Situation von 1915/1916 nicht unähnlich. Die europäischen Mächte beabsichtigen, amerikanisches Potential für eigenen Interessen einzusetzen. Selenskis häufigste Vokabel „Дайте“ ist das pars pro toto. Das geht nicht noch einmal 100 Jahre gut. Da ist ein Deal mit Russland für die USA erfolgsversprechender. Den Russen muss Trump nichts schenken. Der… Mehr

Deutscher
1 Tag her

Nein, das darf Trump einfach nicht. Biden hätte gedurft.

moorwald
1 Tag her

Wenigstens einmal muß doch ein Krieg gegen die Russen zu gewinnen sein… Ja, wenn man nur stark und entschlossen genug wäre. – Inzwischen wird jeden Tag aufs neue demonstriert, wer in in dieser Welt wirklich etwas zu sagen und zu bewegen hat. Da können die „Europäer“ noch so viele Gipfel veranstalten. sie bleiben nur Zuschauer und dürfen am Ende die Ukraine, die sie in einem aussichtslosen Krieg bestärkt haben, wiederaufbauen.
Die USA und Rußland nähern sich einander an – die kommenden Weltmacht China zwingt sie dazu. Die Ukraine muß Gebiete dauerhaft aufgeben und wird neutralisiert. Selenskjis Tage sind sowieso gezählt.

Matthias
1 Tag her

Die herrschenden europäischen „Eliten“ brauchen offenbar Krieg, um von ihrem Versagen auf ganzer Linie abzulenken. Also: Nichts Neues. Wer erwartet denn von Gabriel und Röttgen noch irgendetwas anderes?

karmaesk
1 Tag her

Ohne Deepstate-CIA-NATO, ohne die EU-Nomenklatura, die stolze vollgefressene Hure (das Tier der Apokalypse!) gäbe es diesen Stellvertreterkrieg („US proxy war“ M. Rubio) NICHT! Wie ein Wunder hat der US-Deepstate die Machtmittel nicht mehr und wie ein Wunder will ein Präsident Frieden – für alle mit Herz und Verstand dafür gerettet allein durch höhere Macht ! – , weil er die Tatsachen ausspricht, die wahrscheinlichste Alternative der Nuklearweltkrieg ist.. Wahrheit sagen,hören ist unerträglich für Satanisten, den Berufslügnern als „Experte“, „Politiker“; „Vorsitzender“, „Journalist“ getarnt.. Es gibt kein Wort für die Verachtung über eine BRD-UK-EU-Nomenklatura, die den Frieden jetzt durch weitere öbszöne Milliardensummen… Mehr

Last edited 1 Tag her by karmaesk
Joerg Gerhard
1 Tag her

Sie realisieren halt so langsam, dass sie vom Ami ueber den Tisch gezogen wurden:
Erstmal D von Russland trennen, um dann selber mit Russland zu kuscheln und es so auch wieder von China zu entfernen.
Zwar nicht 100% im Sinne des Russenhassers Brzeszinski, aber fuer die US Interessen sogar noch besser als das was er sich einst dabei dachte. Chapeau DJT.

Kassandra
1 Tag her
Antworten an  Joerg Gerhard

Weshalb schreiben Sie aber so, als ob solche Staatsgebilde keine eigene Verantwortung trügen? Orbán und Fico schaffen es doch auch, ihr Ding zu machen. Weshalb sich Merkel wie die EU sich dem Kurs Obamas mit all den Nachteilen für die Bürger und der fatalen Ausstrahlung in die Zukunft andienten und das Wohl des eigenen Volkes außer Acht ließen wird zu untersuchen sein. Und ob die Russen sich von den Chinesen oder Indern entfernen lassen wird ja auch in deren ureigenen Interesse entschieden werden. Putin samt Lawrow sind doch nicht so dumm bei bei uns so einige – oder? Ein weiteres… Mehr

alter Schwede
1 Tag her

An den Bombardierungen hat sich nichts geändert, sagt Kriegstreiber Roetgen. Recht hat der Mann. Hat doch die Ukraine 700 km tief im Hinterland Russlands gestern die atomare Luftwaffen Basis Engels mit Drohnen angegriffen und bombardiert.
Ich hab’s noch im Ohr wie der Friedensengel Selensky immer wieder beteuerte, das die Ukraine keine Ziele auf russischem Territorium angreift. Baron Münchhausen ist gegen diesen Mann der reinste Verkünder der absoluten Wahrheit.
Danke an den russischen Präsidenten, das er noch immer einen kühlen Kopf bewahrt.

moorwald
1 Tag her

Die „Europäer“ hatten sich unter der schützenden Hand der USA eingerichtet und statt in eine angemessene Verteidigungsbereitschaft zu investieren, den Sozialstaat unmäßig ausgeweitet. Nun ist ein amerikanischer Präsident im Amt, der lieber auf Ausgleich statt auf Konfrontation mit Rußland setzt. Damit fällt auch die Geschäftsgrundlage der NATO weg, wie sich bereits abzeichnet- Die Europäer stehen nur vor dem Dilemma, entweder aufzurüsten oder den aufgeblähten, demnächst nicht mehr finanzierbaren Sozialstaat zu retten. Da inzwischen ein großer Teil der Wählerschaft von den sozialen Gaben profitiert, ist gegen diese keine Politik mehr zu machen – bei Strafe des Machtverlustes. So verfällt man wie… Mehr

haqus b.
1 Tag her

Vielleicht sind es ja die EU-Europäer und nicht Trump die die USA aus der NATO drängen wollen. Keine US Stützpunkte in der EU würde so einigen Politkern gegebenenfalls passen.

HPs
1 Tag her
Antworten an  haqus b.

Genau,
jene die aus Moskau gesteuert werden – BSW, afd, würde das besonders gut passen.

Armin Reichert
1 Tag her
Antworten an  HPs

Gruß in die Anstalt.

Memphrite
1 Tag her

des russischen Krieges gegen die Ukraine“
Bitte geehrte Autoren zur Kenntnisnahme:
Selbst der neue US-Aussenminister Mr. Rubio hat klar und deutlich im Interview gesagt: „Es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland auf dem Boden der Ukraine.
Das zu erkennen und auch in Artikeln klar auszusprechen ist wichtig um zu verstehen um was es geht und wie man es beenden könnte.
Danke!