Bei Illner: Rückkehr des Kalten Krieges

Deutschland rüstet sich für einen russischen Angriff. Sahra Wagenknecht fordert Abrüstung und Diplomatie. Diskutiert wird die Frage: Was wird mit der Nato nach der US-Wahl? Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Nach Jahrzehnten der Abrüstung und der üppigen Verteilung der Friedensdividende kehrt die militärische Konfrontation nach Deutschland zurück. Deutschland ist aufgrund eines expansiven und konfrontativen Russland wieder zur Verteidigungspolitik gezwungen. Die deutsche Politik wird durch die angespannte Situation mit dem östlichen Riesen auf dem falschen Fuß erwischt. Die Bundesregierungen der letzten zwei Dekaden haben die Verteidigungspolitik sträflich missachtet. Eine heruntergewirtschaftete Armee und eine junge Generation, für die der Wehrdienst eine absolute Ausnahmeerscheinung ist, müssen auf einmal wieder kriegstauglich sein.

Immerhin hat der aktuelle Verteidigungsminister die Lage erkannt und handelt. Deutschland bekommt neue Langstreckenraketen und Marschflugkörper aus den USA für seine Landesverteidigung. Dieser Schritt dürfte in dem auf Abrüstung bedachten Teil der Gesellschaft auf große Ablehnung stoßen. In der Gesellschaft kommt es also wieder zur Blockbildung, so wie im Kalten Krieg. Auch in der Illner-Sendung stehen sich zwei Blöcke unversöhnlich gegenüber.

Allerdings besteht ein Block allein aus Sahra Wagenknecht und die übrigen Gäste bilden den anderen. Es entsteht keine pluralistische Debatte, die viele gesellschaftliche Perspektiven einbezieht. Ein Format von „Alle gegen eine“ ist auf die Dauer ziemlich öde. Zumal die Wagenknecht-Thesen durch ihre dauerhafte TV-Präsenz bis ins Kleinste hinein besprochen sind. Für den Zuseher eine ermüdende Talkrunde ohne neue Erkenntnisse.

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Die Konfrontation mit Russland dürfte die nächsten Jahre andauern. Daher rüstet die Bundesrepublik auf. Zur Abschreckung werden ab 2026 Langstreckenraketen und Marschflugkörper aus den USA in der Bundesrepublik stationiert. Doch nicht nur der Russe ist aufgeschreckt, auch Sahra Wagenknecht ist ob der neuen Raketen auf dem Damm. „Man kann mit diesen Raketen auch angreifen“, kritisiert die BSW-Chefin. Aus der Sicht Wagenknechts ist dieser Schritt ein völlig falsches Signal. „Mehr Waffen sorgen nicht für mehr Sicherheit“, warnt sie. Wie für Wagenknecht typisch, will sie gar keine aggressive Russische Föderation erkennen, sondern sieht den Westen als Kriegstreiber. „Die Nato ist bis an die Zähne gerüstet”, so Wagenknecht.

Obwohl spätestens seit der einseitigen Kriegserklärung Russlands an die Ukraine klar sein sollte, dass die Aggression vom Kreml ausgeht, hält Wagenknecht an ihrer Nähe zu Russland fest. Sie ist damit erfolgreich. Geschickt findet sie Anknüpfungspunkte aus Zeiten der Friedensbewegung, die sie für ihre Politik übernimmt. Der Gegner steht für sie im Westen und starrt vor Waffen. Die bösen Amerikaner ziehen die Deutschen aus Sicht der früheren Kommunistin in einen Krieg mit Russland. „Wenn wir uns nicht aus dem Krieg heraushalten, werden wir zur Kriegspartei“, erklärt sie. Diesen Ansatz übernimmt Wagenknecht aus der Denkschule des Kreml und verschließt den Blick auf die Realität. „Diese Waffen sind zum Schutz“, meint die Politologin Claudia Major. Denn die Russen haben an der Ostseeküste rund um Kaliningrad schon längst ihre Marschflugkörper installiert. Major folgert: „Die Nato muss auf diese Bedrohung reagieren.“

Grüner Sozialstaat wird zum Sicherheitsrisiko

Die Gründung der Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg und die Westbindung zählen zu den Sternstunden der deutschen Politik. Dank der visionären Politik von Konrad Adenauer wurde das geteilte Deutschland während des Kalten Krieges nicht zwischen den Blöcken zerrieben. Für das Nachrichten-Urgestein Claus Kleber ist die Nato daher als Glücksfall für die Bundesrepublik zu betrachten. „Deutschland ist der größte Profiteur der Nato“, sagt Kleber. Für den Journalisten ist klar, dass Deutschland als Mitglied seiner Verantwortung gerecht werden muss. Deutschland dürfe nicht nur profitieren, sondern müsse auch seinen Beitrag leisten, so Kleber. Doch Sicherheit hat seine Kosten.

Grünen-Chef Omid Nouripour wittert durch die gestiegenen Verteidigungskosten eine Chance, um endlich die Schuldenbremse loswerden zu können. „Wir müssen die Schuldenbremse reformieren“, findet der Frankfurter. Natürlich schwebt Nouripour vor, dass für jede Milliarde, die in Verteidigung fließt, auch eine in den Sozialetat fließt. Niemand soll zu kurz kommen. Allerdings ist Christian Lindner Finanzminister und pocht auf die Schuldenbremse.

Weil die Grünen aber der Verteidigung bei den Haushaltsverhandlungen keine große Priorität eingeräumt haben, muss Boris Pistorius mit weniger Geld auskommen, als er sich für die Truppe wünscht. „Wir hätten an anderer Stelle ganz viel sparen müssen“, gibt Nouripour zu. Bei Flüchtlingen, Bürgergeld und Rente wollten die Grünen nicht sparen. Obwohl sie den kommenden Haushalt gern in der Öffentlichkeit als Sparhaushalt deklarieren. So wurde der Etat für die Bundeswehr gestutzt.

Was wird aus der Nato nach der US-Wahl?

Die USA dominieren die Nato seit ihrer Gründung. Ohne die militärische Stärke der USA wäre das westliche Verteidigungsbündnis in seiner heutigen Form nicht denkbar. In diesem Jahr finden Präsidentschaftswahlen in den USA statt. Sahra Wagenknecht charakterisiert die beiden Kandidaten: „Es ist eine Wahl zwischen einem Dementen und einem Unzurechnungsfähigen.“ Wie es für die Nato nach der Wahl weitergeht, wird darauf ankommen, ob es Trump, Biden oder ein Biden-Ersatz wird.

Hollywood fällt ihm in den Rücken
ABC, CNN, MNSBC – Sender geben Biden zum Abschuss frei
Wie schlecht es um Joe Biden steht, verdeutlicht ein Bericht von Claus Kleber. „Er braucht einen Teleprompter für 24 Leute“, berichtet der ehemalige Heute-journal-Moderator. Der US-Präsident ist in einem senilen Stadium angekommen, in dem er eigentlich nicht mehr amtsfähig ist. Deshalb wird in den USA über einen Sturz von Joe Biden spekuliert. Vor einem Präsidenten Trump zittert die Runde. Trump könne die Nato schwächen, indem er Truppen und Raketen aus Europa abziehen würde, meint Politologin Claudia Major. Donald Trump ist eine Wundertüte. Man weiß nicht, was er tut. Diese unberechenbare Art könnte der Nato aber auch mehr Abschreckung verleihen.

Man kann sich bei Trump auf nichts verlassen. Gegner hätten es in jedem Fall schwerer, die Nato zu berechnen. Ohne jeden Zweifel ist, dass Deutschland die USA und ihre immense militärische Stärke nicht ersetzen könnte. Die Bundesrepublik braucht den amerikanischen Schild als Stütze in der Verteidigung. Was die öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Talkshows in jedem Falle ersetzen sollten, ist die eindimensionale Gästeauswahl. Statt der üblichen Dauer-Talker wären neue Köpfe und Meinungen eine willkommene Abwechslung im Dickicht des altbekannten Meinungsdschungels.

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Kommentare ( 99 )

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libelle
4 Monate her

„Auf fremden Mannes Arsch ist gut durch Feuer reiten“ – sagt ein altes deutsches Sprichwort. Im Beitrag wird die Frage ob Deutschland weitreichende Raketen aufstellen darf, absichtlich falsch gestellt. Es ist selbstverständlich Deutschlands gutes Recht dies zu tun, aber ein Verbrechen ist es wenn die deutsche Regierung es zulässt dass eine fremde Macht, die USA, in Deutschland Raketen stationiert, und diese dann sogar atomar bestückbare Raketen aus eigener Macht auf Russland abschießen kann – und damit Deutschland der Vernichtung preisgibt.  Zum immer wieder mantraartig strapazierten, „unprovozierten Angriffskrieg“ Russlands: Dieser Krieg wurde Russland aufgezwungen. Wodurch? Durch die von den USA mit… Mehr

Gerd222
4 Monate her
Antworten an  libelle

Meiner Meinung nach absolut richtig!

Melly
5 Monate her

Wenn man bedenkt das der irre Joe jederzeit auf die Atomsprengköpfe zugriff hat, sollte das uns alle aufrütteln, bevor es zu spät ist.

Martin Buhr
5 Monate her

Wer das Narrativ des einseitigen russischen Angriffs auf die Ukraine vertritt , muss sich schon um das Ignorieren der vorausgegangenen 32 Jahre sehr bemuehen , um die Aufkuendigungen von Vertraegen , zum Beispiel : wie die Atomwaffen-Kontrolle und die Raketenabwehr ; aktiv wie passiv also . Diese Kuendigungen gehen auf das Konto des Westens , selbst dann , wenn es die Russen bemerkt haben sollten . Kein Zoll weiter nach Osten wird die Nato expandieren , so Woerner , Genscher und Baker . Wer haette zu der Zeit auch ahnen koennen , dass die Russen deutsch oder englisch verstehen ,… Mehr

Waldschrat
5 Monate her

Wie leicht doch die Kriegsrhetorik auch im obigen Beitrag aus der Feder kommt. Anscheinend glauben alle, dass sich Putin ewig provozieren lässt. Man mag von Wagenknecht halten, was man will, unrecht hat sie nicht. Putin als Aggressor hinzustellen, ist billig. Hat er Deutschland bedroht? Nein! Hat der Westen Putin gedroht und droht noch? Ja! Wer sind denn nun die Kriegstreiber? Ich vermute mal, die, die sehr viel Geld damit verdienen. Was soll die Ukraine in der NATO? Es kann doch nicht zu viel verlangt sein, dass die Ukraine draußen bleibt, damit dürfte der Krieg alleine enden. Ob es so erbaulich… Mehr

Der Person
5 Monate her

„„Wenn wir uns nicht aus dem Krieg heraushalten, werden wir zur Kriegspartei“, erklärt sie. Diesen Ansatz übernimmt Wagenknecht aus der Denkschule des Kreml…“ Ja sicher, woher denn sonst? Ob Putin uns als Kriegspartei sieht, entscheidet einzig und allein Putin, niemand sonst. Und glücklicherweise scheint er mal wieder sehr verzeihend zu sein… „Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffen auf deutschem Boden kann Wissenschaftlern zufolge völkerrechtlich eine Kriegsbeteiligung durch den Westen darstellen. Das gehe aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hervor, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland.“, tagesschau, 2022„Deutschland will in diesem Jahr weitere 10.000 Soldaten aus der Ukraine ausbilden.“, tagesschau,… Mehr

Teide
5 Monate her

Die geplante Stationierung der neuen Langstreckenraketen und Marschflugkörper in Deutschland kann jedenfalls nichts mit dem Angriff auf die Ukraine im Frühjahr 2022 zu tun haben.
Der Artikel ist vom 29.11.2021

Kriegsvorbereitung“
Dark Eagle: Die USA planen die Stationierung von atomaren Hyperschallraketen in Deutschland – Anti-Spiegel

Last edited 5 Monate her by Teide
Audix
5 Monate her

„Wagenknecht …… verschließt den Blick auf die Realität.“ Völlig falsch, sie sieht die Realität – wie die Schwefelpartei. Das macht beide erfolgreich. Kalte (oder warme) Krieger können bei uns zum Glück nicht punkten.

Kontra
5 Monate her

„Dem Russen die Beine wegschlagen“, wie die werte Frau Außenministerin vor sich hin flötete, hat wohl nicht gaaaanz so geklappt. Nun will man die NATO also „Trump sicher “ machen. Hört sich an wie: „ich mach mein Auto winterfest“, Wohlan!

bumo111
5 Monate her

Die Ergebnisse der Sanktionen gegen Russland kann man bei BASF begutachten. Die bauen ganze Werke jetzt hier ab und diese werden in den USA neu aufgebaut Dazu Megainvestionen in neue Werke in China Dort gibt es jetzt die russischen Rohstoffe die früher nach Deutschland strömten. Die Leute hier gehen zum Arbeitsamt. Glückwunsch, tolle Politik.

Mediator
5 Monate her

1989 war das NATO-Manöver Wintex-Simex geplant. Helmut Kohl (CDU, damals Bundeskanzler) zeigte sich entsetzt darüber, dass der Atomkrieg geübt werden sollte und Deutschland dafür das Schlachtfeld war. Er ließ die Pläne ändern. Mit der (erneuten) Stationierung von US-Atomraketen in Deutschland kehrt das damalige Szenario zurück. Der Unterschied: Olaf Scholz (SPD, Bundeskanzler) ist begeistert. 1989 äußerte sich sogar der „Spiegel“ kritisch. Heute klatscht nicht nur das ZDF sondern sogar Tichys Einblick Beifall. Wie sich die Zeiten ändern…

Buck Fiden
5 Monate her
Antworten an  Mediator

WINTEX 1986. Willy Wimmer war als Staatssekretär im Rahmen dieser Übung Darsteller des Bundeskanzlers. Im Verlauf dieser Übung wollte die NATO in Brüssel die Zustimmung der Bundesregierung zur nuklearen Bombardierung von Dresden und Potsdam, damit die Sowjetstreitkräfte keinen Profit aus der Eroberung hätten ziehen können.
Nach Rücksprache mit dem Bundeskanzler verliessen Wimmer sowie die anderen bundesdeutschen Teilnehmer darauf die NATO- Übung, die ohne weitere deutsche Beteiligung fortgesetzt wurde.