Bei Illner: Offenes Rennen ums Weiße Haus

Im US-Wahlkampf dankt Joe Biden ab und Kamala Harris übernimmt. Was wird aus der Ukraine? Bei Trump sei es möglich, dass er am ersten Tag Friedensgespräche führt, mutmaßt Jens Spahn bei Illner. Und warum die Politik der Brandmauer in Deutschland amerikanische Verhältnisse schafft.

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Die US-Wahl nimmt neue Fahrt auf. Präsident Joe Biden wurde von seiner Partei aus der erneuten Kandidatur gedrängt. Monatelang hielt die Partei zu ihm und ließ die berechtigte Kritik an seinem Alter abperlen. Doch wegen des nahenden Wahltermins und der desolaten Umfragen kommt die Kehrtwende. In einer wohl orchestrierten Palastrevolte stürzte das Partei-Establishment den Präsidenten aus dem Amt. Mit der schwarzen Frau Kamala Harris haben die woken Demokraten ihre absolute Wunschkandidatin. Über ihren Minderheiten-Bonus kam sie zum Posten des US-Vize, jetzt soll sie so ganz nach oben gespült werden.

Trotz aller Vorschusslorbeeren geht sie nicht als Favoritin ins Rennen. Zwar löst ihre Kandidatur in der liberalen Presse Amerikas einen immensen Hype aus, doch ein Wahlkampf ist ein Stahlbad. In Amerika wird während eines Wahlkampfs alles durchleuchtet. Es bleibt abzuwarten, ob Harris nicht noch die ein oder andere Leiche im Keller hat. Auch die Runde bei Illner lässt sich zum großen Teil von der Harris-Euphorie anstecken. Wenngleich sich mehr Realismus in der deutschen Politik durchgesetzt hat. Im politischen Berlin hält man fest die Daumen für Harris und hofft, um eine Trump-Strategie herumkommen zu können. Deutsche Außenpolitik heißt, im November auf das Happy End zu warten. Wenn sich die Runde da mal nicht täuscht.

Der König fällt, die Dame triumphiert

Wer in der US-Politik etwas werden will, der braucht einen langen Atem und ein Gespür für Timing. Kamala Harris scheint beides zu haben. Nachdem der gebrechliche Joe Biden eine PR-Panne nach der anderen hinlegte, konnte Harris jetzt zuschlagen. Die Parteigranden der Demokraten hatten schlichtweg genug von einem Tattergreis als US-Präsident. Es fiel eine Last von der Partei ab und Harris machte einen perfekten Einstand als kommende Kandidatin.

Auch in der Illner-Runde findet die Kandidatur von Harris Anklang. „Den Republikanern wurde der Wind aus den Segeln genommen“, berichtet der CNN-Journalist Frederik Pleitgen. Die Kandidatur letztes Wochenende ins Rollen zu bringen und das Aufgeben von Joe Biden sind sicherlich kein Zufall. Die Republikaner hatten ihren großen Auftritt auf ihrem Parteitag letzte Woche. Es ging um Trump und das Attentat. Alle Scheinwerfer der Medien waren auf den Parteitag gerichtet.

Dieser Rummel ist jetzt erstmal vorbei. Die Medien sind jetzt voll von Harris. Trump und sein Running-Mate J.D.Vance sind außen vor. „Harris hat die Kraft, junge Wähler und Frauen zu mobilisieren“, meint die Vertreterin des Berliner Ablegers der demokratischen Partei Constance Chucholowski. Die Frage ist aber, ob das für die Demokraten zum Sieg reicht? CDU-Mann Jens Spahn will sich für keinen der beiden Kandidaten aussprechen. „Ich wünsche den USA einen Präsidenten, der das Land eint“, meint der frühere Gesundheitsminister. Spahn war beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee. „Aus nationalem Interesse müssen wir mit allen sprechen“, erklärt er.

Dieser diplomatische Grundsatz ist in den heutigen Zeiten eher zu einer Floskel verkommen. Es wäre zu begrüßen, wenn die Politik wieder zu den Wurzeln der Diplomatie zurückkehrt und tatsächlich ernsthafte Gespräche führt. Spahn ist sein Bemühen, gute Kontakte zu den Republikanern zu knüpfen aber durchaus abzunehmen. Anders sieht es mit der derzeitigen Bundesregierung aus. Olaf Scholz hielt es nicht mal für nötig, Donald Trump persönliche Genesungswünsche am Telefon mitzuteilen, als dieser nach seinem überlebten Attentat im Krankenhaus lag.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil war ebenfalls in den Staaten. Er sei klar für Kamala Harris als nächste Präsidentin, bekundet der Minister. Man habe einen guten Draht zur US-Regierung, so Heil. Immerhin spricht auch der linke Sozialdemokrat mit Republikanern auf seiner Reise. Was aber sowohl Spahn als auch Heil vermissen lassen, ist ein Plan für eine mögliche Regierung Trumps. Es ist eine Schwäche der Sendung, dass die Moderatorin nicht nach einem solchen nachfragt. Konkret werden beide nicht, was eine Präsidentschaft Trumps für Deutschland bedeutet. Der ökonomische Aspekt einer Trump-Regierung wird völlig ausgespart. Dabei drohte Trump mit Strafzöllen.

Trump, der Dealmaker

Wie geht es für die Ukraine nach der US-Wahl weiter? „Bei Donald Trump ist es möglich, dass er am ersten Tag Friedensgespräche führt“, mutmaßt CDU-Vize Jens Spahn. Donald Trump dürfte sicherlich daran gelegen sein, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Schließlich pumpen die USA viele Milliarden Steuergeld in die Ukraine. Mit mäßigem Erfolg, wie der Kriegsverlauf beweist.

Jens Spahn findet in der Sendung die Zeit, um über Trumps durchaus ansehnliche Außenpolitik zu sprechen. Der Republikaner habe mit seiner Iran-Politik im Nachhinein recht behalten, findet Spahn. Im Vergleich zu dem deutschen Desaster auf der außenpolitischen Bühne der letzten Jahre macht Trump in der Tat eine gute Figur. Spahn erinnert an den peinlichen Auftritt von Minister Heiko Maas, als dieser über Donald Trump bei der UN-Vollversammlung lachte. Dabei hatte Trump mit seiner Warnung vor einem russischen Abhängigkeitsverhältnis nur die Zukunft vorweggenommen.

Aber es herrscht auch Furcht in der deutschen Politik vor einem unberechenbaren Trump. Dieser könne über die Köpfe von Ukrainern und Europäern hinweg entscheiden, mahnt Minister Heil. Für die USA liegt der Fokus allerdings jenseits von Europa. „China ist der Hauptgegner“, erläutert Jens Spahn. Die USA sind in einem Wettstreit mit dem Reich der Mitte. Da sind sich Republikaner und Demokraten einig. Egal, wer ins Weiße Haus einziehen wird. Der Krieg in der Ukraine wird sich dem Ende zuneigen. Für Europa bedeutet die strategische Ausrichtung der USA, dass es in Zukunft sehr viel mehr für die eigene Sicherheit ausgeben muss, als es bisher der Fall ist.

Die Brandmauer führt zu amerikanischen Verhältnissen

Die amerikanische Gesellschaft ist tief zerrissen und gespalten. Der Grund liegt an der unversöhnlichen Haltung, in der sich die politischen Lager gegenüberstehen. Auch in der Bundesrepublik ist der Ton rauer geworden. Es liegt an neuen aufmüpfigen Parteien, die der Regierung das Wasser abgraben. Die AfD und das BSW sind für ihre politische Konkurrenz ausgemachte Feinde. Im Falle der AfD wird sogar jedwede Zusammenarbeit verweigert. Genau diese Haltung der Parteien führte in Amerika zu einer Spaltung, die in den deutschen Talkshows oft beklagt wird.

Wenn also Hubertus Heil sagt: „AfD und BSW dürfen das Land nicht regieren“, dann schließt der Sozialdemokrat viele Millionen Wähler aus. In den USA wurde von Washington aus ebenfalls mit dieser Attitüde regiert. Donald Trump nutzte genau diese ignorante Haltung der etablierten Politiker für seinen Aufstieg. Deutschland ist zwar in vielem nicht so extrem wie die USA, aber auch hier gibt es eine Polarisierung und eine Entgleisung der politischen Kaste. „Wir kennen die Wortwahl in Deutschland nicht“, meint Jens Spahn zur aufgeheizten Rhetorik in den USA.

Ob er sich da sicher ist? „Nazis“, „Nazi-Partei“ oder „Verfassungsfeinde“ sind Titulierungen seines CDU-Parteifreundes Hendrik Wüst über die AfD. Auch in Deutschland verroht die Debatte. Im Kampf um die politische Macht sinkt die Bereitschaft, das Niveau zu wahren. Nicht nur der US-Wahlkampf wird schmutzig. Nächstes Jahr wird der Bundestagswahlkampf ebenfalls ziemlich unsauber werden. Dafür sorgt die Brandmauer.

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Kommentare ( 26 )

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Mikmi
1 Monat her

Jens Spahn, das der sich noch ins Fernsehen traut, Lügner gehören auf die Anklagebank.

Millebises
1 Monat her

Bidens Problem ist nicht sein Alter, sondern seine Demenz. Und Kamala Harris ist nicht schwarz. So akkurat darf es schon sein.

F. Hoffmann
1 Monat her

Spahn hat nicht ganz Unrecht. 2019, als sie noch Senatorin war, war sie laut GovTrack die am weitesten links stehende Senatorin, noch vor Bernie Sanders (Platz 2):
https://www.breitbart.com/politics/2024/07/24/kamala-cover-up-govtrack-deletes-website-ranking-harris-2019s-most-liberal-senator/
GovTrack wollte das jetzt verschwinden lassen, wurde aber erwischt.

F. Hoffmann
1 Monat her

Bei dem jetzigen, von null sachlichem Inhalt getragenen Kamala Hype muss sie spätestens in 4 Wochen über Wasser gehen können. Viel Substantielles aus den letzten dreieinhalb Jahren gibt es nicht. Wenn sie jetzt verspricht den Mittelstand zu retten, stellt sich die Frage warum sie bisher nichts tat. Dann ist da noch ihre unrühmliche law-and-order Vergangenheit, gekennzeichnet durch massive Rechtsbrüche im Amt. Und und und. Angeblich würde Trump ein Duell mit ihr vermeiden, was falsch ist. Sie will Bedingungen stellen. Trump war mit Biden bei CNN, das 2. Duell sollte bei Fox sein. Harris will nur 1 Duell, Trump 2 davon… Mehr

Grenz Gaenger
1 Monat her

„Mit der schwarzen Frau Kamala Harris …“
Wie bitte? Schwarz?
Frau Kamala Harris ist keine Afro-Amerikanerin, wie jetzt kolportiert wird, sondern ihre Mutter stammt aus Britisch-Indien und ihr Vater aus Jamaika.

Raul Gutmann
1 Monat her
Antworten an  Grenz Gaenger

Aber, aber… , wie können Sie im 21. Jahrhundert nur solche Wahrheiten unverblümt aussprechen, sehr geehrter Herr Gänger?
Barack Obama mag zwar real genau so schwarz wie weiß sein, gilt aber als als eindeutig schwarz.
Mit anderen Worten und in allgemeiner Hinsicht: Entgegen den medialen Narrativen interessieren sich in den westlichen Gesellschaften für die Realität allein die schurkischen Verschwörungstheoretiker, vulgo Schwurbler.
Und wer will schon zu jener Gruppe der Ausgestoßenen gehören?
Richtig. Niemand. 😉

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Grenz Gaenger

Sie hat ein weiteres Problem – denn sie stammt aus einer Familie von Sklavenhaltern. 120 sollen es gewesen sein: https://x.com/WallStreetSilv/status/1816805667036103124/photo/1
Und sie braucht die afroamerikanischen Wähler. Oder, bei vorgesehener Manipulation, dann halt auch nicht.

F. Hoffmann
1 Monat her
Antworten an  Grenz Gaenger

Die Seite des Vaters ist noch interessanter. Ein Ur(ur?)opa war wohl Sklavenhalter

Raul Gutmann
1 Monat her
Antworten an  F. Hoffmann

Urgroßvater? – Sklaven? – Halter?
Die Gegenwart ist außerstande, jene Termini auch nur ansatzweise adäquat zu rezipieren.
Das 21. Jahrhundert scheint als das Centennium der Idiokratie in die Historieographie eingehen zu wollen …
… wobei Steigerungen naturgemäß jederzeit möglich sind.

Dr. Rehmstack
1 Monat her

So, jetzt haben wir es erst mal geschafft, jetzt ist erst mal Ruhe auf der Talkshow Bühne. Nun haben auch die letzten ihre Sommerpause angetreten, manche taten das schon viel früher: die Älteren werden sich erinnern, dass es am Sonntag Abend eine Sendung mit einer Frau Miasma oder so gab, dann gab’s noch zweimal wöchentlich eine Dosis Maischberger und dreimal das Komödienstadel der Abgehängten auf Phoenix, ach und am Montag gab es doch auch noch irgendwas, na egal. Nun durfte Illner noch einmal beweisen, dass man aus keiner ihrer Sendung etwas lernen kann und daß die Lücke, die sie hinterlässt,… Mehr

Raul Gutmann
1 Monat her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Sehr geehrter Herr Dr. Rehmstack, statt sich wie der ältere, teil-demente Verfasser dieser Zeilen in Wiederholungen zu ergehen, glänzt Ihre Zuschrift durch die Symbiose scharfer politischer Analyse in kabarettistischem Licht.
Danke für die trotz ernsten Themas herzliche Portion Humor am letzten bayerischen Schultag vor den Sommerferien.
Hochachtungsvoll

Aegnor
1 Monat her

War doch klar, dass die Dems und ihre loyalen MSM in USA und Europa nach einem Biden-Rücktritt von Aufbruch etc faseln würden. Was sollen sie auch sonst tun? Das ist das Pfeifen im Walde. Sorry – aber das ändert nichts an der völligen Inkompetenz, der Unbeliebtheit selbst bei den ihr angeblich so gewogenen Minderheiten und der Unsichtbarkeit die Harris in den letzten 3,5 Jahren an den Tag gelegt hat. Auch nicht an den vielen Leichen im Keller die sie definitiv hat – TE berichtete ja bereits (sollte der Autor vielleicht auch mal lesen). Und schon gar nichts ändert es am… Mehr

Raul Gutmann
1 Monat her

Der Grund liegt an der unversöhnlichen Haltung, in der sich die politischen Lager gegenüberstehen.

Einspruch: Es liegt eher an jener Politik, die im Weißen Haus gemacht wird, seit ein Mann namens Barack Obama dort einzog.

Auch in der Bundesrepublik ist der Ton rauer geworden. Es liegt an neuen aufmüpfigen Parteien, die der Regierung das Wasser abgraben.

Einspruch: Der „rauhere Ton“ resp. die gespaltene Gesellschaft und folgt wie die „neuen aufmüpfigen Parteien“ der gesinnungsethischen Politik der Bundesregierung gegen die vitalen Interessen der Bürger.
Nicht die Wähler haben sich neue Parteien gesucht, sondern die alten, insbes. die „Volksparteien“ haben ihre Wähler verlassen.

Last edited 1 Monat her by Raul Gutmann
mediainfo
1 Monat her
Antworten an  Raul Gutmann

„Nicht die Wähler haben sich neue Parteien gesucht, sondern die alten, insbes. die „Volksparteien“ haben ihre Wähler verlassen.“

Auf den Punkt, genau so ist es.

Haedenkamp
1 Monat her
Antworten an  Raul Gutmann

Es handelt sich keinesfalls um #gesinnungsethische Politik#: Es ist eine willkürliche, desaströse, menschenverachtende, totalitäre Politik, die ihre Zerstörung auf die Spitze treibt. Und alle, die das erkannt haben, sollen mundtot gemacht und vernichtet werden.

Thomas
1 Monat her

In Vorwahlen hätte sie keine Chance gehabt. Jetzt wo der demente Greis weg ist werden sie Trumps Alter thematisieren. Im Kontrast zur jungen, lebenslustigen Kamala.

Juergen Schmidt
1 Monat her

Der US-amerikanische Präsidentschaftswahlkampf ist für mich eine reine Zirkusaufführung. Täuschung und Ablenkung, Demokratiesimulation. Das Land wird von anderen regiert, egal wer da vorne am Rednerpult steht. Allerdings erdreistet sich Trump, *auch* Politik für die amerikanischen Bürger zu machen – das bringt den ein oder anderen Teil der »Elite« restlos auf die Palme, durchkreuzt es doch deren »Agenden«. Was den Herrn Spahn angeht: Nach der Veröffentlichung der kompletten ungeschwärzten RKI-Protokolle wissen wir, dieser Mann gehört »lebenslänglich« ins Gefängnis, und danach in Sicherheitsverwahrung. Aber schon garnicht hat er in der Außenpolitik unseres Landes herumzuwursteln. Schließlich wissen wir aus Erfahrung, dass er eine… Mehr

Raul Gutmann
1 Monat her
Antworten an  Juergen Schmidt

Sehr geehrter Herr Schmidt, vielen Dank für Ihre wichtige Zuschrift. Leider ist das Vergessen in der täglichen Medienwelle zu häufig. Daher sind es Stimmen wie die Ihre, die uns an die RKI-Protokolle sowie das in jenen dokumentierte Verhalten von Politikern wie Herrn Spahn erinnern.
Daher: Chapeau!

Last edited 1 Monat her by Raul Gutmann