Bei Anne Will – Söder für konsequente Rückkehr zur Kernenergie

Während SPD-Chef Klingbeil die Deutschen für zu schwach für ein Energie-Embargo gegen Russland hält, will Söder zur Kernenergie zurück, die drei noch laufenden Kernkraftwerke weiter laufen lassen und neue bauen.

Screenprint ARD / Anne Will

Langsam wird „Anne Will“ am Sonntagabend zu einer Fortsetzung des „Tatort“ mit allerdings spannenderen Verläufen. Die harte Realität ist mit dem Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine auf die Tagesordnung der Nation und damit auch zu Anne Will zurückgekehrt. Spätestens seit den Bildern der Massaker, die russische Soldaten in einem Vorort Kiews veranstaltet haben sollen, müsste selbst dem größten Ignoranten klar geworden sein, dass die brutalen Schatten des vergangenen Jahrhunderts auch in Europa nicht verschwunden sind. Noch tragischer als die Ereignisse selbst, ist die große Überraschung unserer Spitzenpolitiker in allen Parteien darüber. Wenn selbst die sogenannte politische Elite über Jahrzehnte hinweg wachsende Bedrohungen und ernste Gefahren nicht erkennt, wie sollen dann erst ihre Wähler und Mitbürger das können.

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Kernfrage bei Will war gestern: „Wie sollte, aber auch wie kann Deutschland auf den Ukraine-Krieg reagieren?“ Konkret: Wäre ein sofortiger Abbruch der Energieimporte aus Russland möglich? Die Antwort des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil war so nüchtern wie niederschmetternd. Die ökonomischen Folgen für Deutschland wären so gravierend, dass daraus Gefahren für die gesellschaftliche Stabilität der Bundesrepublik entstehen könnten. Klingbeil sprach den Deutschen damit die Bereitschaft zu materiellen Einschränkungen zugunsten der Verteidigung solch substanzieller Güter wie Freiheit, Achtung der Würde des Menschen und der freien Entfaltung jedes Einzelnen ab. Als ob hier 80 Millionen Geschichts- und Gesichtslose leben würden. Welch eine Anmaßung, auf die Anne Will leider nicht reagierte. Dann hätte sie nämlich eingestehen müssen, dass nicht nur die Partei Klingbeils, sondern auch ihre eigene Zunft speziell im öffentlich-rechtlichen Fernsehen für einen solchen Befund mitverantwortlich wäre.

Denn tatsächlich kann man nicht selten einen solchen traurigen Eindruck von der Verfasstheit der Nation bekommen. Dennoch ist er falsch! Helmut Kohl war der letzte Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, der in der Nation der Deutschen, im Verbund mit Europa und gemeinsamen Grundwerten, nicht ohne Pathos die Substanz unserer Identität beschrieb. Immer wieder machte er klar, dass die Freiheit der westlichen Welt ein Geschenk ist, aber keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: Sie müsse täglich bewahrt und gegen ihre Feinde wehrhaft verteidigt werden.

Mit seinem Nachfolger, Gerhard Schröder, kam die „Spaßgesellschaft“ und eine allgemeine Unverbindlichkeit ins Land, gefolgt von Angela Merkel, die aus ihrer Partei einen alles abnickenden Kaderverein machte und als „Mutter der ewigen Güte“ das Volk in scheinbarer Harmonie einschläferte. Fast unbemerkt zerstörte sie mit dem überstürzten Ausstieg aus der Kernenergie ohne Berücksichtigung der Folgen und ohne Konzept eine der Grundstützen unserer Souveränität. Mit tatkräftiger Unterstützung ihres Vorgängers Schröder, der an die Spitze der russischen Energiewirtschaft gewechselt war, führte sie Deutschland in die Energie-Abhängigkeit Russlands. Die immer diktatorischere Politik Putins nach Innen, bei gleichzeitig ständig zunehmender Aggressivität nach Außen, inklusive massiver Aufrüstung, wurde tabuisiert und kleingeredet. Das Ergebnis wurde gestern Abend bei „Anne Will“ serviert. Fast schon wurde man als Zuschauer selbst angesichts der Mutlosigkeit traurig.

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Doch da war ja noch der stets aufmunternde Markus Söder aus dem Süden. Beinahe belustigt warf er ein, dass er die Verengung der Diskussion auf die Frage, ob ein Energie-Embargo gegen Moskau sinnvoll wäre, nicht ganz verstehe. Denn da gäbe es ja auch noch Putin selbst, der jeden Tag von sich aus den Hahn zudrehen könne, und es vielleicht vernünftiger wäre, sich auch darauf einzustellen. Pragmatiker, wie Söder eben einer ist, schlug er den sofortigen „Ausstieg aus dem Ausstieg“ vor. Deutschland sollte nicht nur die drei noch laufenden AKWs über die Jahreswende hinaus am Netz halten, sondern auch mit dem Bau neuer Kernkraftwerke zügig beginnen. Klingbeil mag dabei über die Stimmung seiner eigenen Genossen und der Grünen nachgesonnen haben, denn er schwieg vielsagend.

Der Hinweis des Bayern auf die Rolle Putins traf ins Schwarze. Plötzlich erkannte die Runde, dass Diskussionen wie diese der anderen Seite die eigene Schwäche offenbare und damit wertvolle Hinweise liefere. Ein echter Gewinn für die diesmal sehr gut zusammengesetzte Runde waren die ehemalige Grünen-Politikerin Marie-Luise Beck und der stellvertretende Chefredakteur der „Welt“, Robin Alexander. Während die in ihrer Partei über lange Zeit isolierte Beck eindrücklich klar machte, dass Putins Politik auch eine Bedrohung für ganz Europa und damit auch für uns selbst darstelle, kritisierte Alexander die Intransparenz deutscher Waffenhilfe für die Ukraine und einen daraus entstehenden Zweifel an der Standfestigkeit Deutschlands bei seinen Partnern.

Gut getan hat der Sendung die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm, die sachlich auf die ökonomischen Probleme eines Abbruchs der Energiebeziehungen mit Russland hinwies. Gleichzeitig betonte aber auch sie, dass Putin, bei aller Bedeutung der Gas-Öl-Kohle-Milliarden für ihn, auch zu jeder Zeit den Spieß umdrehen könnte. Das Schlusswort übernahm dann die Wissenschaftlerin gleich noch mit: „Früher war ich auch anderer Meinung, aber jetzt stimme ich Markus Söder zu. Unter den jetzigen Gegebenheiten ist eine Rückkehr zur Kernenergie sinnvoll.“ Vielleicht war es das, das Anne Will am Ende die Stimme verschlagen hat.

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Kommentare ( 133 )

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Skeptiker
2 Jahre her

Das Problem ist natürlich: Woher die Fakten nehmen???

Vermesser17
2 Jahre her

Das angebliche Massaker in der Ukraine wird von der MSM jetzt als Grund zum Kriegsentritt der NATO hochgejazzt. Vorsicht !

Wer erinnert sich an Colin POWELL und seine Giftgasröhrchen ?

Micky Maus
2 Jahre her
Antworten an  Vermesser17

So gemein es klingen mag, ich glaube, daß die geistig umnachteten Grünen nur ums Durchsetzen ihrer irren, von geistigem Wahnsinn befallenen Ideologie selbst einen Krieg der Nato gegen Rußland befürworten könnten. Haben diese Nutzlosen noch immer nicht begriffen, daß Mitteleuropa insbesondere Deutschland zur militärischen Müllhalte des Krieges werden würde?

mediainfo
2 Jahre her
Antworten an  Vermesser17

Und Panzer und andere schwere Waffen will die NATO plötzlich auch an die Ukraine liefern. Natürlich nur zu Verteidigungszwecken, und obwohl die Ukraine gar kein NATO-Mitglied ist!

Die kriegerischen Aktionen Russlands auf dem Staatsgebiet der Ukraine sind ein sichtbarer Bruch des Völkerrechts, daran gibt es nichts zu deuteln. Die wahren Initiatoren dieses Konflikts, auf den jahrelang „hingearbeitet“ wurde, und die kein Interesse an Friedensverhandlungen und einem „drohenden“ Kompromiss haben, bevor ihre Ziele erreicht sind, sind jedoch andere!

Brandenburg
2 Jahre her

Söder, Söder, Söder- Maske, Maske, Maske- Impfpflicht, Impfpflicht, Impfpflicht- Atomstrom, Atomstrom, Atomstrom. Wenn es um Publicity und Wahlen geht, ist er immer dabei. Und dieses eine Mal liegt er wohl richtig! Jedes dritte Los gewinnt!

Dr. Rehmstack
2 Jahre her

Ich kann Herrn Gafron bei der Beurteilung der Will Sendung überhaupt nicht folgen. Insbesondere seine Beurteilung der Rolle von Frau Beck lässt mich fassungslos zurück. Es sind doch tatsächlich die Grünen, die uns in dieses Energie Dilemma geführt haben, wer wollte denn gleichzeitig aus Kohle, Kernenergie und Erdgas aussteigen und hat uns damit zu Abhängigen Putins gemacht. Ohne die grüne Energiewende müssten wir jetzt nicht darüber diskutieren, ob wir mit einer Selbstkasteiung Putins Krieg verhindern oder wenigstens verkürzen könnten. Da waren sich zwei Damen in ihrer Gesinnungsethik völlig einig. Und sie werden nicht schlauer: Robert und Steffi geben gerade bekannt,… Mehr

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Ich staune.
Wo wird der Ilussionär den Stahl für die Pfosten her bekommen?
Von all den anderen Materialien ganz zu schweigen.

Vermesser17
2 Jahre her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Vor allem bringen 10 mal mehr Windräder beim Dunkelflaute auch nichts.

Rosenkohl
2 Jahre her

„Pragmatiker, wie Söder eben einer ist, schlug er den sofortigen “Ausstieg aus dem Ausstieg‘ vor“ -Söder ist alles mögliche, aber kein Pragmatiker. Söder selbst hat uns schon 2011 als bayrischer Umweltminister den Ausstieg wesentlich mit eingebrockt: „Laut den von der bayerischen Landtagsfraktion verabschiedeten ‚energiepolitischen Leitlinien‘ sollen bis zum Jahr 2022, besser noch 2020, alle Kernkraftwerke abgeschaltet sein. FDP und CDU hingegen haben sich noch auf kein Datum festlegen mögen – das nutzt der kleine Koalitionspartner, um nun nach vorne zu preschen“, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-05/seehofer-soeder-atomausstieg-csu/komplettansicht Noch im November 2021 sagte Söder: „Der Beschluss zum Atomausstieg basiert auf einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz“,https://www.waz.de/politik/corona-impfpflicht-3g-soeder-id233766049.html. Jetzt will es… Mehr

Vermesser17
2 Jahre her
Antworten an  Rosenkohl

Nun wissen wir wenigstens, warum Deutschland ein politischer Zwerg ist. Angetrieben von extremer Haltung statt Vernunft und Wagemut.

Skeptiker
2 Jahre her
Antworten an  Rosenkohl

Hadmut Danisch unkt schon lange, dass man den schwarzen Peter für die Energiewende früher oder später den „Nazis“ von der AfD zuschieben wird, während alle anderen – insbesondere die Grünen – „schon immer“ für klimaschonende Atomkraftwerke waren. (Ozeanien war nie im Krieg mit …)

Cabanero
2 Jahre her

Kleine Gedächtnisstütze: Es war Kohls Finanzminister Theo Waigl, der als erster den Verteidigungsetat zugunsten der Sozialtransfers plünderte. Das Gerede von der „Friedensdividende“ hub unmittelbar nach dem Mauerfall an, nicht erst nach Schröders Wahl. Schon in den tiefen 1980ern verweigerten die Kinder des westdeutschen Bürgertums massenhaft den Wehrdienst und demonstrierten im Bonner Hofgarten nur gegen US-Raketen. Putinisten nannte man damals „Ostermarschierer“ und Kohl regierte und aß dazu Pfälzer Saumagen. Und als Krone des ganzen: Wer hat Deutschland bis ins Mark verraten mit der Einführung des Euros, natürlich komplett an Volk und Bundestag vorbei? Oskar Lafontaine? Willy Brandt? Rudolf Scharping? Der Verleger… Mehr

Silverager
2 Jahre her

Natürlich könnte man die AKWs weiter betreiben. Man muss es nur wollen.
Bei unseren linksgrünen Politikern einschließlich des kleinen gelben taumelden Einsprenksels fehlt allerdings der Wille.

Dunkelsachse
2 Jahre her

„Gut getan hat der Sendung die Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Grimm, die sachlich auf die ökonomischen Probleme eines Abbruchs der Energiebeziehungen mit Russland hinwies.“

Wie bitte?

Die meinte „2,5 bis sechs Prozent Abschlag auf die wirtschaftliche Entwicklung“

Die paar Prozent sind jedoch niemals zutreffend.

Wenn die Industrie stillgelegt ist findet keine Wertschöpfung mehr statt. Und viele Anlagen sind dann auch dauerhaft hinüber.

Darüber hinaus wird es künftig kein CEO mehr verantworten, in Deutschland zu investieren, wenn eine zuverlässige und preiswerte Energieversorgung Voraussetzung für wettbewerbsfähige Produktion sind. Das bedeutet, dass ab sofort alle Arbeitsplätze in derartiger Industrie, also alle, Auslaufmodelle sind.

Rosenkohl
2 Jahre her
Antworten an  Dunkelsachse

Genau deshalb ist Klinbeils zitierte Einlassung „Die ökonomischen Folgen für Deutschland wären so gravierend, dass daraus Gefahren für die gesellschaftliche Stabilität der Bundesrepublik entstehen könnten“ tatsächlich nüchtern, nicht anmaßend. Denn es geht dann für Hunderttausende nicht mehr um weniger heizen oder weniger Luxuskonsum, sondern um die materielle Grundlage der eigenen Existenz, aus Arbeitslohn und einem Dach über dem Kopf.

Dr. Rehmstack
2 Jahre her
Antworten an  Rosenkohl

Völlig richtig, und genau deswegen ist die Aussage von Gauck an intellektueller Schlichtheit nicht zu unterbieten, ein bisschen weniger Temperatur, ein bisschen weniger Lebensglück, das ist wirklich das dümmste, was ich in letzter Zeit dazu gehört habe.

Torsten M
2 Jahre her

Ich bin weder bereit, aus Solidarität zur Ukraine zu verarmen, noch bin ich bereit, mich von einem Journalisten als „zu schwach“ bezeichnen zu lassen. Wer glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, Herr Gafron? Sicher, Krieg ist schlimm, aber ist dieser Krieg schlimmer als der im Jemen, der in Myanmar, in Äthiopien oder sonst wo auf der Welt? Es ist nicht meine Aufgabe, mein Vermögen und Einkommen aufgrund von Kriegen irgendwo in der Welt zu opfern. Ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb ich büßen soll. Wenn Sie als Kraftprobe gerne verarmen möchten, dann können Sie ihr Privatvermögen ja gerne spenden.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Torsten M

Sie werden ja auch nicht aufgrund der Ukraine „verarmt“, sondern aufgrund der durch die Kabinette Merkel und jetzt Scholz entstandenen Kostenexplosionen für Politik, die den Boden der Tatsachen seit Jahren außer Acht lässt.
Samt der in D durch offene Grenzen geschaffenen Gemengelage, wo wer weiß wie viele Millionen inzwischen auf ihnen zugesprochene Alimente in jährlich mindestens hoher 2-stelliger Milliardenhöhe alleine für Anwesenheit bestehen.

Haeretiker
2 Jahre her

„Klingbeil sprach den Deutschen damit die Bereitschaft zu materiellen Einschränkungen zu Gunsten der Verteidigung solch substanzieller Güter wie Freiheit, Achtung der Würde des Menschen und der freien Entfaltung jedes Einzelnen ab.“
Und das zu Recht. Denn seit über zwei Jahren werden diese substanziellen Güter unverholen abgebaut und die Mehrheit tut da eifrig mit.
Wenn demnächst der energetische Zusammenbruch kommt, dann fürchtet das niemand mehr als la classe politique. Sie hat den Westen sturmreif „gewoket“ und nun fürchtet sie, dass sich kein Patriot mehr finden wird, der bereit ist sie zu verteidigen. Und das auch zu Recht.