Bei Anne Will: Nahles predigte, Altmaier gähnte – aber da müssen sie jetzt durch!

Anne Will fragte: Der Machtverlust – gelingt den Volksparteien ein Neuanfang? Wir fragen zurück: Volksparteien? Welchen Volksparteien?

Screenprint: ARD/Anne Will

Tagsüber zauberte der Herrgott einen herrlichen Herbsttag übers Land – die Sonne strahlte wie bestellt an Roland Tichys Geburtstag –, Raucher freuten sich über die letzten Möglichkeiten im Biergarten zum Hefeweizen ein Zigarettchen anzuzünden, über das Mobiltelefon flimmerten zwischendurch die neuesten Nachrichten über Gottschalks Mühle in Malibu (abgebrannt), Ribérys Zusammentreffen mit TV-Experten (handgreiflich?) und Horst Seehofers Rücktritt (im nächsten Jahr).

Aber es gibt kein ungetrübtes Glück, am Abend wartete die Pflicht. Anne Will: journalistische Bemühungen im Ersten. Obwohl wir uns mehrmals während der Sendung bei der Dame unseres Hauses versicherten, dass wirklich nur 55 Minuten Sendezeit vorgesehen waren, kam es uns wie zwei Stunden vor. Natürlich war von Anfang an klar, dass das eine schreckliche Sendung würde. „Der Machtverlust – gelingt den Volksparteien ein Neuanfang?“ SPD und Volkspartei – was für ein Quatsch! Die Genossen liegen bei 15 Prozent.

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Die Vorsitzende Andrea Nahles hätte ein aus fremden Gestaden Zugereister wohl, breitbeinig wie sie da saß, als Vertreterin der Arbeiterschaft eingeordnet, ihren Worten nach aber saß sie dort als Vertreterin eines Europas, finanziert von der deutschen Arbeiterschaft. Peter Altmaier aus dem Saarland, machte, nach allen Regeln der Butterfahrten-Kunst, Werbung für Annegret Kramp-Karrenbauer, als sei die eine Heizdecke. Seine innerparteilichen Gegner, sprich Parteifreunde, sollten den Mann nicht unterschätzen, wie er den Friedrich Merz abservierte, das war schon Bundesliga. „Der Friedrich Merz hat ja auch ein Papier unterschrieben, wo er dafür eintritt, die europäische Arbeitslosenversicherung einzuführen“, lobte Peter Fritzes Engagement für das Heilige Europa (EU), und gab Anne Will die Gelegenheit, forsch einzuwenden: „… und er hat sich davon wieder distanziert!“ Einzige Frage, die bleibt: Musste Peter die Volte mit Anne einüben?

Bevor wir zu den anderen Gästen kommen, für schnelle Leser die Quintessenz der Sendung in wenigen Worten aus dem Munde von Genossen, die bei Andrea Nahles’ Debatten-Camp der SPD in Berlin aufgenommen wurden.

Wofür steht die SPD, wurden Camp-Teilnehmer gefragt. Die Antworten in gegebener Reihenfolge: „Für nix.“ „Für Freiheit + Frieden + Frauen.“ „Für Soziale Gerechtigkeit, wenn man dieses blöde Wort noch verwenden darf.“ „Für Bildung.“ Das war wahrscheinlich lustiger als die heute-Show, obwohl wir das nicht beurteilen können.

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Ein einst liberaler Zeitgenosse, nun ein SPD-Genosse, fällte abschließend das Todesurteil: „Wir können nicht kommunizieren und können kein Recruiting“. Womit wir als lebendem Beweis wieder bei Andrea Nahles wären. Erst aber kommen die anderen Gäste dran. Jürgen Trittin, der grüne Altkommunist, fragte süffisant, ob Alexis Tsipras der passende Gast im Debatten-Camp sei, schließlich habe der mit seiner Partei die griechischen Sozis endgültig verschrottet. „Und der regiert mit den National-Konservativen“, wusste Peter. Volksparteien hält Trittin für überflüssig, kleine Parteien unter Führung der Grünen wären viel besser.

Christoph Schwennicke von „Cicero“ berichtete von einem traumatischen Morgenerlebnis, als er im Radio einen Genossen Miersch in empathischen Worten leidenschaftlich über ein Thema parlieren hörte, und erst später erstaunt vernahm, worum es ging: Ob Ferkel bei der Kastration betäubt werden sollten. Zwar waren alle auf der Seite der Ferkel, aber bis auf Andrea begriffen sie gleichwohl, was Schwennicke sagen wollte: Die SPD habe eine eher suizidal gestimmte Funktionärselite, die keinen Kontakt mehr zu den Bürgern und deren Sorgen habe.

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Wahrscheinlich rangiert das Thema beim Bürger knapp über dem Bedeutungsgrad von Ferkel-Kastrierung, aber die Öffentlichrechtlichen haben gerade nichts Wichtigeres: Die drei Fragezeichen der CDU. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, stellte fest „amüsiert ist man schon“, wenn man sieht wie sich Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn da abmühen. Aber was sollen sie machen? Eine Volkspartei muss nun mal alle Bereiche abdecken, von Sicherheit bis Sozialpolitik. So sei das auch zu verstehen, wenn AKK fordert, dass Vergewaltiger nicht mehr in den Schengenraum dürften. Trittin beruhigte die Schneeflöckchen vorm TV, das würden grüne Richter schon verhindern. Alle dürfen bleiben. Schwennicke analysierte: Jeder Kandidat tüncht sein Konterfei. „AKK kämpft gegen das Mini-Merkel-Image, Merz gegen das Neoliberale, und Spahn …“ Der scheint schon abgemeldet. Schwennicke wäre „Merz ganz lieb. Eine grün gestimmte Kanzlerin, die sozialdemokratisch regiert und in der CDU ist, da wäre ein Gegenpol gut.“ Wäre, wäre, Heckenschere – der Merkelwahlverein wird schon wissen, welche Kandidatin zu wählen ist.

Nahles durfte dann endlos referieren, was sie alles plant: Totalsanierung des Sozialstaats, Alle in die Rentenversicherung. Ende der Zwei-Klassenmedizin. Hartz 4 weg. Plus jede Menge Visionen auf Debatten-Camps. Eine unhöfliche Kamera fing dabei Peter ein, der kräftig gähnte. Professorin Münch kann die Tirade zur Bestätigung ihrer These nehmen „Es fehlt den Parteien der Kontakt zum Volk“. „Der Mensch nimmt die Parteien wie Staatsapparate wahr, als verlängerten Arm des Staates.“ Was uns an zwei sozialistische Phasen der deutschen Geschichte erinnert. Einzige Hoffnung: Nahles hat nur 15%. Damit es wieder mehr werden, will sich auch der ÖRR, bei dem viele, viele Genossen dienen, mehr ins Zeug legen. Die ARD plant eine Themenwoche „Gerechtigkeit“. Moderator Martin Schulz?


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Kommentare ( 33 )

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Absalon von Lund
6 Jahre her

Wehe euch, beim nächsten Mal lassen wir die Lava des Vesuv durch die Studiotür und dann ist Feierabend, ein für allemal!

Luisa Nemeth
6 Jahre her

Genial parliert wie immer. Und dass Sie uns Roland Tichy’s Geburtstag verraten haben! Jetzt hat der 11. 11. eine zusätzliche Bedeutung bekommen. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Herrn Tichy und weiterhin viel Kraft für den mühsamen Aufstieg. Danke Herr Paetow.

Eloman
6 Jahre her
Antworten an  Luisa Nemeth

Der 11.11. ist auch der Geburtstag von Friedrich Merz. Tichy und Merz sind nämlich am gleichen Tag geboren.

Redaktion
6 Jahre her
Antworten an  Eloman

Am selben.

Luisa Nemeth
6 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Is ja n’Ding. Danke.

Michael_M
6 Jahre her

„Was uns an zwei sozialistische Phasen der deutschen Geschichte erinnert. “
kein wunder, ist die spd inkl nahles doch lautstarke vertreterin des inter-nationalsozialismus.

Leonor
6 Jahre her

“welche Kandidatin zu wählen ist“
“Unhöfliche Kamera“hat gähnenden Altmeier gefilmt ???
Herr Paetow Sie sind großartig! Ihr Humor ist ein Geschenk Gottes, für Sie und Ihre Leser!
@Herr Tichy alles gute zum Geburtstag! Danke für dieses Lichtblick im Tunnel.

jahrgang 1946
6 Jahre her

Lieber Herr Paetow, warum soll es Ihnen – dies zu der realen Sendezeit von 55 Minuten und der durch Sie empfundenen von zwei Stunden – besser gehen als Mark Twain, dessen klassisch einfache, einfach klassische Beschreibung einer Wagner – Oper lautete: „Man geht um 6 Uhr abends in die Oper, schaut dann nach zwei Stunden auf die Uhr – und es ist Viertel nach 6.“

Alexis de Tocqueville
6 Jahre her
Antworten an  jahrgang 1946

Wobei Herr Twain, den ich durchaus sehr schätze, dem alten Wagner da Unrecht tut – es gibt sehr viel langweiligere Opern.

jahrgang 1946
6 Jahre her

Heutzutage vor allem sehr viel langweiligere Inszenierungen durch die Protagonisten des sogenannten Regietheaters . . .

joachim.dengler
6 Jahre her

Habe ich das richtig verstanden? Frau Nahles bezeichnete sich gestern Abend als die personifizierte Erneuerung der SPD? Dazu fällt mir nur ein: „Gestern standen wir am Rande des Abgrunds, heute sind wir einen Schritt weiter“.

Alexis de Tocqueville
6 Jahre her
Antworten an  joachim.dengler

Die Öffentlichen wollen, dass die SPD gewählt wird. Die SPD versucht, das zu vermeiden.

Farbauti
6 Jahre her

Ich mache mir meine eigene Satire zum 11.11.: Ab sofort gilt die Herrschaft des Volkes. Jeder der gegen Autos ist, hat sofort sein Auto abzugeben. Jeder Richter der kriminelle Neubürger mit Straffreiheit oder Bewährung belegt, hat selbige bei sich zuhause aufzunehmen und wird aus dem Dienst entfernt. Alle Feministinnen und Feministen haben besonders stark gläubige Muslime bei sich zuhause aufzunehmen und dürfen sie bekehren. Die Bundesregierung wird ausgebürgert. Ein jeder darf in ein Land seiner Wahl im Nahen Osten ausreisen. Es wird kein Heimaturlaub gewährt. Bleibewillige Politiker werden zum Dienst in Altenheimen zwangsverpflichtet, gegen Kost und Logi. Den Grünen wird… Mehr

Alexis de Tocqueville
6 Jahre her
Antworten an  Farbauti

Wo bleibt denn die versprochene Satire?
Für dieses vernünftige Programm würde ich eine Partei sofort wählen.

Andokides
6 Jahre her

Daß die SPD sich mehr um Visionen kümmert – davor hatte bereits Altkanzler Schmidt eindringlich gewarnt – als um die eigene Klientel, wurde spätestens mit Schulz überdeutlich. Alles in allem liegt das System Merkel im sterben und wird nur noch – aus Angst – künstlich am Leben gehalten, auch mittels Selbstbetrug. Die Konstellation der Mitte hatte zu viele ausgegrenzt, deren Interessen jetzt von anderen Anwälten/Parteien vertreten werden. Alles in allem bedarf es eines Reset s oder Neustarts durch Neuwahlen, um auf den neuesten Stand zu gelangen und entsprechend zu handeln oder auch zu regieren. Nur so kommt Politik aus dem… Mehr

Deichgraf72
6 Jahre her
Antworten an  Andokides

Jetzt Neuwahlen ??? Um Gottes willen bloß nicht, und solange Merz es nicht wird auch nicht. Sonst droht uns Schwarz Grün, mit sehr starken Grünen und AKK als Kanzler und Habeck Vize Kanzler, wenn es ganz Dumm läuft auch umgekehrt.

Tesla
6 Jahre her

„Nahles hat nur 15%. Damit es wieder mehr werden, will sich auch der ÖRR, bei dem viele, viele Genossen dienen, mehr ins Zeug legen. Die ARD plant eine Themenwoche „Gerechtigkeit“.“

Klingt nach einer neuen Propagandaoffensive mit GEZ-Gebühren.

Berny
6 Jahre her

Themenwoche „Gerechtigkeit“ find ich gut.
Ich nehme an, dann kommen auch mal solche Dinge zur Sprache wie überbezahlte Talkmaster, Nachrichtenmoderatoren, Rundfunkintendanten etc…
Oder üppig versorgte Flüchtlinge gegenüber ’schon länger hier lebenden‘, die ins Ofenrohr schauen (sorry, liebe Politiker, mit diesem Totschlagargument müsst ihr nun mal leben). Als sich da auch noch Heerscharen von unnützen Politikern mit üppigen Versorgungsansprüchen in Berlin und Brüssel tummeln.
Ja, da gibt es viel aufzuarbeiten…Danke ARD.

das Lottchen
6 Jahre her
Antworten an  Berny

Glauben sie wirklich, daß auch nur eines dieser Themen in der Themenwoche
„Gerechtigkeit“ behandelt wird?

Luisa Nemeth
6 Jahre her
Antworten an  das Lottchen

Nein, weil sie es 1. nicht können und 2. gar nicht wollen. Oder wann, seit der Wiedervereinigung, war schon einmal etwas gerecht? Den vielen Millionen von Wählern scheinen diese Laiendarsteller nicht gewachsen zu sein. Zumal diese ihren teuren Schlendrian noch zusätzlich stören? Ich bin für einen Wähler-Generalstreik. Und max. Grundsicherung für unsere Angestellten. ÖRR + MSM sind schon seit Jahren gestrichen. DREI.