Bei Anne Will: Schuldzuweisungen – ohne Erkenntnisgewinn für die Gebührenzahler

Nicht den Sorgen befragter Bürger ging Anne Will nach, sondern folgte dem parteipolitischen Gezeter ohne jeden Sinn für die besorgten Zuschauer. Und damit ist der Inhalt der Sendung auch schon in etwa erzählt. Wieder einmal viel Gebührengeld für null Erkenntnisgewinn.

Screenprint: ARD/Anne Will

Die interessanteste Frage wurde bei Anne Will gestern Abend nicht von einem Teilnehmer der Runde – bestehend aus Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn, dem FDP-Bundesvorsitzenden und Finanzminister in spe Christian Lindner, der bald Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und der schon zur Will-Sendung gehörenden Spiegel-Journalistin Melanie Amann – gestellt, sondern von einer älteren Dame bei einer Straßenumfrage in Sachsen. Zuerst war der Ehemann an Corona verstorben. Sie erkrankte auch und durfte über längere Zeit weder Kinder noch Enkel sehen. „Jetzt“ – und dabei brach die Frau in Tränen aus – „geht das Ganze wieder von vorne los. Hätte man nicht schon im Sommer die notwendigen Vorkehrungen treffen müssen?“ Die Frau hatte damit mitten hinein getroffen. Wie zu erwarten, nahm Anne Will diesen Faden aber nicht auf, sondern ließ munter weiter über Nutzen und Schaden des neuen, von der Ampel vorgelegten Infektionsschutzgesetzes und das Für und Wider der Beendigung der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite diskutieren. Parteipolitisches Gezeter ohne jeden Sinn für die besorgten Zuschauer. Und damit ist der Inhalt der Sendung auch schon in etwa erzählt. Wieder einmal viel Gebührengeld für null Erkenntnisgewinn.

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Dabei wären die Antworten auf die Fragen aus Sachsen höchst spannend gewesen. Zur Erinnerung: Im Mai dieses Jahres erklärte die Bundesregierung in Gestalt ihres Bundesministers Jens Spahn, dass eine Förderung und Aufstockung der therapeutischen Möglichkeiten in der Intensivmedizin nicht notwendig seien. Seine Einschätzung ging sogar so weit, dass er ohne den Hauch eines Zögerns 10.000 Intensivbetten abbauen ließ.

Ganz nebenbei auch dies zur Erinnerung: Der epidemische Notstand war immer noch voll in Kraft. Wer da nicht ins Grübeln kommt, muss noch bis vor Kurzem auf einem anderen Planeten gewohnt haben. Ähnliches gilt für die Zahl der Pflegekräfte.
Nur irritiert kann man auch den Kopf schütteln über die Aussage der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel in vertraulicher Runde der Spitze von Ampel und geschäftsführender Bundesregierung, eine Verdoppelung der Zahl der Intensivbetten „ist zu kostspielig“. Wären aber flächendeckende Lockdowns nicht noch viel teurer? Sind nicht Menschenleben von Schwersterkrankten – gleichgültig ob geimpft oder nicht geimpft – wichtiger als der Blick auf die Kasse. Bekanntermaßen spielt dieser Blick bei anderen Dingen auch keine Rolle. Vielleicht wäre es ja mal ein Thema für Anne Will, die Ausgaben des Bundes und der Länder auf ihre Sinnhaftigkeit und Effizienz zu überprüfen. Wetten, dass die deutsche Öffentlichkeit hier so manche erschütternde Erkenntnis gewinnen würde?

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Ähnliches gilt für die Pflegesituation auf unseren Intensivstationen. Monatelang wurde dem belasteten Personal eine finanzielle Anerkennung ihrer Leistungen versprochen. Geschehen ist nichts. Jetzt soll es ein steuerfreier Bonus in Höhe von 5.000 Euro richten. Ob dies die Abwanderung von Pflegekräften stoppen wird, bleibt abzuwarten. Viele verlassen ihren Job auch deshalb, weil sie sich nicht impfen lassen wollen. Warum fragt Frau Will nicht einmal, woher dieses Misstrauen und diese Abneigung bei Menschen kommt, die im Gesundheitswesen beschäftigt sind?

Insbesondere Spahn jammerte gestern Abend in mitfühlender Pose über die aktuelle Lage. Es war der legendäre britische Premierminister Winston Churchill, der in den bittersten Stunden des deutschen Bombenkrieges gegen englische Städte seiner Bevölkerung zurief: „Jammert nicht! In jedem Moment des Jammerns vergeudet ihr wertvolle Zeit, die wir im Kampf in dieser Situation brauchen.“

Wieder stellt sich die Frage: Wo bleibt die Mobilisierung von Pflegekräften, die erst in den vergangenen drei Jahren in den Ruhestand gegangen sind? Ist es vielleicht die schiere Angst, dass man dazu organisatorisch gar nicht in der Lage wäre? Die Pannen der Vergangenheit legen diese Vermutung nahe. Die Regierung macht es sich zu einfach – die Schuld für alles einfach auf Ungeimpfte abwälzen zu wollen. Mit den immer häufigeren „Durchbrüchen“ bei bereits Geimpften läuft dieses Argument sowieso schon bald ins Leere. Es dauert nicht mehr lange, bis die Zahl der Antikörper bei den Geimpften den Stand von Nicht-Geimpften erreichen wird. Sind wir darauf wirklich vorbereitet? Gelten dann für alle als nicht geimpft Eingestuften die gleichen einschneidenden Restriktionen, die man jetzt den Nicht-Geimpften angedeihen lassen will? Alles Fragen, auf die bislang die Antwort verweigert wird.

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Will man nur die eigenen Fehler der Vergangenheit nicht eingestehen? Musste man nicht mit neuen Mutationen des Virus rechnen? Dann würden auch ohne Nicht-Geimpfte mit den mit nachgelassenem Impf“schutz“ Versehenen die Intensivstationen volllaufen. Oder hofft man heimlich und still auf das Eintreten der Prophezeiung des bis heute nicht zum erlauchten Kreis des „Rates der Götter“ im Kanzleramt gehörenden Bonner Virologen, Professor Hendrik Streeck, der vergangene Woche auf einem medizinischen Fachkongress, wie auch schon bei einem Vortrag in Berlin vor drei Wochen das Abebben der vierten Welle mit abnehmenden Infektionszahlen für Mitte Dezember vorhersagte. Die von Süd-Ost-Europa ausgehende Infektionsfront erreicht danach noch in dieser Woche auf ihrem Weg Frankreich, und hat damit den Peak über Deutschland hinter sich. Nur Naivlinge können glauben, dass diese bei Will selbst von Spahn eingeräumte Tatsache nicht ins Kalkül der Politiker einfließt. Jeder würde eine solche Entwicklung gerne auf sein Konto verbuchen – und bis dahin muss die Panikmache einfach weitergehen.

Nicht zur Beschönigung der Lage, aber zur Versachlichung ein einfacher Fakt: 99,4 Prozent der 83,2 Millionen Bewohner der Bundesrepublik Deutschland sind nicht mit dem Covid-19-Virus infiziert. Wenn bei dieser Zahl ein nationaler Notstand ausgerufen wird, muss einem als Bürger Angst und Bange werden. Was wäre erst, wenn eine jederzeit mögliche, vielfach gefährlichere Infektion über Deutschland hinwegbrausen würde, wirklich epochale Naturkatastrophen oder gar kriegerische Auseinandersetzungen unser Land heimsuchten? Dann stünden nicht mehr die Nicht-Geimpften, sondern das totale Versagen der regierenden Eliten auf der Tagesordnung. Interessant wäre es, noch zu erleben, eine solche Diskussion mal bei Anne Will verfolgen zu können – aber dazu fehlt mir schlicht der Glaube.

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Kommentare ( 54 )

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54 Comments
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Eberhard
3 Jahre her

Es ist auf der einen Seite gut, dass nicht alle Menschen gleichermaßen vom Schicksal heimgesucht werden. Denn wenn es so wäre, wäre die Menschheit bereits ausgestorben. Aber das Schicksal schlägt immer unerbittlich und unvermutet zu. Jeder nicht Betroffene hat nur Glück gehabt und sollte sich davor hüten, dieses Schicksalsgeschenk zu verallgemeinern. Denn alle Statistik kann nichts über Elend und Leid tatsächlich Betroffener aussagen und ist daher Schall und Rauch, schon bei der Beurteilung von regionalen Katastrophen. Erst recht, wenn eine Statistik die Schwerpunkte nicht berücksichtigt, weil sie für eine ganz andere Lage angesetzt wird. Wenn z.B. in Berlin-Neukölln bereits am… Mehr

R.Baehr
3 Jahre her

Märchenstunden für die, die immer noch nicht genug an Panikmeldungen bekommen können. Nur so nebenbei, der neue Virus heisst deshalb Omikron, weil der vorhergehende Buchstabe aus dem gr. Alphabet Xi heissen würde, aber lt. WHO nicht verwendet werden darf, weil man keine Personen mehr diskriminieren will, und Chinas Präsident heißt nunmal XI, wie würde das denn ausschauen, der Virus mit totalem Bezug zu China, so etwas geht lt. WHO nicht mehr, schöne neue Welt, so weit sind wir schon.

Peter Gramm
3 Jahre her
Antworten an  R.Baehr

die nächste Katatrophe rollt schon an. Roth als Kulturstaatsministerin. Es kommt knüppeldick. Tschuldigung!

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  R.Baehr

Das mit dem Omikron verstehe ich sowieso nicht.
Ich habe das griechische Alphabet wie folgt gelernt: Alpha, Beta, Gamma, Delta, Epsilon, Zeta, Eta, Theta, Iota, Kappa, Lambda, My, Ny, Xi, Omikron, Pi, Rho, Sigma, Tau, Ypsilon, Phi, Chi, Psi, Omega.
Wieso folgt im „Pandemie“-Geschehen nach dem 4. Buchstaben des griechischen Alphabets (Delta) plötzlich der 15. Buchstabe (Omikron) ???
Hat jemand eine Erklärung?

Last edited 3 Jahre her by Silverager
Blackbird
3 Jahre her

Apropos Behandlung: In den USA, Indien, Mittel- und Südamerika behandeln viele Ärzte Covid19 bereits im Frühstadium ganz klassisch und nach den Regeln der ärztlichen Kunst mit bestimmten Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln und sie haben großen Erfolg damit. Siehe etwa bei der US-Ärztevereinigung „Frontline Critical Covid Care“ (FLCCC). Soweit es nach den Mainstream-Medien geht, soll davon aber die (deutsche) Öffentlichkeit nichts erfahren. Die „Impfung“ muss alternativlos erscheinen. Das Narrativ lautet: „Impfung oder Intensivstation“ bzw. „geimpft, gestorben oder genesen“ (Spahn). Das ist eine m. E. destruktive Politik, die vielleicht am Wohl der Pharmaindustrie interessiert ist, aber nicht am Wohl der Bürger.

rainer erich
3 Jahre her

Und immer noch fehlt die Frage, wie das Ganze denn nun weitergehen soll, denn dass Viren mutieren, ist nicht gerade neu, dass der Impfstoff nicht wirkt, zumindest nicht bei Immungeschwaechten und /oder laenger als 3 Monate ist inzwischen bekannt, dass in Sachen Intensivkapazitaer nichts gemacht werden soll, wissen wir auch und dass offenbar sehr wenig Interesse an Medikamenten zur Behandlung der Folgen besteht, hat sich herumgesprochen. Zudem gibt es Viren, bei denen seit vielen Jahren bis heute kein wirksamer Impfstoff entwickelt wurde. Dies Alles als Faktenlage vorausgesetzt muesste sich doch nach ueber 18 Monaten der „Massnahmen“ zumindest bei den Untertanen,… Mehr

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „Und damit ist der Inhalt der Sendung auch schon in etwa erzählt. Wieder einmal viel Gebührengeld für null Erkenntnisgewinn.“

> Oder auch etwas anders gesagt: Danke für Nix!

Immer die gleichen Gesichter, immer die gleichen Sprüche und immer der gleiche Meinungskorridor: Mir ist unbegreiflich, wie es immer noch zuschauende Menschen geben kann die sich beim zuschauen auch dieser Verblödungsshows nicht für voll genommen und für dumm verkauft fühlen und als anwesender Zuschauer auch noch am ablaudieren sind.

Evero
3 Jahre her

Aus diesem Grund schaue ich mir solche Nonsens-Sendungen schon lange nicht mehr an.

Donostia
3 Jahre her

Genau, denn eine Inzidenz von z.B. 500 bedeutet, dass 0,5% der Bevölkerung infiziert ist. 500 hört sich aber extrem hoch an im Vergleich zu 0,5%. Und von diesen 0,5% sind noch lange nicht alle krank.

Peter Gramm
3 Jahre her

Politiker sind lediglich Schönwetterkapitäne. Aus diesem Grunde werden sie auch mit dieser (von wem auch immer gemachten) Pandemie nicht fertig. Sie ergehen sich in blindem Draufhauen nach dem Motto viel hilft immer. Auch die katastrophale Krankenhauspolitik der Vergangenheit wird nie thematisiert. Das Gewinnstreben hat halt seinen Preis dessen Auswirkungen wir jetzt erleben. Dies zu erkennen und auch zu benennen darf man von den Verantwortlichen für diese Katastrophe nicht erwarten.

Kassandra
3 Jahre her

Der Chef der Zeitarbeiter kann mehr in Rechnung stellen. Das, was bei den Zeitarbeitern dann am Ende ankommt, wird vielfach nicht mehr sein als das, was ein Festangestellter in Kliniken bekommt.

Talleyrand
3 Jahre her

Ich würde liebend gerne diese Leute hier als das bezeichnen, was sie sind. Das aber würde TE wohl nicht veröffentlichen dürfen. Wahrheit ist hilfsweise zur Hassrede umetikettiert worden. Ich vermute, entsprechende Begriffe werden wohl bald auch aus dem Duden verbannt werden, wundere mich, warum es noch nicht geschehen ist und summe derweil leise vor mich hin: Die Gedanken sind frei (Hoffmann von Fallersleben). Vielleicht summen wir alle mit. Das wird sich millionenfach aufsummiert für diese abgemaßte Pseudoelite anhören wie die anschwellenden Posaunen des jüngsten Gerichts. Das hat, historisch betrachtet, Aussicht auf Erfolg.