Annalena Lachnummer

Selbst bislang durchaus wohlmeinende progressive internationale Medien machen sich inzwischen über unsere Außenministerin lustig. Baerbock gibt uns der Lächerlichkeit preis. Für eine Exportnation wird das teuer: Denn wen man nicht ernst nimmt, mit dem macht man bald auch keine Geschäfte mehr.

picture alliance/dpa | Christophe Gateau

„Außenpolitik ist die Kunst, aus zwei schlechten Möglichkeiten die weniger schlechte zu wählen.“ Das hat Henry Kissinger gesagt. Von dem Mann kann man ja halten, was man will. Aber es ist völlig unstrittig, dass er was von Außenpolitik verstanden hat.

Bei Annalena Baerbock ist das nicht so sicher.

Das merken inzwischen auch die Medien, sogar die nach eigenem Selbstverständnis eher progressiven. Die haben das Wirken der deutschen Außenministerin lange Zeit ja sehr wohlwollend begleitet. Die Zeiten sind vorbei. Und zwar nicht nur in der Bundesrepublik, sondern international.

Nehmen wir „Politico“. Das ist ein großes und einflussreiches politisches Nachrichten-Portal aus den USA. Bisher kam Baerbock da stets recht gut weg. Doch dort – wie insgesamt in der internationalen Presse – hat sich der Wind gedreht. Jetzt weht er der Grünen mit ihrer „feministischen Außenpolitik“ scharf ins Gesicht.

Dabei führte der Weg bislang von Zustimmung über neutrale Beobachtung zur Kritik. Jetzt ist ein neues Stadium erreicht: Journalisten weltweit machen sich offen über Baerbock lustig. Das ist fatal. Feinde zu haben, unsympathisch zu sein, scharf kritisiert zu werden – all das ist normal und außenpolitisch kein größeres Problem.

Aber nicht ernst genommen zu werden: Das ist das Schlimmste, was einem in der Welt der Diplomatie passieren kann.

Besonders Baerbocks Umgang mit Donald Trump führt rund um den Globus inzwischen nicht mehr nur zu Stirnrunzeln oder Kopfschütteln, sondern zu unverhohlenem Gelächter. Fast alle westlichen Nationen gehen mit dem Ex-Präsidenten und Wieder-Präsidentschaftskandidaten um, wie man mit einem aussichtsreichen Anwärter auf das mächtigste Amt im immer noch mächtigsten Staat der Welt halt umgeht: professionell und nüchtern. So funktioniert Diplomatie.

Korrektur: So funktioniert Diplomatie – außerhalb von Deutschland. Denn nach dem TV-Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris hielt es Baerbocks Auswärtiges Amt für nötig und sinnvoll, auf seinem englischsprachigen Kanal bei X-früher-Twitter folgende Stellungnahme abzusondern (hier die Übersetzung):

„Ob man es nun mag oder nicht: Deutschlands Energiesystem ist voll funktionsfähig, mit mehr als 50 % aus erneuerbaren Energiequellen. Und wir bauen keine Kohle- und Atomkraftwerke, sondern wir schalten sie ab. Kohle wird ab spätestens 2038 nicht mehr gebraucht. P.S.: Wir essen auch keine Katzen oder Hunde.“

Der letzte Satz war ein Seitenhieb auf Trumps Behauptung, illegale Einwanderer würden sich von Haustieren normaler US-Bürger ernähren. Zuvor hatte Trump im TV-Duell Deutschland als schlimmstes Beispiel für eine fehlgeleitete Energiepolitik angeführt.

Politico-Edelfeder Matthew Karnitschnig, ein international anerkannter und angesehener Kenner der diplomatischen Szene, hat nun die Nase voll. In einem von beißendem Hohn und Spott nur so triefenden Text seziert er den Tweet des AA – und brandmarkt dabei Deutschlands Außenpolitik als Amateurtheater.

Nichts bringe einen Grünen schneller auf Palme als Kritik an der Energiewende, schreibt Karnitschig. Die würden Baerbock und ihre Partei als Deutschlands „größtes Geschenk an die Welt seit Adiletten mit weißen Socken“ betrachten. Einmal so richtig in Fahrt, schießt er dann weiter aus allen Rohren:

„Trump hat fast recht. (…) Vielleicht bauen die Deutschen keine fossilen Kraftwerke – aber man kann schwerlich bestreiten, dass die ‚Energiewende‘ riesige Nachteile hat. Außerdem zwingt der Verlust von billigem russischen Gas im Zusammenhang mit Wladimir Putins Invasion der Ukraine das Land dazu, wieder verstärkt auf Kohle zu setzen, jedenfalls kurzfristig.“

Dann fällt der für seine kenntnisreichen und distanzierten Analysen bekannte Top-Journalist ein Urteil, wie es vernichtender nicht sein könnte:

„Im Großen und Ganzen hat der Wechsel zu erneuerbaren Quellen der Stromerzeugung dem Land mit die höchsten Energiepreise weltweit beschert und zum andauernden Exodus der deutschen Industrie in die USA und nach Asien beigetragen.“

Rumms. Da führt ein durchaus progressiver internationaler Beobachter den deutschen Grünen gekonnt vor, dass ihre Erzählung von der funktionierenden Energiewende nicht nur in Deutschland als Selbstlüge entlarvt ist, sondern weltweit. Doch Karnitschig belässt es nicht dabei. Zusammen mit der deutschen Energiepolitik beerdigt er auch gleich die deutsche Außenpolitik:

„Wen kümmert es, dass Deutschlands Sicherheit komplett von den USA abhängt? Wen kümmert es, dass die USA mit Abstand Deutschlands wichtigster Exportmarkt sind? Für die Deutschen spielt das alles keine Rolle – solange sie nur Recht haben!“

Und weiter: Tatsächlich müsse man kein Klimawissenschaftler sein, um zu verstehen, dass es womöglich einfach keine gute Idee sei, die rachsüchtigste Person zu provozieren, die jemals im Weißen Haus gesessen habe – angesichts des Umstands, dass diese Person in wenigen Monaten wieder im Amt sein könnte.

Es fällt schwer, Politico da zu widersprechen.

Aber schwer ist ja nicht unmöglich. Anna Lührmann ist grüne Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Auf einer Podiumsdiskussion in Österreich hat sie vor Kurzem für einiges Aufsehen gesorgt, als sie eine beinahe tödliche Messerattacke mit einem Fahrraddiebstahl verglich. Jetzt rechtfertigt sie die Tweets ihrer Behörde unverdrossen und offenkundig unbelehrbar:

Da platzt selbst der notorisch gutmütigen CDU-Grinsekatze Armin Laschet der Kragen. Der Mann kennt sich mit undiplomatischem Auftreten ja aus. Und trotz seiner bekannten Nähe zu den Grünen wagt er sich hier aus der Deckung:

„Der Habitus des Belehrens vieler Länder in der Welt ist noch keine Außenpolitik. Muss man jetzt auch noch das Verhältnis zu einem möglichen Präsidenten und seinem Team ohne Not beschädigen?“

Doch solche Erwägungen zugunsten deutscher Interessen sind den Herren – und vor allem wohl den Damen – in Deutschlands Auswärtigem Amt fremd. Für Rechthaberei und das gute Gefühl, es dem Trump auf Twitter so richtig gezeigt zu haben, setzen sie auch schon mal die transatlantischen Beziehungen aufs Spiel.

Sichtlich irritiert kommt Matthew Karnitschnig zu dem Schluss:

„Deutschlands Außenministerium wettet offenbar darauf, dass Kamala Harris gewinnt. Wenn man sich ansieht, wie eng es in den Umfragen zugeht, dann ist das eine sehr riskante Wette.“

Einen deftigen Seitenhieb auf den Bundeskanzler mag sich der Politico-Autor dann auch nicht verkneifen: „Wo sind eigentlich die Erwachsenen im Raum?“ fragt er – zunächst noch allgemein. Und dann noch ganz konkret: „Wo ist Olaf?“

Wohl wahr. Henry Kissinger dürfte vom Himmel herab auf Deutschland schauen, den Kopf schütteln und milde lächeln. Außenpolitik ist eben eine Kunst, die nicht jeder beherrscht.

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Kommentare ( 107 )

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Paprikakartoffel
1 Monat her

ME macht sich zu vieles an Bärbockkritik an ihrer Oberfläche fest. Welchen akademischen Wert welche Abschlüsse wo haben, wieviel Geld das massenmedientaugliche Auftreten im laufenden Betrieb kosten darf und ob ihr Englisch immer mißverständnisfrei so klingt, wie es Englischlehrer erwarten würden, kann dahinstehen. In D und der Welt haben immer wieder gewählte Politiker keinen bzw keinen berufstauglichen Abschluß, und manche z B schweizer Politiker konnten überhaupt kein Englisch, ohne daß sie deshalb respektlos behandelt worden wären. Der Haushaltsposten für Bärbocks Eitelkeit erscheint mir auch bei weitem nicht als die gröbste Fehlallokation von Steuergeld. Bärbock illustriert vielmehr ein Grundproblem der Parteiendemokratie:… Mehr

puke_on_IM-ERIKA
2 Monate her

Offensichtlich hat die ahnungslose und diplomatiefreie Truppe im Außenministerium den Ehrgeiz, die dümmlichen Angriffe und Ausfälle eines Heiko Maas gegen Trump noch zu toppen. Man ist da auf einem guten Weg.

bfwied
2 Monate her

Sie hat ihre Mission erfüllt, oder?! Ihr geliebtes System, in dem sie Funktionärin war, hat sie gerächt, sie hat das fertiggebracht, wovon all die Staatsratsvorsitzenden immer laut u. auffordernd geträumt haben: die BRD besiegen! Chapeau!

gmccar
2 Monate her
Antworten an  bfwied

Merkel soll als „Reisekader“ 1986/87 in den USA gewesen sein. Was sie dort gemacht hat, ist im Nachhinein offensichtlich. Sie hatte von Anfang an kleine Helferlein, die sie dem Kohl unterschoben wie Haim Saban, ein Film-und Medienmensch. Schon1993 hat sie bei Schwab mit so illustren Mitschülern wie Bill Gates die Vorläuferschulung der Young Global Leader erlernt. Danach handelte sie, auch mit persönlichem Hass auf die BRD.

Last edited 2 Monate her by gmccar
andrea
2 Monate her

Die „riesige Menge“ ist aufgrund lang andauernder Gehirnwäsche immer noch recht klein, auf die gesamte Republik gerechnet kaum 20 Prozent, und wird auch im Ausland aufgrund der Berichterstattung oft als „gefährliche Rechte“ wahrgenommen. Immer nur die Schuld auf Merkel und/oder die Ampel zu schieben, trifft es auch nicht, die wurden trotz offensichtlicher Dauerlügen und
katastrophaler Politik gewählt, wieder und wieder in verschiedenen Zusammensetzungen des Machtkartells. Von außen wird ebenso wenig Hilfe zu erwarten sein wie von oben, wir müssen lernen, uns selbst zu retten.

bfwied
2 Monate her

Bärbock ist Feministin in eigener Sache. Nun, sie hat nun mal keine Ausbildung geschafft, das muss sie kompensieren. Nur tut sie das so, wie sie das offensichtlich in ihrer Ausbildung tat: mit fehlenden Synapsen in der grundlegenden Steuerung! Früher wurden nur fähige, ausgebildete und berufserfahrene Leute zu Politikern gewählt, heute, im Zeitalter der Dekadenz, in dem alles vorhanden ist – noch -, wählt man seinesgleichen, und das verschafft nicht der Intelligenz und nicht der Gruppe der Leute mit Charakter und Verantwortungsbewusstsein die Mehrheit. Nur so kann man sich all die absurden lachhaften Fehlleistungen erklären, wie 30 Mio. für peruanische Fahrradwege… Mehr

Analeur
2 Monate her

Schön das wenigstens die Ausländische Presse die Wahrheit über Deutschland und Baerbock scheibt. Deutsche Medien sind doch nur noch Propaganda Medien der Regierung. Sie haben Corona Angst gemacht, dann Ukraine Solidarität eingefordert und den natürlichen Klimawandel in eine menschengemachte Klimakriese verwandelt. Alles Propaganda, keine vernünftige Analyse und Recherche. Dann sagen die Medien du sollst Putin und Trump hassen und Biden und Kamal lieben. Auch das ist weit weg von neutral. Scholz ist so schwach, das er gar keine starken Minister brauchen kann. Sonst würde ja jemand an seinem Stuhl sägen, aber das brauchen sie nicht, das macht er schon selbst.… Mehr

Jens Frisch
2 Monate her

„„Wo sind eigentlich die Erwachsenen im Raum?“ fragt (Karnitschnig)“
Das frage ich mich seit Fukushima und seit September 2015 täglich.

Christian Stoiffen
2 Monate her

Wer diese Person im positiven Sinne ernst nimmt, hat die Kontrolle über sein Leben ohnehin verloren.

Kassandra
2 Monate her

Was eine Besatzungsmacht halt so mit den Besiegten anstellt – oder?
Aber noch will keiner das uns zugemutete Elend beim Worte nennen.

doktorcharlyspechtgesicht
2 Monate her

Baerbock ist keine Feministin. Eine Feministin tritt zu allererst für Frauenrechte, Gleichberechtigung, Schutz des Lebens ein. Wer aber nichts daran findet, Zuwanderer ins Land zu lassen und Lebensweisen zu dulden, die die Gleichberechtigung der Frau hunderte Jahre zurückwerfen, die Frauen am liebsten als gebärfreudige Heimchen am Herd sehen und ihnen nicht einmal den Moscheebesuch, nicht einmal die gleichberechtigte Glaubensausübung gestatten, kann keine Feministin sein. Baerbock macht nichts anderes als sich mit fremden Federn geschmückt auf eine immerwährende PR-Tour zu begeben. Sie geht mit den Etiketten Feminismus und Antirassismus hausieren, während sie keine Probleme damit hat, Kriege zu unterstützen, deren erste… Mehr