Die Deutschen waren immer in Gefahr, Unheil anzurichten, wenn sie romantisches Denken in die Politik übertragen. Multikulti ist pure romantische Gesinnung – jene, die dies propagieren, müssen sich vorwerfen lassen, dass sie den Hassern den Weg bereiten.
Eine Wiener Philosophin hat kürzlich im österreichischen Rundfunk mit einem Text von großer sprachlicher Eindringlichkeit für die pluralistische Gesellschaft geworben. Nicht im Kampf der Kulturen, wie Huntington ihn beschwor, liege die eigentliche Bedrohung, sondern im Kampf aller Fundamentalisten gleich welcher Religion und Ideologie gegen die multikulturelle Gesellschaft. Deren Vielfalt sei das einzig positive Ideal unserer Zeit, nicht Homogeneität wie von den Fundamentalisten erstrebt.
Auf den ersten Blick scheint die Wiener Philosophin sich damit in eine ehrwürdige Tradition einzureihen, die gerade im deutschsprachigen Raum hervorragende Beispiele zählt, angefangen von Lessings „Nathan der Weise“ über den liberalen Kosmopolitismus von Immanuel Kant bis hin zu Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Allerdings trifft dieser Eindruck nur auf den ersten Blick zu, meine Opposition gegen den Text geht ja schon aus dem von mir gewählten Titel hervor. Da ist etwas heillos schief mit diesem Plädoyer aus dem philosophischen Elfenbeinturm. Der Text ist ein faszinierender Sirenengesang aus Wahr und Falsch, mit anderen Worten ein berauschender Cocktail aus Halbwahrheiten.
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Fangen wir mit den Wahrheiten an. Wer wird daran zweifeln, dass die Welt gerade aufgrund ihrer Vielfalt von Glaubensformen, Seinsentwürfen, Sitten und tausendfach variierter gelebter Moral fasziniert? Das macht sie in Raum und Zeit zu einem multikulturellen Zaubergarten, dem menschliche Freiheit auf tausenderlei Art jeweils ganz eigene Muster von Sinn, Zweck und Schönheit verliehen hat. Wer möchte zugunsten von öder Einheitlichkeit auf die rote Moschee von Delhi verzichten, auf das Straßburger Münster oder auf den Kailashnathtempel von Kanchipuram? Die Freiheit von Individuen und Völkern zu eigener Selbstgestaltung findet in der unerschöpflichen Vielfalt ihren Ausdruck, die von einem frühen Kannibalenstamm in Neuguinea bis zu, sagen wir, einem modernen Industrievölkchen wie den emsigen Schweizern reicht. Ob freilich alle Kulturen wirklich gleich-wertig seien, weil sie alle auf demselben Planeten beheimatet und zum Teil auch gleich-zeitig sind, ist bis heute umstritten. Margaret Mead, die große amerikanische Anthropologin, zeigte auf, dass jede Kultur bestimmte Charaktereigenschaften unter ihren Mitgliedern fördert, während sie andere unterdrückt. Keine ist also in dem Sinne ideal, dass sie allen ihren Mitgliedern ein optimales Ausleben ihrer Eigenschaften gewährt. Was den Kannibalismus betrifft, einmal nahezu weltweit verbreitet und damals zu den unangefochtenen kulturellen Traditionen zählend, so stehen wir ihm heute eher skeptisch gegenüber, und ähnliches gilt für unsere Bewertung der Genitalverstümmlung von Frauen oder der patriarchalisch verordneten Ganzkörpervermummung. Auch die entschiedensten Verteidiger der Gleichberechtigung aller Kulturen, jene also, die uns am liebsten einreden würden, dass unsere Abneigung gegen Kannibalismus und genitale Verstümmelung nur Ausdruck von Vorurteilen wären, zu denen uns leider unser eigenes kulturelles Umfeld konditioniert, haben es doch etwas schwer, wenn sie selbst noch das elementare Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit bestreiten. Einzelne Menschen können sich irren, das räumt jeder ein, sie können ungerecht, barbarisch und bestialisch sein. Warum soll nicht auch für ganze Kulturen gelten, dass sich in ihnen barbarische Glaubenssätze oder bestialische Bräuche finden?
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Die Sitten und Anschauungen in einem fernen Land, sagen wir im Irak oder in Neuguinea, gehen uns freilich nichts an, sie betreffen allein die dort lebenden Menschen. Oder besser gesagt, so sollte es sich verhalten. Denn tatsächlich haben sich bis heute Menschen und Völker immer wieder deswegen bekriegt und ausgerottet, weil die anderen anders glaubten, dachten und lebten. Das multikulturelle Nebeneinander auf unserem Globus war selten ein friedliches Miteinander, auch dann nicht, wenn Völker durch Meere, Berge und Flüsse getrennt voneinander lebten. Statt die Andersartigkeit der anderen als Bereicherung anzunehmen, wurde sie in aller Regel verteufelt: Sie diente als Anlass und ideologische Rechtfertigung für Kreuz- und Raubzüge aller Art.
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Damit komme ich zu den offensichtlichen Verirrungen der Wiener Philosophin. Vor dem Hintergrund einer geschichtlich tausendfach bewiesenen Unduldsamkeit selbst zwischen räumlich getrennten Völkern muss es doch einigermaßen erstaunen, dass sie in aller Blauäugigkeit die kulturelle Vermischung mit Fremden sogar innerhalb der eigenen Staatsgrenzen nach Kräften fördern will (durch unbegrenzte Einwanderung vermutlich), wobei sie ihrem Ideal der Vermischung die kulturelle Homogeneität als rückschrittlich gegenüberstellt.
Ist es ihr ganz entgangen, dass die Vereinigten Staaten, immerhin eine der ältesten Demokratien, bis heute nicht mit dem ursprünglichen Verbrechen fertig werden, dass sie Afrikaner als menschliche Arbeitstiere in großer Zahl einwandern ließen? In welchem von aller Wirklichkeit hermetisch abgesperrten Elfenbeinturm muss ein Philosoph leben, um einfach zu übersehen, dass das Nebeneinander von Schwarz und Weiß bis heute eine schwärende Wunde ist, eine Wunde von gegenseitigem Hass?
Und weiß die mit Engelszungen gegen die soziale Homogeneität anpredigende Wiener Philosophin nichts davon, dass Muslime und Juden einst aus Spanien vertrieben wurden, obwohl sie dort eine blühende Kultur begründet hatten? Ist ihr entgangen, dass die Türken die eingewanderten Armenier in einem Genozid massakrierten und dass sich Griechen und Türken wenig später gegenseitig aus ihren jeweiligen Staatsgebieten vertrieben? Und wie bringt die Wiener Philosophin es fertig, ganz auszublenden, dass die europäischen Juden nicht nur vertrieben, sondern massenhaft ermordet wurden, obwohl sie in Deutschland und Österreich den Einheimischen nicht nur ähnlich waren, sondern bereits so assimiliert, dass die meisten von ihnen – solange man nicht in ihren Pass hineinblickte – von den Wirtsvölkern ununterscheidbar waren?
Was also berechtigt eine Wiener Intellektuelle zu der tollkühnen Behauptung, dass die Durchmischung mit Fremden ein Ideal sei, wo uns die Geschichte doch auf Schritt und Tritt die furchtbare Lehre erteilt, dass Fremde selbst dann noch als Schädlinge verstoßen oder ermordet wurden, wenn eine bösartige Propaganda ihre Fremdheit überhaupt erst erfindet?
Ist die Philosophin wirklich so naiv oder gegen alle geschichtliche Evidenz derart immun, dass sie nichts vom dem ältesten Handwerkszeug aller Herrscher und Eroberer weiß, dem „divide et impera“, welches kulturelle und ethnische Gegensätze, also Zerstörung von Homogeneität, bewusst dazu benutzt, um andere Staaten zu schwächen? Hat sie nie etwas davon gehört, dass die Engländer absichtlich Tamilen nach Ceylon holten, um sie gegen die Mehrheit der Singhalesen auszuspielen? Weiß sie nichts davon, dass diese erzwungene Einwanderungspolitik zu einem der blutigsten Bürgerkriege des zwanzigsten Jahrhunderts führte?
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Anders gefragt: Glaubt sie allen Ernstes, dass das 21. Jahrhundert eine radikal neue Gesellschaft nach ihren Vorstellungen hervorgebracht hat, wo sozialer Zusammenhalt und Frieden nicht mehr auf dem Kitt gleicher Anschauungen und Sitten beruhen, also auf der von der Philosophin bewusst geschmähten Homogeneität, sondern auf dem neuen Ideal von Multikulti, der Durchmischung mit möglichst vielen und möglichst ganz anders denkenden, glaubenden und fühlenden Fremden?
Aber bitte, wenn sie wirklich an einen so radikalen Bruch mit aller vorangegangenen Geschichte glaubt, dann müsste sie sich doch fragen, warum es im heutigen Europa so viele Bestrebungen gibt, bestehende Vermischungen wieder aufzuheben: Katalanen wollen sich von den Spaniern lösen, katholische Nordiren von ihren protestantischen Nachbarn, Flamen von den Wallonen. Selbst im Herzen Europas, in Brüssel, gerät das Multikulti-Ideal zunehmend unter Beschuss. Und diese Menschen sprechen größtenteils dieselbe Sprache und sind sich oft zum Verwechseln ähnlich. Wie ist es möglich, dass dieser Lärm, dieses Getöse der Dissonanzen im stillen Elfenbeinturm einer Wiener Philosophin nicht gehört werden kann? Wie bringt man es angesichts so offenkundiger Evidenz zustande, in den Wonnen einer weltfremden Wirklichkeitssicht zu schwelgen?
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Dem Leser ist nicht entgangen, dass ich von den wenigen Wahrheiten dieser weltfremden Weltsicht längst zu ihren Fallstricken übergegangen bin. Für falsch halte ich die weitere Behauptung, wonach das linke Lager multikulturelle Vielfalt grundsätzlich begrüße, während das rechte Lager sie nicht ertrage. Ich habe einmal versucht, den Gegensatz von Rechts und Links auf die simpelste Formel zu reduzieren – eine schreckliche Vereinfachung ganz gewiss, aber nicht ohne Erkenntniswert. Die Linken sehen die ideale Gesellschaft auf materieller Gleichheit errichtet – Moral und Werte sind da nicht mehr als ein Überbau. Dagegen sehen die Rechten das Fundament einer Gesellschaft auf Werten begründet, über materielle Ungleichheit pflegen sie ziemlich unbekümmert hinwegzusehen. Dementsprechend pflegt das Verhältnis zur Kirche bei den Linken im besten Fall distanziert, im schlechtesten ausgesprochen feindselig zu sein, während rechte Parteien ihr Naheverhältnis zur Religion nicht selten schon in ihrer Bezeichnung proklamieren. Wohin Karl Marx gehört, der Erfinder der Lehre vom Überbau, ist evident. Dagegen kenne ich nur einen einzigen Denker, der den Gegensatz von Rechts und Links souverän überbrückt, weil er die Abhängigkeit menschlicher Gesellschaften von ökonomischen Interessen ebenso tief erforschte und gnadenlos sichtbar machte wie Marx, aber zur gleichen Zeit um die zentrale Bedeutung von Werten wusste – das ist Max Weber, dem es auf eine in der Geschichte des Denkens einmalige Weise gelang, die beiden Halbwahrheiten von Rechts und Links zu einer umfassenden Wahrheit zu bündeln.
Denn die Linken sind offensichtlich im Irrtum, wenn sie kulturelle Unterschiede für belanglos einschätzen, vorausgesetzt dass Menschen ausreichend zu essen haben. Divergenzen der Religion, der Lebensführung etc. akzeptieren sie mit größter Gelassenheit, weil sie sich im Grunde nichts aus ihnen machen: Sie sind ja nur Überbau. Diese Sicht auf den Menschen mag allenfalls in Zeiten der Hungersnot gelten, denn wie Brecht formuliert: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ – aber sie gilt eben nur für Zeiten der Not. Die erste Generation bitterarmer türkischer Einwanderer hatte die eigene muslimische Kultur weitgehend vergessen, die Verführungen durch den materiellen Reichtum, den ihnen die Deutschen verhießen, schien den religiös-kulturellen „Überbau“ zu ersetzen. Die dritte Generation denkt dagegen ganz anders: Weitgehend im Prekariat gestrandet, leben viele junge Türken nicht länger mit der Hoffnung, materiell aufzusteigen. Zwar haben sie genug zu essen, daran fehlt es im Sozialstaat Deutschland nicht. Aber sie haben nicht genug, um mit Stolz und Selbstachtung zu leben; aus diesem Grund nehmen sie ihre Zuflucht zum „Überbau“ der eigenen Religion und der eigenen Traditionen, die sie beide kämpferisch als Unterscheidungsmerkmale gegen die Wirtsgesellschaft ausspielen. Von ihrer Seite ist keine Toleranz zu erwarten, weil der vermeintliche Überbau für sie eben gerade kein bloßer Überbau ist, sondern ein Mittel, eine eigene Identität innerhalb der Wirtsgesellschaft und, wenn es Hetzpolitiker wie Erdogan so wollen, eine eigene Parallelgesellschaft auch gegen sie herzustellen.
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Selbst ihr philosophisches Wissen gerät in Zweifel, wenn die Professorin sich zu der Behauptung versteigt, die Homogeneität einer Gesellschaft würde für das linke Lager keine Bedeutung haben, denn das ist eine offenkundige Verdrehung der Wahrheit. Hat nicht der größte Vordenker der Revolution, nämlich Jean-Jacques Rousseau, maximale Homogeneität in Gestalt der Volonté Générale (des auf ein gleiches Ziel gerichteten Wollens) zur Grundlage von demokratischen Staaten erklärt? War nicht Gleichheit (égalité) der Schlachtruf der französischen Revolution zu einer Zeit, als die heutige Unterscheidung von linkem und rechtem Lager gerade geboren wurde? Und hat dieser Schlachtruf nicht in ganz Frankreich ein mörderisches Echo gefunden? Alle Vielfalt des Ancien Régime haben die Jakobiner damals im Namen der Gleichheit ausgemerzt, indem sie die Köpfe alle jener, die allzu ungleich waren, systematisch von der Guillotine kürzen ließen; eine Praxis, die im kommunistischen Russland ebenso wie in China mit entsprechender Modernisierung noch viel effizienter verwirklicht wurde. Homogeneität wurde dabei mit gleicher Brutalität durchgesetzt wie im Deutschland der Nazis unter dem Vorzeichen des rechten Radikalismus!
Hannah Arendt gebührt das Verdienst, diese Konvergenz von Rechts- und Linksradikalismus aufgezeigt und darauf ihre berühmte Anklage gegen den Totalitarismus begründet zu haben. Wenn es darum ging, soziale Homogeneität mit äußerster Gewalt herzustellen, standen die beiden sozialen Krankheiten einer Gesellschaft, der Rechts- und der Links-Extremismus, nie hintereinander zurück.
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Die Wiener Professorin steht in einer großartigen Tradition deutschsprachiger Denker, die, wie schon bemerkt, von „Nathan dem Weisen“ über den liberalen Kosmopolitismus von Kant bis zur „Offenen Gesellschaft und ihren Feinden“ reicht, einer Tradition von Toleranz und Weltoffenheit. Aber sie hat deren Kernaussagen umgedeutet – weniger freundlich könnte man sagen: sie hat diese Aussagen schlicht in den falschen Hals bekommen. Keiner der genannten Autoren behauptet, dass es sinnvoll sei, den Kitt sozialer Gemeinsamkeiten bewusst aufzulösen, indem man bedenkenlos die Schleusen für alles Fremde und alle Fremden öffnet. Die Protagonisten von Toleranz und Weltoffenheit fordern Duldung, Anerkennung, im besten Fall die eigene Bereicherung im Umgang mit dem Fremden. Anders als die Wiener Professorin ist keiner von ihnen auf die absurde Schlussfolgerung verfallen, wir selbst sollten nun alles tun, um den eigenen sozialen Zusammenhalt aufzulösen, indem wir unsere Fähigkeit zur Toleranz bis zur Selbstaufgabe belasten.
Ein moderner Staat beweist seine Größe, wenn er es versteht, die in seinen Grenzen vorhandene ethnische und kulturelle Vielfalt dadurch vor dem Zerfall in disparate Einzelteile (Gettos, Parallelgesellschaften) zu schützen, dass er sie mit einem Bewusstsein von Zusammengehörigkeit untermauert. Alle Vielfalt ruht dann auf einer gemeinsamen Basis von Homogenität. Dazu liefert auf der untersten Ebene die Sprache das unerlässliche, aber keineswegs ausreichende Fundament. Der andauernde Konflikt zwischen den Ethnien Schwarz und Weiß, Latinos und WASPs in den Vereinigten Staaten beweist, dass sprachliche Homogeneität allein noch keinen Frieden stiftet. Die USA stellen ja längst nicht mehr jenen alle Gegensätze auflösenden Schmelztiegel dar, der sie einst waren. Es ist keineswegs ausgemacht, dass es ihnen auch in Zukunft gelingen wird, jenes Mindestmaß an Übereinstimmung in den Anschauungen und der Lebensweise ihrer Bürgern herzustellen, ohne das ein Staatswesen nicht funktionieren kann. Sofern eine solche Basis der gemeinschaftsbegründenden Homogeneität vorhanden und tragfähig genug ist, kann ihr Multikulti zwar bis zu einem gewissen Grad aufgepfropft werden, ohne dass der staatliche Zusammenhalt dadurch erschüttert wird, aber Multikulti kann diese Basis niemals ersetzen – so etwas Wundersames ereignet sich nur in der romantischen Theorie einer weltfremden Philosophin.
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Denn man erschafft nun einmal keinen neuen Menschen – radikal anders als ihn alle bekannte Historie kennt -, indem man ein neues Menschenbild herbeiphantasiert. Der Text der Philosophin, deren wirklichen Namen ich hier absichtlich verschweige – nennen wir sie einfach die Wohlmeinende -, ist von sprachlicher Brillanz, aber ohne Erkenntniswert. Als Leitbild für politisches Handeln wäre er brandgefährlich. Rüdiger Safranski behält recht mit seiner Warnung: Die Deutschen waren immer in Gefahr, furchtbares Unheil anzurichten, wenn sie das romantische Denken in die Politik übertragen. Max Weber hat es mit gleicher Deutlichkeit ausgesprochen: Neben der Gesinnungsethik, die einen Staat ruinieren kann, muss es die Verantwortungsethik geben. Gemäßigte Parteien sollten die Einwanderung auf jenes Maß reduzieren, welches von einer Bevölkerungsmehrheit akzeptiert wird, so wie es vor Angela Merkels Willkommenskultur eine Selbstverständlichkeit war; tun sie es nicht, dann werden extremistische Parteien es auf ihre Art tun. Dann aber wird an die Stelle der Sorge um den Zusammenhalt des Gemeinwesens etwas ganz anderes treten, nämlich der Hass auf alles Andersartige – wie ja schon jetzt unübersehbar. Multikulti als Ideal ist pure romantische Gesinnung – jene, die diese Gesinnung propagieren, müssen sich vorwerfen lassen, dass sie den Hassern den Weg bereiten.
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