Stuttgart rühmt sich, über die schönste Markthalle Deutschlands zu verfügen. Zumindest architektonisch könnte der Superlativ gerechtfertigt sein. Auch wenn die Innenstadt etwas trist wirken kann, verströmt die Markthalle ein wenig französisch anmutendes Savoir-vivre. Von Georg Etscheit und aufgegessen.info
Schwaben gelten als geizig, als die Schotten Deutschlands gewissermaßen. Das gilt allerdings nicht fürs „heilige Blechle“, den fahrbaren Untersatz, und auch nur eingeschränkt für Speis’ und Trank. Die Bewohner des Schwabenlandes sind nämlich ein durchaus verfressenes Völkchen, sie lieben ihr Schöpple Trollinger von den Hängen des Neckars, ihren Zwiebelrostbraten mit Spätzle und ihre Maultaschen. Und je weiter man nach Südwesten vordringt, umso mehr ähnelt die Esskultur im Ländle der des nahen Elsass, wobei wir es da aber eigentlich schon mit den noch einen deutlichen Tick verfresseneren Badenern zu tun haben.
In Stuttgart, der oft als „Schwabenmetropole“ apostrophierten baden-württembergischen Landeshauptstadt findet sich, nicht zuletzt wegen der immer noch ansehnlichen Kaufkraft, eine vielgestaltige kulinarische Landschaft mit immerhin einem Zweisterne- und sieben Einsterne-Restaurants und etlichen gediegenen Gasthäusern. Außerdem rühmt sich die Stadt, über die schönste Markthalle Deutschlands zu verfügen.
Zumindest architektonisch könnte der Superlativ gerechtfertigt sein, denn bei der 1914 eingeweihten Halle direkt im Stadtzentrum handelt es sich um einen qualitätsvollen Jugendstilbau, der sich mit seinen Arkaden, Erkern und Türmchen harmonisch in die seinerzeit noch intakte Stuttgarter Altstadt einfügte, während das Gebäudeinnere mit seiner großen, von Stahlbetonträgern überspannten Halle und einem Glasdach für die damalige Zeit sehr modern konzipiert war. Im Krieg stark beschädigt, erstrahlt die Halle längst wieder im alten Glanz und ist beliebter Anlaufpunkt von Feinschmeckern und Profigastronomen aus Stuttgart und Umgebung.
Auf 5000 Quadratmetern Verkaufsfläche verteilen sich die 33 Marktstände auf zwei Etagen. Von Fleisch, Fisch, Käse, Brot und Patisserie, Feinkost, Obst und Gemüse, Wein, Spirituosen und Gewürzen bis hin zu einer ansehnlichen Auswahl an Ethnofood bietet die Stuttgarter Markthalle alles, was das Herz des Feinschmeckers begehrt. In drei gastronomischen Betrieben kann man sich auch vor Ort verköstigen. Auch wenn die Stuttgarter Innenstadt, vor allem bei Schmuddelwetter, etwas trist wirken kann, verströmt zumindest die Markthalle ein wenig französisch anmutendes Savoir-vivre.
Hervorzuheben ist der Stand der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall, Pionier der nachhaltigen Schweinezucht auf Basis alter Tierrassen. Klassiker im Angebot sind die Schwäbisch-Hällischen Maultaschen, die sich durchaus mit Maultaschen in Hausmacherqualität messen können. Die Bottega del Tartufo offeriert alles rund um die teure Knolle und verfügt nach eigenen Angaben über eigene „Trüffeljäger“ in Italien, was Schutz vor den leider weit verbreiteten Trüffel-Fälschungen bieten soll. Ein echter Traditionsstand ist Feinkost Ragoßnig, wo man unter anderem den berühmten Filder Weißkohl findet, aber auch allerlei exotische Obst- und Gemüsesorten, außerdem Gewürze und einige Grundnahrungsmittel in Bioqualität.
Eine Besonderheit ist der Markthallenstand von Feinkost Böhm. Der Stuttgarter Traditionsbetrieb wurde 1889 gegründet und galt schon im einstigen Königreich Württemberg als Topadresse für Delikatessen. 2006 wurde das Haus von der Unternehmerfamilie Piëch, Miteigentümer des VW-Porsche-Konzerns, übernommen und findet sich heute im neu gebauten Kronprinzenbau in der Stuttgarter Königsstraße, der bekanntesten Einkaufsmeile der Stadt. Ein Beweis dafür, dass Autos nicht nur, wie grüne Autohasser immer sagen, die Luft verpesten und das Klima ruinieren, sondern auf Umwegen auch kulinarischen Zwecken dienen können.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Nette kleine Liebeserklärung an Schtu’gart, nachdem irgendwelche Granadeseggl und Dommschwätzä der doitsche Bohn den Schtugartern mit Stuttgart21 ein vergiftetes Oi ins Nescht glegt hän.
Danke für diesen Beitrag. Als Badener muss ich die Markthalle bei meinem nächsten Besuch in Stuttgart einplanen. Ich glaube man muss sich aber beeilen. Sollte der Cem der nächste MP von BaWü werden, ist es mit den Maultaschen vorbei. Da gibt es dann nur noch vegane Kost kombiniert mit Würmern und anderem grünen Kraftfutter.
Kulinarisch ist Stuttgarts Zentrum eine Katastrophe: es gibt kaum brauchbare Wochenmärkte, und ggf. verhält man sich extrem muffig und geizig – probieren kann man nichts. Die Markthalle besteht fast nur aus überteuerten Italienern, Spaniern, Iranern (Trüffelstand) und anderen Exoten – mit dem Altschwäbischen hat das alles gar nichts zu tun. Im Stadtzentrum gibt es kaum ordentliche Bäcker , null Metzger, kaum ordentliche Gasthäuser, nur zwei klassische Cafes mit Torten, Schwarzwälder Kirsch besteht dort aber fast nur aus Sahnesteif. Aber wer soll das auch noch essen? Die Alten wohnen 5-10km außerhalb, innen die Araber und Türken, die so etwas nicht essen.… Mehr
Als Wanderer scheinen Sie immer die falschen Pfade zu erwischen. In Stuttgart gibt es hervorragende Bäcker, Metzger, Cafés und Restaurants – vielleicht nicht alle auf einem Fleck und in keinem Reiseführer verramscht. Es gibt schöne Märkte, v.a. der mitten im Zentrum. Und die Markthalle ist kein überteuerter Ort, wenn man Qualität sucht. Dass Stuttgart mit Weltoffenheit eine Qualität auch im Miteinander erlernt hat (die jetzt leider ziemlich ins Wanken kommt), zeigt sich auch in der Markthalle und das stärkt ihren Reiz. Am besten bleiben Sie im Fränkischen, wenn’s Ihnen dort besser gefällt.
Als geborene Stuttgarterin kann ich nur sagen: Stuttgart hat fertig! Markthallen habe ich schon internationale gesehen, die in Bern ist viel schöner – weil außenrum um die Markthalle nicht alles zu betoniert ist! Ich habe Stuttgart in den 70ern genossen, als es noch grün war, der Rosensteinpark idyllisch…die Mieten der schönen Altbauten im Westen noch bezahlbar waren. In Untertürkheim-Luginsland die Weinberge in die unzähligen Schrebergärten übergingen, wo man noch idyllisch bei Vogelgezwitscher im grünen Biergarten eines AWO saß, und ein Radler trank. Die Gartenfeste in Wangen und Esslingen unvergessen, so wie die alten Besenwirtschaften. Heute ist alles zu betoniert, der… Mehr
Nett geschrieben, aber… lieber Gastautor… ganz verstanden haben Sie Stuttgart wohl nicht: man sagt Viertele und nicht Schöpple (gilt nicht nur beim Trollinger; nicht unwesentlich ist hierbei, dass man dann auch 0,25 l erhält) Feinkost Böhm liegt nicht direkt an der Einkaufsmeile Königstraße; der neue zweite Laden befindet sich im begrünten Neubau an der Calwer Passage, dieser gehört Piëch; der Kronprinzbau (ohne „en“) ist der alte Standort und liegt ebensowenig an der Königstraße und gehört m.W.n. der Gesellschaft Himes so gut das Fleisch von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall auch ist: einen Goldstandart hier für Maultaschen abzuleiten, ist gefährlich, denn das… Mehr
Die Martkhalle hat im Zuge der stetigen Aufhübschungen erheblich an Flair eingebüßt. Es wurden etlich kleinere Standplätze zur größeren Gebilden (zusammengelegt, mehr bunt als schwäbisch mittlerweile und die 33 sind ein „nur noch“. Da ist der ehemalige Markthallenreiz doch längst verloren und das Ganze wird immer mehr bloßer Nepp.
Es sitzt da gern das betuchte reifere Publikum auf der Empore oder in der Austernbar (typisch schwäbisch eben, wie auch die Trüffel) und gönnt sich Wahrnehmung und „Kult“.
Und bitte: Warum soll Böhm in der Markthalle was Besonderes sein, wo doch Böhm ungefähr 5 Minuten Fußweg entfernt seinen großen Laden hat?
Das im Südwesten des schwäbischen Stuttgart nennt man „Badisch“ und das hat einen ganz anderen Hintergrund, auch kulinarisch. Und gut, wenn solche wie die Porschebauer auch darauf bedacht sind, kulinarische Delikatessen aus aller Welt auch den Schwaben zukommen zu lassen. Auch das alles perdu, wenn Kretschmann-Habeck weiter agieren, wie ihnen und den Ihren beliebt?
!Die! Einkaufs“meile“ fürs Frauchen mit der platin-creditkarte vom Managermann…..
Die Preise sind dermassen absurd, das man es nicht glauben möchte,bis man es gesehen hat
Da haben Sie recht: schon vor 20 Jahren in der Markthalle keinen Pfirsich im Juli unter 8 Euro/kg, dafür dann in 2024 einen persischen Trüffelstand: da wird klar, wer dort angesprochen werden soll – reine Klassenkultur – und damit sehr stuttgarterisch! Wir gebbet nix her aus unserer Luxuskuldurr!