„Il Presidente del Consiglio“ (Der Ministerpräsident) lautet die protokollarische Amtsbezeichnung von Frau Giorgia Meloni – auf deren eigenen Wunsch. Also nicht: „La Presidente del Consiglio“ (Die Ministerpräsidentin). Wie ist dies sprachlich bzw. politisch zu bewerten, und wäre eine ähnliche Titulierung auch in Deutschland (noch) möglich?
Ob Giorgia Meloni sich „il Presidente” (Präsident) oder „la Presidente“ (Präsident-in) nennt, ist kein grammatisches Problem: Beide Formen sind im Italienischen korrekt. Die traditionelle maskuline Bezeichnung betont aber das Amt, die – politisch progressive – Femininform hingegen, dass (zum ersten Mal) eine Frau es einnimmt. Meloni wählte die konservative Variante – übrigens nicht überraschend; denn sie war ja schon vorher „Präsident“, nämlich ihrer Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens). Die sprachliche Diskussion über „Il Presidente Giorgia Meloni“ hielt sich übrigens in Grenzen; denn außerhalb der Politik benutzen zahlreiche Italienerinnen in Führungspositionen die Berufsbezeichnung im Maskulinum und nennen sich architetto (Architekt), avvocato (Rechtsanwalt), decano (Dekan), direttore (Direktor) usw. Melonis Entscheidung wurde übrigens von der Accademia della Crusca, der ältesten Sprachgesellschaft der Welt, abgesegnet.
Kommunikativ gab es 1961 einen schlüssigen Grund für „Ministerin“, den man allerdings nicht öffentlich sagen konnte: Mit „Frau Minister“ wurde damals in der Regel die Ehefrau eines (männlichen) Ministers angeredet. Die Anrede „Frau + Titel des Ehemannes“ ist kulturgeschichtlich eine Spezialität des Deutschen und war schon im 18. Jahrhundert verbreitet: So hieß die Mutter Goethes, die einen „Kaiserlichen Rat“ geheiratet hatte, „Frau Rat“ bzw. „Frau Rätin“. Goethe selbst bevorzugte die Femininform: „Briefe an Frau Rätin Goethe“, notierte er am 20. Juli 1807 in sein Tagebuch.
So erhielten in Ausbildungsverordnungen die Berufsbezeichnungen eine maskuline und feminine Form (Koch/Köchin, Mechatroniker/Mechatronikerin), ebenso die akademischen Titel (Diplom-Ingenieur/Diplom-Ingenieurin), und 1980 beschloss der Bundestag das „Arbeitsrechtliche EU-Anpassungsgesetz“, das eine „geschlechtsneutrale“ Stellenausschreibung vorschrieb: In der Formulierungspraxis führte das zu einer strikten Geschlechtertrennung bei der Berufsbezeichnung – „Wir suchen einen Diplom-Kaufmann/eine Diplom-Kauffrau“, „einen Sachbearbeiter/eine Sachbearbeiterin“. So verfestigte sich schon in der alten Bundesrepublik im öffentlichen Sprachgebrauch die Gleichung: „Frau = Berufs- bzw. Amtsbezeichnung im Femininum“. Ein „Ministerpräsident Georgia Meloni“ wäre deshalb heute in Westdeutschland politisch unmöglich – nicht aus sprachlichen, sondern ideologischen Gründen.
Dass es sprachlich auch anders geht, zeigt der Sprachgebrauch in der DDR. Dort bezeichneten sich Frauen ganz selbstverständlich als „Werkzeugmacher“, „Kranführer“, „Ingenieur“, „Student“ oder „Minister“. Das traditionelle generische Maskulinum blieb dominant – auch über das Ende der DDR (1990) hinaus: Noch 2010 berichtete EMMA über eine Umfrage in einem Leipziger Hörsaal unter 49 Studentinnen: Auf die Frage, ob sie „Student“ oder „Studentin“ genannt werden wollten, antworteten 46 mit „Student“ und drei (die alle aus Westdeutschland stammten) mit „Studentin“. In den ostdeutschen Bundesländern würde also ein „Ministerpräsident Georgia Meloni“ sprachlich kaum auffallen.
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Vor diesem Hintergrund liebe ich doch das BVerfG-Urteil zum angeblichen „dritten Geschlecht“, denn es hat „dem/der Zerspanungsmechaniker/in“ den Garaus gemacht. Kaum jemand sucht nun „eine*n Zerspanungsmechaniker*in“, weil das den allermeisten Menschen einfach zu blöd ist (außer denen, die wiederum nicht wissen, was ein Zerspanungsmechaniker überhaupt macht), sondern einfach „einen Zerspanungsmechaniker (m/w/d)“. Dank dem „dritten Geschlecht“ ist das generische Maskulinum wieder deutlich weiter verbreitet! Bei der Gelegenheit aber noch: In dem damaligen Urteil ging es eigentlich gar nicht um ein „drittes“ oder „diverses“ Geschlecht“, das haben erst die Medien erfunden, sondern um ein „dazwischen“, das sich auf biologischer Grundlage (Hermaphroditen) weder… Mehr
Was für eine rückwärtsgewandte Diskussion hier unter den Tichyioten!
Ab Ministerrang aufwärts verwende ich schon seit Jahren nur noch Partizipformen:
Die/der Außenministernde, die/der Bundeskanzlernde, die/der Bundestagspräsidenternde etc.
Die Partizipform drückt einesteils Ehrfurcht vor dem Amt, geschlechterneutrales Kopfschütteln über die mentale Verfassung der Amtsträger und Mitleid für die Amtsbediensteten aus.
Mehr Sichtbarmachung geht gar nicht. *irony off*
Witzig wird es bei dem Wort „Vorständin“. Versucht man den männlichen Gegenpart von „Vorständin“ zu bilden, leitet sich „Vorständer“ ab. So möchten man als männliches Mitglied im Vorstand nicht genannt werden
Meine Deutschlehrerin hat uns eingebleut, immer Worte ins Gegenteil zu verdrehen, um deren Sinnhaftigkeit im Satz zu überprüfen. Machte der Satz mit dem gegenteiligen Wort Sinn, war er richtig.
Die Italiener haben es genau deswegen einfacher – weil die meisten explizit weiblichen Berufsbezeichnungen („professoressa“) so lächerlich klingen, dass auch die meisten Frauen sie ablehnen. Auch im Englischen ist „actress“ usw. verpönt. In diesem Sinne sollte man in Deutschland, sprachlich ebenso zulässig, einfach mehr von Architessen, Bauingenieusen und Maschinenbäuerinnen sprechen, dann hätte sich das bald erledigt.
Im Krankenhaus, in welchem ich meinen Zividienst absolvierte, stand auf Kittel der leitendenden medizinischen Fachkraft ganz selbstverständlich „Chefarzt“, Und bei der Dame handelte es ganz offensichtlich um eine Frau.
Hängt wohl auch viel mit Selbstvertrauen zusammen, und das wiederum ergibt sich aus der Mischung von Äußerlichkeit und Kompetenz.
Die heute so wegen geschlechtsnennender Bezeichnungen keifenden „Frauen“, meist sind es ja „Grüne“, sind in aller Regel potthäßlich und inkompetent.
Sonst hätten sie ja die Souveränität wie weiland Frau Doktor.
Der Begriff Präsident ist ein Titel und diese haben kein Geschlecht. Deswegen heißt es richtig Frau Ministerpräsident.
Kann die Amtsbezeichnung einer Frau grammatisch maskulin sein?
Ich kann mich erinnern, dass zumindest noch in den 1990er Jahren Frauen darauf bestehen konnten als „Wirtschaftsprüfer“ zugelassen zu werden und für sich die weibliche Form abzulehnen. Geht das heute noch?
Die Uni Leipzig 2010. Lange her. Heute werden dort stramme Meinungssoldaten ausgebildet, die ausnahmslos „Studierende“ sein wollen. Ich habe den Eindruck, dass das Sächsische gezielt mit sterilem Hochdeutsch unterwandert wird, das für korrektes Dauerschwätzen viel besser geeignet ist. Das kenne ich als „Delegieren“.
Was macht jetzt Frau Baerbock mit ihrer feministischen Außenpolitik?
Was macht die ARD? Werden sie jeden Bericht über Meloni mit dem Kommentar versehen, dass die richtige, politisch-korrekte Bezeichnung „Ministerpräsidentin“ ist und die Italiener noch vorsintflutlich abgehängt sind?
Ende der 70er Jahre kam ich an einem Dienstzimmer vorbei, in welchem, ausweislich des Türschildes, eine Regierungsamtmännin residierte. Das fand ich dann doch reichlich pervertiert.
Der Streit zwischen Claudia Roth und einem AfD-Abgeordneten, der sie mit Frau Bundestagspräsident angesprochen hatte, wäre vielleicht vermeidbar gewesen, wenn Frau Roth wenigstens geringfügige Kenntnisse des Grundgesetzes gehabt hätte.
Es ist doch elementar wichtig, wie dieses Amt ausgeführt wird. Wie erfolgreich die Politik schlussendlich ist und kausal sein wird. Diese grammatikalischen Haarspaltereien und Genderkomplexe können sich die Sprachkünstler sonst wohin stecken. Für die Feministen wäre eine erfolgreiche Frau außerdem um Weiten hilfreicher, als diese neurotischen Genderkämpfe!
Richtig.
Nur, wo in der Wirtschaft sollen die Genderkämpfer ihre Brötchen verdienen? Ihre einzige Existenzberechtigung besteht darin, arbeitenden Bürgern zu sagen, was sie alles falsch oder schlecht machen.