Marie-Agnes Strack-Zimmermann und die umgekehrte Verdauung

Eine Politikerin, die u.a. auch dafür bekannt ist, 250 Anzeigen im Monat zu erstatten. In zumindest einem Fall ging dies erst einmal nach hinten los. Das Amtsgericht Offenburg hat entschieden, dass die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ein „Brechmittel" genannt werden darf

IMAGO / Jürgen Heinrich

Die Leserinnen mögen mir verzeihen: Aber inhaltlich ist es nun einmal geboten, diesen Text mit einer kleinen und nicht im engeren Sinne frauenfreundlichen Geschichte zu beginnen. Also:

Am Weihnachtsabend bekommt der Ehemann von seiner zu Besuch weilenden Schwiegermutter zwei Krawatten geschenkt. Um die Schwiegermutter gnädig zu stimmen, geht er sofort ins Schlafzimmer und bindet sich eine der geschenkten Krawatten um. Als er das Wohnzimmer wieder betritt, mustert ihn die Schwiegermutter und zischt erkennbar pikiert: „Die andere gefällt Dir wohl nicht …?“

Diese kleine Anekdote ist von metaphysischer Ausweglosigkeit, allein deshalb lohnt sie sich schon. Aber die Geschichte führt uns noch aus einem anderen Grund zu unserem eigentlichen Thema: In unserem Kulturschatz gibt es keine Erzählungen von der netten Schwiegermutter – ebenso wenig, wie es Erzählungen vom guten Wolf gibt oder vom doofen Fuchs oder von der hässlichen Prinzessin. Die böse Schwiegermutter ist ein Archetyp.

Das bringt uns zu Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Die 65-Jährige ist so etwas wie das grimmige Sturmgeschütz der FDP. Sie füllt damit eine Leerstelle, die der frühere FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff hinterließ, Gott hab‘ ihn selig. Lambsdorff – die Älteren erinnern sich – lächelte fast nie, argumentierte beinhart und scheute auch die heftigsten persönlichen Konfrontationen nicht.

Lebensmotto: Wenn sie mich nicht lieben wollen, dann sollen sie mich eben fürchten.

Frau Strack-Zimmermann hat das durch den Tod des Grafen entstandene Vakuum erkannt und für sich als Chance identifiziert. Jetzt will sie es ausfüllen. Deshalb macht sie nun schon ein paar Jahre einen auf Lambsdorff – freilich ohne dessen intellektuelle Brillanz und rhetorisches Talent. Aber sie schreckt vor keiner Attacke zurück und greift alle und jeden an, die ihr und ihren Interessen in die Quere kommen.

Dabei nimmt die ukrainische Chef-Lobbyistin im Bundestag zwar kein Blatt vor den Mund, es aber mit der Wahrheit auch nicht immer so genau. Friedrich Merz warf sie vor, Klima-Kleber als „Terroristen“ zu bezeichnen. Problem: Das hat der CDU-Chef nie gesagt. Als eine Rakete in Polen einschlug und zwei Menschen tötete, war für die Frau mit dem zackigen Kurzhaarschnitt sofort klar, dass es sich um ein russisches Geschoss gehandelt haben muss. Das trötete sie auch via „X“ sofort in die Welt. Problem: Es war eine fehlgeleitete ukrainische Rakete.

In der FDP sind viele von ihr inzwischen schwer genervt und heilfroh, dass sich die Düsseldorferin demnächst wohl ins EU-Parlament verabschiedet. Denn Strack-Zimmermann kann zwar äußerst robust austeilen – pro Monat erstattet sie in 250 Fällen Anzeigen – ist aber wohl auch überaus empfindlich beim Einstecken: Nicht nur verweigert sie grundsätzlich jede Entschuldigung für ihre Attacken oder ihre Falschaussagen – sie und ihr Team blockieren auch systematisch Andersdenkende in den Sozialen Medien und überziehen Kritiker konsequent mit Beleidigungsklagen.

So fand sich jetzt auch eine 55-Jährige aus Durbach in Baden-Württemberg unvermittelt vor dem Amtsgericht Offenburg wieder. Die Frau hatte Strack-Zimmermann endlose Forderungen nach immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine nicht mehr ertragen und einen Tweet abgesetzt, in dem sie die Bundestagsabgeordnete als „lobbygetriebenes Brechmittel“ bezeichnete.

Dafür schickte ihr die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über, Achtung, 5.000 Euro. In Worten: fünftausend! Das wollte die tapfere Frau aus Durbach nicht zahlen – und ließ es auf eine Verhandlung ankommen.

Die Richterin machte kurzen Prozess: Es gab einen Freispruch erster Klasse. Politiker müssten mehr einstecken als andere Bürger. Es sei sogar schon höchstrichterlich entschieden worden, dass Politiker eine dickere Haut haben müssten als Normalsterbliche.

Reine Schmähkritik – der es nur darum gehe, jemanden in seiner Würde herabzusetzen – sei zwar nicht akzeptabel. Darunter fallen klassische Formalbeleidigungen wie „Arschloch“ oder „Hure“. Wenn es – wie im vorliegenden Fall – aber irgendeinen Sachbezug gebe (hier: der Ukraine-Krieg), dann dürfe Kritik auch überzogen und ausfällig sein.

Vor dem Freispruch hatte die Staatsanwaltschaft in einer Art und Weise argumentiert, die jedem Anhänger des freiheitlichen Rechtsstaats die Tränen in die Augen treiben musste. Da wurde der Angeklagten allen Ernstes vorgeworfen, sie habe billigend in Kauf genommen, Strack-Zimmermanns „öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, da hierdurch deren Glaubwürdigkeit beziehungsweise Lauterbarkeit in Frage gestellt wurde“.

Hä?

Seit wann ist es Aufgabe der Bürger, Berufspolitikern die Arbeit zu erleichtern? Und seit wann dürfen Bürger nicht mehr die Glaubwürdigkeit von Berufspolitikern anzweifeln oder deren „Lauterbarkeit“ in Frage stellen? Die Anklageschrift liest sich wie aus dem Kaiserreich von anno Schnee. Oder aus der DDR. Oder aus China. Erbärmlich jedenfalls.

Zum Glück ist am Ende ja trotzdem alles gut ausgegangen. Die resolute Durbacherin muss nichts zahlen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann darf weiter als „Brechmittel“ bezeichnet werden – und unsere Politiker-Kaste ist noch nicht völlig unantastbar. Allen Beteiligten gab das Gericht dann noch eine wichtige Lebensweisheit mit auf den Weg, die wir hier gerne zitieren wollen:

„Immer schön sachlich bleiben.“

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Kommentare ( 18 )

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Fieselsteinchen
9 Monate her

Richtig erkannt wurde, dass Graf Lambsdorff sen. im Grab rotiert, wenn er an Strack-Rheinmetall denkt. Selbst der Junior kann ihm nicht das Wasser reichen. Wenn es nach Frau SZ gehen würde, darf man getrost annehmen, dass sie die Bundeswehr schon längst in Marsch gen Osten gesetzt hätte.

Klaus F
9 Monate her

Eine Strack-Zimmermann, die zum Führen eines demokratischen Diskurses unfähig ist und mit Fäkalien Sprache glänzt, unterstreicht einmal mehr, wes Geisteskind sie ist und aus welcher Gesellschaftsschicht sie stammt. Dieser Frau kann nur angeraten werden, den Weg zurück in ihre angestammte Unterschicht zu gehen, woher sie stammt.

Klaus F
9 Monate her

Es ist gut zu wissen, dass eine Strack-Zimmermann, Linder, Buschmann und Co. aus der nimmersatt werdenden versumpften, Spenden gierigen, mit Fäkalien versetzten Porschepartei, im nächsten Deutschen Bundestag nicht mehr vertreten sein wird. Wer, wie der verlogene Trickser Linder, nach dem Motto verfährt, lieber Faeces schlecht regieren, als nicht zu regieren, hat sich seinen eigenen Sargnagel für immer geschaffen. Die Landesparlamente bilden den Anfang und der Bundestag wird diesem Beispiel folgen. #FDPunter5Prozent#

Giovanni
9 Monate her

Wie kann ein Mensch und dazu eine Frau in dieser Position so vulgär sein?!

Kassandra
9 Monate her
Antworten an  Giovanni

Die kam mit Corona wie aus dem Nichts über uns und hat uns seitdem nicht mehr verlassen – oder?

chino15
9 Monate her

Und wer zahlt die Prozesskosten? Vermutlich nicht das „lobbygetriebene Brechmittel“, sondern wir Steuerzahler. Oder sehe ich das falsch?

JPP
9 Monate her

„Die 65-Jährige ist so etwas wie das grimmige Sturmgeschütz der FDP. Sie füllt damit eine Leerstelle, die der frühere FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff hinterließ, Gott hab‘ ihn selig.“

Aber bitte: Graf Lambsdorff war ein Liberaler. Dieser Vergleich zu Frau Strack-Zimmermann geht da doch aus meiner Sicht etwas fehl. Hätte man von Lambsdorff erwartet, sozialistischer Steigbügelhalter zu sein, so hätte der sich vermutlich kringelig gelacht.

Teiresias
9 Monate her

Im alten Griechenland waren Frauen von politischen Ämtern und Wahlrecht ausgeschlossen, weil die wichtigste Aufgabe der Politik darin bestand, über Krieg oder Frieden zu entscheiden – und im Krieg nun mal keine Frauen sterben.
Da Frauen das Sterberisiko im Krieg nicht teilten, ging man davon aus, daß sie zu leichtfertig entscheiden würden.

Baerbock und Strack-Zimmermann demonstrieren reglmässig, was die alten Griechen damals meintten.

Last edited 9 Monate her by Teiresias
WandererX
9 Monate her

Das Problem von solchen Politikerinnen ist, dass sie null Humor haben (siehe ihre Rede im Käfig bei Aachener Karneval vor ca 2 Jahren) und damit auch nichts einstecken können, also keinen inneren nichtdeterminierten Seelenraum haben, aber den bei anderen ständig als angeblich natürlich vorhanden voraussetzen: die Frau ist damit unendlich wie peinlich selbstgerecht. Ihr scharfer Verstand ist damit im politischen Milieu nicht sehr viel wert: da muss man inneren Spielraum und innere Lockerheit haben.Wäre sie halt Mathe- Lehrerin geworden!

Ohanse
9 Monate her

Sie sehen das Problem: Die Arbeit der Staatsanwaltschaft ist erbärmlich schlecht geworden. Wie kommt’s? Das Auswahlverfahren ist schuld. Ein Bewerber kann fachlich noch so gut sein, wenn die Haltung nicht stimmt, hat er keine Chance. Und so kommt es dazu, dass die Anklage nicht mehr am gesetzlichen Tatbestand entlang entwickelt wird, sondern die Moralvorstellungen des Sachbearbeiters wiedergibt. In diesem Fall hat das Gericht dankenswerterweise die Anklage trotzdem zugelassen, um der Staatsanwaltschaft mal gehörig einen Tritt in den Arsch zu verpassen. Hoffentlich hilft’s.

WandererX
9 Monate her

Den Wiederpsruch und den Prozess gegen den Strafbefehl muss man sich erstmal erlauben können: das geht nur mit 15.000€ auf dem Konto. Fazit: das Niveau der deutschen Staatsanwaltschaft ist zu oft die einer Bananenrepublik.
Eine brüllende Freis….- Richterin mit 150 kg Lebendgewicht unterm Talar habe ich auch schon erlebt.

J. Braun
9 Monate her
Antworten an  WandererX

So teuer ist das nicht. Im Prozeßkostenrechner sind in der 1. Instanz etwa 2.500 Euro angegeben, und das bei anwaltlicher Vertretung.