„Polizei-Rassismus“ und ein Gesetz gegen linken Phantomschmerz

Das „Antidiskriminierungsgesetz“ war einst das Lieblingsprojekt des rot-dunkelrot-grünen Senats von Berlin. Damit sollte vor allem „strukturelle Diskriminierung“ bei der Polizei bekämpft werden. Blöd nur: Es gibt gar keine.

picture alliance / NurPhoto | Jakub Porzycki

Zu etwa 500.000 Einsätzen sind die uniformierten Polizisten der deutschen Bundeshauptstadt im vergangenen Jahr ausgerückt. Und das sind nur die akuten Einsätze. Dazu kommen noch unzählige Zeugenbefragungen und sonstige Gespräche mit freundlichen oder auch weniger freundlichen Bürgern und Nicht-Bürgern.

Das sind eine halbe Million direkte Kontakte zu mindestens einem, meist aber mehreren Menschen – und das überwiegend in Stresssituationen. Das merken wir uns bitte mal kurz, wir brauchen es gleich wieder.

Die links-grüne Szene in Berlin hat ja bekanntlich eine recht ausgeprägte Polizei-Allergie. Das mag daran liegen, dass Angehörige dieser Szene überproportional oft mit Berliner Ordnungshütern in Konflikt geraten. Der handelsübliche Bürgergeld-Autonome hat, mit Verlaub, durchschnittlich halt einfach mehr Probleme mit fremdem Eigentum oder mit der körperlichen Unversehrtheit Andersdenkender als der arbeitende Steuerzahler.

Parallel zur Abneigung gegen die Polizei hat diese links-grüne Szene einen gewissen Opfer-Fetisch. Auch das lässt sich nicht ernsthaft bestreiten. Überall sieht man Opfer – gerne auch da, wo nun beim besten Willen keine sind. Aber für Linke ist die Welt eben ausschließlich Wille und Vorstellung.

Beide Fehlwahrnehmungen zusammen erzeugten vor ein paar Jahren die Wahnvorstellung von einer „strukturellen Diskriminierung“ bei der Berliner Polizei. Für Normalmenschen übersetzt: Angeblich sollen die Ordnungshüter der Hauptstadt systematisch bestimmte Menschen diskriminieren.

Zaghafte Nachfragen, wen genau diese „strukturelle Diskriminierung“ denn eigentlich betreffen soll, wurden damals empört zurückgewiesen – so wie heute die Fragen danach, wofür die unzähligen sogenannten NGOs denn eigentlich die vielen Milliarden an Steuergeld ausgeben, die die Bundesregierung über sie herniederregnen lässt.

Im Jahr 2020 regierte in Berlin ein Senat aus SPD, Grünen und der „Linken“. Das Bündnis begriff sich weitgehend als parlamentarischer Arm des deutschen Wokismus. Folgerichtig machte es sich auch die Kritik an der „strukturellen Diskriminierung“ in der Berliner Polizei zu eigen.

Es kam, was kommen musste: Die rot-dunkelrot-grüne Regierungskoalition von Berlin erschuf ein bürokratisches Monster mit dem nicht weniger monströsen Namen „Antidiskriminierungsgesetz“. Solche Wörter sind übrigens der Grund dafür, dass niemand gerne Scrabble mit Deutschen spielt.

Schon damals war die Empörung in den ideologisch nicht völlig verblendeten Teilen der Stadt groß. Schließlich wurde durch das Gesetz die Berliner Polizei unter den Generalverdacht der systematischen Diskriminierung gestellt – ohne dass es dafür irgendeine empirische Grundlage gegeben hätte.

Es gab eine riesige Diskussion. Polizisten beschwerten sich, ihre politischen Dienstherren wiesen die Beschwerden zurück. Leider sind die Vernünftigen in der Hauptstadt schon ziemlich lange in der Minderheit: Das Gesetz wurde verabschiedet und trat in Kraft.

Jetzt, fünf Jahre später, hat der aktuelle Senat von Berlin eine Bilanz über die Wirksamkeit des Gesetzes gezogen. Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses – so heißt das Berliner Parlament – trug Staatssekretär Christian Hochgrebe die Zahlen vor. Das hätte er sich sicher gerne erspart.

Denn auf Grundlage des „Antidiskriminierungsgesetzes“ sind bislang 227 Beschwerden über Polizisten eingegangen. Davon waren nach juristischer Überprüfung 17 berechtigt. In Worten: siebzehn. Die anderen waren unhaltbar.

Der Clou: Die Zahlen beziehen sich nicht etwa nur auf 2024 – sondern auf die vergangenen fünf Jahre zusammen.

Wir erinnern uns: Eine halbe Million Einsätze haben Berlins Polizisten jedes Jahr. Und in fünf Jahren hat es insgesamt 17 Fälle von Diskriminierung gegeben. Eine „strukturelle Diskriminierung“ bei der Polizei sei nicht zu erkennen, räumte der Staatssekretär denn auch leicht zerknirscht ein. Der Mann ist SPD-Mitglied, und man konnte beinahe Mitleid mit ihm haben.

Aber auch nur beinahe.

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Kommentare ( 27 )

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27 Comments
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flo
3 Tage her

Es gehört zum guten (linken) Ton, der Polizei Rassismus vorzuwerfen, zumeist auch auf internationaler Ebene als sogenanntes Racial Profiling deklariert. „Mit ‚Racial Profiling‘ wird die Methode bezeichnet, das physische Erscheinungsbild, etwa Hautfarbe oder Gesichtszüge, einer Person als Entscheidungsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen wie Personenkontrollen, Ermittlungen und Überwachungen heranzuziehen.“ (Zitat Deutsches Institut für Menschenrechte). Tatsächlich ist es natürlich unsinnig zu erwarten, dass sich Polizisten bei der Überprüfung von Personen am bevölkerungsstatistischen Durchschnitt orientieren. Erfahrungswissen und statistische Daten sprechen für ein selektives Vorgehen. Ich muss, wenn ich Drogendealer suche, nicht auch noch die ältere Dame mit Pudel auf der Parkbank kontrollieren. Die Diskussion um das… Mehr

alter weisser Mann
3 Tage her

„Eine „strukturelle Diskriminierung“ bei der Polizei sei nicht zu erkennen, räumte der Staatssekretär denn auch leicht zerknirscht ein.“

Der Mann ist für seinen Job ungeeignet, wenn er das Fehlen der „strukturellen Diskriminierung“ nicht auf die segensreiche Wirkung des einschlägigen Gesetzes zurückführen kann.

gast
3 Tage her

Ich finde das ganz gut, dass die Polizei so beschäftigt ist. Ich muss dann nicht befürchten, dass sie wie zu Corona Zeiten mir die Tür eintritt und zählt, wieviele Gäste an meinem Tisch sitzen. Sollen sich die Jungs und die Pferdeschweifen Mädels amüsieren aber bitte außerhalb meines Hauses.

Last edited 3 Tage her by gast
Michaelis
3 Tage her

Die (angehenden) Polizeibeamten werden – jedenfalls in Berlin – gnadenlos indoktriniert, GNADENLOS!!! Ich kenne „Lehrkräfte“, die dafür verantwortlich sind bzw. dies betreiben, und die haben ihren Job nur bekommen, weil sie „gesichert linksextrem“ sind. Letzteres aus meinem Wortschatz.

Schwabenwilli
3 Tage her
Antworten an  Michaelis

Das dumme daran ist bloß die Straße lehrt diese Polizisten das genaue Gegenteil.

tiptoppinguin
3 Tage her

Auch wenn der Vergleich etwas hinkt: Die Polizei hat neben vielen zusätzlichen Aufgaben, die sie inzwischen übertragen bekommen hat (weil der Rest der inneren Verwaltung zu unfähig, zu faul oder mit Kaffeetrinken beschäftigt ist), die Aufgabe des Schutzes der Inneren Sicherheit. Das ist im Grunde genommen eine ähnliche Aufgabe, die das Immunsystem insbesondere die weißen Blutkörperchen im menschlichen Körper haben. Wenn das Immunsystem über den eigenen Körper herfällt, dann nennt man das eine Autoimmunerkrankung, wie z.B. Multiple Sklerose oder HIV (Erworben, aber mit ähnlicher Wirkung). Folge: Der Körper zerstört sich selbst und stirbt. Von der Polizei nun zu verlangen, im… Mehr

littlepaullittle
3 Tage her

„Linker Phantomschmerz“. Da musste ich lachen.
Sind das die Wattebaellchen, die solche Schmerzen ausloesten ?
Dazu passte aber das folgende Urteil:
„Die Berliner Polizei handelte rechtswidrig, als sie gegen einen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ berüchtigte Schmerzgriffe einsetzte.“ Das entschied das VG Berlin. (Quelle: LTO)

verblichene Rose
3 Tage her

Was will uns der Autor hiermit bloß sagen? Ich interpretiere das mal so: Natürlich darf man nicht diskriminieren, wo kämen wir denn auch hin? Aber wehe, wenn sie los gelassen, denn dann kann „die Polizei“ auch schonmal ziemlich handgreiflich werden, siehe Corona. Gab es bis heute eigentlich hierfür schon eine Entschuldigung seitens der Polizei? Ach, ich habe vergessen, daß es so etwas wie eine Aufarbeitung nicht geben wird. Naja, wenigstens macht man den Dienst bei „bestimmte Menschen“ (siehe Text) offensichtlich sehr vorbildlich. Leider ist meine ganz persönliche Polizei-Allergie immer noch nicht gänzlich abgeklungen. Aber ich arbeite daran. Man möchte ja… Mehr

Michael W.
3 Tage her
Antworten an  verblichene Rose

Doppelpost!

flo
3 Tage her
Antworten an  verblichene Rose

Niemand will Fehlverhalten leugnen, das gibt es sicherlich. Man muss nur – das ist keine Entschuldigung, sondern ein Erklärungsversuch! –, sehen, dass die Beamten vermutlich von oben sehr unter Druck stehen und ihre Arbeitsbedingungen nicht immer prickelnd sind. Ich glaube nicht, dass Polizisten gern um 6.00 Uhr morgens an Türen klingeln oder die AfD vor Gegen-Rechts-Demonstranten schützen oder Wandbeschmierer der Letzten Generation abführen. Und in der Tat ist die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens immer schwierig. Werden Demonstranten „zu hart“ behandelt: Polizeigewalt. Kontrollieren sie die Falschen: Racial Profiling. Aber Respekt müssen sich die Gesetzeshüter natürlich verschaffen. Und vermutlich haben sie manchmal auch… Mehr

verblichene Rose
3 Tage her
Antworten an  flo

Natürlich stehen auch Polizeibeamte unter Druck. Aber wen geht das heutzutage schon besser?
Nur tragen m.E. Polizisten, ähnlich wie Abgeordnete, die Verantwortung für ihr Handeln höchstpersönlich. Und gerade sie sind ihrem Gewissen verpflichtet.
Und nicht nur das; sie haben sogar die PFLICHT zu remonstrieren!
Insbesondere, wenn sie merken, daß das RECHT gebeugt wird.
Scheinbar ist das aber nicht so. Und nun stellen Sie sich vor, Sie ließen Ihrem „Frust“ täglich bei Ihren Kunden freien Lauf.
Bemitleidet man dann Sie…?

Klaus Uhltzscht
3 Tage her

Ich habe mit diesem SPD-Staatssekretär kein Mitleid.
Mit den Polizisten auch nicht.
Die mit mir auch nicht.
Karl Marx nennt das die Negation der Negation.

Ombudsmann Wohlgemut
3 Tage her

Ob die 17 Fälle vielleicht sogar linker Rassismus waren?