Die berühmte schwäbisch-englische Spruchschöpfung von Wolfgang Schäuble als Bundesfinanzminister zum Ultimatum in der griechischen Staatsschuldenkrise erfährt ihre Wiederauferstehung in der Corona-Krise spätestens mit dem Erscheinen der Omikron-Welle. Und hier gilt „isch over“ gleich doppelt. Nicht nur wird Omikron die Wandlung des pandemischen Ausnahmezustands zum endemischen Normalzustand katalysieren und damit die Pandemie beenden. Auch für die Durchschlagskraft immer neuer Regierungsparolen gilt spätestens jetzt: „Isch over!“
Damit sind wir direkt beim desolaten deutschen Pandemie-Management, das von Beginn an gegen alle Gesetze einer zielgerichteten Risikokommunikation verstoßen hat. Nach 22 Monaten Daueralarm mit permanent wechselnden „wissenschaftlichen Wahrheiten“ von gefühlt weniger als vier Wochen Halbwertszeit ist die Aufnahmebereitschaft für regierungsamtliche Informationsorgien bei Null angelangt.
Immer mehr Menschen ziehen sich auf ein elementares 2G-Konzept zurück: „Genug ist genug!“ Jedenfalls gilt dieser mediale Aufnahmestopp für viele derjenigen Mitbürger, die den gesellschaftlichen Laden am Laufen halten und nicht in den politisch-medialen Blasen leben. Diese Leistungsträger unserer Gesellschaft und vor allem die Jüngeren, denen man bereits zwei Jahre ihres Lebens gestohlen hat, machen einfach nicht mehr mit. Auch hier gilt: „Isch over!“
Dass sich in dieser Lage die Hauptstoßrichtung der neuen Regierung, befeuert durch eine noch hilflosere „Opposition“, tatsächlich auf die Einführung einer Totgeburt namens Impfpflicht konzentriert, könnte sich kein Kabarettist zynischer ausdenken. Man verschwendet allen Ernstes wichtige parlamentarische und kommunikative Ressourcen, indem man ausgerechnet während der größten Infektionswelle der Pandemie für die Zeit nach deren Auslaufen die Einführung einer offensichtlich nutzlosen Impfpflicht plant. Und zwar gegen ein Virus, das es noch gar nicht gibt, und mit einem Impfstoff, den man noch nicht hat, dessen Wirksamkeit man noch nicht kennt, dessen Risikoprofil unbekannt ist und dessen Auffrisch-Schema ebenfalls gänzlich in den Sternen steht.
Wenn es für eine Pandemie-Bekämpfung tatsächlich einer Impfpflicht bedarf, warum war dies niemals Gegenstand der von Experten im Auftrag früherer Regierungen sorgfältig erarbeiteten Pandemiepläne? Warum soll jetzt ausgerechnet in einer politisch und medial befeuerten Pogrom-Stimmung gegen Ungeimpfte eine gesetzliche Impfpflicht durchgepeitscht werden, obwohl diese nach übereinstimmender Expertenmeinung zum Beispiel in der aktuellen Lage nur der Pharmaindustrie weitere Milliardengewinne bescheren, jedoch keinen Beitrag zu einer wirksamen Pandemiebekämpfung leisten würde? Und wie soll bei einer Impfpflicht beispielsweise der Tatsache Rechnung getragen werden, dass eine Infektion mit dem harmloseren Omikron bei jüngeren Bevölkerungsgruppen einen besseren natürlichen Immunschutz gegen neue Varianten verspricht, als dies die bisherigen und vielleicht auch künftige Impfstoffe zu leisten vermögen?
Doch zurück zum Schäfer Lauterbach und den Corona-Wölfen: Bei Äsop kommen die Wölfe am Ende tatsächlich, doch niemand hört mehr auf das Geschrei des Schäfers. In einer der zahlreichen Varianten der Fabel verschlingen die Wölfe zuerst den Schäfer. So wenig man sich bei Corona eine Rückkehr der „Wölfe“ wünschen mag: Die letztgenannte Variante hätte jedenfalls einen interessanten Nebeneffekt.
Doch noch wehrt sich Karl Lauterbach gegen das immer schnellere Verhallen seiner permanenten Alarmrufe. Obwohl ihm als Gesundheitsminister der Anstieg von Depressionen und Angsterkrankungen aufgrund permanenter Bedrohungsszenarien bekannt sein muss, hat er soeben die theoretische Möglichkeit eines jüngsten Corona-Gerichts ins Spiel gebracht, also einer hypothetischen künftigen Corona-Variante mit der hohen Infektiosität von Omikron und einer verheerenden Letalität auf Ebola-Niveau.
Allerdings gibt es eine viel wahrscheinlichere Prognose als dieses absurde Lauterbach-Armageddon: Denn am Dienstag, dem 24. September 2182, könnte gegen 15 Uhr der Asteroid Bennu mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:2700 im Berliner Regierungsviertel einschlagen, warnt die NASA. Seine Zerstörungskraft beträgt mehr als 1.000.000.000 Tonnen TNT-Äquivalent, das entspräche rund 100.000 Hiroshima-Bomben. Spätestens dann „isch over“ mit Corona – und mit dem Klimawandel sowieso. Es gibt also noch viel mehr Risiken für diesen Planeten als einen Lauterbach.
Dr. Lothar Krimmel ist Facharzt für Allgemeinmedizin und hatte über 20 Jahre leitende Positionen in Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft inne.