Ein längst überfälliger Schritt zur Verbesserung der Menschheit, die Platzierung von Trigger-Warnungen bei alten James-Bond-Filmen, wurde nun endlich Realität. So begrüßenswert das ist, stellt sich die Frage, wieso dies nicht schon vor langer Zeit geschah.
Einem Bericht des britischen Guardian zufolge hat das Britische Filminstitut eine Retrospektive der Filme des Komponisten John Barry, der unter anderem für eine Reihe von Bond-Filmen der 60er, 70er und 80er Jahre die Musik schrieb, allesamt mit Trigger-Warnungen versehen. Das Filminstitut warnte, dass die beiden präsentierten Bond-Filme sowie eine Reihe anderer Produktionen, für die Barry komponiert hatte, „voll von Sprache, Bildern, oder anderen Inhalten sind, die die vorherrschenden Ansichten ihrer Zeit widerspiegeln, die aber heutzutage Anstoß erregen (wie sie es auch damals taten)“.
Der innere Widerspruch dieser Aussage, dass die „vorherrschenden Ansichten ihrer Zeit“ scheinbar auch damals bereits Anstoß erregten, bleibt zwar ungeklärt, stattdessen distanziert sich das Filminstitut von den präsentierten Filmen. „Die Titel wurden nach historischen, kulturellen oder ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt und die dargestellten Ansichten werden in keinster Weise vom Britischen Filminstitut oder seinen Partnern gutgeheißen.“
Eine richtige und wichtige Feststellung, sonst könnte man noch auf die Idee kommen, das Filminstitut würde die Verkleidung von Sean Connery in „Man lebt nur zweimal“ als Japaner als unterhaltsamen Spaß einstufen. Dieser Film erhält nun eine zusätzliche Warnung, da er „veraltete rassistische Stereotypen beinhaltet“. Im Film verkleidet sich Bond im Zuge einer Infiltration im Stil einer asiatischen Großmutter bei der Gartenarbeit und macht einen Buckel, um die Tatsache zu verstecken, dass er zwei Köpfe größer ist als die echten Japaner um ihn herum.
Gut, dass man da jetzt viel weiter ist und endlich erkannt hat, dass der 1,88 Meter große schottische Ex-Bodybuilder gar nicht wirklich wie ein echter Japaner aussieht. Eine TE-Anfrage beim britischen Geheimdienst, ob mittlerweile von ähnlichen Infiltrationsmissionen Abstand genommen wird, da Verkleidungen in der Landestracht inhärent kulturelle Aneignung darstellen, blieb bislang unbeantwortet.
Noch schlimmer geht es aber in einem anderen Film der Bond-Reihe, der vom Britischen Filminstitut präsentiert wird, zu. In „Goldfinger“ macht James Bond laut Spiegel „eine unglückliche Figur“. Die Verharmlosung des Jahrhunderts, wälzt sich doch Bond mit einer der subtilst charakterisierten Bond-Gegenspielerinnen, der Lesbe Pussy Galore, in einer Scheune durchs Heu und überzeugt sie – laut einem Brief von Bond-Erfinder Ian Fleming – von den Irrungen ihrer sexuellen Orientierung. Allein in diesem Satz stecken mindestens sechs Hassverbrechen. Fleming meinte dazu, es bedürfte nur des „Handanlegens“ des „richtigen Mannes“, um die Lesbe von „ihrer psychopathologischen Krankheit zu heilen“. Spätestens an dieser Stelle könnten sich eine Hassverbrechen-NGO sowie zwei Anwaltskanzleien an diesem Sachverhalt für ein ganzes Jahr gesundstoßen.
Trigger-Warnung oder heimliche Glorifizierung?
Distanzeritis hin oder her, aber tut das Britische Filminstitut wirklich genug zur Warnung vor diesen zutiefst problematischen Inhalten? Denn das soeben dargelegte Debakel „Goldfinger“ wird hier fast spielerisch mit „zeichentrickartiger Sexyness“ umschrieben, die vom Komponisten einen „passenden, laut swingenden Soundtrack“ erhielt. Eine Trigger-Warnung, die fast schon an Verharmlosung, wenn nicht Verherrlichung grenzt!
Angesichts solcher Verharmlosung der Verletzung geschlechtlicher Selbstidentifizierung von Pussy Galore erscheint auch der Warnhinweis über „veraltete rassistische Stereotypen“ in „Man lebt nur zweimal“ auf einmal dubios: Wären modernere rassistische Stereotypen etwa besser? Was will uns das Britische Filminstitut damit sagen?
Der Guardian berichtete, dass das Filminstitut vor einigen Jahren eine Umfrage durchführte, die ergab, dass zwei Drittel der Teenager sich mehr Trigger-Warnungen wünschen. Anstatt deshalb aber den Stöpsel im Abfluss Großbritanniens zu ziehen und die Insel den Fluten der Nordsee anheim fallen zu lassen, entpuppt sich das Britische Filminstitut fast schon als reaktionärer Hort des Widerstands gegen den Zeitgeist. Denn die obigen Hinweise können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das gesamte Werk von Ian Fleming schon vor Jahren einer Komplettzensur unterzogen hätte werden müssen.
Die Tatsache, dass dies bislang nicht geschah und somit eine junge Generation von Mensch*innen in Angst lebt, diesem Auswuchs toxischer Maskulinität ausgesetzt werden zu können, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Britische Filminstitut wohl überwiegend von alten, weißen Männern geführt wird. Denn: Hallo? Wir haben 2024! Wird Zeit, dass man das auch beim Britischen Filminstitut einsieht und die Bond-Exemplare auf einem großen Scheiterhaufen ihrem einzig angemessenen Schicksal überlässt.
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Diese Triggerwarnungen könnten eventuell dieselbe Wirkung haben wie seinerzeit der Hinweis Made in Germany. Was damals als Diskriminierung und Warnung vor angeblich minderwertigen deutschen Produkten gedacht war, entwickelte sich zu einem Gütesiegel erster Klasse. (Nun ja, heute nähert es sich der ursprünglich gedachten Verwendung wieder an, aber das steht auf einem anderen Blatt.) Könnte mit den Triggerwarnungen auch so kommen.
Eines muss man den Bond-Filmen aber lassen, ihre zeitlose Aktualität, denn sie werden heute in der Realität mehr als bestätigt: ein Club ultrareicher Krimineller versucht immer wieder, die Weltherrschaft zu erringen, nötigenfalls auch durch weltweiten Genozid (Moonraker). Das ist so aktuell wie nie. Bei Bond hießen die Bösewichte Spectre oder Goldfinger etc. Heute heißen sie WEF, Schwab, Soros und Gates uvam. Ist das vielleicht der Grund für diese Triggerwarnungen? Dass die Filmkonsumenten nicht erkennen sollen, wie das Spiel läuft? Und das anders als im Film der MI6, CIA und FBI mitnichten die Guten sind, die uns retten werden? Sondern ganz… Mehr
Ich habe „Goldfinger“ zum ersten Mal als Kind gesehen. Da wusste ich nicht mal, was eine Lesbe ist, geschweige denn, dass ich Pussy Galore als eine solche identifiziert hätte. Sie war einfach nur eine starke Frau. Gewundert habe ich mich aber schon, dass sie so heißt wie ein Kätzchen.
Vielleicht sollte man Filme nicht immer so ernst nehmen und vor allem nicht unter dem aktuellen Zeitgeist nachträglich auseinandernehmen.
Oh Gott, ich bin schockiert!
Ein maskuliner Mann auf der Leinwand, mit Macho-Gehabe! Ganz ohne Latte macchiato im Pappbecher, ohne Hipsterbart, ohne Wickeltuch mit Baby darin vor dem Bauch beim Einkaufen! ?
Skandal!
Das hält doch keine junge Frau aus.
Sofort weg damit! Am besten gar nicht mehr zeigen!
FSK 18 oder ‚Parental Advisory‘ aufdrucken.
Das könnte sonst zur testosterongesteuerten Verrohung der Gesellschaft führen – und die Folgen möchte ich mir gar nicht ausmalen.
Auch die Ansicht, daß man nur zweimal lebt, ist veraltet. Heute lebt man bis zu 72 mal. Und in Deutschland kann man sich sogar jährlich beim Standesamt per einfachem Sprechakt ein neues Leben eintragen lassen (außer im Kriegsfall).
Liebe Redaktion,
als Filmschaffender bin ich bestens vertraut mit den Werken rund um James Bond.
Um es mit den Worten der 80er Jahre zu sagen. Euer Artikel ist…
„…leider geil“
Alleine der Name“ Pussy Galore“ ist im heutigen Sinne echt heftig;-)))) Und glauben Sie mir, die damaligen Autoren wussten genau was sie taten;-))
In diesem Sinne…
Für diese Machwerke brauche ich keine Warnhinweise. Da genügt der Ausschaltknopf oder die einfache Regel, das Gerät gar nicht erst einzuschalten.
Aber für unsere Wirklichkeit der Machwerke von Millionen aus Islamistan – gibt es hier keine Ausschalter und Warnhinweise! Die vergewaltigen und morden nach ihrem Steinzeitgesetz – der Macht ihrer Clans und ihres Koran!!
Wie heißt es doch so schön? „Früher war alles besser!“ 🙂 Spaß beiseite. Ich war eigentlich nie der große Fan von Connery, der war einfach der Bond von vor meiner Zeit. Ich habe es eher mit Moore, wegen des stärker ausgeprägten britischen Humors in seiner Bond Interpretation. Meine beiden Favoriten sind immer noch „Der Spion der mich liebte“ und „Moonraker“. Beide Streifen treffen nicht nur den richtigen Humor, sondern sind auch absolut brillant vor atemberaubender Kulisse gefilmt. Moonraker wurde damals ja als Star Wars Abklatsch niedergemacht, dabei war der Streifen seiner Zeit einfach nur voraus. Und saukomisch ist er auch… Mehr
Die wirkliche Triggerwarnung nach den eher enttäuschenden letzten Filmen war die, die es eigentlich schon etwas länger gibt (und einmal anders gedacht war): James Bond will return.
Genau. Man hätte ihn nach Roger Moore sterben lassen sollen. Aber wem sagt man das, in Zeiten, da sogar tote Rockstars via Hologram auf die Bühne zurückkehren, um der schamlosen Leichenfledderei zu dienen? Man verlernt, Dinge einfach auch mal tot sein zu lassen, wenn sie tot sind.
Naja, die alten Bond-Filme stammen halt noch aus einer entspannten, lockeren Zeit, als Männer und Frauen verstanden, einander mit Humor und ironischem Augenzwinkern zu begegnen. Die Verführerin macht ja den Mann gewissermaßen auch zum willenlosen Trottel – zu jener Zeit aber noch, ohne seinen Wert zu schmälern.
Ich glaube, dass damals eben beide Geschlechter noch Gentlemen waren und so elegant wie frech ein Understatement pflegten, das sich heutige Hardcore-Moralisten mangels geistiger Finesse niemals erschließen werden. Humor ist ohnehin megaout – abgesehen von den moralisierenden Holzhammer-Schelmen und Flachwitz-Spaßvögeln Marke Böhmermann und Welke.