Die Quote taugt nichts

Für die Unzweckmäßigkeit der Quote reicht ein einzige Name, der von Christine Lambrecht. Tatsächlich dürfte sie die bekannteste von allen Fehlbesetzungen sein, da sie ja nicht nur in einem, sondern gleich in drei verschiedenen Ämtern, als Justiz-, als Familien- und als Verteidigungsministerin, eindrucksvoll versagt hat. Von Konrad Adam

IMAGO / Political-Moments
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht

Neulich hat Friedrich Merz etwas Selbstverständliches gesagt. Er hat sich dagegen ausgesprochen, jeden zweiten Platz im Kabinett mit einer Frau zu besetzen. Von einer Regel, die das Geschlecht höher bewertet als Wissen, Können und Charakter, hält er nichts. Im besten Deutschland, das es je gab, versteht sich das Selbstverständliche aber längst nicht mehr von selbst. Deswegen hat Merz mit seiner eher beiläufigen Bemerkung ein Aufsehen erregt, das unter politisch urteilsfähigen Bürgern undenkbar gewesen wäre.

Er war taktvoll genug, als Beleg für die Unzweckmäßigkeit der Quote nur einen einzigen Namen zu nennen, den von Christine Lambrecht. Tatsächlich dürfte sie die bekannteste von allen Fehlbesetzungen sein, da sie ja nicht nur in einem, sondern gleich in drei verschiedenen Ämtern, als Justiz-, als Familien- und als Verteidigungsministerin, eindrucksvoll versagt hat. Weil sie neben dem richtigen Geschlecht aber auch die richtige Herkunft besaß – sie stammt aus Baden-Württemberg – und Mitglied der richtigen Partei, der SPD war, hatte sie auf der alles entscheidenden Quoten-Skala gleich dreimal Punkte gesammelt. Und damit war sie unvermeidlich.

Anne Spiegel, die sich als Umwelt- und Familienministerin, oder Bettina Stark-Watzinger, die sich an der Spitze des Forschungsministeriums gründlich blamiert hat, hätte Merz ebenso gut wie Frau Lambrecht nennen können. Er hat das nicht getan – wahrscheinlich, um die ohnehin begrenzten Koalitionsmöglichkeiten der CDU nicht noch weiter zu verkürzen. Natürlich hätte er auch in seiner eigenen Partei Beispiele genug für die Vermutung finden können, dass mit der Quote kein Staat zu machen ist. Doch damit hätte er es sich an der Spitze einer proporzgläubigen und quotengesteuerten Partei noch schwerer gemacht, als er es sowieso schon hat.

Frau Baerbock war seinerzeit mit dem Versprechen angetreten, das Amt, dem sie noch immer vorsteht, auf eine feministische Außenpolitik zu trimmen. Vielleicht hatte sie Margarete Mitscherlich (später Mitscherlich-Nielsen) gelesen, die in ihrem Standardwerk über die friedfertige Frau der Vermutung nachgegangen war, dass der das Weltgeschehen dominierende Mann von einem geheimen Todestrieb, von einer Zerstörungswut besessen sei, die ihn dazu zwingt, um sich zu schlagen, Kriege zu führen und mit der Waffe in der Hand die Welt zu beherrschen. Das tut Frau Baerbock zwar inzwischen auch, eifriger sogar als alle ihre Amtsvorgänger. Aber das zählt nicht, soll oder darf nicht zählen, weil sie als Frau anders strukturiert ist als jeder Mann. Friedfertiger nämlich. Im Gegensatz zu Bismarck, der seinem Todestrieb folgte, als er den Krieg gegen Frankreich vom Zaun brach, folgt sie ihrem Liebestrieb, wenn sie Waffen an die Ukraine liefert und Putin den Krieg erklärt. Deswegen hat sie das Bismarck-Zimmer ausräumen, sein Bild von der Wand nehmen und durch das eigene Bild ersetzen lassen.

Strukturen sind für einen frommen Grünen etwa das, was für den frommen Priester früher einmal die Offenbarung war. Wer nach Strukturen fragt, blickt hinter die Kulissen. Er entdeckt eine geheimnisvolle, abstrakte, dem Laien verborgene Welt, eine Wahrheit hinter der Wirklichkeit, die sich allerdings nur dem soziologisch geschulten Auge erschließt. Mit diesem Auge erkennt er, dass Frauen strukturell friedlich sind – also auch dann, wenn sie Kriege führen (wie Frau Thatcher, Frau Gandhi oder Frau Baerbock). Dass Frauen strukturell in der Minderheit sind – also auch dort, wo sie die Mehrheit stellen (wie unter den Studenten). Dass Frauen strukturell benachteiligt sind – also auch dann, wenn sie gefördert werden (durch Gleichstellungsgesetze, Gleichstellungsbeauftragte und so weiter).

Der grüne Blick reicht aber noch viel tiefer. Er hat entdeckt, dass Frauen im Riesenheer der Benachteiligten, Missachteten, Gedemütigten und Entrechteten nur einen Teil ausmachen. Und dass alle diese Gruppen darauf warten, gleichgestellt, entschädigt, gefördert und belohnt zu werden. Erwähnt das Grundgesetz denn nicht auch Abstammung und Sprache, den Glauben, die Heimat und die Herkunft, religiöse und politische Anschauungen als Merkmale, derentwegen kein Mensch benachteiligt oder bevorzugt werden darf? Also gleichgestellt werden muss? Auch damit sind die Gleichstellungsbeauftragten aber längst noch nicht zufrieden, denn was wird aus den Kurzsichtigen (wie Joschka Fischer), den Übergewichtigen (wie Peter Altmaier oder Ricarda Lang) oder vielen anderen, für die Franziska Brantner, Staatssekretärin in Robert Habecks Wirtschaftsministerium, erst neulich wieder eine Lanze gebrochen hat? Haben denn nicht auch sie Anspruch auf eine Quote?

Mehr Fortschritt hatte uns die Koalitionsregierung versprochen, als sie vor drei Jahren an die Macht kam. Dieser Fortschritt ist unerbittlich, er kennt weder Pausen noch Grenzen, nicht einmal eine Richtung kennt er. Er hat Frau Merkel ins Kanzleramt gespült, sein nächstes Ziel ist die Eroberung des Bundespräsidentenamtes durch eine Frau. Bisher hatten wir Glück gehabt: Luise Rinser, die sozialistische Betschwester, die nach Nord-Korea gepilgert war, um Kim Il Sung die Füße zu küssen, ist uns erspart geblieben. Beate Klarsfeld, die so mutig war, Kurt Kiesinger auf offener Bühne ins Gesicht zu schlagen, ebenfalls. Auch Hildegard Hamm-Brücher hat mit ihrer Bewerbung um das höchste Amt glücklicherweise kein Glück gehabt. Aber das könnte nun anders werden. Nachdem Frau Brantner das Recht auf öffentliche Dummheit proklamiert hat, ist alles möglich. Auch Katrin Göring-Eckardt als Kandidatin für das Präsidentenamt.

So geht es zu in einem Land, in dem sich Selbstverständliches nicht mehr von selbst versteht. Schon deshalb sollten wir Friedrich Merz dankbar sein für seine Bemerkung. Er hat uns daran erinnert, dass die Quote nicht gleich macht, nur die Illusion verschafft, einander gleich zu sein. Wir wollen das nicht vergessen und ihn daran erinnern, wenn er es seinerseits vergessen sollte.


Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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Kommentare ( 8 )

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Malte
30 Minuten her

Kann sich noch jemand an die Remington-Werbung aus den späten 80ern erinnern? Typen mit eisenharten Gesichtern und markanten Unterkiefern sagten mit überheblich-sympathischem Lächeln in die Kamera: „Hey Remington – shave this!“ Also ich finde ja, dass diese Art Mann in der deutlichen und absoluten Minderheit ist, dazu von allen Seiten schwerst diskriminiert und angefeindet wird. Da muss man doch was machen! Die muss man doch fördern! (Ironie aus!) Da derartige Typen auch selten unter Minderwertigkeitskomplexen leiden und somit ihr Ego nicht durch markige Sprüche oder z.B. Waffenlieferungen aufpeppen müssen, könnte das auch dem Weltfrieden zuträglich sein. Wird daran scheitern, dass… Mehr

Kassandra
1 Stunde her

2024 kündigte Lambrecht an, ein Buch zu ihrer Amtszeit mit dem Titel Auf Stöckelschuhen durch Absurdistan zu verfassen. schreibt wiki Alleine daran kann man erkennen, dass die Frau von Angebot und Nachfrage und damit vom Markt nichts versteht – aber gut. Außer dass ein paar Bäume unnütz sterben richtet sie damit wenigstens keinen weiteren Schaden an. Ab 1982 war sie in der spd und ab 1985 hielt sie sich auf unterschiedlichsten Gebieten, stetig aufsteigend, in der Politik auf. Auch deshalb sieht Deutschland inzwischen so aus, wie es halt aussieht. Aber wie Merkel, deren Rückblick mit dem Titel „Freiheit“ atemlos erwartet… Mehr

amendewirdallesgut
1 Stunde her

Solange an dem Peter Prinzip festgehalten wird spielt selbst die Quote nur eine verschärfende aber keine hauptsächliche Rolle .

Benedictuszweifel
1 Stunde her

Köstlich ! Wirklich klasse. Meiner Ansicht nach (um nicht das Grauen anzusprechen, das Mitglieder der von Anna L. im Rahmen ihrer feministischen Außen- Pol [sorry, ich kann das Wort in dem Zusammenhang nicht schreiben] geförderten Hamas, m/w den jüdischen, v.a. auch weiblichen Geiseln angetan haben und noch antun) gibt es tatsächlich doch noch einen Erfolg für die Quote- und Gleichstellung-Bemühungen der genannten hochbegabten Politiker ohne y Chromosom: Menschen, die nicht bluten, dürfen jetzt vor einem Millionenpublikum Menschen, die bluten, vermöbeln, was das Zeug hält. Und werden dann anschließend genau dafür mit einer Goldmedaille „geehrt“: vor Millionenpublikum. Jetzt mal unter uns:… Mehr

Last edited 1 Stunde her by Benedictuszweifel
Demokratius
1 Stunde her

Mir persönlich ist F. M. suspekt, aber wo er Recht hat, da hat er Recht. Neben der Frauenquote besteht leider noch die weitere Unsitte, wichtige Posten nach Parteibuch und Herkunft zu vergeben anstatt nach Qualifikation, Integrität und Können.

Malte
27 Minuten her
Antworten an  Demokratius

Man wird Friedrich Merz alsbald wieder bei seinem Lieblingssport – dem Zurückrudern – beobachten dürfen.

fatherted
2 Stunden her

naja…zwischenzeitlich gibt es genauso viele unfähige Männer wie Frauen in der Regierung….insofern ist das Geschlecht eigentlich egal, wenn man von solchen Leuten „regiert“ wird.

Kassandra
1 Stunde her
Antworten an  fatherted

Ja. Aber früher waren wohl die unfähigen Männer unter Männern wenigstens in der Minderheit. Und wenn man Trump mit den Fakten und Mrs. Harris mit ihrem nie etwas aussagenden Wortsalat als Beispiel oben an stellte könnte man auch erkennen, was bei uns mit so vielen sich dem Konkreten verweigernden Plappereien inzwischen in den Abgrund läuft. Dass sie uns aber damals schon über den Tisch zogen hat von Arnim ja wirklich ausreichend hinterlassen. U.a. in „Die Deutschlandakte – Was Politiker und Wirtschaftsbosse unserem Land antun“ beschreibt wie und wie lange das entstandene System Land und Bürger schädigt, wird die Union eh… Mehr