Die Berufsberatung soll’s richten: Finn Thorben in die Produktion

Deutschlands Arbeitsmarkt ist vermurkst. Auch weil immer mehr Junge an die Unis rennen, aber Philosophen kein Klo reparieren können. Nun soll eine Institution die Situation retten, so innovativ wie das Fax-Gerät.

Achtung Glosse: Es gibt Sätze, mit denen sollte man nicht in eine Pressemitteilung einsteigen. Etwa der Satz, den das Arbeitsministerium wählt: „Die Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt in Deutschland sind seit der Unterzeichnung der letzten Allianzvereinbarung von 2019 nicht geringer geworden.“ Heißt übersetzt: Wir haben vor vier Jahren etwas beschlossen, das nur Gelaber war und nichts gebracht hat. Jetzt aber gibt es neues Gela… – einen neuen Beschluss.’

Es geht um die „Allianz für Aus- und Weiterbildung“. In der sitzen Politiker, Gewerkschafter und andere Menschen, die sich um 14 Uhr noch nicht vor den Fernseher pflanzen wollen und daher irgendwie anders beschäftigt werden müssen. Sie haben ein Konzept erarbeitet, mit dem der Arbeitskräftemangel in Deutschland behoben werden soll. In den nächsten vier Jahren. Dieses Mal klappt’s bestimmt.

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Das meiste, was die Allianz, formerly known as Arbeitskreis, vorstellt, stammt aus dem üblichen linken Werkzeugkasten: zum Beispiel eine Ausbildungsgarantie. Weil die Jugendlichen keine Ausbildung machen wollen, sollen sie eine garantiert bekommen. Macht Sinn. Zumindest wenn man Linker ist und um 14 Uhr noch den Fernseher meidet. Eine andere Forderung macht indes noch mehr Spaß: der „Ausbau der Berufsorientierung“.

Die Berufsberatung … Da werden Erinnerungen wach. An die wirklich gut angelegte Zeit: mit Jürgen, einem Krefelder und den anderen Suffköppen in der Ratse, die ehrlich genug waren, auch schon um 14 Uhr zu saufen. Das mag jetzt destruktiv klingen. Aber manche Mitschüler waren tatsächlich in der Berufsberatung und bekamen da als individuellen Einheits-Ratschlag verpasst: Sie sollten auf keinen Fall Lehrer werden oder EDV-Experten. Da gäbe der Berufsmarkt nichts her.

Nun. Wenig überraschende Wendung: Als vier bis fünf Jahre später die entsprechenden Studiengänge zu Ende gegangen sind, was wurde da gesucht? Na? Richtig: Die Länder überboten sich mit Ankündigungen, wie viele Lehrer sie einstellen wollten und selbst in Uhlenbusch rüsteten AOK oder Kreissparkasse noch ihre EDV-Abteilungen personell auf.

Dass Berufsberatungen die Gegenwart für die Zukunft halten, durfte auch schon der Komiker Oliver Kalkofe feststellen. In Peine gab sie dem jungen Kalki den Tipp mit auf den Weg, er solle Schifffahrtskaufmann werden. Genau wie jedem seiner Mitschüler auch. Vermutlich war exakt eine entsprechende Stelle frei und der Berater machte sich einen schlanken Fuß, gab genau diesen Beruf als zukunftsweisend aus und kassierte das volle staatliche Honorar für seine Dienste.

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Nun soll die Berufsberatung Finn Thorben davon abhalten, Geologie oder Theaterwissenschaft zu studieren und stattdessen in die Produktion zu gehen. Oder wenigstens in die Ausbildung. Jetzt hat aber die Politik selbst diese zahllosen und überflüssigen geisteswissenschaftlichen Studienplätze geschaffen. Aber statt sie einfach wieder abzuschaffen, soll Finn Thorben von der Berufsberatung mühevoll davon abgehalten werden, diese Plätze zu besetzen. Macht Sinn. Zumindest für Politiker und Gewerkschafter, die um 14 Uhr noch nicht vor den Fernseher wollen – ja noch nicht einmal in die Ratse.

Falls die Berufsberatung scheitert, hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch eine andere Idee: die Eltern. Sie sollen Finn Thorben ermutigen, eine Lehre zu machen. Schraubstock statt Schoppenhauer. Nieten statt Nietzsche. Das ist der Moment für ein Geständnis: Wir haben das Comedy-Talent von Hubertus Heil bis jetzt komplett unterschätzt.

Mama Helikopter, die bis jetzt dem Lehrer einreden wollte, ihr Finn Thorben sei sonderbegabt, wenn er in Mathe wieder eine Sechs hatte. Papa-Helikopter, der den Lehrer vor Gericht zerrte, wenn der nicht anerkannte, dass Finn Thorben mit seiner Antwort „Zwei plus Zwei sind Klimaschutz“ nicht viel mehr Recht hat als Adam Riese. Die beiden sollen nun die Erfüllung ihres Lebens, den Höhepunkt von 40 Jahren gelebter Selbstverwirklichung, davon überzeugen, dass er die Toiletten anderer Leute reparieren soll, anstatt die Weltherrschaft anzustreben? Oder noch mehr?

Das wird bestimmt klappen. In vier Jahren wird uns die Allianz für Aus- und Weiterbildung es dann erzählen. Oder mit neuen Vorschlägen kommen. Vielleicht hat sie sich ja dann auch umbenannt. „Task Force für Aus- und Weiterbildung“ wäre nett. Oder „Gipfel für Aus- und Weiterbildung“. Am Ende könnten sie wegen des Namens eine von den PR-Agenturen fragen, die sie sonst auch mit Geld überschütten. Die haben noch Nachwuchs – nur das Klo, das sollte ihnen nicht kaputtgehen.

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Kommentare ( 32 )

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gmccar
1 Jahr her

Lina Engel hat ein zwar linkes Elternhaus im weitesten Sinne zum Graichen-Clan gehörend, aber vermutlich trotzdem eine halbwegs vernünftige Erziehung. Warum, zum Teufel ist sie dann zur volksschädlichen Linksfaschistin geworden ?

amendewirdallesgut
1 Jahr her

Deutschland deine Jugend , oder sollte es nicht doch besser Tugend heißen , man kann ja von Tugenden bekanntlich , frei nach Oskar , halten was man will , aber ohne kann man nicht einmal einen Lokus betreiben . Nur für old Germany soll`s reichen , Dekadenz ist kultureller Verfall in Folge von Schwäche , und ohne Tugend keine Stärke . Wer Basiswert gleichstellt , bevorzugt und subventioniert und Mehrwert ausbeutet , greift in den Markt ein und der Markt reagiert konsequent realistisch und naturgesetzlich , mittel bis langfristig wird es dann auch mal wieder leistungsgerecht , aber sieht so… Mehr

Last edited 1 Jahr her by amendewirdallesgut
Friederike
1 Jahr her

Nachdem ich festgestellt hatte, dass BWL nichts für mich ist, dachte ich naiv: Geh ich doch mal zur Berufsberatung. Nach einem intensiven Gespräch, in dem ich mehrmals betonte, dass das Kaufmännische wohl nicht so meine Welt ist, wurde mir eine kaufmännische Lehre empfohlen. Das dazu…

H. Priess
1 Jahr her

Der Chef zum Angestellten: Und zu Feierabend fegen sie kurz das Büro durch! Angestellter: Na hören sie mal ich bin Akademiker!! Chef: Ich vergaß, ich zeige ihnen wie das geht! Ein paar Zahlen, im Wintersemester 2021/2022 bieten die deutschen Hochschulen 20.951 Studiengänge an. Davon sind 9.392 Bachelor- und 9.880 Masterstudiengänge, 1.298 solche mit staatlichem und kirchlichem Abschluss sowie 381 „Übrige“. 92 % aller Studiengänge führen zu den Abschlüssen Bachelor und Master. Wiki Das verteilt sich auf 2,9 Millionen Studenten und Studentinnen dazu noch mal 1,1 Millionen an den Fachhochschulen. Statistisches Bundesamt. Das BWL Studium unangefochten an der Spitze dann Informatik… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

„Schraubstock statt Schoppenhauer. Nieten statt Nietzsche.“
Also ich würde eher meinen: Hammer statt Hegel. Fitting statt Focault.
Denn wer auf Schoppenhauers oder Nietzsches Spuren wandelt, weiß mit dem grünen Unsinn nicht viel anzufangen.

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  Michael Palusch

Das war auch mein Gedanke.
Nietzsche und Wokismus passen etwa so gut zusammen
wie Staatsfernsehen und Neutralität, wie EKD und Jesus. Wie Böhmermann und Niveau, Roth und Antisemitismus, Bärböckin und Bildung, FDP und Rückgrat.

Sam99
1 Jahr her

Eines der Hauptprobleme dürfte sein, dass man heute das Abitur hinterhergeworfen bekommt. Als ich vor über einem halben Jahrhundert das Gymnasium besucht habe, gab es dort einen einfachen, aber effektiven Mechanismus. Ich startete seinerzeit mit knapp 40 Mitschülern in der Sexta, von denen nur 12 ohne Ehrenrunde bis zum Abitur durchkamen. Der Rest, von einer Handvoll Mitschülern, die ein Jahr länger brauchten, verließ vorher das Gymnasium, um die Schulform zu wechseln. Möglich war dies durch eine robuste, jedoch faire Benotung, zwei Fünfen oder eine Sechs auf dem Zeugnis und es gab keine Versetzung. War man zweimal sitzengeblieben, gab es die… Mehr

Axel Haare
1 Jahr her
Antworten an  Sam99

Es gibt im Bildungsbereich nur ein hausgemachtes Problem, das aber hat weitreichende Folgen: Man verzichtete auf das Durchsetzen des Leistungsprinzips und stärkte stattdessen die „richtige“ Haltung. Unter uns: Wer nicht fürs Gymnasium oder die Realschule taugt, der musste die Schule verlassen und sein Glück eine Stufe tiefer versuchen. Das war früher so… Wer dagegen aufmuckte, und mit seinen Brüdern Murat, Asslam und Ahmed bei Fräulein Lehrender*In quasi wortwörtlich aufschlagen ließ, der musste erst recht gehen – und zwar noch am selben Tag! Wo leben wir denn hier? Ach ja, und da wäre noch die „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, die sich immer darin… Mehr

niezeit
1 Jahr her

So lustig – und doch so traurig, weil der Zerfall und die trübe Zukunft unseres Landes so anschaulich dargestellt werden. Auf dem Weg dahin wird der Verteilungskampf um das wenige noch zu holende immer härter und hinterhältigen geführt werden – von allen.

TomSchwarzenbek
1 Jahr her
  1. Die Schulen, Gymnasien, Unis wollen ihre Klassen/Hörsäle voll bekommen, also hat jeder im Zweifel Abi-/Studentenpotential
  2. Der Rest im Bewerbungsgespräch: „Rechne doch bitte 10% von 100 Euro aus. „Alta, isch hatte nie Hundert Euro, Alta. Was soll das, wofür brauch isch 10 Prozentual, eh ?“
  3. Sollten sie als Berufsberater einem der Goldkinderchen von Wolke 7 runterholen und feststellen „Du, pass mal auf, mit Deinen schlechten Hauptschulnoten kannst Du kein Berufs-Hubschrauberpilot werden, auch nicht Bitcoin-Anlagenberater“, möchte ich einige Lehrer und Eltern nicht begegnen…. Berufsberater sind doch auch abgehalfterte SozPäd, die viel dampfplaudern, aber nichts wirklich bewegen.
merkelinfarkt
1 Jahr her

Meine ältere Tochter, 4-sprachig, 17 Jahre alt, 1.0 Abi, 2.Semester Medizin – als Deutsche ohne Immigrations- oder Grünhintergrund nicht gefördert von der Studienstiftung „des Deutschen Volkes“ – will weiterhin starke Leistung bringen und dafür auch gut konsumieren und leben. Meine jüngere Tochter 4-sprachig, 15 Jahre alt, jährlich Zeugnispreise, hat eine ähnliche Einstellung. Beiden ist als deutschen Natives ebenso wie ihren Eltern klar, dass sie deshalb im ehemaligen Land der Deutschen „Deutschland“ keine Zukunft haben! Entsprechende, international wichtige Zusatzqualifikationen (z.B. US-Medizinprü-fungen, Auslandsaufenthalte) finanziere und bezahle ich gerne – denn Deutschland geht im „Öko“-Sozialismus ökonomisch, kulturell und gesellschaftlich gnadenlos unter und alle… Mehr

Kleinstaater
1 Jahr her
Antworten an  merkelinfarkt

Glückwunsch zu ihren schlauen Kindern. Für viele, auch meine, ist die Schule ein echter Kampf (vor allem Latein und Englisch). Ging mir damals nicht anders. Heute kann ich problemlos Englisch lesen, hören und sprechen. Aber es hat einige Jahre (nach Schule und Studium) gedauert. Auswanderung halte nur dann strategisch bzw. langfristig für sinnvoll, wenn man in eine sehr große, stabile Gruppe einwandert, zu der man gehört. Z.B. als Chinese in eine Chinatown in den USA. Oder als Deutscher nach Blumenau in Brasilien. Wenn man in ein Vielvölkergemisch einwandert, werden die Nachfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schnell untergehen. Die ersten Ghettos… Mehr

J.Thielemann
1 Jahr her
Antworten an  merkelinfarkt

Ja, so sieht es aus. Wer Grips hat (im doppelten Sinn, fachlich und politisch) und jung ist, geht. Rund 75% aller Deutschen, die gehen, haben einen Hochschulabschluss. Die Bürgergeldempfänger werden überwiegend bleiben. Den „mittelalten ff.“ Mittelstand hält man mit der Wegzugsteuer hier, nichts mit Startkapital woanders! Aber wer sich noch nichts geschaffen hat, ist frei. Die Eltern hier, die Kinder weg- da wird man nochmal zuschlagen. Stichwort EU- Vermögensregister. Nicht, dass D dann von ihrem umfassend versteuerten Vermögen was entgeht, wenn sie mal ableben. Paar Bilder an der Wand, Oldtimer in der Garage- kommt alles auf die Rechnung. er weiß,… Mehr

Werner Geiselhart
1 Jahr her

Als man vor einigen Jahren begann, die Axt an das dreigliedrige Schulsystem und die duale Berufsausbildung zu legen und dafür Gesamt(Nivellierungs)schulen mit dem Ziel Studium für Alle einzuführen, war mir das Ergebnis klar. Und meine Befürchtungen sollten sich im vollen Umfang bestätigen. Das deutsche Berufsausbildungssystem galt als das beste der Welt, deutsche Handwerker waren überall hochbegehrt. Man könnte sagen, die Quasi-Zerschlagung dieses Systems war der erste große Erfolg der grünroten Zersetzung des Staatswesens, die Ideologen hatten bereits die Bildungsbürokratie infiltriert und machten sich ans Werk. Der nächste große Schritt war, wie wir alle derzeit merken, die Kaperung des Energiesektors über… Mehr