Ende Gelände und FFF besetzen Parteizentrale der Grünen

Die Ironie des Tages: Die gefeierten Umweltaktivisten wenden sich gegen ihre behütende Mutter - die Grünen. Die Beweggründe sind mehr als schleierhaft. Es bleibt der Verdacht: Fühlen sich die armen Rebellen vernachlässigt?

Screenprint: Twitter/Ende Gelände

Grünradikale haben ausgerechnet die Parteizentrale der Grünen besetzt. Aktivisten von „Ende Gelände“ und der Berliner „Fridays for future“-Ortsgruppe stürmten die Bundesgeschäftsstelle der Partei und hissten vom Balkon aus ein Banner, um gegen ein Autobahnprojekt unter dem grünen Verkehrsminister Al-Wazir zu protestieren. „In Hessen verraten die Grünen alle Klimaziele“ – indem sie einen(!) Wald für eine(!) Autobahn roden. Die Rede ist also nicht etwa von einer sechsspurigen Autobahn mitten durch ein riesiges Naturschutzgebiet, in dem bedrohte Tierarten oder seltene Pflanzen leben – selbst die „Taz“ bezeichnet das betreffende Waldstück als „klein“. Und auch die dort lebenden Baumhaus-Aktivisten kann man nach Ansicht renommierter Naturschützer ganz artgerecht umsiedeln. Warum also der ganze Aufstand?

Aus der Pressemitteilung vom 28.10.2020:

„Klima-Aktivist*innen von Fridays for Future Berlin, Ende Gelände, den Anti-Kohle-Kidz und Sand im Getriebe Berlin haben heute Morgen die Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin-Mitte besetzt. Sie protestieren damit gegen die Rodung des Dannenröder Waldes in Hessen und fordern den sofortigen Baustopp der neuen Autobahn A49. Die Grüne Jugend Berlin unterstützt die Proteste.

„In Hessen verraten die Grünen unter Verkehrsminister Tarek Al-Wazir alle Klimaziele und roden einen Wald, eine natürliche CO2-Senke, für eine Autobahn. Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Grünen als Klimaschutzpartei. Annalena Baerbock und Robert Habeck müssen jetzt Verantwortung übernehmen: Als Parteivorsitzende müssen sie die Zerstörungswut ihres grünen Auto-Ministers Al-Wazir stoppen“, sagt Riva Morel von Fridays for Future Berlin Friedrichshain-Kreuzberg. „Wir blockieren heute so lange die Geschäftsstelle, bis die Grünen-Spitze endlich klar Position bezieht zum Erhalt des Danni.““ 

Vielleicht hat die Form des Protestes aber auch noch ganz andere Hintergründe. Denn für die Klima-Aktivisten ist es zur Zeit nicht einfach: Nicht nur redet dank Coronavirus kaum einer mehr über sie und ihre Themen, auch die ideologische Mutterpartei wendet sich scheinbar von ihren radikalen Sprösslingen ab – vor einem Wahljahr muss man moderat erscheinen. Vielleicht ist der Angriff auf die Grüne Parteizentrale ja gar kein Angriff, sondern ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit. Die kleinen Radikalinskis möchten bitte an Kasse drei abgeholt werden – sie vermissen ihre Mama.

Ein bisschen ironisch ist es schon. Eine „rebellische“ Jugendorganisation wird bis zum Gehtnichtmehr hofiert und vom linken Establishment vergöttert. Trotzdem will man krampfhaft den Mythos der mutigen Rebellen gegen die Mächtigen aufrechterhalten. Auf dem gehissten Banner steht „Autopartei Nein Danke“ – in Ermangelung einer echten Autopartei konstruiert man sich eben eine.

Die Grünen schweigen übrigens wie ein Grab. Der Bundesgeschäftsführer äußert sich nicht, auch der Twitteraccount der Parteichefin bleibt stumm. Scheinbar sind die Grünen so verliebt in die jungen Aktivisten, dass sie sie nicht mal schlecht finden können, wenn sie sich gegen die Grünen selbst richten. Das ist wohl der letzte Beweis dafür, wie mainstream die Klimarebellion mittlerweile ist. Bei den Besetzern kann indes die Hoffnung verbleiben, man habe die Genossen wieder auf Linie gebracht.

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